Freitag, 28. April 2017

5. Sonntag nach Pfingsten - Hl. Augustinus aus dem Brevier

Lesung 7-9
Matth. 5, 20-24
Auslegung des hl. Bischofs Augustinus

Die Gerechtigkeit der Pharisäer besteht darin, daß sie keinen töten; die Gerechtigkeit derer aber, die in das Himmelreich eingehen wollen, darin, daß sie nicht einmal ohne Grund einem zürnen. Es ist also das mindeste, keinen Mord zu begehen; wer das befolgt wird der Geringste im Himmelreich genannt werden. Denn wer das Gebot befolgt: du sollst nicht töten, ist darum noch nicht gleich groß und tauglich für das Himmelreich; doch steht er schon eine Stufe höher. Vollkommen wird er sein, wenn er keinem ohne Grund zürnt; bringt er das fertig, dann wird er sich noch viel mehr von Mord und Todschlag fernhalten. Wenn der Herr also lehrt wir dürfen nicht zürnen, hebt er damit das Gebot, keinen zu töten, nicht auf, vielmehr macht er es vollständig; wir sollen uns eben von Schuld freihalten, und zwar äußerlich, indem wir nicht töten, und innerlich, indem wir nicht zürnen. Es gibt also verschiedene Stufen bei den Sünden. Zunächst wenn jemand zürnt und den Unwillen, den er im Herzen trägt, für sich behält. Dann, wenn die Aufregung sich Luft macht durch unwillige Laute, die zwar keinen Inhalt haben, aber doch schon dadurch, daß sie laut werden, die seelische Erregung kundtun, durch die der getroffen wird, dem man zürnt. Das ist sicher mehr, als wenn man den aufsteigenden Zorn still unterdrückt. Wenn man aber nicht nur einen unwilligen Laut vernimmt, sondern auch ein Wort, das schon einen unverkennbaren Vorwurf gegen den enthält, gegen den es ausgestoßen wird, wer zweifelt dann, daß das viel mehr ist, als wenn man nur einen unwilligen Laut ausstößt? Nun schau, wie es auch drei Arten von Strafen gibt, dem Gerichte, den Hohen Rate und dem höllischen Feuer verfallen. Beim Gerichte gibt es noch die Möglichkeit, sich zu verteidigen. Im Hohen Rate finden wohl auch Gerichtsverhandlungen statt, doch zwingt uns schon die unterscheidung dazu, hier etwas anderes anzunehmen. Sache des Hohen Rates ist es, wie mir scheint, das Urteil zu bestimmen; hier wird also nicht mehr über den Angeklagten eine Untersuchung angestellt, ob er verurteilt werden muss, sondern hier beraten die Richter unter sich, welche Strafe über den angeklagten verhängt werden soll. Beim höllischen Feuer aber besteht kein Zweifel mehr, weder über das Urteil, wie beim Gericht, noch über das Strafmaß des Verurteilten, wie beim Hohen Rat; beim höllischen Feuer steht das Urteil und das Strafmaß des Verurteilten fest.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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