30. Juni
Lesung 4-6
Aus dem Buch des hl. Bischofs Augustinus über die Gnade und den Willen
Aus dem Buch des hl. Bischofs Augustinus über die Gnade und den Willen
Der Apostel Paulus hat, wie wir sehen, sicher ohne jedes gute Verdienst,
ja noch mit vielen Sünden beladen, die Gnade Gottes erlangt, der Böses
mit Gutem vergilt. Nun wollen wir sehen, was dieser Apostel beim
Herannahen seines Todesleidens an Timotheus schreibt: Ich bin schon
daran, geopfert zu werden und die Zeit meiner Auflösung ist nahe; ich
habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben bewahrt.
Hier spricht er nun doch von seinen guten Verdiensten, daß er nämlich
als Lohn für seine guten Verdienste die Krone erlangen werde, er, der
nach bösen Werken die Gnade erlangt hatte. Doch beachtet auch, was
folgt: Im übrigen ist mir die Krone der Gerechtigkeit hinterlegt, die
mir der Herr, der gerechte Richter, an jenem Tage verleihen wird. Wie
könnte der gerechte Richter ihm die Krone geben, wenn der barmherzige
Vater ihm nicht zuvor die Gnade geschenkt hätte? Wie könnte das eine
Krone der Gerechtigkeit sein, wenn die Gnade nicht vorausgegangen wäre,
die den Sünder gerecht macht? Und wie könnte diese Krone auf Grund eines
Anspruches gegeben werden, wenn die Gnade vorher nicht ganz unverdient
gewährt worden wäre? Wir wollen nun auch die Verdienste des Apostels Paulus selbst
betrachten, für die ihm, wie er sagt, der gerechte Richter die Krone
geben wird. Wir wollen sehen, ob es wirklich seine Verdienste sind, d.
h. von ihm selbst erworben, oder ob es Gnadengeschenke Gottes sind. Er
sagt: Ich habe den guten Kampf gekämpft, den Lauf vollendet, den Glauben
bewahrt. Das alles wären zunächst keine guten Werke, wenn nicht gute
Gedanken vorausgegangen wären. Achtet also darauf, was er von diesen
Gedanken sagt. Im Brief an die Korinther schreibt er nämlich: Nicht als
ob wir tüchtig wären, von uns selbst etwas zu denken, wie aus eigener
Kraft, sondern unsere Tüchtigkeit ist aus Gott. Daraufhin wollen wir uns
die einzelnen Worte näher ansehen. Er sagt: Ich habe den guten Kampf gekämpft. Ich frage, mit welcher
Kraft hat er gekämpft, mit seiner eigenen oder mit der, die ihm von oben
geschenkt wurde? Doch es sei ferne, daß ein solcher Lehrer das Gesetz
Gottes nicht gekannt habe, da es doch im 5. Buche des Moses heißt:
Sprich nicht in deinem Herzen: Meine Kraft und die Stärke meiner Hände
haben diese Großtat gewirkt, sondern denke an den Herrn, deinen Gott;
denn er ist es, der dir die Kraft gegeben, Großes zu vollbringen. Was
nützt ein guter Kampf, wenn ihm der Sieg nicht beschieden ist? Wer
anders aber verleiht den Sieg als der, von dem Paulus selbst sagt: Dank
sei Gott, der uns den Sieg verliehen hat durch unsern Herrn Jesus
Christus?
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)
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