Bulle des hl. Papstes Pius V. zur Einführung des Röm. Meßbuches
Von Papst Pius V.
14. Juli 1570
Bischof Pius, Diener der Diener Gottes zum ewigen Gedächtnis
Seit
Unserer Berufung zum höchsten Apostolischen Amt richten wir gern
Unseren Sinn, Unsere Kräfte und alle Unsere Überlegungen auf die
Reinerhaltung des Kirchlichen Kultes und bemühen Uns, das dazu Nötige in
die Wege zu leiten und mit Gottes Beistand mit allem Eifer wirksam zu
machen.
Nun hatten Wir gemäß den Beschlüssen des Heiligen Konzils von Trient
über die Herausgabe und die Verbesserung der Heiligen Bücher, nämlich
des Katechismus, des Missales und des Breviers zu verfügen. Nachdem mit
Gottes Zustimmung der Katechismus zur Belehrung des Volkes herausgegeben
und das Brevier zum schuldigen Gotteslob verbessert worden war , mußten
Wir Uns, damit dem Brevier das Missale gebührend entspreche (da es sich
gar sehr geziemt, daß in der Kirche Gott auf einheitliche Art gelobt
und die Messe auf einheitliche Art gefeiert werde), der noch
verbliebenen Aufgabe zuwenden: das Missale selbst herauszugeben.
Wir hielten es darum für richtig, diese Bürde ausgesuchten
Gelehrten zu übertragen. Nach sorgfältiger Untersuchung der alten Bücher
Unserer Vatikanischen Bibliothek sowie anderer, von überall
herbeigeholter, verbesserter und unverderbter Handschriften, ebenso auch
der Überlegungen der Alten und der Schriften anerkannter Autoren, die
Uns Aufzeichnungen über die heilige Einrichtung der Riten hinterlassen
haben, stellten diese gelehrten Männer das Missale nach Vorschrift und
Ritus der Heiligen Väter wieder her.
Damit alle aus dieser Arbeit
Nutzen zögen, haben Wir, nachdem Wir es geprüft und verbessert hatten,
nach reiflicher Überlegung angeordnet, daß es möglichst bald in Rom
gedruckt und herausgegeben werde.
Die Priester im besonderen
sollen daraus erkennen, welche Gebete sie von jetzt an bei der Meßfeier
verwenden und welche Riten und Zeremonien sie dabei einhalten müssen.
Damit aber alle das von der Heiligen Römischen Kirche, der Mutter und
Lehrerin der übrigen Kirchen, Überlieferte überall erfassen und
beachten, setzen Wir durch diese Unsere ewig gültige Konstitution unter
Androhung Unseres Unwillens als Strafe fest und ordnen an: fürderhin
soll in allen kommenden Zeiten auf dem christlichen Erdkreis in allen
Patriarchalkirchen, Kathedralen, Kollegiaten und Pfarreien, in allen
weltlichen, klösterlichen - welchen Ordens und welcher Regel sie auch
seien, ob Männer- oder Frauenklöster - in allen militärischen und
ungebundenen Kirchen oder Kapellen, in denen die Messe des Konvents laut
mit Chor oder still nach dem Ritus der Römischen Kirche gefeiert zu
werden pflegt oder gefeiert werden sollte, nicht anders als nach dem von
Uns herausgegebenen Missale gesungen oder gelesen werden, auch wenn
diese Kirchen irgendwelche Ausnahmen genießen, durch ein Indult des
Apostolischen Stuhles, durch Gewohnheitsrecht oder Privileg, ja durch
Eid oder Apostolische Bestätigung oder irgendwelche andere
Besonderheiten bevorzugt sind - außer wenn sie gleich von ihrer vom
Apostolischen Stuhl gutgeheißenen Errichtung an oder aus Tradition bei
der Meßfeier einen mindestens zweihundertjährigen Ritus in eben diesen
Kirchen ohne Unterbrechung eingehalten haben. Diesen letzteren nehmen
Wir keineswegs das genannte Sonderrecht oder die Tradition bei der
Meßfeier, doch gestatten Wir, falls das von Uns herausgegebene Missale
mehr gefällt, daß die Messen mit Zustimmung des Bischofs oder Prälaten
und des gesamten Kapitels, ungeachtet anderer Bestimmungen, nach Unserem
Missale gefeiert werden.
Allen anderen genannten Kirchen jedoch
benehmen Wir damit den Gebrauch ihrer Missalien, verwerfen sie von
Grund auf und vollständig und setzen fest, daß diesem Unseren gerade
herausgegebenen Missale niemals etwas hinzugefügt, weggenommen oder an
ihm verändert werden dürfe.
Streng befehlen Wir jedem einzelnen
Patriarchen und Verwalter der vorgenannten Kirchen, allen anderen
Personen, gleich welchen Ranges sie auch seien, in der Tugend des
heiligen Gehorsams: sie sollen die bisher gewohnten Weisen und Riten
(auch die aus noch so alten Meßbüchern) in Zukunft ganz und gar
aufgeben, völlig verwerfen und die Messe nach Ritus, Weise und Norm
Unseres Meßbuches singen und lesen, und sie sollen nicht wagen, bei der
Meßfeier andere Zeremonien und Gebete als die in diesem Missale
enthaltenen hinzuzufügen oder vorzulesen.
