Freitag, 6. Dezember 2013

Katechismus Thomas von Aquin - Und an Jesum Christum, seinen eingebohrnen Sohn unsern Herrn.

Quelle: Auslegung des apostolischen Glaubensbekenntnisse übersetzt von Michael Denis 1801 
II. Artikel

Und an Jesum Christum, seinen eingebohrnen Sohn unsern Herrn.


Die Pflicht der Christen fodert, nicht allein an einen Gott, welcher Schöpfer des Himmels, der Erde und aller Dinge ist, zu glauben, sondern auch zu glauben, daß dieser Gott ein Vater, und Christus der wahre Sohn Gottes ist. Dieses ist, wie der heilige Petrus in seinem Sendschreiben sagt, nicht erdichtet, sondern gewiß und durch Gottes Zeugniß auf dem Berge bewiesen. So saget er: wir verkünden euch die Kraft und Gegenwart unsere Herrn Jesu Christi nicht etwa aus Leichtgläubigkeit an ein ausgesonnenes Mährlein, sondern als Augenzeugen seiner Würde. Gott der Vater ließ ihn zu ehren und zu verherrlichen aus einem himmlischen Glanze folgende Stimme an ihn ergehen: Der ist mein geliebter Sohn, in dem ich mir Wohlgefallen habe. Diese vom Himmel gekommene Stimme haben wir vernommen, da wir mit ihm auf dem heiligen Berge waren (2. Pet. 1, 17. 18. Der Hergang aber wird erzählet Matth. 17. Nach dem heil. Hieronymus wars der Berg Tabor). So nennet auch Jesus Christus selbst mehrmal Gott seinen Vater, und sich einen Sohn Gottes, und die Apostel und heiligen Väter haben unter die Glaubensartikel gesetzet, daß Christus Gottes Sohn ist: Und in Jesum Christum seinen Sohn.

