14. September
Lesung 4-9
Als gegen Ende der Regierungszeit des Kaisers Phokas der Perserkönig
Ägypten und Afrika eroberte, Jerusalem einnahm und daselbst Tausende von
Christen niedermetzelte, da verschleppte er auch das Kreuz Christi, das
Helena auf dem Kalvarienberg hatte aufrichten lassen, nach Persien.
Heraklius, der Nachfolger des Phokas, suchte infolge des vielen Unglücks
im Kriege und der Not Frieden zu schließen, konnte aber mit Chosroas,
der ob seiner Siege übermütig geworden war, nicht einmal unter
unwürdigen Bedingungen zur Einigung kommen. In dieser höchsten Gefahr
nahm er seine Zuflucht zu ständigem Fasten und Beten und flehte mit
heißer Inbrunst zu Gott um Hilfe. Auf dessen Eingebung hin rüstete er
nochmals ein Heer aus, griff den Feind an und schlug drei Heerführer des
Chosroas samt ihren drei Heeren. Infolge dieser Niederlagen ganz gebrochen, ernannte Chosroas auf der
Flucht, als er eben über den Tigris setzen wollte, seinen Sohn Medarfes
zum Mitregenten. Siroes aber, der älteste Sohn des Chosroas, empfand
diese Zurücksetzung sehr bitter und sann darauf, seinen Vater und seinen
Bruder zu ermorden. Bald darauf tötete er auch beide, als sie auf der
Flucht wieder umkehrten. Er erlangte dann von Heraklius unter gewissen
Bedingungen die Königswürde. Die erste davon war, daß er das Kreuz
Christi wieder zurückgebe. So wurde also das Kreuz wieder
zurückgewonnen, 14 Jahre, nachdem es in den Besitz der Perser gekommen
war. Heraklius trug es bei seiner Rückkehr nach Jerusalem unter großer
Feierlichkeit auf seinen eigenen Schultern den Berg hinan, auf den der
Erlöser es getragen hatte. Dieses Ereignis wurde durch ein glänzendes Wunder verherrlicht.
Heraklius, der mit Gold und Edelsteinen geschmückt war, mußte beim Tore,
das zum Kalvarienberg führte, Halt machen. Je mehr er sich anstrengte,
weiterzugehen, mit desto größerer Macht schien er zurückgehalten zu
werden. Heraklius selbst und alle anderen wunderten sich darüber. Da
sprach Zacharias, der Bischof von Jerusalem: Kaiser, vielleicht bist du
in deinem Siegesgewand beim Tragen des Kreuzes doch zu wenig dem armen,
demütigen Jesus Christus ähnlich! Da legte Heraklius sein Prachtgewand
ab, zog seine Schuhe aus und ärmliche Kleidung an und konnte nun mit
Leichtigkeit den übrigen Weg zurücklegen. So stellte er also das Kreuz
auf dem Kalvarienberge an derselben Stelle auf, wo die Perser es
weggenommen hatten. Von dieser Zeit an wurde das Fest der Erhöhung des
Heiligen Kreuzes, das jedes Jahr am heutigen Tag begangen wurde, noch
feierlicher gehalten in Erinnerung daran, daß es von Heraklius an
derselben Stelle wieder aufgestellt worden war, an der es zuerst für den
Erlöser aufgerichtet worden war.
Predigt des hl. Papstes Leo:
Geliebteste! Da nun Christus am Kreuze erhöht ist, so möge vor den
Blicken unseres Geistes nicht nur jenes Bild schweben, das auch vor den
Augen der Gottlosen stand, denen durch Moses gesagt wurde: Es wird dein
Leben vor deinen Augen hängen, du wirst Tag und Nacht dich fürchten und
deinem Leben nicht glauben. Sie konnten nämlich bei der Kreuzigung des
Herrn an nichts anderes denken als an ihre Freveltat, und sie hatten
Furcht, aber nicht die Furcht, durch die der wahre Glaube
gerechtfertigt, sondern durch die das böse Gewissen gequält wird. Unser
Verstand aber, den der Geist der Wahrheit erleuchten, möge die
Herrlichkeit des Kreuzes, die über Himmel und Erde strahlt, mit reinem,
freien Herzen aufnehmen und möge mit innerem Scharfblick zu verstehen
suchen was das Wort bedeutet, das der Herr sprach, als er von seinem
bevorstehenden Leiden sprach: Jetzt ist das Gericht der Welt, jetzt wird
der Fürst dieser Welt hinausgestoßen; und wenn ich von der Erde erhöht
sein werde, werde ich alles an mich ziehen. O wunderbare Macht des Kreuzes! Du unaussprechliche Herrlichkeit des
Leidens! Hier zeigt sich der Richterstuhl des Herrn, das Gericht der
Welt und die Macht des Gekreuzigten. Herr, Du hast alles an dich
gezogen. Als du den ganzen Tag deine Hände nach dem ungläubigen,
widerspenstigen Volke ausstrecktest, da erhielt die ganze Welt das
Verständnis dafür, Deine Majestät zu preisen. Herr, Du hast alles an
dich gezogen, als alle Elemente zum Beweis ihres Abscheus vor der
Freveltat der Juden das gleiche Urteil fällten, als die Himmelslichter
sich verfinsterten, der Tag zur Nacht wurde, die Erde ungewöhnlich bebte
und die ganze Schöpfung sich weigerte, den Gottesmördern dienstbar zu
sein. Herr, Du hast alles an dich gezogen; denn nachdem der Vorhang des
Tempels zerriß, wich das Allerheiligste von den unwürdigen
Hohepriestern. Da trat die Wahrheit an die Stelle des Vorbildes, die
Offenbarung an die Stelle der Weissagung, das Evangelium an die Stelle
des alten Gesetzes. Herr, Du hast alles an dich gezogen. Was in dem einen jüdischen
Tempel unter dunklen Vorbildern verhüllt war, das wird nun, da das
Geheimnis erfüllt und enthüllt ist, überall von den Völkern in Andacht
gefeiert. Nun strahlt in hellerem Glanz der Stand der Leviten, nun ist
erhabener die Würde der Vorsteher, nun ist heiliger die Weihe der
Priester. Denn Dein Kreuz ist die Quelle alles Segens, die Ursache aller
Gnaden. Durch dieses erhalten die Gläubigen Kraft in ihrer Schwachheit,
Ruhm nach der Schmach, Leben nach dem Todeszustand. Nun hat die
Mannigfaltigkeit der Tieropfer ein Ende und alle verschiedenen
Opfergaben finden in der einen Opferfeier Deines Leibes und Blutes ihre
Erfüllung; denn Du bist das wahre Lamm Gottes, das hinwegnimmt die
Sünden der Welt. Du erfüllst alle geheimnisvollen Vorbilder, und wie nur
eine Opferfeier an die Stelle aller Opfer getreten ist, so ist auch nur
ein Reich aus allen Völkern geschaffen worden.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen