Mittwoch, 31. Juli 2013

Catechismus Romanus - Vom zweiten Gebote. Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht eitel nennen.


Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839


Drittes  Hauptstück  - Vom zweiten Gebote. Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht eitel nennen.



I. Warum Gott dieses Gesetz über die in Ehrenhaltung seines Namens besonders gegeben habe. 

 

Das erste Gebot schliesst das zweite in sich.

Obschon im ersten Gebote des göttlichen Gesetzes, wodurch uns befohlen wird, Gott fromm und heilig zu verehren, das zweite nothwendig enthalten ist (denn wer will, dass ihm Ehre erwiesen werde, der verlangt auch, dass wir mit der grössten Hochachtung von ihm reden, und verbietet das Gegentheil, was auch jene Worte des Herrn beim Malachias deutlich anzeigen: Ein Sohn ehret seinen Vater, und ein Knecht seinen Herrn; bin ich nun der Vater, wo ist meine Ehre?); [Malach. 1,6]
 so hat doch Gott wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes dieses Gesetz über die in EhrenHaltung seines göttlichen und heiligsten Namens besonders geben, und dasselbe ans mit beredten und deutlichen Worten vorschreiben wollen.

 

II. Wie sehr sich die Seelsorger bei der Erklärung dieses Gebotes bemühen sollen. 

 

Wie häufig dasselbe die Menschen beim Schwören übertreten.


Den Seelsorger muss das Vorhergehende überzeugen, es sey keineswegs hinlänglich, über diesen Gegenstand im Allgemeinen zu sprechen; sondern es sey diess der Art, dass man hiebei länger sich aufhalten, und alles, was diese Abhandlung betrifft, deutlich, klar und genau den Gläubigen erklären müsse. Man darf diese Sorgfalt nicht für übertrieben halten, da es nicht an Menschen fehlt, welche durch die Finsternisse des Irrthums so geblendet sind, dass sie sich nicht scheuen, dem zu fluchen , welchen die Engel lobpreisen. Sie lassen sich auch durch kein Gesetz abschrecken, täglich die Majestät Gottes herabzusetzen, ja sie wagen diess fast jede Stunde und jeden Augenblick auf das Unverschämteste. Denn wer sieht nicht, dass alles mit einem Eidschwure bekräftigt werdet dass alles mit Anrufungen und Flüchen erfüllt sey? und diess geht so weit, dass beinahe Niemand etwas verkauft, oder kauft, oder irgend ein Geschäft abthut, ohne dass er es mit einem Eidschwure betheuert, und den heiligsten Namen Gottes tausendmal in jeder noch so geringfügigen und nichtigen Sache unbedachtsamer Weise missbraucht? Daher soll der Seelsorger einen um so grössern Fleiss und Sorgfalt anwenden, und die Gläubigen oftmals erinnern, wie schwer diess Vergehen sey, und wie verabscheuuugswürdig.

 

II. Was dieses zweite Gebot gebiete Und verbiete.

 

Im Verbote ist das entgegengesetzte Gebot enthalten.


Bei der Erläuterung dieses Gebotes soll zuerst dargelegt werden, dass mit dem, was das Gesetz zu geschehen verbietet, das Gebot derjenigen Dinge verbunden sey, die die Menschen thun sollen. Beides muss abgesondert vorgetragen werden; erstens, damit jenes, was gelehrt werden soll, leichter erklart werden könne, nämlich was das Gesetz gebiete; dann auch, was es verbiete. Es gebietet aber: dass der Name Gottes in Ehren gehalten werden, und dass man bei ihm heilig schwören müsse. Dagegen verbietet es; Niemand soll den göttlichen Namen missachten, Niemand ihn eitel nennen, noch durch denselben entweder falsch, oder vergeblich oder unbedachtsam schwören.

 

IV. Was hier unter dem Namen Gottes verstanden werde. 

 

