29. Dezember
Thomas, zu London in England geboren, wurde der Nachfolger des
Bischofs Theobald von Canterbury. Früher hatte er das Amt eines Kanzlers
ausgezeichnet verwaltet, nun war er ebenso in seinem bischöflichen Amte
stark und unbeugsam. Als Heinrich II., der König von England, in einer
Versammlung der Bischöfe und Fürsten seines Landes Gesetze erließ, die
der Wohlfahrt und der Würde der Kirche zuwider waren, leistete er den
Zumutungen des Königs kräftigen Widerstand und ließ sich weder durch
Versprechungen noch durch Drohungen von seiner Auffassung abbringen. er
sollte sogar in den Kerker geworfen werden, entkam aber heimlich.
Daraufhin wurden alle seine Verwandten jeden Alters, seine Freunde und
Gönner des Landes verwiesen, und zwar mußten alle, welche das zum Eide
nötige Alter erreicht hatten, schwören, daß sie zu Thomas gehen wollten,
damit er vielleicht durch den traurigen Anblick der Seinigen sich zum
Widerruf bewegen lasse, nachdem alle persönlichen Belästigungen ihn
nicht im geringsten in seinem heiligen Entschlusse wankend machen
konnten. Er aber achtete nicht auf Fleisch und Blut, und auch das Gefühl
des Mitleids konnte ihn nicht in der standhaften Erfüllung seiner
Hirtenpflichten erschüttern. Thomas begab sich also zum Papst Alexander III., von dem er
wohlwollend angenommen wurde; dann reiste er mit dessen Empfehlungen zu
den Zisterziensermönchen nach Pontigny. Als Heinrich dies erfuhr, sandte
er an den Konvent der Zisterzienser Drohbriefe in der Absicht, Thomas
aus dem Kloster Pontigny zu vertreiben. Daher verließ der Heilige
freiwillig diese Zufluchtsstätte; denn er mußte fürchten, daß der
Konvent der Zisterziensermönche seinetwegen sich Unannehmlichkeiten
zuziehen könne. Er ging auf dessen Einladung zum König Ludwig von
Frankreich und blieb bei ihm so lange, bis er auf Grund von
Verhandlungen zwischen dem Papst und dem König zur größten Freude des
ganzen Reiches aus der Verbannung zurückgerufen wurde. Nun suchte er
friedlich das Amt eines guten Hirten zu erfüllen. Verleumder aber
berichteten dem König, daß er vieles gegen das Reich und die öffentliche
Ruhe unternehme, so daß deswegen der König selbst öfters klagte, in
seinem ganzen Reiche könne er nur mit einem Priester nicht zum Frieden
kommen. Aus dieser Äußerung des Königs schlossen gottlose Hofleute, sie
würden dem König einen Gefallen tun, wenn sie Thomas aus dem Weg
räumten. So begaben sie sich heimlich nach Canterbury und überfielen den
Bischof, als er in der Kirche der Vesper beiwohnte. Als die Geistlichen
die Türen der Kirche verschließen wollten, trat er hinzu, öffnete die
Türen und sprach zu den Seinen: Die Kirche Gottes darf nicht wie eine
Festung verteidigt werden; ich will gern für die Kirche Gottes den Tod
erleiden. Dann sagte er zu den Soldaten: Im Namen Gottes, nehmet euch
wohl in Acht, daß ihr keinem der Meinigen ein Leid antut! Alsdann warf
er sich auf seine Knie nieder und empfahl Gott, der heiligen Jungfrau
Maria, dem heiligen Dionysius und den übrigen heiligen Patronen seiner
Kirche seine Gemeinde und seine Seele und bot mit demselben Starkmute,
mit dem er den Gesetzen des ungerechten Königs Widerstand geleistet
hatte, dem Schwerte der Gottlosen sein Haupt dar am 29. Dezember im
Jahre des Herrn 1171. Das ganze Kirchenpflaster wurde mit seinem Gehirn
bespritzt. Der erwähnte Papst Alexander III. hat ihn später, da er durch
viele Wunder verherrlicht wurde, auch heiliggesprochen.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)
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