11. Februar
Drei Jahre nach der Verkündigung des Glaubenssatzes von der
unbefleckten Empfängnis der heiligen Jungfrau erschien die Jungfrau
selbst mehrere Male am Ufer des Gave bei der Stadt Lourdes in der
Diözese Tarbes in Frankreich, in einer Felsenspalte über der Grotte
Massabielle, einem sehr armen, aber reinen und frommen Mädchen
namens Bernadette. Die unbefleckte Jungfrau hatte ein jugendliches,
gewinnendes Aussehen, sie trug ein schneeweißes Gewand mit einem
schneeweißen Mantel und einem blauen Gürtel. Die bloßen Füße zierte eine
goldene Rose. Bei der ersten Erscheinung, es war am 11. Februar 1858,
lehrte sie das Mädchen das Kreuzzeichen richtig und andächtig machen und
munterte es durch ihr eigenes Beispiel zum Beten des heiligen
Rosenkranzes auf; dabei nahm sie den Rosenkranz, der vorher an ihrem Arm
herunterhing, in die Hand. Dies tat sie auch bei den späteren
Erscheinungen. Bei der 2. Erscheinung sprengte das Mädchen in der
Einfalt seines Herzens Weihwasser auf die heilige Jungfrau, weil es
einen Betrug des Teufels fürchtete; aber die heilige Jungfrau lächelte
milde und zeigte sich nur noch gütiger. Als sie zum drittenmal erschien,
lud sie das Mädchen ein, fünfzehn Tage lang zur Grotte zu kommen. Von
da an sprach sie öfters zu ihm und ermahnte es, für die Sünder zu beten,
den Erdboden zu küssen und Buße zu tun. Dann befahl sie ihm den
Priestern mitzuteilen, dort solle eine Kirche gebaut und Wallfahrten
dorthin veranstaltet werden. Außerdem tug sie ihm auf, aus der Quelle,
die noch unter dem Sande versteckt war, aber bald hervorbrechen sollte,
Wasser zu trinken und sich damit zu waschen. Schließlich, am Fest Maria
Verkündigung, als das Mädchen dringend fragte, wer sie denn sei, die es
nun schon so oft schauen durfte, da legte sie heilige Jungfrau die Hände
auf die Brust, erhob die Augen zum Himmel und sprach: Ich bin die
Unbefleckte Empfängnis. Bald wurde auch von großen Gnaden berichtet, die die Gläubigen an der
heiligen Grotte empfangen hatten, und die Kunde hiervon verbreitete
sich immer mehr und der Zustrom des Volkes, das diese ehrwürdige Stätte
besuchen wollte wurde von Tag zu Tag immer größer. Darum ließ auch der
Bischof von Tarbes die Sache gerichtlich untersuchen und auf Grund der
berichteten Wunder und der Unschuld des Mädchens entschied er drei Jahre
später, der Charakter dieser Erscheinungen sei übernatürlich. Zugleich
gestattete er die Verehrung der unbefleckten Jungfrau in dieser Grotte.
Bald wurde auch eine Kapelle gebaut und seit diesem Tage strömen jedes
Jahr unzählige Volksscharen von Frankreich, Belgien, Italien, Spanien
und den übrigen Ländern Europas, ja sogar vom fernen Amerika dorthin,
sei es um ein Gelübde zu erfüllen oder um dort zu beten, und der Name
der unbefleckten Jungfrau von Lourdes ist in der ganzen Welt bekannt.
Das Wasser aus der Quelle wird in alle Weltteile verschickt und bringt
den Kranken Gesundung. Die katholische Welt aber baute zum Dank für die
vielen Gnaden dort eine wundervolle Kirche. Zahlreiche Fahnen, die
gleichsam zum Andenken an erhaltene Wohltaten von den verschiedenen
Städten und Völkern gestiftet wurden, zieren prachtvoll das Heiligtum
der Jungfrau. An dieser Stätte also wird wie auf ihrem Throne die
unbefleckte Jungfrau ständig verehrt, tagsüber durch Gebete, fromme
Geänge und andere feierliche Übungen, nachts aber durch große
Prozessionen, bei denen fast endlose Pilgerscharen mit brennenden Kerzen
und Fackeln mitgehen und das Lob der heiligen Jungfrau singen. Allgemein ist bekannt, wie diese Wallfahrten in unserer kalten Zeit
den Glauben neu belebt, Mut zum Bekenntnis des Christentum gegeben und
die Verehrung der unbefleckten Jungfrau in wunderbarer Weise gefördert
haben. Bei diesem wundervollen Bekenntnis des Glaubens gehen dem Volk
die Priester gleichsam als Führer voran, indem sie ihre Schäflein
dorthin geleiten. Auch Bischöfe besuchen häufig die heilige Stätte,
führen die Pilgerzüge und nehmen teil an den großen Feierlichkeiten.
Auch kann man gar nicht so selten sehen, wie selbst Kardinäle der
römischen Kirche wie schlichte Pilger dorthin kommen. Auch die Päpste
haben in ihrer Liebe zur Unbefleckten von Lourdes die Kirche mit den
reichsten Gnaden überhäuft. Pius IX. hat sie mit Ablässen, mit dem
Privileg einer Erzbruderschaft und dem Titel einer Basilika
ausgezeichnet; das dort verehrte Bild der Gottesmutter ließ er unter
großen Feierlichkeiten durch seinen apostolischen Legaten in Frankreich
mit einer Krone schmücken. Auch Leo XIII. hat ihr zahllose Beweise
seiner Gunst geschenkt; er hat im 25. Jahre nach den Erscheinungen einen
Jubiläumsablaß bewilligt, er hat die Wallfahrten durch seinen Einfluß
und sein Wort gefördert und hat die feierliche Weihe der
Rosenkranzkirche in seinem Namen vollziehen lassen. Und gleichsam als
Krönung seiner Gnadenerweise hat er auf Bitten mehrerer Bischöfe
huldvoll ein besonderes Fest der Erscheinung der heiligen unbefleckten
Jungfrau Maria mit eigenem Stundengebet und eigener Messe gestattet.
Papst Pius X. hat schließlich in seiner frommen Verehrung gegen die
Gottesmutter auf den Wunsch sehr vieler Bischöfe hin dieses Fest auf die
ganze Kirche ausgedehnt.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)
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