Und daß sie in allen
Kirchen bei der gesungenen oder gelesenen Messe ohne Gewissensskrupel
oder Furcht vor irgendwelchen Strafen, Urteilen und Rügen von nun an
ausschließlich diesem Missale folgen, es unbefangen und rechtens zu
gebrauchen imstande und ermächtigt sind, dazu geben Wir kraft Unserer
Apostolischen Vollmacht für jetzt und für ewig Unsere Bewilligung und
Erlaubnis.
Ebenso setzen Wir fest und erklären: Kein Vorsteher,
Verwalter, Kanoniker, Kaplan oder anderer Weltpriester und kein Mönch
gleich welchen Ordens darf angehalten werden, die Messe anders als wie
von Uns festgesetzt zu feiern, noch darf er von irgendjemandem gezwungen
und veranlaßt werden, dieses Missale zu verändern, noch kann das
vorliegende Schreiben irgendwann je widerrufen oder modifiziert werden,
sondern es bleibt für immer im vollen Umfang rechtskräftig bestehen.
Damit
sind alle gegenteiligen früheren Bestimmungen, Apostolischen
Konstitutionen und Ordinationen, alle allgemeinen oder besonderen
Konstitutionen und Ordinationen von Provinzial- oder Synodalkonzilien,
ebenso die Statuten und Gewohnheiten der oben erwähnten Kirchen, auch
wenn ihr Brauch zwar durch eine sehr alte und ehrwürdige Vorschrift
gestützt, aber nicht älter als zweihundert Jahre ist, außer Kraft
gesetzt.
Von der Veröffentlichung dieser Unserer Konstitution und
des Missales an sollen die Priester an der römischen Kurie angehalten
werden, nach einem Monat, die diesseits der Alpen nach drei, die
jenseits der Alpen nach sechs Monaten, oder sobald sie dieses Missale
käuflich erwerben können, die Messe danach zu singen oder zu lesen.
Damit
es überall auf der Erde unverderbt und von Fehlern und Irrtümern rein
bewahrt werde, verbieten Wir kraft Apostolischer Vollmacht mit dem
vorliegenden Schreiben allen Buchdruckern in Unserem (und von S. R. E.
[Sanctae Romanae Ecclesiae]) mittelbaren und unmittelbaren
Herrschaftsbereich bei Strafe des Bücherverlusts und von an die
Apostolische Kammer zu zahlenden hundert Golddukaten, den anderen
Buchdruckern aber in allen Teilen der Erde bei Strafe der
Exkommunikation im weiten Sinne und anderen Strafen nach unserem
Schiedsspruch: daß sie sich ohne Unsere bzw. die ausdrücklich dazu
erteilte Erlaubnis eines von Uns an dem betretenden Ort zu bestellenden
Apostolischen Kommissars nicht unterstehen sollen, zu drucken, zu
verkaufen und überhaupt anzunehmen, außer wenn vorher durch eben diesen
Kommissar eben diesem Buchdrucker volle Gewißheit gegeben worden ist,
daß das Meßbuchexemplar, welches die Norm für den Druck weiterer
Exemplare zu sein hat, mit dem in Rom im Erstdruck hergestellten Missale
verglichen worden sei, mit ihm übereinstimme und in gar nichts
abweiche.
In Anbetracht der Schwierigkeit, das vorliegende
Schreiben an alle Orte des christlichen Erdkreises und gerade in der
ersten Zeit zur Kenntnis aller zu bringen, schreiben Wir vor: Es soll in
herkömmlicher Weise an den Türflügeln der Basilika des Apostelfürsten
und der Apostolischen Kanzlei und an der Spitze des Campus Florae
öffentlich angeschlagen werden; man soll auch den gedruckten Exemplaren
dieses Schreibens, die von einem öffentlichen Notar handschriftlich
unterzeichnet und mit dem Siegel eines kirchlichen Würdenträgers
versehen sind, bei allen Völkern und an allen Orten geradewegs denselben
unbezweifelten Glauben schenken, wie man ihn dem vorliegenden Schreiben
schenken würde, wäre es sichtbar ausgestellt.
Überhaupt keinem
Menschen also sei es erlaubt, dieses Blatt, auf dem Erlaubnis, Beschluß,
Anordnung, Auftrag, Vorschrift, Bewilligung, Indult, Erklärung, Wille,
Festsetzung und Verbot von Uns aufgezeichnet sind, zu verletzen oder ihm
im unbesonnenem Wagnis zuwiderzuhandeln.
Wenn aber jemand sich
herausnehmen sollte, dies anzutasten, so soll er wissen, daß er den Zorn
des Allmächtigen Gottes und Seiner Heiligen Apostel Petrus und Paulus
auf sich ziehen wird.
Gegeben zu Rom bei Sankt Peter im
fünfzehnhundertsiebzigsten Jahre der Geburt des Herrn am 14. Juli im
Fünften Jahre Unseres Pontifikats.
Übersetzt von
Prof.Peter Schilling
(Quelle: EINSICHT Jahrgang 1 Heft 1 April 1971)
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