21. Juni
Lesung 4-6
Aloisius war der Sohn des Markgrafen Ferdinand Gonzaga von
Castiglione-Stiviere. Weil Gefahr für sein Leben bestand, mußte er
schnell getauft werden und wurde also sozusagen eher für den Himmel als
für die Erde geboren. Diese Erstlingsgnade bewahrte er mit solcher
Standhaftigkeit, daß man glauben konnte, er stehe ganz fest in der
Gnade. Beim ersten Erwachen der Vernunft weihte er sich sogleich Gott
dem Herrn und führte nun ein von Tag zu Tag heiligeres Leben. Mit 9
Jahren gelobte er zu Florenz vor dem Altar der allerseligsten Jungfrau,
die er stets als seine Mutter verehrte, ewige Jungfräulichkeit; und er
bewahrte sie auch unter dem besonderen Beistand der göttlichen Gnade;
nie geriet sie durch eine Anfechtung des Geistes oder des Fleisches in
Gefahr. Auch die anderen Leidenschaften begann er schon in diesem Alter
so tapfer zu unterdrücken, daß er später nicht einmal die leiseste
Regung verspürte. Seine Sinne, vor allem die Augen, hielt er streng in
Zucht; er schaute nicht nur Maria von Österreich, der er mehrere Jahre
hindurch wie alle Edelknaben des Königs von Spanien fast täglich seine
Aufwartung machen mußte, nie ins Angesicht, er war auch im Anblick
seiner Mutter sehr zurückhaltend; deshalb wurde er mit Recht ein Mensch
ohne Fleisch oder ein Engel im Fleisch genannt. Mit dieser Wachsamkeit über seine Sinne verband er strenge Abtötung
seines Körpers. Er fastete dreimal in der Woche, und zwar meist bei
etwas Wasser und Brot; dabei war sozusagen seine ganze Lebenszeit ein
beständiges Fasten, da seine Mahlzeit kaum eine Unze ausmachte. Oft
geißelte er sich dreimal im Tag mit Stricken oder Ketten; zu den Geißeln
fügte er manchmal noch Hunderiemen, zu den Bußgürteln Pferdesporen. In
das weiche Bett legte er heimlich Holzstücke, so daß es ganz hart wurde;
das tat er auch in der Absicht, eher zum Gebet zu erwachen; denn einen
großen Teil der Nacht brachte er, auch mitten im Winter, nur mit einem
Hemd bekleidet, auf den Knien liegend oder vor Schwäche auf den Boden
hingestreckt, mit der Betrachtung göttlicher Dinge zu. Auch bei Tag
hielt er so drei, vier oder fünf Stunden unbeweglich aus, bis er
wenigstens eine Stunde ohne die geringste Zerstreuung hinbringen konnte.
Der Lohn dieser anhaltenden Bemühungen war die stete Sammlung seines
Geistes beim Gebet, so daß er nie auf andre Dinge abschweifte, vielmehr
wie in einer ununterbrochenen Verzückung ganz in Gott versunken war. Um
ihm ganz anzugehören, schloß er sich schließlich nach dreijährigem
harten Kampfe mit seinem Vater, nach Verzicht auf seine Rechte auf die
Fürstenkrone zugunsten seines Bruders, zu Rom der Gesellschaft Jesu an,
zu der er schon zu Madrid durch eine himmlische Stimme gerufen worden
war. Schon im Noviziat galt er als ein Meister in allen Tugenden. Sehr
genau war er in der Beobachtung selbst der kleinsten Vorschriften,
einzig dastehend war seine Verachtung der Welt, unversöhnlich sein Haß
gegen sich selbst; die Gottesliebe glühte so mächtig in ihm, daß sie
allmählich auch seinen Leib verzehrte. Man befahl ihm deshalb,
wenigstens eine Zeitlang den Geist von göttlichen Dingen abzulenken;
doch vergebens bemühte er sich, vor Gott zu fliehen, der ihm überall
nahte. Mit staunenswerter Liebe umfaßte er auch seine Mitmenschen; in
den öffentlichen Krankenhäusern, in denen er freudigen Herzens seine
Dienste anbot, zog er sich eine ansteckende Krankheit zu. Diese zehrte
seine Lebenskraft langsam auf, und so ging er am 21. Juni, so wie er
vorausgesagt hatte, in seinem 24. Lebensjahre, nachdem er noch kurz
vorher gebeten hatte, ihn zu geißeln und auf die Erde zu legen, in den
Himmel ein. Die heilige Maria Magdalena von Pazzis sah in einer
Verzückung, wie er dort eine solche Herrlichkeit genoß, die sie im
Himmel kaum für möglich gehalten hätte; und sie erklärte, er sei ein
ganz hervorragender Heiliger und ein unbekannter Martyrer der Liebe. Er
wurde auch durch viele große Wunder verherrlicht. Nachdem diese
ordnungsgemäß geprüft worden, nahm Benedikt XIII. den engelgleichen
Jügling in das Verzeichnis der Heiligen auf und stellte ihn als Vorbild
der Unschuld und Reinheit und zugleich als Patron der Jugend, vorzüglich
der studierenden, auf.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)
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