Mittwoch, 4. Dezember 2013

Ich glaube an einen Gott ... - Katechismus Thomas von Aquin

2. Ich glaube an einen Gott.

Unter allen Wahrheiten, die der Glaube den Christen vorhält, ist die erste Pflicht, zu glauben, daß ein Gott sey. Man muß aber betrachten, was dieser Ausdruck bezeichne. Er bezeichnet nichts anderes, als einen Beherrscher und Besorger aller Dinge. Jener glaubet also Gottes Daseyn, welcher glaubet, daß alles auf dieser Welt von ihm verwaltet und besorget wird; jener hingegen glaubt es nicht, der dafür hält, daß alles von ungefähr geschehe. Es findt sich demnach kein solcher Thor, der nicht glaubte, daß die natürlichen Dinge verwaltet, besorget, und geleitet werden, da sie in einer gewissen Ordnung, und nach bestimmten Zeiten fortgehen. Denn wir sehen Sonne, Mond, Gestirne und alle Naturerscheinungen eine geordnete Bahn halten, was nicht geschehen würde, wenn sie vom Zufalle abhiengen. Wenn daher Jemand wäre, welcher keinen Gott glaubte, der würde ein Thor seyn. Der Thor sprach in seinem Herzen: Es ist kein Gott (Psal. 13,1.). 