In dem Theile, worin uns geboten wird, den Namen Gottes in Ehren zu halten,
soll der Seelsorger den Gläubigen darlegen, man müsse nicht auf den Namen Gottes, nämlich auf seine Buchstaben und Silben, oder nur auf das an sich blosse Wort, sein Augenmerk richten, sondern darauf seine Gedanken heften, was jenes Wort bedeute, welches die allmächtige und ewige Majestät der einen und dreieinigen Gottheit anzeigt. Hieraus wird man dann leicht schliessen, wie eitel der Irrwahn einiger Juden sey, welche den göttlichen Namen, den sie schreiben, nicht auszusprechen sich getrauen, gleich, als wenn in jenen vier Buchstaben, und nicht in der Sache, die göttliche Kraft läge. Obschon in der einfachen Zahl ausgesprochen wurde: Du sollst den Namen Gottes nicht eitel nennen, so ist diess doch nicht von irgend Einem Namen, sondern von allen Benennungen, die Gott beigelegt werden, zu verstehen; denn es sind Gott viele Namen beigelegt worden, wie z. B. allmächtiger Herr, Herr der Heerschaaren, König der Könige, der Starke, und andere dergleichen, die man in der heiligen Schrift liest, und welche insgesammt gleiche und ebendieselbe Verehrung geniessen. Ferner muss gelehret werden, wie man dem göttlichen Namen die schuldige Ehre erweise; denn es wäre unrecht, wenn das christliche, Volk, dessen Mund das Lob Gottes immerdar preisen soll, in einer zum Heile so nützlichen und durchaus notwendigen Sache unwissend bliebe.

 

V. Auf welche Weise dargelegt werde, dass wir den göttlichen Namen verehren. 

 

Wiewohl die Art und Weise, den göttlichen Namen zu lobpreisen, vielfach ist, so liegt doch in dem, was hienach gesagt werden wird, alle Kraft und alles Gewicht. Erstens also wird Gott gelobt, wenn wir öffentlich vor aller Augen unsern Herrn und Gott vertrauensvoll bekennen, und wenn wir Christum, gleichwie wir ihn als Urheber unseres Heiles anerkennen, so auch preisen. Wenn wir gleicherweise dem Worte Gottes, durch welches sein Wille verkündet wird, mit heiligem Sinne und sorgfältig unsere Aufmerksamkeit widmen, beständig dasselbe betrachten, es eifrig auffassen, entweder durch Lesen oder Zuhören, wie es eines Jeden Person und Amte angemessen und passend ist. Ferner ehren wir den göttlichen Namen, wenn wir aus Amtspflicht oder Andacht das göttliche Lob singen, und für alles, mag es Glück oder Unglück seyn, ihm Dank sagen. Denn der Prophet spricht: Lobe meine Seele den Herrn, und vergiss nicht alle seine Wohlthaten! [Ps. 102,2.] Wir besitzen sehr viele Psalmen von David, worin er mit besonderer Liebe zu Gott wunderlieblich sein göttliches Lob singt. Wir haben jenes wunderbare Beispiel der Geduld an Hiob, der, obschon er mit jenen so grossen und furchtbaren Drangsalen heimgesucht wurde, doch nie unterliess, Gott mit erhabenem und ungebeugtem Muthe zu loben. Wenn wir daher von Schmerzen der Seele und des Leibes gepeiniget, wenn wir von Elend und Jammer gequält werden, so lasst uns sogleich allen Eifer und alle unsere Kräfte zum Lobe Gottes aufbieten, und mit Hiob sprechen: Der Name des Herrn sey gebenedeyt. [Job. 1,21]

 

VI. Wie wir eben diesem Gebote auf sonstige Weise gehorchen.

 

Ebenso wird Gott geehret, wenn wir vertrauensvoll seine Hilfe anflehen, damit er uns entweder von, den Uebeln befreie, oder uns Standhaftigkeit und Kraft verleihe, sie muthig zu ertragen. Diess will Gott haben, da er sagt: Rufe zu mir am Tage der Trübsal, so will ich dich erretten, und du sollst mich preisen. [Ps. 49,15] Von dieser Anrufung finden wir an vielen Stellen herrliche Beispiele, besonders in den Psalmen 26. 43. 118. Ueberdiess verharren wir in Verehrung des göttlichen Namens, wenn wir zur Bekräftigung der Glaubwürdigkeit Gott zum Zeugen aufrufen; welche Art von den vorigen ganz verschieden ist. Denn das oben aufgezählte, ist an sich selbst so gut und wünschenswerth, dass es nichts Beseligenderes, nichts für den Menschen Wünschenswertheres geben kann, als sich hierin Tag und Nacht fleissig zu üben. David spricht: Ich will den Herrn preisen zu aller Zeit; immer soll sein Lob in meinem Munde seyn. [Ps. 33,2] Obschon aber der Eid erlaubt ist, so ist doch sein häutiger Gebrauch ganz und gar nicht zu loben.

 

VII. Warum der zu häufige Gebrauch des Eidschwures nicht zu billigen sey. 

 

Zu welchem Endzwecke der Eid diene, und welches sein erlaubter Gebrauch sey.

