aus dem Buch Legende von den lieben Heiligen Gottes Georg, Ott 1861 |
(24.12) Johannes vom Kreuz wurde zu Fontiberos in Spanien als Sohn frommer Eltern geboren. Schon in seinen ersten Lebensjahren zeigte sich ganz deutlich, wie lieb er der jungfräulichen Gottesmutter einmal sein werde. Denn mit fünf Jahren fiel er in einen Brunnen, wurde aber von der Gottesmutter aufgefangen und kam so unverletzt wieder heraus. Seine Liebe zum Leiden war so mächtig, daß er schon mit neun Jahren auf sein weiches Bett verzichtete und regelmäßig auf einem Reisigbündel schlief. In seiner Jugend widmete er sich in einem Spital zu Medina del Campo der Pflege armer Kranken; mit großer, glühender Liebe war er um sie besorgt und übernahm gerade die niedrigsten Arbeiten. Auf sein Beispiel hin versahen auch die anderen diesen Liebesdienst mit größerem Eifer. Er war jedoch zu höherem berufen und trat in den Karmeliterorden ein. Im Gehorsam empfing er die Priesterweihe. Er sehnte sich jedoch nach größerer Strenge und einem härteren Leben und gelobte darum mit Erlaubnis seines Obern, die ursprüngliche Regel des Ordens zu befolgen. In stetem Gedanken an das Leiden des Herrn sagte er also sich selbst wie seinem schlimmsten Feinde den Kampf an und kreuzigte durch Nachtwachen, Fasten, eiserne Geißeln und alle Arten von Bußübungen in kurzer Zeit sein Fleisch mit seinen Lastern und Lüsten.
So verdiente er es wirklich, von der heiligen
Theresia zu den reinsten und heiligsten Seelen gezählt zu werden, die
damals die Kirche Gottes verherrlichten. Er führte also ein außerordentlich strenges Leben und war mit allen
Tugenden geschmückt. Infolge beständiger Betrachtung der göttlichen
Wahrheiten wurde er häufig von langen, wunderbaren Verzückungen
hingerissen. So groß war die Glut seiner Liebe zu Gott, daß er das
göttliche Feuer manchmal nicht mehr länger in seinem Innern zurückhalten
konnte. Dann sah man, wie es nach außen drang und sein Antlitz zum
Leuchten brachte. Das Heil des Nächsten lag ihm sehr am Herzen;
unermüdlich verkündete er das Wort Gottes und spendete die heiligen
Sakramente. So erwarb er sich also reiche Verdienste. Da er zudem brennend nach Einführung einer strengeren Zucht verlangte, wurde er der heiligen Theresia von
Gott als Gehilfe gegeben, damit sie mit seiner Hilfe die ursprüngliche
Strenge des Karmeliterordens, die sie bei den Schwestern wieder
hergestellt hatte, auch bei den Männern wieder einführe. Um dieses
heilige Unternehmen durchzuführen, nahm er mit der Dienerin Gottes
unzählige Mühen auf sich. Immer wieder besuchte er die einzelnen
Klöster, die von der heiligen Jungfrau überall in Spanien gegründet
worden waren, und ließ sich durch kein Ungemach und keine Gefahr
abschrecken. In diesen und noch vielen anderen Klöstern, die unter
seiner Mithilfe gegründet wurden, festigte er durch sein Wort und sein
Beispiel die wiederhergestellte Ordenszucht und förderte sie. Mit Recht gilt er darum neben der heiligen Theresia als erstes Glied und Vater des Ordens der unbeschuhten Karmeliten. Die Jungfräulichkeit bewahrte er sein Leben lang. Schamlose Weiber, die
seine Reinheit zu Fall zu bringen suchten, wies er nicht nur zurück,
sondern gewann sie sogar für Christus. Nach dem Urteil des Apostolischen
Stuhles ward er ähnlich wie die heilige Theresia von Gott erleuchtet,
um die Geheimnisse Gottes darzulegen. Er schrieb auch mehrere Bücher
über Mystik; diese sind voll himmlischer Weisheit. Von Christus wurde er
einmal gefragt, welchen Lohn er für seine vielen Mühen verlange; da gab er zur Antwort: Herr, leiden und verachtet werden um
Deinetwillen. Wegen seiner Gewalt über böse Geister, die er häufig aus
den Besessenen austrieb, wegen der Gabe der Unterscheidung der Geister, der Weissagung und der Wundermacht stand er in hohem Ansehen; trotzdem
war er stets so demütig, daß er des öfteren den Herrn bat, er möge ihn
irgendwo sterben lassen, wo ihn niemand kenne. Sein Wunsch wurde ihm
auch erfüllt. Zu Ubeda wurde er schwer krank; an seinem Bein bildeten
sich fünf eiternde Wunden. Mit größter Geduld ertrug er das und stillte
so sein Verlangen nach Leiden. Dann empfing er in heiliger Andacht die
Sakramente der Kirche, umarmte den Gekreuzigten, den er stets im Herzen
und im Munde getragen hatte, und entschlief im Herrn mit den Worten: In deine Hände befehle ich meinen Geist. Es war im Jahre des Heils 1591, in seinem 49. Lebensjahre. Tag und Stunde hatte er vorhergesagt.
Seine dahinscheidende Seele nahm eine glänzende, feurige Kugel auf. Sein
Leib strömte einen lieblichen Wohlgeruch aus. Er ist auch heute noch
unverwest und wird zu Segovia hochverehrt. Da er vor und nach seinem Tod
durch zahlreiche Wunder glänzte, nahm ihn Papst Benedikt XIII. in die
Zahl der Heiligen auf; Pius XI. erklärte ihn auf Vorschlag der
Ritenkongregation zum Lehrer der ganzen Kirche.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937 - 24. November)