Es sind aber einige, die Gott zwar die Verwaltung und Anordnung der natürlichen Dinge nicht absprechen; aber dennoch nicht glauben, daß er auch die menschliche Handlungen besorge und lenke. Die Ursache ist, weil sie auf dieser Welt die Guten gekränket und die Bösen beglücket sehen, welches keine göttliche Fürsicht in Bezug auf den Menschen anzuzeigen scheint. Daher sagen sie in der Schrift: Er bewandelt den Umkreis des Himmels, und sieht nicht auf unser Thun (Joh. 20,14.). Allein dieß ist sehr sinnlos. Es ergeht ihnen wie einem Unkündigen der Arzneykunst, der einen Arzt nach der Vorschrift seiner Kunst dem einen Kranken Wasser, dem andern Wein reichen sähe, und glaubte, dieses geschähe von ungefähr, weil er die Arzneykunst nicht versteht, die aus gutem Grunde diesem Wein, jenem aber Wasser vorschreibt. So verhält es sich mit Gott. Er füget aus gerechter Ursache und nach seiner Vorsicht das, was dem Menschen nothwendig ist, und so schicket er einigen Guten Leiden, und einige Böse läßt er im Wohlstande. Glaubet nun Jemand, dieses sey ein blosser Zufall: so ist et ein Thor, und wird für einen gehalten, weil er nicht so glauben würde, wenn ihm die Geheimnisse und Ursachen der göttlichen Verfügung bekannt wälren. Möchte er dir das Verborgene der Weisheit, und die Manchfaltigkeit seiner Anordnungen zeigen (Job. 11,6.)! Deßhalben ist fest zu glauben, daß Gott nicht allein die natürlichen Dinge, sondern auch die menschlichen Handlungen leitet, und ordnet. Sie sagen: Der Herr wird es nicht sehen, der Gott Jakobs wird es nicht erfahren. O ihr Unweisen im Volke, lernet, und ihr Thoren, werdet einmal klug! Wird der nicht hören der das Ohr gebildet, und der nicht beobachten, der das Aug gemacht hat? Der Herr weiß die Gedanken der Menschen (Psal. 93,7-11).
Also sieht er Alles, auch die Gedanken, auch die geheimen Entschlüsse. Und daher liegt auf den Menschen die vorzügliche Pflicht, gut zu handeln, weil alles, was sie denken und thun, vor Gottes Angesicht geschieht. Alles ist enthüllet und offen vor seinen Augen (Hebr. 4,13.).
Es ist aber auch zu glauben, daß jener Gott, der Alles ordnet und leitet, nur Ein Gott ist, und die Ursache ist, weil nämlich jene Anordnung menschlicher Dinge die beßte ist, vermöge welcher die Menge von Einem gelenket und beherrschet wird. Denn die Mehrheit der Vorsteher stiftet oft Uneinigkeit unter den Gehorchenden; da also die göttliche Herrschaft vollkommener ist, als die menschliche, so erhellet, daß die Welt nicht von mehreren, sondern von einem Gott beherrschet wird. Es sind aber vier Veranlassungen, welche die Menschen auf die Mehrheit der Götter geführet haben.
Die erst ist die Schwäche des menschlichen Verstandes. Kurzsichtige Menschen, die sich über das Körperliche nicht schwingen konnten, glaubten, es gäbe nichts über das Wesen sinnlicher Körper, und setzten daher aus jenen Körpern diese zu Vorstehern und Lenkern der Welt, die sie für die schöneren und vornehmeren hielten, schrieben ihnen auch, und wandten ihnen göttliche Verehrung zu; dergleichen waren die Himmelskörper, Sonne, Mond und Sterne. Allein diesen ergieng es, wie Jemanden der um den König zu sehen nach Hof gienge, und jeden wohlgekleideten für den König selbst hielte. Von ihnen sagt die Schrift: Sonne, Mond und Gestirne haben sie für weltbeherrschende Gottheiten angesehen (Weish. 13,2.), und: Blicket empor! Die Himmel werden wie Rauch zerstieben (Esai. 51,6.).
Die zweyte Veranlassung ist Schmeicheley der Menschen. Denn in dieser Absicht haben Einige durch Folgeleistung und Unterwerfung die Gott schuldige Ehre ihren Gebiethern und Königen erwiesen; ja sie nach dem Tode zu Göttern gemacht, oder wohl noch im Leben Götter genannt. Alle Völker sollen wissen daß Nabuchodonosor allein, und sonst niemand Gott der Erde ist (Jud. 5,29.).
Die dritte Veranlassung ist fleischliche Neigung zu Kindern und Verwandten. Denn einige errichteten aus übermäßiger Liebe den Ihrigen nach dem Tode Standbilder, und so fügte sichs nach und nach, daß man diesen Standbildern göttliche Verehrung bezeigte. Dahin zielte die Weisheit: Ihren Leidenschaften der Gebiethern zugefallen haben die Menschen den Steinen und dem Holze einen Namen beygelegt, der keinem Geschöpfe gegeben werden kann (Esai. 14, 13.14.).
 Die vierte Veranlassung ist die Bosheit des Teufels. Denn er wollte schon von Anbeginne Gott gleich seyn. Deßwegen sagt er: Ich werde zum Himmel aufsteigen, meinen Sitz über Gottes Gestirne erheben, und dem Höchsten gleich seyn (Esai. 14, 13.14). Und diesen Willen hat er noch nicht aufgegeben, und sein ganzes Bemühen geht dahin, daß ihn die Menschen anbethen, und ihm Opfer bringen sollten; nicht, als gefiele er sich in dem Opfer etwa eines Hundes, oder einer Katze, sondern darin gefiel er sich, wenn ihm die Menschen gleiche Ehre, wie Gott brächten. Daher sprach er zu Christo: Alles dieses werde ich dir geben wenn du mich kniefällig anbethest (Matth. 4,9.) Daher ist es, daß die bösen Geister aus den Götzenbildern Antwort gaben, um als Gottheiten verehrt zu werden. Alle Heidengötter sind Teufel (Psal. 95,5) Was die Heiden opfern, opfern sie den Teufeln, nicht Gott (1. Kor. 10,20) So schrecklich dieses ist: giebt es dennoch viele, die sich in diese vier Veranlassungen oft verirren, und wo nicht mit dem Munde, oder Herzen, gleichwohl mit der That zu erkennen geben, daß sie an mehr, als einen Gott, glauben. Denn die glauben, daß die Himmelskörper auf den Willen des Menschen Einfluß haben, und zu ihren Handlungen gewisse Zeiten wählen, machen die Himmelskörper zu gebiethen den Gottheiten. Fürchtet euch nicht vor den Himmelszeichen vor welchen die Heiden Furcht haben; denn die Vorschriften der Heiden sind eitel (Jer. 10, 2.3.). So machen auch jene aus ihren Fürsten Gottheiten, welche ihnen mehr als Gott, oder gar wider Gott gehorsam sind. Man muß Gott mehr gehorchen, als den Menschen (Apostelg. 5, 20.). So zeigen auch jene mit ihren Thaten auf Vielgötterei, die ihre Kinder, oder Blutsfreunde mehr lieben, als Gott, oder auch jene, die ihm den Fraß vorziehen, oder wie der Apostel sagt: Derer Gott der Bauch ist (Phillip. 3,19.). So halten jene die Teufel für Gottheiten, die der Zauberei und Schwarzkunst nachhangen, und der Beweis ist, weil sie von den Teufeln das verlangen, was Gott allein gewähren kann, nämlich Offenbarung verborgener, und Gewißheit zukünftiger Dinge. Die erste Glaubenspflicht ist also, daß nur ein Gott ist.

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