Der Grund dieses Unterschiedes liegt darin, weil der Eid nur desswegen eingesetzt ist, dass er gleichsam ein Heilmittel der menschlichen Schwäche und ein nothwendiges Hilfsmittel zum Beweise dessen, was wir sagen, seyn soll. Denn wie es dem Körper keinen Vortheil bringt, Arzneien anzuwenden, wenn es nicht nothwendig ist, ihr zu häufiger Gebrauch aber sogar schadet; ebenso ist es nicht heilsam, wenn es nicht eine wichtige oder gerechte Sache erfordert, sich des Eides zu bedienen. Wird er gar zu oft angewendet, so ist er weit entfernt, nützlich zu seyn: vielmehr bringt er grossen Nachtheil. Desswegen lehrt der h. Chrysostomus vortrefflich: Nicht am Anfange, sondern im Vollalter der Welt, da das Böse weit und breit verbreitet die ganze Welt erfüllte, und nichts an seinem Orte und in seiner Ordnung stand, sondern alles verwirret und durcheinander geworfen zu unterst und oberst in grosser Verwirrung übereinander gestürzt war, und was das grösste aller Uebel ist, da fast alle Menschen sich der schändlichen Sklaverei des Götzendienstes ergeben hatten, damals erst, nach wahrlich langer Zeit, habe sich die Gewohnheit des Schwörens bei den Menschen eingeschlichen. Denn da bei einer so grossenTreulosigkeit und Schlechtigkeit niemand leicht zu glauben bewogen werden konnte, so riefen sie Gott zum Zeugen an.

 

VIII. Worin das Wesentliche des Eidschwures bestehe; und was schwören eigentlich heisse. 

 

1) Was der Eid für eine Kraft habe beiden Schriften. 2) Wenn man bei einem erschaffenen Dinge schwört, so ist Gott, der den Dingen die Kraft verleiht, nicht ausgeschlossen.

I. Da bei diesem Theile des Gebotes besonders die Absicht ist, die Gläubigen zu belehren, wie sie den Eid gerecht und heilig anwenden sollen, so muss zuerst vorgetragen werden: Schwören heisse nichts anders, als Gott zum Zeugen anrufen; mit welcher Form und Fassung der Worte diess immer geschehen mag. Denn, Gott ist mein Zeuge, und, bei Gott, drückt das nämliche aus.
II. Auch das ist ein Eid, wenn wir zur Bekräftigung der Wahrheit bei erschaffenen Dingen schwören, wie, bei den heiligen Evangelien Gottes, beim Kreuze, bei den Reliquien und Namen der Heiligen, und dergleichen. Diese Dinge verschaffen zwar durch sich dem Eidschwure keine Gültigkeit und Kraft; sondern Gott ist's, der diess wirkt, da der Glanz seiner göttlichen Majestät in ihnen hervorleuchtet. Hieraus folgt, dass diejenigen, die auf das Evangelium schwören, bei Gott selbst schwören, dessen Wahrhaftigkeit im Evangelium enthalten ist und sich offenbaret; ebenso bei den Heiligen, da sie Tempel sind, der evangelischen Wahrheit glaubten, sie eifrig verehrten, und bei allen Völkern und Nationen überallhin verbreiteten.

 

IX. Von der Eidesformel, welche von einer Verwünschung begleitet ist. 

 

Eben so verhält es sich mit jenem Eide, der mit einer Verwünschung ausgesprochen wird; dergleichen ist jener des h. Paulus: Ich aber rufe Gott zum Zeugen auf meine Seele an; [II. Cor. 1,23] indem auf diese Weise sich Jemand dem Gerichte Gottes, als dem Rächer der Lüge unterwirft. Desswegen aber läugnen wir nicht, dass einige von diesen Formeln so genommen werden können, als hätten sie nicht die Kraft eines Eides; jedoch ist es nützlich, auch bei ihnen das, was über den Eidschwur vorgetragen worden ist, zu beobachten, und sich ganz nach der nämlichen Norm und Regel zu richten.

 

X. Wie vielfach der Eid sey. 

 

1) Der bejahende Eid. 2) Der versprechende Eid.

I. Es gibt zwei Arten zu schwören: erstens der bejahende Eid, wenn wir nämlich eine gegenwärtige oder vergangene Sache eidlich bekräftigen; wie der Apostel in seinem Briefe an die Galater:' Siehe, bei Gott, ich lüge nicht. [Galat. 1,20]
II. Die andere Art ist der versprechende Eid, Erfüllungseid, womit auch Drohungen verbunden werden, der auf die zukünftige Zeit sich bezieht, wenn wir etwas gewiss versprechen und als wahr bekräftigen; dergleichen ist jener Eid des David, welcher seiner Gemahlin Bethsabea beim Herrn, seinem Gotte, [3. Regg. 1,34] schwor und versprach, dass ihr Sohn Salomon der Erbe des Reiches seyn, und an seiner Stelle nachfolgen werde.

