Erster Theil des römischen Katechismus - Erstes Hauptstück
I. Was hier unter Glauben zu verstehen und wie nothwendig er zur Seligkeit sey.
1) Wie nothwendig der Glaube zur Rechtfertigung und zur Erlangung der
Seligkeit sey, ersehe man aus sess. 6. Conc. Trident. Decreto de justiticatione
praesertim. c. 6-8. 2) Die Bestimmung des Glaubens wird erläutert. Obschon der
katholische Glaube Einer ist, so hat er doch nach Beschaffenheit der Personen
verschiedene Abstufungen.
I. In der heiligen Schrift ist die Bedeutung des Glaubens vielfach;
aber wir verstehen hier jenen Glauben, vermöge welchem wir Alles fest für wahr
halten, was
von Gott geoffenbaret worden ist. Dass aber dieser Glaube zur
Erlangung der Seligkeit nothwendig sey, wird niemand mit Recht bezweifeln,
besonders da geschrieben steht: Ohne Glauben ist es
unmöglich, Gott zu gefallen. [Hebr. 11,6] Da
das zur Seligkeit des Menschen vorgesetzte Ziel zu erhaben ist, als dass es
durch die Schärfe menschlichen Verstandes ergründet werden könnte; so war es für
ihn nothwendig, durch Gott Kenntniss von demselben zu erhalten. Diese Kenntniss
aber ist nichts anders, als der Glaube, kraft dessen wir Alles für wahr halten,
was das Ansehen der heiligen Mutter-Kirche als von Gott geoffenbart darstellt.
Denn über Dinge, deren Urheber Gott, die Wahrheit selbst
ist, [Joh. 14,6] können die Gläubigen nicht
in Zweifel gerathen.
II. Hieraus ersehen wir den Unterschied zwischen diesem Glauben, den wir zu Gott haben; und jenem welchen wir
menschlichen Schriftstellern schenken.
Obschon aber das Wort Glaube sehr vieldeutig ist, und der Glaube
sich durch Grösse und Würde unterscheidet, wie es in der heiligen Schrift
heisst: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?
[Matth. 14,31] und: Gross
ist dein' Glaube! [Matth. 15,28] und: Vermehre in uns den Glauben! [Luc.
17,5] und: Ein Glaube ohne Werke ist todt;
[Jacob. 2,20] und: der
Glaube, der durch die Liebe wirkt; [Galat. 5,6]
so ist es doch immer der nämliche Glaube, wenn auch seine Abstufungen
verschieden sind. Wie fruchtbringend er ist, und welchen Nutzen wir daraus
schöpfen, davon wird bei Erklärung der einzelnen Artikel geredet werden.
II. Wann und warum die Apostel die zwölf Glaubensartikel verfasst haben.
Die heiligen Apostel, die Anführer und Lehrer des Glaubens, haben
unter Beistand des heiligen Geistes in den zwölf Artikeln des
Glaubensbekenntnisses auseinander gesetzt, was die Christen hauptsächlich
glauben müssen. Denn nachdem sie vom Herrn den [Matth. 28,18] Befehl erhalten hatten, dass sie ihrem Amte gemäss in alle
Welt ausgehen und jedem Geschöpfe das Evangelium predigen sollen[Marc. 16,15], hielten sie es für nöthig, eine Formel des
christlichen Glaubens zu verfassen, nach welcher alle Christen, denken und
sprechen sollten, damit keine Spaltung zwischen denen entstehe, welche sie zur
Einheit des Glaubens berufen hatten, sondern dass sie in Gesinnungen und
Grundsätzen vollkommen einig wären.[Cor. 1,10]
III. Woher der Name Symbolum komme.
Die Apostel nannten das von ihnen verfasste Bekenntniss des
christlichen Glaubens und der Hoffnung Symbolum, theils weil, es aus
verschiedenen Sätzen, die jeder einzelne vortrug, zusammengesetzt ist, theils
weil es gleichsam als Merkmal und Zeichen gebraucht wurde, wodurch man
abgefallene und eingeschlichene Brüder, welche das Evangelium verfälschten, von
denen, die sich durch einen Eid zum Dienste Christi verbindlich machten, leicht
unterscheiden könnte.
IV. Die Nothwendigkeit dieses Symboles und seine Eintheilung.
1) Vor Allem muss der Christ glauben, dass Gott dreieinig ist. 2) Die
drei Theile des apostolischen Glaubensbekenntnisses entsprechen den drei
göttlichen Personen. Warum werden die einzelnen Sätze, welche gleichsam
Beschlüsse des apostolischen Glaubens sind, Artikel genannnt? Was ist ein
Artikel?
I. Obschon in der christlichen Religion den Gläubigen Vieles
vorgetragen wird, das sie insbesondere oder im Allgemeinen fest und gewiss für
wahr halten müssen, so müssen sie doch vor Allem zuerst und nothwendig Das
glauben, was sie Gott selbst gleichsam als die Grundfeste und den Gesammtinhalt
der Wahrheit, von der Einheit der göttlichen Wesenheit und vom Unterschiede der
drei göttlichen Personen, und ihren Werken, welche ihnen besonders zugeschrieben
werden, gelehrt hat. Der Seelsorger wird seine Gemeinde belehren, dass dieses
Geheimniss im apostolischen Glaubensbekenntnisse enthalten sey.
Unsere Vorfahren, welche sich fromm und eifrig mit dessen Inhalte
beschäftiget haben, bemerkten, dass es desswegen in drei Theile abgetheilt
erscheine, damit im ersten Theile die erste Person der Gottheit und das Werk der
Schöpfung beschrieben, im zweiten die zweite Person, und das Geheimniss der
Erlösung der Menschen; im dritten die dritte Person, der Ursprung und die Quelle
unserer Heiligung, in verschiedenen und angemessenen Sätzen abgehandelt werde.
Diese Sätze nun nennen wir, nach einem von unsern Vätern oft gebrauchten
Gleichnisse, Artikel. Denn wie sich die Glieder des Körpers durch Gelenke
unterscheiden, so nennen wir auch beim Glaubensbekenntnisse, was wir
ausdrücklich und von Anderm abgesondert glauben müssen, mit Recht und Fug
Artikel.
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