Mittwoch, 4. Dezember 2013

Sonntag in der Octave der Geburt des Herrn - Predigt vom Hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede

Auch deine Seele wird das Schwert durchbohren. Luc. 2, 35.

Diese Worte sind eine Vorhersagung von dem Leiden Christi, und es ist hievon dreierlei zu bemerken. Zuerst das große Mitleiden der seligsten Jungfrau Maria mit Christus, indem es heißt: Auch deine Seele wird das Schwert dnrchdringen. Vorzüglich machte viererlei das Leiden Christi der seligsten Jungfrau bitter. Zuerst die Güte des Sohnes, indem es heißt (1. Petr. 2.): "Der da keine Sünde that, und in dessen Munde man keinen Trug fand." Zweitens die Grausamkeit der Peiniger was vorzüglich daraus erhellt, weil sie ihm beim Tode selbst nicht ein Wasser geben wollten, und die Mutter daran verhinderten, welche es gerne gegeben hätte. Drittens die Schmach des Todes, wie es heißt (Weish. 2.): "Zum schmachvollsten Tode wollen wir ihn verurtheilen." Viertens die Grausamkeit der Marter in den Klageliedern (1.) steht geschrieben: "O ihr Alle, die ihr am Wege vorübergehet, habet Acht und sehet ob es einen Schmerz gibt, wie den meinigen."

Zweitens ist zu betrachten das bittere Leiden Christi. "Auch deine Seele wird das Schwert durchdringen." Dabei ist zu bemerken, daß sein Kreuz ein scharfes Schwert war. Der Prophet sagt (Ezech. 21.): "Das Schwert ist schneidend und glänzend." Schneidend war es, weil es sehr stach und verwundete. Zugleich war es glänzend und leuchtend, weil darauf das Licht der Welt d. h. Gottes des Vaters hing. Der Apostel nennt ihn (Hebr. 1.) den Abglanz der Herrlichkeit. Zugleich war er das Schwert der Herrlichkeit; die Schrift sagt (Deut. 33.): "Den Schild deiner Kraft und das Schwert deines Ruhmes." Er heißt aber das Schwert der Herrlichkeit, weil er uns dadurch die Herrlichkeit erwarb. Mit diesem Schwerte wurde er von den Gottlosen durch das Kreuz durchbohrt und er wird ebenfalls die Gottlosen mit ihren Schwertern durchbohren. Das erste ist das Unheil der gegenwärtigen Strafe. Der Prophet sagt (Ezech. 11.): "Ihr fürchtet das Schwert und ich will das Schwert über euch schwingen, spricht der Herr." Das zweite ist der Richterspruch, denn die Offenbarung sagt (1.): "Aus seinem Munde ging ein zweischneidiges Schwert aus." Das dritte ist die Bitterkeit der Höllenstrafe (Isai. 1.): "Das Schwert ging aus, weil der Mund des Herrn redete;" und (Gen. 3.): "Er stellte ein flammendes und bewegliches Schwert auf."
Drittens kommt zu bemerken der Erfolg des Leidens, nämlich damit aus vielen Herzen die Gedanken offenbar werden. Was man denkt offenbart man entweder dem Priefter in der Beicht, wie der Psalmist (36.) sagt: "Bekenne dem Herrn deinen Wandel;" oder im Gerichte zur Verdammung, wie Oseas (2.) sagt: "Ich will deine Schandthaten aufdecken."
Jetzt müssen wir die Sünden wegen vier Gründe offenbaren. Zuerst, weil durch ein solches Bekenntniß die Sünden vergeben werden. Die Schrift sagt (Sprichw. 28.): "Wer seine Missethaten verheimlicht, erhält keine Vergebung, wer sie aber bekennt und sie verläßt erlangt Barmherzigkeit." Zweitens, weil sie von Gott verheimlicht werden; daher der heilige Angustin sagt: "Wenn du bekennest, so verheimliche ich sie: im Gegentheil wenn du verheimlichst, offenbare ich sie." Drittens weil die Gnade ertheilt wird und viertens weil dadurch das ewige Leben erworben wird. Von beiden spricht der Prediger (4.): "Die Zerknirschung im Bekenntnisse bringt Gnade und Ruhm." Es ist zu bemerken, daß in der Zukunft Alles entdeckt wird, wenn man es nicht hier offenbart. Es wird aber geoffenbart von Dreien. Zuerst von dem Himmel (Job. 20.): "Die Himmel werden seine Missethat aufdecken." Zweitens von ihnen selbst, denn der Apostel sagt (Röm. 2.): "Ihr Gewissen gibt ihnen Zeugniß." Drittens von Gott, wie der Apostel (2. Cor. 3.) sagt: "Er wird erleuchten das Dunkel der Finsterniß und offenbaren die Rathschläge der Herzen." Aber der Zorn Gottes wird offenbar an Allen, welche hier nicht bekennen wollen, wie der Apostel (Röm. 11.) sagt: "Es wird aber der Zorn Gottes über jeder Missethat offenbar," wovon uns der Herr befreien wolle, welcher lebt und regieret in alle Ewigkeit. Amen. 

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