 

XI. Was zu einem rechtmässigen Eide erfordert werde. 

 

Obschon es zu einem Eide hinlänglich ist, Gott zum Zeugen anzurufen, so wird doch, damit er rechtmässig und heilig sey, noch viel mehr erfordert, was sorgfältig erklärt werden muss. Diess zählt, nach dem Zeugnisse des Hieronymus, in Kürze Jeremias auf, da er spricht: Du sollst schwören: So wahr der Herr lebet,in der Wahrheit, recht und gerecht; [Jer. 4,2] mit diesen Worten hat er kurz und überhaupt ausgesprochen, was jeder vollkommene Eid enthält, nämlich, Wahrheit, Ueberlegung und Gerechtigkeit.

 

XII. Wie ein Eid in der Wahrheit geleistet werde. 

 

Erstens wird erfordert, dass dasjenige, was durch einen Schwur behauptet, oder versprochen wird, wahr sey, und nicht falsch .

Den ersten Platz bei einem Eide behauptet die Wahrheit; nämlich was bejahet wird, muss selbst wahr seyn, und der, welcher schwöret, muss dafürhalten, nicht leichtsinnig oder aus ungegründeter Vermuthung, sondern aus den sichersten Gründen, dass es so sey. Die zweite Gattung des Eides, wodurch wir etwas versprechen, erfordert gleicherweise Wahrheit; denn wer etwas verspricht, muss fest im Sinne haben, dasselbe zur bestimmten Zeit in der That zu leisten, und das Versprechen zu erfüllen. Ein rechtschaffener Mann wird sich niemals zu etwas verbindlich machen, was er den heiligsten Geboten Gottes und dessen Willen für widersprechend hält; was aber zu versprechen und eidlich zu bestätigen erlaubt ist, das wird er, wenn er es einmal versprochen hat, nicht mehr zurücknehmen; ausser es würde, nach Veränderung der Umstände, so beschaffen, dass er, wenn er Wort halten und sein Versprechen erfüllen wollte, den Hass Gottes sich zuziehen, und ihn beleidigen würde. Die Notwendigkeit der Wahrheit bei dem Eide zeigt auch David an, mit diesen Worten: Der seinem Nächsten schwört, und ihn nicht betrügt. [Ps. 14,4]

 

XIII. Wer schwört mit Ueberlegung, und warum soll Knaben kein Eid abgenommen werden? 

 

Zweitens wird erfordert, dass mit Ueberlegung und nicht unbedacht, und wenn es die Notwendigkeit der Sache erfordert, geschworen werden soll. Wie sündhaft die Gewohnheit Einiger sey unbedachtsam zu schwören. Knaben unter 14 Jahren sind nicht zum Schwure zuzulassen.

Den zweiten Platz nimmt die Ueberlegung ein; denn ein Eid darf nicht unbedachtsam und unüberlegt, sondern muss mit Bedacht und Ueberlegung geleistet werden. Daher soll der, welcher schwören will, vorerst bedenken, ob er nothgedrungen sey, oder nicht; er soll die ganze Sache genau erwogen, ob sie so beschaffen sey, dass ein Eidschwur als Bedürfniss erscheine. Ferner soll er auf die Zeit Rücksicht nehmen, auf den Ort merken, und alles andere, was mit der Sache in Verbindung steht, in Ueberlegung ziehen; er soll nicht durch Hass, nicht durch Liebe, oder durch irgend eine Gemüthsbewegung geleitet werden, sondern durch die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Sache selbst. Geht diese Betrachtung und sorgfältige Ueberlegung nicht vorher, so wird der Eidschwur sicherlich voreilig und unüberlegt seyn. Dergleichen ist die gewissenlose Betheuerung Jener, welche bei jedem noch so geringfügigen und nichtigen Dinge ohne Grund und Ueberlegung, sondern aus böser Gewohnheit, schwören. Diess sehen wir allenthalben täglich bei Verkäufern und Käufern; denn jene, um so theuer als möglich zu verkaufen, und diese, um so wohlfeil als möglich einzukaufen, nehmen keinen Anstand, verkäufliche Sachen entweder mit Beifügung eines Eides zu loben oder zu tadeln. Da also Ueberlegung und Klugheit nothwendig ist, die Knaben aber wegen ihres jugendlichen Alters noch nicht so scharf sehen und unterscheiden können, so ist desswegen vom h. Pabste Cornelius die Verordnung gemacht worden, dass von Knaben vor ihrer Mannbarkeit, d. i. vor 14 Jahren, kein Schwur gefordert werden dürfe.

