Zwölftes Hauptstück - Vom elften Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses.
Auferstehung des Fleisches.
I. Wie wichtig es sey, diesen Artikel genau zu verstehen.
Der Artikel von, der Auferstehung ist durch die Schriften besonders
klar erwiesen.
Dass dieser Artikel zur Bekräftigung unsers Glaubens viel beitrage,
erhellt vorzüglich daraus, weil er in den heiligen Schriften nicht bloss zu
glauben vorgestellt, sondern auch durch viele Gründe bewiesen wird. Da wir
dieses bei den andern Glaubensartikeln nicht finden, so
kann man erkennen, dass auf diesen, als die festeste Grundfeste, die Hoffnung
unserer Seligkeit gegründet ist. Der Apostel folgert also: Wenn es keine Auferstehung der Todten gibt, so ist auch Christus
nicht auferstanden; und ist Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt
eitel, und ungegründet unser Glaube. [I. Cor.
15,13.14] Auf die Erklärung dieses Artikels soll also der Seelsorger
ebenso viel Fleiss und Mühe verwenden, als die Gottlosigkeit
Vieler an dessen
Untergrabung arbeitet. Es wird sich kurz hernach zeigen, dass aus dessen
Betrachtung für die Gläubigen viele und herrliche Vortheile hervorgehen. II. Warum hier die Apostel die Auferstehung der Menschen Auferstehung des Fleisches genannt haben.
Die Unsterblichkeit der Seele wird aus dem Symbole erwiesen.
Verschiedene Annahme des Fleisches. Der Körper allein verweset. Da die Seele
nicht verweset, so steht sie auch nicht wieder auf.
Vor Allem muss bemerkt werden, dass hier die Auferstehung der
Menschen Auferstehung des Fleisches genannt werde. Diess geschah nicht ohne
Ursache. Die Apostel wollten nämlich lehren, was nothwendig angenommen werden
muss, dass die Seele unsterblich sey. Damit daher nicht vielleicht Jemand
glaube, sie sey mit dem Körper zu Grunde gegangen, und beide werden wieder in's
Leben zurückgerufen. da doch aus sehr vielen Stellen der Schrift die
Unsterblichkeit der Seele deutlich bekannt ist, so ist in diesem Artikel nur der
Auferstehung des Fleisches Erwähnung geschehen. Und obschon in den heiligen
Schriften bisweilen das Fleisch den ganzen Menschen bedeutet, wie diess bei
Iaiais der Fall ist: Alles Fleisch ist Heu; [Isai. 40,6] und bei'm heiligen Johannes: Und das Wort ist Fleisch geworden; [Joh. 1,14] so bedeutet doch an dieser Stelle das Wort
Fleisch den Leib, um damit anzuzeigen, dass nur einer von den zwei Theilen, dem
Leibe und der Seele, aus welchen der Mensch besteht, nämlich der Leib verwese,
und in den Staub der Erde, aus der er genommen ist, zurückkehre, dass die Seele
aber unversehrt bleibe. Da aber Niemand, ausser er ist denn gestorben, in's
Leben zurückgerufen wird, so kann man von der, Seele eigentlich nicht sagen,
dass sie auferstehe. Auch wurde des Fleisches Erwähnung gethan zur Widerlegung jener Ketzerei, welche, noch bei Lebzeiten des
Apostels, Hymenäus und Philetus erhoben [II. Tim. 2,17], da sie behaupteten, dass, wenn in der
heiligen Schrift von der Auferstehung die Rede sey, diess nicht von der
körperlichen, sondern von der geistigen, vermöge welcher man vom Tode durch die
Sünde zu einem schuldlosen Lebenswandel auferstehe, zu Verstehen sey. Daher wird
es durch diese Worte klar, dass jener Irrthum gehoben, und eine wahrhafte
Auferstehung des Körpers behauptet werde.
III. Auf welche Gründe die Lehre der wirklichen Auferstehung der Körper gestützt werden müsse.
Die Auferstehung des Fleisches wird durch Beispiele und Zeugnisse der
Schrift bewiesen.
Die Seelsorger sollen diese Wahrheit mit Beispielen erläutern,
welche aus dem alten und neuen Testamente, und aus der Kirchengeschichte
genommen werden. Einige Menschen sind im alten Testamente von Elias und Elisäus,
Andere ausser denen, welche Christus der Herr von Todten auferweckt hat, von den
heiligen Aposteln und sehr vielen Andern in's Leben zurückgerufen worden. Und
diese Auferstehung so Vieler bestättigt den Inhalt dieses Artikels. Denn wie wir
glauben, dass Mehrere von Todten auferweckt worden seyen, so müssen wir auch für
wahr halten, dass Alle in's Leben werden zurückgerufen werden. Ein vorzüglicher
Nutzen, den wir aus dergleichen Wunderthaten ziehen müssen, ist dieser, dass wir
diesem Artikel den standhaftesten Glauben schenken. Den Seelsorgern, welche auch
nur mittelmässig in den heiligen Schriften bewandert sind werden sich leicht
viele Beispiele darbieten. Die berühmtesten Stellen, finden sich im alten
Testamente bei Hiob, wo er sagt: Dass er in seinem Fleische
seinen Gott schauen werde; [Job. 19,25] und
hei Daniel heisst es: Dass Einige von denen, die im Staube
der Erde ruhen, erwachen werden zum ewigen Leben, Andere aber zu ewiger Schmach;
[Dan. 12,2] im neuen Testamente aber gehört
hieher, was der heilige Matthäus von der Unterredung erzählt [Matth. 39,39] , welche der
Herr mit den Saduzäern hatte, und endlich, was die Evangelisten vom jüngsten
Gerichte sagen! Auch muss hieher bezogen werden, was der Apostel Paulus in
seinen Briefen an die Corinther [I. Cor. 15,12] und an die
Thessaloniker [I. Thess. 4,13]
in ausführlicher Rede erörtert.