Allein einige Ketzer haben dieses falsch gedeutet. Photinus sagte, Christus sey auf keine andere Weise Gottes Sohn, als jeder tugendhafte Mann, der durch einen guten Wandel und die Erfüllung des göttlichen Willens verdienet von Gott an Kindesstatt aufgenommen zu werden, und so habe Christus, der fromm lebte und Gottes Willen that, verdienet Gottes Sohn zu heißen. Er sey auch vor der seligsten Jungfrau nicht gewesen, sondern habe angefangen zu seyn, als er von ihr empfangen ward. Und so begieng er zween Irrthümer: Den ersten daß er ihn für keinen wahren natürlichen Sohn Gottes erkannte; den zweyten daß er vorgab er habe nach seinem ganzen Wesen erst in der Zeit angefangen, da doch unser Glaube behauptet, daß er Gottes Sohn nach der Natur, und von Ewigkeit ist. Wir haben auch dafür ausdrückliche Satze wider ihn in der heiligen Schrift. Wider das erste zwar, daß nicht allein Sohn, sondern auch der eingebohrne ist: Der Eingebohrne welcher in dem Schooße des Vaters ist (Joh. 1,18.); wider das zweyte: Ich war schon ehe Abraham war (Joh. 8, 58.). Nun weiß man wohl, daß Abraham vor der seligen Jungfrau war, und daher haben die heiligen Väter in einem andern Glaubensbekenntnisse (In jenem, welches die Kirchenversammlung zu Konstantinopel im Jahre 381 abgefaßt hat, und der Priester in der Messe spricht) wider das erste hinzu gesetzet: Den emgebohrnen Sohn Gottes, und wider das zweyte: vom Vater erzeuget vor allen Zeiten. Sabellius, obwohl er eingestand, daß Christus vor der seligsten Jungfrau war, ließ doch keinen Unterschied der Personen des Vaters und Sohnes zu, sondern behauptete, der Vater selbst sey Fleisch geworden, und habe also eben dieselbe Person mit dem Sohne. Mein auch dieses ist irrig, denn es nimmt die Dreyheit der Personen weg, und widerspricht dem Satze: Ich bin nicht allein, sondern ich und der Vater, der mich gesandt hat (Joh. 8, 16); denn offenbar niemand sich selbst. Daher sagt Sabellius falsch, und die Väter habe ins Glaubensbekenntniß gesetzet: Gott von Gott, Licht von Licht, das heißt: Gott Sohn von Gott Vater, den Sohn, der Licht ist, vom Vater, der Licht ist, müssen wir glauben. Arrius (Dieser und Photinus verbreiteten ihre Irrlehren im vierten, Sabellius im dritten Jahrhunderte der Kirche) endlich lehrte zwar, Christus sey vor der seligen Jungfrau gewesen, und habe eine andere Person, als die des Vaters; allein er behauptete von ihm erstens, daß der Sohn Gottes ein Geschöpf war; zweytens, daß ihn Gott nicht von Ewigkeit, sondern in der Zeit zum edelsten Geschöpfe gemacht hat; drittens, daß Gott der Sohn nicht einer Natur mit Gott dem Vater und folglich nicht wahrer Gott ist. Dieses ist nicht weniger falsch, und wider die Aussprüche der heiligen Schrift. Es stcht geschrieben: Ich und der Vater sind eins (Joh. 10, 30.), nämlich nach der Natur, und daher wie der Vater immer war, so auch der Sohn, wie der Vater wahrer Gott ist, so auch der Sohn. Wenn also Arrius sagt, Christus sey ein Geschöpf, sagen die Vater im Glaubensbekenntnisse entgegen: wahren Gott vom wahren Gott; wenn er sagt, Christus sey nicht von Ewigkeit, sondern aus der Zeit, sagen sie eben daselbst: erzeuget, nicht erschaffen; wenn er sagt, sein Wesen sey vom Vater verschieden, setzen sie hinzu: Eines Wesens mit dem Vater.
Wir sehen daher, daß uns auferleget ist, zu glauben, daß Christus der eingebohrne und wahre Sohn Gottes ist, daß er immer mit dem Vater war, daß seine Person von der des Vaters verschieden, seine Natur aber mit der des Vaters eben dieselbe ist. Und dieses halten wir hier durch den Glauben, werden es aber im ewigen Leben durch vollkommenes Anschauen erkennen. Ich will mich daher zu unserem Tröste noch etwas mehr darüber erklaren.
Es ist nämlich zu wissen, daß die Zeugunsart bey Verschiedenen verschieden ist. Anders zeuget Gott, anders zeugen andere Wesen. Darum können wir uns der Zeugung Gottes nur durch die Zeugung desjenigen Wesens nähern, welches sich unter den Geschöpfen der Aehnlichkeit Gottes am meisten nähert. Nichts ist aber Gott ähnlicher als die Seele des Menschen, wie ich schon gesagt habe. Nun ist die Zeugungsart der Seele so beschaffen: Der Mensch denkt etwas durch seine Seele, und dieses wird ein Begriff des Verstandes genannt. Ein solcher Begriff kömmt von der Seele, wie von einem Vater, und heißet das Wort des Verstandes, oder des Menschen. Die Seele erzeuget also durch Denken ihr Wort, und eben so ist der Sohn Gottes nichts anders, als das Wort Gottes, nicht wie ein äusserlich vorgebrachtes Wort; denn dieses gehet vorüber, sondern wie in innerlich gedachtes, und deßhalben ist das Wort Gottes selbst einer Natur mit Gott, und Gott gleich. Deßhalben vernichtet auch der heilige Johannes drey Ketzereyen, da er vom Worte Gottes spricht: zuerst die des Photinus, da er sagt: Im Anfange war das Wort; dann die des Sabellius, da er sagt: Und das Wort war bey Gott; endlich die des Arrius: da er sagt: Und Gott war das Wort (Joh. 1,1.). Allein anders ist das Wort in uns, und anders ist es in Gott. Denn in uns ist unser Wort zufällig; in Gott hingegen ist sein Wort das, was Gott selbst ist, da in Gott nichts ist, was nicht sein Wesen ausmacht. Niemand aber kann sagen, daß Gott ohne Wort sey; denn so ware er ohne Verstand, und daher, wie Gott immer war, so war auch sein Wort immer. Wie nun ein Künstler Alles hervorbringt durch sein Wort, das ist, durch das Bild, welches er vorher in seiner Seele entwarf; so macht Gott der höchste Künstler alles durch sein Wort. Alles ist durch das Wort gemacht worden (Joh. 1,1.), und ist das Wort Gottes der Sohn Gottes, und haben alle Worte Gottes eine gewisse Ähnlichkeit mit diesem Worte: so müssen wir erstlich Gottes Worte gerne anhören. Denn die geneigte Anhörung seiner Worte ist ein Zeichen, daß wir ihn lieben.
Wir müssen zweytens seinen Worten glauben. Denn dadurch wohnet das Wort Gottes, das ist Christus, der das Wort Gottes ist, in uns. So wünschet der Apostel: daß Christus durch den Glauben in euren Herzen wohne (Ephes. 3,17.), und er selbst saget: weil ihr dem nicht glaubet, den der Vater gesandt hat, bleibet sein Wort nicht in euch (Joh. 5,38.).
Wir müssen drittens das in uns bleibende Wort Gottes unabläßig erwägen; denn um es fruchtbar zu machen ist nicht allein von Nöthen zu glauben, sondern auch zu betrachten, und diese Betrachtung ist sehr wirksam wider die Sünde. Ich habe deine Aussprüche in meinem Herzen verwahret um dir nicht zu sündigen (Psalm 118,12.). Und von dem Gerechten heißt es: Tag und Nacht wird er dem Gesetze  des Herrn nachdenken (Psalm 1,2.). Daher steht auch von der seligen Jungfrau angemerket: Sie bewahrte und überlegte alle Worte in ihrem Herzen (Luc. 2,19.).
Viertens muß der Mensch das Wort Gottes mittheilen durch Ermahnung, Erklärung, Aneiferung. Keine böse Rede komm aus eurem Munde, sondern was ihr gutes wisset zur Erbauung (Ephes. 4,29.). Das Wort Christi soll in euch so reichlich wohnen, daß ihr euch in aller Weisheit einander belehren und vermahnen könnet (Kolos. 3,16.). Verkünde das Wort angelegentlich Geneigten und Ungeeigneten (2. Tim. 4,2.).
Endlich muß das Wort Gottes in Ausübung gebracht werden. Seyd Befolger de Wortes, und nicht lediglich euch selbst täuschende Anhörer (Isak. 1,22.). Alle diese fünf Stücke hat die heilige Maria, da sie das Wort Gottes aus sich gebahr, der Ordnung nach beobachtet. Erstens hat sie gehöret: Der heilige Geist wird über dich kommen (Luk. 1,35). Zweytens hat sie durch den Glauben eingewilliget. Sieh ich bin eine Magd des Herrn (1,38). Drittens hat sie empfangen und im Leibe getragen. Viertens hat sie zur Welt gebohren. Fünftens hat sie ernähret und gesäuget, wie die Kirche singt: Den König aller Engel selbst hat diese Jungfrau nur gesäugt Mit ihrer Brust vom Himmel voll (In den Tagzeiten an dem Beschneidungsfeste zur Metten).

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