Freitag, 6. Dezember 2013

Katechismus Thomas von Aquin - Der empfangen ist von dem heiligen Geiste, geboren aus Maria der Jungfrau.


III. Artikel

Der empfangen ist von dem heiligen Geiste, gebohren aus Maria der Jungfrau.


Der Christ ist nicht allein verbunden an den Sohn Gottes zu glauben, wie wir dargethan haben, sondern er muß eben so dessen Menschwerdung glauben. Daher führet uns de heilige Johannes, nachdem er viele geheimnisvolle und hohe Dinge gesagt hatte, in der Folge auf diese Menschwerdung, indem er spricht: Und das Wort ist Fleisch geworden (Joh. 1,14.). Von diesem nun einigen Begriff zu geben will ich mich eines zweyfachen Gleichnisses bedienen.

Offenbar ist dem Sohne Gottes nichts vergleichbarer, als ein in unserm Herzen gedachtes, aber nicht ausgesprochenes Wort. So lange dieses Wort in dem Herzen des Menschen ist, erkennet es Niemand, als der es denket. Es wird nur erst erkannt, wenn es ausgesprochen wird. So ward das Wort Gottes von niemanden erkannt, als von dem Vater, so lange es in dem Herzen des Vaters blieb. Nur dann, als es in Fleisch, wie das Wort in die Stimme, gekleidet ward, gelangte es zu allgemeiner Kenntnis. Nachher ließ es sich auf Erde sehen, und gieng mit den Menschen um (Baruch. 3,38).
Das zweyte Gleichniß. Obschon das ausgesprochene Wort durch das Gehör erkannt wird, läßt es sich doch weder sehen noch berühren. Schreibet man es aber auf Papier, dann wird es sichtbar und fühlbar. So ward das Wort Gottes sichtbar und fühlbar, als in unser Fleisch gleichsam niedergeschrieben ward, und so wie ein Papier, auf welchem das Wort eines Königes steht, das Wort des Königes heißt: so heißt der Mensch mit dem das Wort Gottes in einer Person vereiniget ist, der  Sohn Gottes. Dahin deutet der Prophet: Nimm dir ein großes Buch, und schreib in dasselbe mit dem Griffel nach Menschenart (Esa. 8,1.). Deßwe gen haben auch die heiligen Apostel ausgesprochen: Empfangen von dem heiligen Geiste, gebohren aus Maria der Jungfrau, und weil viele es irrig verstanden, setzten die Kirchenväter in dem anderen Bekenntnisse der nizenischen Versammlung manches hinzu, um in Zukunft allen Irrtümern vorzubeugen. Denn Origenes hatte gesagt: Christus sey auch zur Rettung der Teufel gebohren worden, und in die Welt gekommen, und daher würden auch sie am Ende der Welt selig werden, welches wider Gottes Wort ist; denn es steht geschrieben: Geht von mir ihr Verfluchten! ins ewige Feuer, welches dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist (Matth. 25,43). Darum ist der widerlegende Zusatz: Der für uns Menschen, nicht für Teufel, und für unser Heil, gemacht worden, welcher die Liebe Gottes zu uns mehr in das Licht setzet. Photinus ließ zwar die Geburt Christi von der seligen Jungfrau zu, fügte aber bey, er sey nichts, als ein Mensch, der durch frommen Wandel und Befolgung des göttlichen Willens verdienet habe, ein Sohn Gottes so, wie andere Heilige, zu werden. Dawider steht geschrieben: Ich stieg vom Himmel, nicht meinen, sondern den Willen dessen zu thun, der mich gesandt hat (Joh. 6,36). Nun wäre er nicht herabgestiegen, wenn er nicht oben gewesen wäre, und er wäre nicht im Himmel gewesen, wenn er nichts, als ein Mensch wäre. Daher wird wider diese Irrlehre hinzugesetzet: Er stieg vom Himmel.
Manes sagte, der Sohn Gottes sey zwar immer gewesen, und vom Himmel gestiegen; er habe aber kein wahres, sondern nur ein scheinbares Fleisch angenommen. Auch dieses ist falsch. Denn wie sollte der Lehrer der Wahrheit einen Betrug an sich haben? Wie er wahres Fleisch zeigte, so hatte er es auch. Fühlet und sehet, sprach er, ob ein Geist Fleisch und Gebeine habe, wie ihr es an mir findet (Luk. 24,39). Dieses zu widerlegen haben die Vater hinzugesetzet: Und er hat Fleisch angenommen. Ebion, von Geschlechte ein Jud, gab vor, Christus sey zwar von der seligen Jungfrau gebohren worden, aber aus männlicher Beywohnung; allein irrig; denn der Engel sagte: Was in ihr erzeuget ward, ist vom heiligen Geiste (Matth. 1,20.). Darum fügten die Väter bey: Vom heiligen Geiste.
Valentinus gestand, daß Christus vom heiligen Geiste empfangen ward; behauptete hingegen, der heilige Geist habe einen himmlischen Körper in die selige Jungfrau herniedergebracht; dieß sey der Leib Christi, Maria habe nichts anders dabey gethan, als daß sie ihn aufnahm, daher schloß er, dieser Leib sey durch sie nur so durchgegangen wie durch einen Rinnsal. Die Falschheit erhellet aus den Worten des Engels: was aus dir heiliges gebohre werden wird, wird Gottes Sohn heißen (Luc. 1,35.), und aus dem Apostel: Als die Fülle der Zeit ankam, sandte Gott seinen Sohn, der aus einem Weibe gemacht war (Gal. 4,4.), Daher der Beysatz: Gebohren aus Maria der Jungfrau.
