Mittwoch, 4. Dezember 2013

... Allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde - Katechismus Thomas von Aquin

 3. Allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde S. 24

Nach der erstgedachten Pflicht ist nun die zweyte, zu glauben, daß dieser Gott der Schöpfer und Urheber des Himmels und der Erde, alles Sichtbaren und Unsichtbaren ist. Und damit in Gegenwart alle tiefsinnigeren Gründe befertiget bleiben, läßt sich mit einem sehr faßlichen Beyspiele darthun, daß Alles von Gott erschaffen, und gemacht worden ist. Denn sicher ist es, daß Jemand, der beym Eintritte in ein Haus eine Wärme empfände, die immer zunähme, je weiter er in das Haus hineinkäme, ohne das Feuer, welches diese Wärme verursachte, zu sehen, schließen würde, daß in dem Hause ein Feuer sey. Eben dieses ereignet sich nun mit jenem, der die Wesen dieser Welt betrachtet. Er findt, daß alle Dinge nach verschiedenen Stufen der Schönheit und Vortrefflichkeit gereihet sind, und je mehr er sich Gott nähert, desto mehr Schönheit und Vortrefflichkeit entdecket er. Daher sind die Himmelskörper schöner und edler als die irdischen und die Unsichtbaren schöner und edler als die Sichtbaren, und daher muß man glauben, daß sie alle von einem Gott sind, der jeglichem sein Daseyn und seine Vorzuge giebt. Allein alle Menschen, in welchen keine Erkenntniß Gottes ist sind eitel und konnten aus dem sichtbaren Guten auf den nicht kommen, der da ist; schlossen auch aus der Betrachtung der Werke nicht auf den Werkmeister. Und weiter: Dennoch läßt sich aus dem herrlichen Ansehen der Schöpfung der Schöpfer augenscheinlich entdecken (Weish. 13,1.5.). Und so muß uns ungezweifelt einleuchten, daß Alles was in der Welt ist, von Gott ist.
Allein hier ist ein dreyfacher Irrthum zu vermeiden. Der erste ist jener der Manichäer (Von dieser alten Ketzerey fanden sich noch in des heil. Lehrers Zeiten einige Ueberbleibsel in Italien. Sein Ordensgenoß Petrus der Blutzeuge hatte selbst manichäischeAeltern), welche behaupten, alle sichtbare Dinge waren vom bösen Geiste erschaffen, und Gott allein die Schöpfung der unsichtbaren Dinge zuschreiben. Der Grund ihres Irrthumes ist, daß sie sagen, weil Gott, wie billig, das höchste Gut ist, so müsse alles was vom Guten kommt, auch gut seyn. Sie wissen nämlich den genauen Unterschied des Bösen und Guten nicht, und halten daher alles für vollkommen bös, was nur in gewisser Rücksicht bös ist. So heißt ihnen das Feuer vollkommen bös, weil es brennet, das Wasser, weil es ersaufet usf. Weil daher keines der sinnlichen Dinge vollkommen gut, sondern jedes in gewisser Rücksicht bös und mangelhaft ist, so machen sie zum Schöpfer alles Sichtbaren nicht den guten, sondern einen bösen Gott. Wider sie hat schon Augustinus folgendes Gleichniß gebraucht: Wenn Jemand in das Haus eines Künstlers gienge, sich dort an einem vorgefundenen Werkzeuge stieße und verletzte, und darüber den Künstler, der solches Werkzeug hätte, für bös halten wollte, der ware ein Thor, weil der Künstler dieses Werkzeug zu seiner Arbeit vonnöthen hat: eben so thöricht ware es, die Geschöpfe bös schelten, weil sie eines theils schädlich sind, da das, was dem einen schadet, dem andern nützet. Dieser Irrthum streitet wider den Glauben der Kirche, und um ihn zu entfernen, heißt es im Glaubensbekenntnisse: Schöpfer der sichtbaren und unsichtbaren Dinge, und: Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde (Gen. 1,1.) Alles st durch ihn gemacht worden (Joh. 1,3.)