 

XIV. Wie man in Gerechtigkeit schwöre. 

 

Drittens wird erfordert, dass dasjenige, was eidlich versprochen wird, anständig sey und gerecht
Es erübriget noch die Gerechtigkeit, welche besonders bei Versprechen erfordert wird; wenn daher Jemand etwas unerlaubtes oder unanständiges verspricht: so versündiget er sich durch den Eid, und hauft, wenn er sein Versprechen erfüllt, Sünde auf Sünde. Ein Beispiel hievon gibt uns im Evangelium der König Herodes [Marc.6] , welcher durch einen unüberlegten Eid gebunden, dem tanzenden Mädchen das Haupt des Johannes des Täufers als Preis für das Tanzen gab. Dergleichen war auch der Eid der Juden, welche sich, wie es in der Apostelgeschichte heisst [23,12] , verschworen, nichts zu essen, bis sie den Paulus getödtet hätten.

 

XV. Aus welchen Gründen man erkennen Könne, dass der Eid bisweilen erlaubt sey. 

 

Nach obiger Erklärung bleibt gar kein Zweifel, dass jener ohne Gefahr schwören dürfe, der diess alles beobachtet, und den Eid mit diesen Bedingnissen, gleich einer Schutzwehre, umgibt. Man kann diess leicht mit vielen Gründen beweisen. Denn das Gesetz des Herrn, das unbefleckt ist und heilig, [Ps. 18,8] befiehlt, wie folgt: Den Herrn, deinen Gott, sollst du fürchten, und ihm allein dienen und bei seinem Namen schwören. [Deut. 6,13] Und David schreibt: Gepriesen wird ein Jeglicher, so bei ihm schwört. [Ps. 62,12] Ueberdiess beweisen die heiligen Schriften, dass sich gelbst die Lichter der Kirche, die heiligsten Apostel, bisweilen eines Schwures bedient haben, wie aus den Briefen des h. Paulus erhellet. Dazu kömmt, dass auch die Engel selbst manchmal schwören; denn in der geheimen Offenbarung des Johannes heisst es, dass der Engel geschworen habe bei dem, der da lebet in alle Ewigheit. [Hebr. 6,17] Ja sogar Gott selbst, der Herr der Engel, schwöret; und im alten Testamente bekräftiget Gott seine Verheissungen an vielen Stellen mit einem Eide; wie dem Abraham und David, der vom Schwüre Gottes Der Herr hat geschworen, und es wird ihn nicht gereuen; du bist der Priester ewiglich nach der Ordnung Melchisedechs. [Ps. 109,4]

 

XVI. Beweis, dass ein rechtmässig geleisteter Eid lobenswerth sey.

Ursprung des Schwörens.

Es ist nicht schwer, zu beweisen, warum ein Eid lobenswerth sey, wenn man die ganze Sache aufmerksam betrachtet, und seinen Ursprung und Zweck in Ueberlegung zieht. Denn der Eid entspringt aus dem Glauben, kraft dessen die Menschen für wahr halten, Gott sey die Quelle aller Wahrheit, welcher weder jemals betrogen werden, noch andere betrügen kann; vor dessen Augen alles nackt und offenbar ist; [Hebr. 4,13] welcher endlich für alle menschlichen Dinge mit wunderbarer Vorsehung Sorge trägt, und die Welt regiert. Von diesem Glauben durchdrungen rufen die Menschen Gott zum Zeugen der Wahrheit auf, und es wäre sündhaft und gottlos, ihm nicht zu trauen.

 

XVII. Die Absicht des Eides ist die Beendigung von Processen und Streitigkeiten. 

 

Der Eid zielt dahin ab, und hat besonders zur Absicht, die Gerechtigkeit und Unschuld eines Menschen zu beweisen, und Prozesse und Streitigkeiten zu beendigen; was auch der Apostel im Briefe an die Hebräer [6,16] belehret.