Arrius und Apollinaris lehrten, daß Christus zwar das Wort Gottes, und aus Maria der Jungfrau gebohren sey, aber keine Seele, sondern an ihrer statt die Gottheit gehabt habe. Auch dieses ist wider die Schrift; denn Christus sagte: Meine Seele ist zerstöret (Joh. 12,27) j und wieder Meine  Seele lst betrübt bis in den Tod (Matth. 26,36.). Diesen Irrthum zu entfernen haben die heiligen Vater hinzugefüget: Und er ist Mensch geworden. Denn der Mensch bestehet aus Seel und Leib, und daher hat Christus, die Sünde ausgenommen, in Wahrheit alles gehabt, was man zu einem Menschen fodern kann. Dadurch aber daß gesagt wird: Er ist Mensch geworden, werden all bisher angeführten, und noch erdenklichen Irrthümer vernichtet, und besonders jener des Eutyches, welcher sagte, es sey durch eine Mischung der göttlichen und menschlichen Natur eine Natur Christi entstanden, nach welcher er weder ganz Gott, noch ganz Mensch sey. Denn so wäre er kein wahrer Mensch wider den ausdrücklichen Satz: Er ist Mensch geworden, welches falsch ist. So fällt auch der Irrthum des Nestorius weg (Von den bisher genannten Irrthümern schwärmte Ebion im ersten, Valentinus im zweyten, Manes und Origines im dritten, Apollinaris im vierten, Eutyches und Nestorius im fünften Jahrhunderte der Kirche), welcher lehrte, der Sohn Gottes sey mit dem Menschen nur durch Einwohnung vereiniget. Der Ungrund erhellet, weil er auf solche Weise nicht Mensch, sondern nur in dem Menschen wäre. Daß er aber Mensch sey, sagt der Apostel: Er ist Menschen gleich, und in Menschengestalt befunden worden (Philip. 2,7), und er selbst: Ihr suchet mich zu tödten, einen Menschen, der euch die Wahrheit gesagt hat (Joh. 8,40.). 
Aus dem bisher Gesagten lassen sich nun velschiedene Nutzanwendungen machen.
Erstens wird unser Glaube befestiget. Der etwas erzählet von einem fernen Lande, wo er nicht selbst war, überzeuget nicht so, wie jener, der selbst dort war. Patriarchen, Propheten, Johannes der Taufer hatten vieles von Gott gesagt, ehe Christus in die Welt kam; aber die Menschen glaubten ihnen nicht so, wie Christo, der mit Gott, ja Eines mit ihm war. Daher ist unser Glaube an die von ihm vorgetragene Lehre stärker. Niemand hat Gott gesehen. Der Eingebohrne Sohn der im Schooße des Vaters ist, hat uns von ihm berichtet (Joh. 1,18). Daher kömmt es, daß uns viele Glaubensgeheimnisse nun nach der Ankunft Christi bekannt sind, die vorher verborgen waren.
Zweytens erschwinget sich dadurch unsere Hoffnung. Denn wir sind überzeuget, daß Christus nicht geringer Dinge wegen zu uns kam, und unser Fleisch annahm, sondern zu unserem großen Nutzen. Er hat nämlich ein Art von Vertrag mit uns errichtet, da er sich würdigte, Leib und Seele anzunehmen, und von der Jungfrau gebohren zu werden, um uns dafür seine Gottheit zu geben, und ist so Mensch geworden, daß er den Menschen zur Gottheit erhob. Wir haben durch ihn und durch den Glauben den Zugang zu dieser Gnade, und rühmen uns in der Hoffnung der Herrlichkeit der Söhne Gottes (Röm. 5,2.). 
Drittens wird dadurch die Liebe angeflammet. Denn es ist kein augenscheinlicherer Beweis der göttlichen Liebe, als daß Gott der Schöpfer aller Dinge ein Geschöpf, unser Herr, unser Bruder, der Sohn Gottes ein Sohn des Menschen geworden ist. So hat Gott die Welt geliebet, daß er seinen eingebohrnen Sohn gab (Joh. 3,16). Diese Betrachtung muß unsre Gegenliebe anfachen, und in Flammen zu Gott setzen.
Viertens leitet uns dieses zur Erhaltung der Reinigkeit unserer Seele. Denn durch die Verbindung mit Gott  
ist unse Natur so geadelt und erhöhet worden, daß sie zur Mitgenoßinn einer göttlichen Person ward. Daher nahm der Engel nach der Menschwerdung Christi die tiefe Verehrung des heiligen Johannes nicht mehr an, die er vorher auch von den größten Patriarchen angenommen hatte (Apok. 19.10.22.9. Gen. 18,2. jos. 5,15.). In Rücksicht also auf diese Erhöhung muß sich der Mensch zu groß dünken, sich und seine Natur durch die Sünde herabzuwürdigen. Deßhalben spricht auch der heilige Petrus: Durch ihn hat uns Gott die größten und theurrsten Verheißungen erfüllet, daß wir nämlich Mitgenoßen der göttlichen Natur würden und flöhen die verderbliche Begierlichkeit die in der Welt ist (2. Pet. 1,4.). 
Fünftens entbrennet dadurch unser Verlangen zu Christo zu kommen. Hätte jemand einen König zum Bruder, und wäre er von ihm entfernet; wie seht wünschte er, zu seinem königlichen Bruder zu kommen, bei ihm zu seyn und zu bleiben? Nun ist Christus unser Bruder; wir müssen also verlangen, ihn zu erreichen und mit ihm vereiniget zu werden. Wo immer ein Körper seyn wird, dort werden sich die Adlet versammeln (Matth. 24,28.),  und der Apostel begehrte aufgelöset zu werden und mit Christo zu seyn (Philip. 1,23.). Dieses Begehren wachset in uns durch die Betrachtung sein Menschwerdung. 

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