Der zweyte Irrthum ist jener, die behaupten die Welt sey von Ewigkeit. Petrus führet sie redend ein: Seit dem Hinscheiden unsrer Urväter bleibt alles so, wie es vom Anfange der Schöpfung war (2. Pet. 3, 4.).  Sie verfielen auf diesen Satz, weil sie keinen rechten Begriff von dem Ursprunge der Welt hatten. Daher ergieng es ihnen, wie Rabbi Moyses sagt (Der Sohn Maimons, ein Spanier, einer der gelehrtesten Juden, gestorben 1205) gleich einem Knaben, der gleich nach der Geburt nach einer Insel gebracht würde, und erst, wenn er schon erwachsen wäre, hörte, wie der Mensch empfangen, und gebohren werde, und es dann dem, der es ihm sagte, nicht glaubte, weil es ihm unmöglich schiene. So glauben die, welche den gegenwartigen Stand der Welt betrachten, nicht, daß sie jemals angefangen habe. Allein auch dieses ist wider die Lehre der Kirche, und um es zu widerlegen, wird gesagt: Schöpfer des Himmels und der Erde. Denn sind sie geschaffen worden: so ist es klar, daß sie nicht immer waren. Deßwegen steht im Psalme: Er sprach, und sie wurden (Psal. 148,5).
Der dritte Irrthum ist derjenigen, welche annehmen, Gott habe die Welt aus einem vorräthigen Stoffe geschaffen. Darauf geriethen sie, weil sie das Vermögen Gottes nach dem unsrigen messen wollten, und glaubten, weil nun der Melisch nichts machen kann, wenn er keinen Stoff vorhanden hat, es war eben somit Gott, und er müsse daher bey der Hervorbringung der Dinge schon einen Stoff vor sich gehabt haben. Allein dieß ist falsch; denn der Mensch kann deßhalben nichts machen ohne vorräthigen Stoff, weil er ein beschränkter Hervorbringer ist, der nur einem bestimmten Stoffe, vorausgesetzet, daß ihn ein anderer liefert, eine bestimmte Gestalt geben kann, und die Ursache hievon ist, weil sein Vermögen nur auf die bestimmte Gestalt geht, so daß er nur die Ursache dieser Gestalt seyn kann. Hingegen Gott ist die unbeschränkte Ursache aller Dinge, und erschaffet nicht allein die Gestalt, sondern auch den Stoff. Daher hat er auch Alles aus Nichts hervorgebracht, und es heißt um diesen Irrthum fern zu halten: Schöpfer des Himmels und der Erde. Denn der Unterschied zwischen Erschaffen und Machen ist dieser, daß Erschaffen Etwas aus Nichts hervorbringen heißt. Machen aber ein Ding ans einem anderen Dinge gestalten. Hat nun Gott Alles aus Nichts hervorgebracht: so muß man glauben, daß er auch alles Vernichtete wieder herstellen könne. Daher kann er em Erblindeten das Licht, dem Verstorbenen das Leben geben, und so jedes Wunderwerk ausüben. Du hast das Vermögen, o Gott, wenn du willst (Weish. 18,12).
Aus dieser Betrachtung wird nun der Mensch zu fünf Dingen angeleitet. Das erste Ding ist Erkenntniß der Herrlichkeit Gottes. Denn der Urheber ist über sein Werk. Da also Gott der Urheber aller Dinge ist, so übertrifft er auch unläugbar alle Dinge. Haben die Menschen einige Dinge ihrer Ansehnlichkeit halber für Gottheiten gehalten; so sollen sie begreifen, um wie viel ansehnlicher ihr Beherrscher ist. Haben sie ihre Kraft und ihre Wirkungen bewundert, so sollen sie daraus abnehmen, um wie viel vermögender der ist, der sie erschaffen hat (Weish. 13, 3.4). Daraus folget, daß Alles, was sich begreifen, oder denken läßt, geringer ist als Gott. Sieh Gott ist groß weit über unser Wissen (Job. 36,26.).