 

XVIII. Wie Christus den Eid verboten habe. 

 

Diesem Urtheile widersprechen nicht jene Worte unsers Heilandes beim h. Matthäus: Wiederum habt ihr gehört, dass zu den Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht falsch schwören, sondern du sollst dem Herrn halten, was du geschworen hast. Ich aber sage euch: Ihr sollet gar nicht schwören: weder bei dem Himmel, weil er der Thron Gottes ist, noch bei der Erde, weil sie der Schemel seiner Füsse ist, noch bei Jerusalem, weil sie die Stadt des grossen Königs ist, noch sollst du bei deinem Haupte schwören, weil du nicht ein einziges Haar weiss oder sehwarz machen kannst. Eure Rede soll seyn: Ja, ja; nein, nein! Was darüber ist, das ist vom Bösen. [Matth. 5,33-37] Denn man kann nicht behaupten, dass durch diese Worte der Eid allgemein und überhaupt verdammet werde, da wir aus dem Obigen sahen, wie der Herr selbst und die Apostel öfter geschworen haben; sondern der Herr wollte nur das verkehrte Urtheil der Juden widerlegen, weil sie sich einbildeten, beim Eidschwure dürfe man sich vor nichts hüten, ausser vor der Lüge. Daher schworen wegen der geringfügigsten und nichtigsten Sache nicht blos sie selbst sehr oft, sondern forderten auch von andern den Schwur. Diese Sitte rügt und missbilligt der Erlöser, und lehrt, man müsse sich durchgehends vom Eide enthalten, wenn ihn nicht die Notwendigkeit fordert.

 

XIX. In welchem Sinne Christus gesagt habe, das, was über die einfache Bejahung der Wahrheit hinaus ist, sei vom Bösen. 

 

Wie ein Eid vom Bösen sez. Wie grosse Uebel die Gewohnheit zu schwören, nach sich ziehe.
Der Eidschwur ist wegen der menschlichen Schwäche eingeführt worden, und er kömmt wahrlich vom Bösen, da er entweder die Unzuverlässigkeit des Schwörenden anzeigt, oder die Hartnäckigkeit desjenigen, wegen dessen wir schwören, da er auf keine andere Weise zum Glauben bewogen werden kann. Doch lässt sich die Notwendigkeit des Schwörens entschuldigen. Und zwar wenn der Heiland spricht: Eure Rede sey: Ja, ja; nein, nein; [Matth. 5,27] so erklärt er durch diesen Ausdruck hinlänglich, dass er die Gewohnheit zu schwören in traulichen Gesprächen und bei unwichtigen Dingen verbiete. Desshalb erinnert uns der Herr vorzüglich daran, dass wir nicht zu leichtsinnig und geneigt zum Schwören seyn sollen; und diess muss fleissig gelehrt und den Gläubigen eingeprägt werden. Denn das Ansehen der heiligen Schriften und die Zeugnisse der heiligsten Väter beweisen, dass aus der herrschenden Gewohnheit zu schwören beinahe unzählige Uebel entspringen. Im Ecclesiasticus steht geschrieben: Gewöhne deinen Mund nicht zum Schwören; denn viele sind dadurch gefallen. Ferner: Ein Mann, der viel schwöret, häufet die Missethat, und die Strafe wird von seinem Hause nicht weichen. [Ps. 14] Mehreres hierüber kann gelesen werden beim h. Basilius und h. Augustin, in den Büchern gegen die Lüge. Soviel von dem, was geboten ist; nun soll davon, was verboten ist, geredet werden.

 

XX. Warum ein falscher und unüberlegter Eid eine so schwere Sünde sey. 

 

Es ist uns verboten, den göttlichen Namen eitel zu nennen; denn es ist bekannt, dass der eine schwere Sünde begehet, welcher ohne Ueberlegung und Grund einen Eid schwört. Dass aber diess eines der schwersten Vergehen sey, beweisen schon jene Worte: Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht eitel nennen; da sie gleichsam den Grund enthalten, warum dieses Laster so schändlich und abscheulich sey, nämlich desswegen, weil dadurch die Majestät dessen gemindert wird, welchen wir als unsern Gott und Herrn anerkennen. Durch dieses Gebot also wird den Menschen verboten, falsch zu schwören." Denn wer vor einem solchen Laster nicht zurückschaudert, und Gott zum Zeugen einer Unwahrheit aufruft, der beleidigt denselben auf eine ausgezeichnete Weise, da er ihn entweder mit Unwissenheit brandmarket, indem er der Meinung ist, es sey ihm die Wahrheit einer Sache verborgen, oder doch gewiss mit Ungerechtigkeit und Leidenschaftlichkeit, da er eine Lüge durch sein Zeugniss bestätigen soll.

 

XXI. Wie jene einen Meineid schwören, welche als wahr beschwören, was wahr ist. 

 

Nicht blos derjenige schwöret falsch, welcher eidlich als wahr bekräftigt, was er weiss, dass es unwahr ist, sondern auch jener, welcher das eidlich bejahet, was er, obschon es wahr ist, für unwahr hält. Denn da eine Lüge desswegen eine Lüge ist, weil sie gegen die Gesinnung und das Urtheil der Seele gesprochen wird, so ist klar, dass ein solcher lüge und meineidig sey.

