Mittwoch, 4. Dezember 2013

Ich glaube ... - Katechismus Thomas von Aquin


I. Artikel, Ich glaube an einen Gott Vater, allmächtigen Schöpfer Himmels und der Erde.

1. Ich glaube.

Das erste, was ein Christ nöthig hat, ist der Glaube, ohne welchen Niemand ein Christgläubiger heißt. Der Glaube bringt aber vier Vortheile. Der erste ist, daß die Seele durch den Glauben mit Gott verbunden wird; denn die Christenseele wird Gott durch den Glauben gleichsam angetrauet: Ich werde dich Mir im Glauben vermählen (Os. 2, 20.) Daher bekennet der Mensch, wann er getauft wird, auf die Frage: Glaubest du an Gott? zuerst den Glauben, weil die Taufe das erste Geheimniß des Glaubens ist. Daher sagt auch der Herr: Wer geglaubet haben, und getaufet seyn wird, der wird selig werden (Mark. 16,16.). Denn die Taufe ohne Glauben nützet nichts, und daher merke man, daß Niemand ohne Glauben Gott angenehm ist, Ohne Glauben ist es unmöglich Gott zu gefallenen (Hebr. 11,6.). So schreibt Augustinus über jenes an die Römer, 14, 23. Alles, was nicht aus dem Glauben ist, ist Sünde: Wo keine Erkenntniß der ewigen und unwandelbaren Wahrheit ist, dort ist auch bey den besten Sitten nur Scheintugend.