Das zweyte Ding führet zur Dankbarkeit. Denn da Gott der Schöpfer aller Dinge ist: so kömmt ungezweifelt von ihm alles was wir sind und haben. Was hast du, was dir nicht gegeben wäre (1. Kor. 4,7)? Des Herrn ist die Erde, und ihre Fülle (Psal. 23,1.). Darum sind wir zur Erkenntlichkeit verpflichtet. Was werde ich dem Herrn erwiedern für Alles, was er mir verliehen hat (115,12.)?
Das dritte Ding beweget zur Geduld in Widerwartigkeiten. Denn obschon jedes Geschöpf von Gott und seiner Natur nach gut ist, wenn es uns dennoch einigen Schaden und Schmerzen zufüget, müssen wir glauben, daß dieses Ungemach aber nicht die Schuld von Gott ist, weil kein Uebel von Gott ist, das nicht zum Guten zwecket. Wenn nun also jede Strafe von Gott ist, die über den Menschen verhanget wird: so muß er sie geduldig ertragen. Denn Strafen reinigen von Sünden, demüthigen die Schuldigen, fodern die Unschuldigen zur Liebe Gottes auf, wenn wir das Gute von der Hand Gottes genommen haben, warum sollten wir nicht auch das Ueble nehmen (Job. 2,10.)?
Das vierte lehret den rechten Gebrauch der Geschöpfe. Denn die Geschöpfe müssen wir dazu brauchen wozu sie von Gott geordnet sind. Sie haben aber einen zweyfachen Zweck, nämlich die Verherrlichung Gottes, weil der Herr, wie es in den Sprüchwörtern heißt (16,4.), Alles seiner selbst wegen, das ist zu seiner Ehre gemacht hat; und unseren Nutzen, wie wieder die Schrift sagt: was der Herr dein Gott zum Dienste der Völker gemacht hat (Deut. 4, 29.). Wir müssen also die Geschöpfe brauchen zur Ehre Gottes, damit wir ihm nämlich dadurch gefallen, und zu unserem Nutzen, damit wir in diesem Gebrauche nicht sündigen. Alles ist dein, und wir haben dir gegeben was wir von deiner Hand empfangen hatten (Paralip. 29,1.). Was wir also immer haben, es mag Wissenschaft, Klugheit, Wohlgestalt seyn, müssen wir auf Gott zurückführen, und zu seiner Ehre verwenden.
Das fünfte Ding endlich giebt uns die Würde des Menschen zu erkennen. Denn Gott hat alles wegen des Menschen gemacht, wieder Psalm spricht: Alles hast du seinen Füssen unterworfen (Psalm 8,8.), und der Mensch ist nach den Engeln Gott der ähnlichste unter den Geschöpfen. So bezeugt es die Schrift: lasset uns den Menschen nach unsrer Bildung und Ähnlichkeit machen (Gen, 1, 26.)  So sprach Gott nicht von dem Himmel, nicht von den Sternen, sondern von dem Menschen, und wieder nicht in Rücksicht auf den Leib, sondern auf die Seele, die freyen Willen hat, und unzerstörbar, also dadurch Gott ahnlicher ist, als die übrigen Geschöpfe. Wir müssen daher den Menschen als den würdigsten aller Geschöpfe nach den Engeln betrachten, und unsre Würde keineswegs verkleinern durch Sünden, unordentliches Streben nach körperlichen Dingen, die geringer, als wir, und zu unserem Dienste gemacht sind, sondern uns so betragen, wie uns Gott seyn wollte. Er hat d n Menschen geschaffen, daß er Allem, was auf Erden ist, vorstünde, und ihm gehorchte. Unsre Pflicht ist also den Geschöpfen gebiethen und vorstehen, Gott aber unterworfen seyn, gehorsame, und dienen, und so gelangen wir zu seinem Genusse.

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