 

XXII. Wie der sündige, welcher etwas falsches mit einem Eide bestätigt, weil er es für wahr hält. 

 

Auf gleiche Weise schwöret auch der einen Meineid, welcher etwas mit einem Eide bestätiget, weil er es für wahr hält, da es doch in der Wirklichkeit falsch ist, wenn er nicht allen möglichen Fleiss und Sorgfalt artgewendet hat, die ganze Sache kennen zulernen und auszuforschen. Denn obschon seine Rede mit seiner Gesinnung übereinstimmt, so ist er doch der Uebertretung dieses Gebotes schuldig.

 

XXIII. Wie der sündige, der nicht hält, was er eidlich versprochen, oder thun zu wollen gelobet hat. 

 

Einer solchen Sünde ist derjenige für schuldig zu halten, der eidlich verspricht, etwas thun zu wollen, da er doch entweder nicht im Sinne hatte, das Versprechen zun erfüllen; oder, wenn er es im Sinne hatte, in Wirklichkeit nicht leistet, was er versprochen hat. Diess geht auch jene an, welche ein Gott gemachtes Gelübde nicht halten.

 

XXIV. Wie der sündige, welcher sich eidlich verbindet, eine Todsünde zu begehen, oder einen evangelischen Rath nicht zu halten. 

 

Ferner versündiget man sich gegen dieses Gebot, wenn die Gerechtigkeit fehlt, welche eine der drei Begleiterinnen des Eides ist. Wenn daher Jemand schwört, er wolle eine Todsünde begehen, z. B. einen Menschenmord, so ist er dieses Gebotes schuldig, wenn er auch im Ernste und mit Ueberlegung spricht, und der Eid Wahrheit hat, die wir als erste Bedingung oben erklärten. Damit stehen in Verbindung jene Alten von Schwüren, welche aus einer gewissen Verachtung entspringen; wenn nämlich jemand schwört, er wolle den evangelischen Räthen nicht gehorchen, welche zum ehelosen Leben und zur Armuth ermahnen; denn obgleich Niemand nothwendig sie befolgen muss, so missachtet und verletzt doch jener die göttlichen Rätbe, der schwört, er wolle ihnen nicht gehorchen.

 

XXV. Wer nur auf blosse Vermuthungen hin schwört, sündiget. 

 

Ueberdiess verletzt jener dieses Gesetz, welcher etwas, das zwar wahr ist, beschwört, und auch der Meinung ist, dass es sich so verhalte, jedoch nur aus schwachen und weit hergeholten Muthmassungen, wenn auch einen solchen Eid die Wahrheit begleitet, so ist doch auch einigermassen etwas falsches darin; denn wer so nachlässig schwöret, schwebet in grosser Gefahr, falsch zu schwören.

 

XXVI. Wer bei falschen Göttern schwöret, sündiget schwer. 

 

Falsch schwöret ferner derjenige, der bei falschen Göttern schwöret. Denn was ist wohl der Wahrheit mehr entgegen, als lügenhafte und erdichtete Götter, gleichsam als wahren Gott, als Zeugen aufzurufen?

 

XXVII. Wer das Wort Gottes verunehret, entweder durch falsche Auslegung oder durch Anwendung zu eitlen Dingen, sündiget. 

 

Da die Schrift beim Verbote des Meineides sagt; Und du sollst den Namen deines Gottes nicht entweihen, [Levit. 19,12] so wird dadurch die Nachlässigkeit verboten, welche bei allem übrigen gemieden werden muss, denen man kraft dieses Gebotes Ehre zu erweisen schuldig ist; dergleichen ist das Wort Gottes, dessen Majestät nicht blos die Frommen, sondern bisweilen auch sogar die Gottlosen ehrfurchtsvoll anerkennen, wie im Buche der Richter die Geschichte von Eglon, dem Könige der Moabiter, aufgezeichnet ist. [3,20] Das Wort Gottes verunglimpfet mit grösster Schmach, wer immer die heilige Schrift, von ihrer richtigen und wahren Bedeutung abweichend, nach den Lehrsätzen und Ketzereien der Gottlosen deutet; dieses Verbrechen rügt der Apostelfürst mit jenen Worten: Manches ist schwer verständlich, welches, so wie die übrigen Schriften, ununterrichtete und leichtfertige Menschen zu ihrem eigenen Verderben missdeuten. [2. Petr. 3,16] Ferner wird die heilige Schrift geschändet und verunehret, wenn ruchlose Menschen ihre Worte und Aussprüche, die mit aller Ehrfurcht verehrt werden müssen, zu was immer für einen unheiligen Zweck missbrauchen; nämlich zu Narrenpossen, fabelhaften und nichtsbedeutenden Dingen, zu Schmeicheleien, Ehrabschneidung, Wahrsagerei, schändlichen Schmähschriften, und zu andern dergleichen Dingen; das h. Concilium von Trient befiehlt diese Sündeschwer zu strafen.