Der zweyte Vortheil ist, durch den Glauben das ewige Leben in uns anfängt; denn das ewige Leben ist nichts anders, als die Erkenntniß Gottes. So spricht der Herr: Dieß ist das ewige Leben, daß sie dich als den einzigen wahren Gott erkennen (Joh. 17,3). Diese Erkenntniß Gottes aber fängt hier durch den Glauben an, und wird im künftigen Leben vollkommen, wo wir ihn erkennen werden, wie er in sich selbst ist (Joh. 3,2.). Darum steht geschrieben: Der Glaube ist der Grund aller zu hoffenden Dinge (Hebr. 11,1.).Niemand kann also zur Seligkeit, welche die wahre Erkenntniß Gottes ist, gelangen, der ihn nicht zuerst durch den Glauben erkennnet. Selig sind, die nicht gesehen, und doch geglaubet haben (Joh. 20,29.).
Der dritte Vortheil ist, daß der Glaube das gegenwartige Leben leitet. Denn um gut zu leben muß der Mensch wissen, was gut zu leben erfodert wird; und wenn er alles dazu Nothwendige durch Untersuchung lernen sollte, dann würde er niemal, oder doch spät zum Ziele kommen. Dagegen lehret der Glaube alles was zu einem guten Leben nothwendig ist. Er lehret namlich, daß ein Gott ist, der die Guten belohnet, und die Bösen bestrafet, daß noch ein anderes Leben bevorstehet, und dergleichen Dinge, die uns hinlänglich zum Guten reizen, und vom Bösen abwenden. Mein Gerechter lebet aus dem Glauben. (Habak 2,4.) Und dieses erhellet auch daraus, daß kein Weiser vor Christi Ankunft mit allem Bestreben so viel von Gott, und den Erfordernissen zum ewigen Leben erreichen konnte, als nun nach dieser Ankunft durch den Glauben auch ein Weiblein weiß. Deßhalben steht geschrieben: Die Erde ist mit Kenntniß der Herrn erfüllet worden (Esa. 11,9.).
Der vierte Vortheil endlich ist, daß wir durch den Glauben die Versuchungen überwinden. Die Heiligen haben durch den Glauben die Mächte besieget (Hebr. 11,33). Dieß ist offenbar, weil alle Versuchungen entweder vom Teufel, oder von der Welt oder vom Fleische kommen, Der Teufel versuchet nämlich, daß du nicht gehorsamen, dich ihm nicht unterwerfen sollest. Dagegen steht Glaube; denn durch den Glauben erkennen wir, daß er der Herr aller ist, und daher mit Recht Gehorsam fodert. Euer Widersacher der Teufel suchet herum, wen er verschlinge. Setzet euch ihm tapfer im Glauben entgegen (1. Petr. 5,8.9.). Die Welt versuchet, da sie entweder mit Glücke reizet, oder mit Widerwärtigkeit schrecket. Dieß überwinden wir durch den Glauben, der uns eines andern bessern Lebens versichert. Deßhalben verachten wir den Wohlstand dieser Welt, und scheuen ihr Ungemach nicht. Der Sieg über die Welt ist unser Glaube (Joh. 5,4.);  der uns noch auch größerer anderer Uebel versichert, nämlich jener der Hölle. Endlich versuchet das Fleisch, da es uns zu augenblicklichen Wohllüsten des gegenwärtigen Lebens anlocket. Allein der Glaube zeiget uns, daß wir die ewigen Freuden verlieren, wenn wir jenen unerlaubt nachhangen. Ergreifet den Schild des Glaubens in jeder Gelegenheit (Ephes. 6,16). Hieraus sieht man also, wie nützlich der Glaube sey.
Nun aber sagt Jemand: Ist es nicht thöricht, etwas zu glauben, das man nicht sieht? Ich antworte erstlich, daß diesen Einwurf die Unvollkommenheit unseres Verstandes aufhebt. Könnte der Mensch durch sich selbst alles Sichtbare und Unsichtbare erkennen: dann würde thöricht seyn zu glauben, was man nicht sieht; allein unsere Erkenntniß ist so schwach, daß kein Weiser jemal die Natur einer Fliege vollkommen ergründen könnte; und man liest, daß einer ihrer 30 Jahre in Einsamkeit über das Wesen der Biene hingebracht habe (So was erzählt Cicero von einem Aristomachus, und der heilige Augustin von einem Aristodemus). Ist nun unsere Begreifungskraft so beschränket: so ist es ja vielmehr thöricht, von Gott nur das glauben wollen, was der Mensch durch sich selbst erkennen kann. Dahin zielt die Schrift: Sieh, Gott ist groß, er übersteigt unser Wissen (Joh. 39,26.)!
Zweytens kann man antworten: Wenn ein Gelehrter etwas in seiner Wissenschaft behauptete, und ein Bauer sagte, es wäre nicht so, weil er es nicht begreife: würde dieser Bauer nicht für einen wahren Thoren gehalten werden? Nun aber übersteigt der Verstand eines Engels den Verstand des größten Gelehrten mehr, als der Verstand des größten Gelehrten den Verstand eines Bauers. Der Gelehrte ware also ein Thor, wenn er nicht glauben wollte, was ihm Engel sagten, und er ist es noch mehr, wenn nicht glauben will, was Gott sagt .Wider solche zeuget die Schrift: Sehr vieles ist dir gezeiget worden über den Begriff der Menschen (Ekkli. 3,25.). 
Die dritte Antwort kann seyn: Der Mensch könnte in dieser Welt nicht leben, wenn er nichts glauben wollte, als was er einsieht. Wie könnte er auch leben, wenn er Niemanden glaubte? Er würde auch nicht glauben, daß dieser, oder jener sein Vater sey. Der Mensch muß also von Dingen, die er durch sich selbst nicht vollkommen wissen kann, Jemand anderem glauben; Niemanden aber so, wie Gott. Daher sind jene, die seinen Aussprüchen keinen Glauben beimessen, nicht Weise, sondern hochmüthige Thoren, wie der Apostel schreibt: Ein solcher ist stolzer Unwissender (1. Tim. 6,4.). Daher steht auch geschrieben: Ich weiß wem ich geglaubet habe, und bin sicher (2. Tim.1,12.); und wiederum: Ihr die ihr Gott fürchtet, glaubet ihm (Ekkli. 2,8.)! 
Viertens, kann man auch sagen: Gott beweiset, daß das wahr ist, was der Glaube lehret. Wenn ein König Briefe unter seinem Siegel ergehen ließe: wer würde zu behaupten wagen, diese Briefe wären nicht mit des Königs Willen ergangen? Nun ist es gewiß, daß alles, was die Heiligen vom Glauben Christi gelehret, und uns überliefert haben, mit dem Siegel Gottes bezeichnet, das ist, mit Handlungen begleitet ist, die kein pures Geschöpf ausüben kann. Dieß sind die Wunderwerke, mit welchen Christus die Lehren der Apostel und Heiligen bestättiget hat. Saget man mir, daß kein Augenzeuge von Wunderwerken da sey: so versetze ich: Sicher ist, und selbst die Geschichten der Heiden erzählen es, daß die ganze Welt Götzen ehrte, und den Glauben Christi verfolgte; nun aber haben sich auf den Vortrag Einfältiger, und Armer, und Weniger, die Christum predigten, alle die Weisen, und Edeln, und Reichen, und Mächtigen, und Großen zu Christo bekehret. Ist daran etwas Wunderbares, oder nichts? Ist etwas: so habe ich meinen Satz behauptet: ist nichts: so behaupte ich weiter, daß kein größeres Wunder geschehen konnte, als daß die ganze Welt ohne Wunderwerke bekehret worden ist, und suche weiter kein anderes. Und so soll Niemand an dem Glauben zweifeln, sondern fester über dem halten, was der Glaube lehrt, als über dem, was er sieht, da das menschliche Aug getäuschet werden, Gottes Weisheit aber niemal irren kann. 

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