 

XXVIII. Wie diejenigen sündigen, welche Gott in ihrer Trübsal nicht anrufen. 

 

Wie diejenigen Gott verehren, welche in ihrer Trübsal seinen Beistand und Hilfe anflehen; so versagt jener Gott die schuldige Ehre, welcher seinen Beistand nicht anruft; diese tadelt David, da er spricht: Den Herrn haben sie nicht angerufen, da gezittert vor Furcht, wo keine Furcht war. [Ps. 13,5]

 

XXIX.  Am schwersten unter allen diesen Sünden ist die Lästerung gegen Gott und seine Heiligen. 

 

Aber das bei weitem grösste Verbrechen begehen die welche den hochheiligen Namen Gottes, der von allen Geschöpfen gepriesen, und mit den höchsten Lobsprüchen erhoben werden soll, wie auch den Namen der Heiligen, die mit Gott herrschen, mit unreinem und schuldbeflecktem Munde zu lästern und zu fluchen sich unterstehen; diese Sünde ist so schrecklich und furchtbar, dass sich die heiligen Schriften zuweilen, wenn von Gotteslästerung, die Rede ist, des Wortes Segen bedienen. [3. Regg. 21,13] [Job. 1,11 2,9]

 

XXX. Warum diesem Gebote einige Drohungen angehängt seyen. 

 

1) Geneigtheit der Menschen zu dieser Sünde. 2) Täglich erzeugt die Verletzung dieses Gebotes verschiedene Strafen.

I. Weil der Schrecken vor Strafe und Pein die Ausschweifung im Sündigen sehr zu bezähmen pflegt, so soll der Seelsorger, um die Gemüther der Menschen mehr zu rühren, und sie leichter zur Beobachtung dieses Gebotes zubewegen, den zweiten Theil, der gleichsam der Anhang des ersten ist, sorgfältig erklären: Denn der Herr wird den nicht für unschuldig halten, der den Namen des Herrn seines Gottes vergeblich nennt. [Exod. 20,7] Zuerst nun soll er lehren, mit gutem Grunde seyen diesem Gebote Drohungen angehängt worden; dadurch erkennt man sowohl die Grösse der Sünde, als auch die Güte Gottes gegen uns; indem er uns, da er am Verderben der Menschen, keine Freude hat, damit wir uns nicht seinen Zorn und sein Missfallen zuziehen, durch diese heilsamen Drohungen abschreckt, um sich vielmehr gütig als erzürnt gegen uns zu zeigen. Der Seelsorger benütze fleissig diese Stelle, und wende allen Eifer darauf, damit das Volk die Grösse der Sünde erkenne, sie heftiger verabscheue, und auf Vermeidung derselben grössere Sorgfalt und Vorsicht anwende. Ferner soll er zeigen, wie gross die Geneigtheit der Menschen sey, diese Sünde zu begeben, so dass es nicht genug war, sie gesetzlich zu verbieten, sondern dass auch noch Drohungen angehängt wurden. Es ist unglaublich, was für grossen Nutzen diese Betrachtung verschaffe; denn wie nichts so sehr schadet, als eine sorglose Sicherheit des Gemüthes, ebenso sehr nützet die Kenntniss der eigenen Schwäche.
II. Alsdann soll er auch darlegen, Gott habe keine bestimmte Strafe festgesetzt, sondern er drohe nur im Allgemeinen, dass er denjenigen, welcher sich mit diesem Laster befleckt, nicht ungestraft lassen werde. Desshalb sollen uns die verschiedenen Strafgerichte, die uns täglich treffen, an diese Sünde erinnern. Denn hiermit lässt sich leicht schliessen, dass die Menschen sich dadurch die grössten Drangsale zuziehen, weil sie diesem Gebote nicht gehorsamen, Stellen sie sich nun diese vor Augen, so werden sie wahrscheinlich in Zukunft vorsichtiger seyn. Die Gläubigen sollen daher, von heiliger Furcht erschreckt, diese Sünde eifrigst flieben; denn wenn man beim jüngsten Gerichte schon über jedes unnütze Wort Rechenschaft geben muss, [Matth. 12,36] was sollen wir von den so schweren Verbrechen sagen, welche eine grosse Verachtung des göttlichen Namens an sich tragen?

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