IV. Durch welche Gleichnisse diese Wahrheit begründet werden kann.
Obschon diess durch den Glauben volle Gewissheit hat, so wird es
doch von grossem Nutzen seyn, durch Beispiele und Gründe zu zeigen, dass
dasjenige, was zu glauben geboten ist, der Natur und der menschlichen Vernunft
nicht widerspreche. Der Apostel hat auf die Frage, wie die Todten auferstünden,
so geantwortet: Thor du, was du säest, lebt nicht auf, wenn
es nicht ehevor stirbt; und was du säest, säest du noch nicht den Körper, der
erst werden soll, sondern ein blosses Saamenkorn, zum Beispiele Waizen oder
sonst ein anderes. Gott aber gibt ihm einen Körper, wie er will; [I. Cor. 153,36] und kurz hernach sagt er: Verwesliches
wird gesäet, Unverwesliches wird auferstehen. Dass man diesem Gleichnisse
überdiess noch Vieles beifügen könne, zeigt der heilige Gregor, der sagt: Das
Licht wird täglich gleichsam durch den Tod den Augen entzogen, und erneuert sich
wieder gleichsam durch Wiederauferstehung; und die Gesträuche verlieren ihr
Grün, und erneuern sich wieder, gleich als stünden sie wieder auf; und die
Saamenkörner, sterben in Fäulniss ab, und erstehen wiederum im Keime.
V. Gründe, durch welche diese Wahrheit bewiesen wird.
Ueberdiess können jene Gründe, welche von den
Kirchenschriftstellern angeführt werden, zum Beweise dieser Wahrheit sehr gut
angewendet werden. Erstlich wäre es gegen die Gesetze der Natur, dass die
Seelen, wenn sie unsterblich sind, und als ein Theil des Menschen eine
natürliche Geneigtheit zu den menschlichen Leibern haben, auf immer von den
Leibern getrennt bleiben sollen. Da aber das, was der Natur widerstrebt, und
eine Gewalttätigkeit gegen sie ist, nicht andauernd seyn kann; so folgt hieraus,
dass sie endlich wieder mit den Leibern vereinigt werden, woraus sich folgert,
dass eine Auferstehung der Leiber seyn werde. Dieser
Beweisart hat sich unser Heiland selbst bedient, da er in seiner, Rede gegen die
Saducäer [Matth.
22,31] von der Unsterblichkeit der Seelen auf die Auferstehung der Leiber
geschlossen hat. Da ferner vom» allgerechten Gott den Bösen Strafen, den Guten
aber Belohnungen verheissen sind, aber sehr Viele von jenen sterben, ehevor sie
die Strafe gebüsst, und ein grosser Theil von diesen, ehevor sie den Löhn
empfangen haben, das Leben verlässt, So ist es nothwendig, dass die Seelen
wiederum mit den Leibern vereinigt werden, damit für die Verbrechen oder
Gutthaten die Körper, deren sich die Menschen als Theilnehmer der Sünde
bedienen, zugleich mit der Seele Strafe oder, Lohn erhalten. Diese Stelle hat
der heilige Chrysostomus in seiner ersten Homilie, an die Antiochener sehr
sorgfältig abgehandelt. Desswegen sagte auch der Apostel, da er über die
Auferstehung redete: Wenn wir nur in diesem Leben auf
Christus hoffen, so sind wir unglücklicher als alle Menschen. [I. Cor. 15,19] Diese Worte wird Niemand auf das Unglück
der Seele beziehen, welche, da sie unsterblich ist, wenn auch die Leiber nicht
auferstehen, doch jenseits die Seligkeit geniessen könnte; sondern sie sind vom
ganzen Menschen zu verstehen. Denn werden dem Leibe nicht die durch Mühsale
verdienten Belohnungen gegeben, so müssen nothwendig diejenigen, welche, um
Beispiele wie die Apostel, so viele Mühseligkeiten und Drangsale in ihrem Leben
erduldet haben, die unglücklichsten unter Allen seyn. Das Nämliche lehrt dieser
Apostel viel deutlicher in seinem Briefe an die Thessaloniker mit diesen Worten:
Wir rühmen uns den Kirchen Gottes wegen eurer Geduld und
eures Glaubens bei allen euren Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr erduldet
zum Beweise des gerechten Gerichtes Gottes, damit ihr des göttlichen Reiches,
für welches ihr auch leidet, würdig erklärt werdet, zumal es gerecht ist vor
Gott, dass er euren Drängern mit Drangsal begegne; aber auch, die ihr bedrängt
werdet, so wie uns, mit Ruhe, wenn der Herr Jesus vom Himmel erscheint mit den
Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer, um Rache zu üben an denen, die Gott
nicht kennen; und die nicht gehorchen dem Evangelium unsers Herrn Jesus
Christus. [II. Thrss. 1,4.-8]
Dazu kömmt auch, dass die Menschen, solange die Seele vom Körper getrennt ist, nicht die volle und von
allen, Gütern überlliessende Seligkeit erlangen können. Denn wie jeder Theil,
vom Ganzen getrennt, Unvollkommen ist, so ist es auch die Seele, wenn sie vom
Körper getrennt ist. Hieraus folgt, dass die Auferstehung der Leiber nothwendig
ist, wenn ihr zur höchsten Glückseligkeit nichts abgehen soll. Mit diesen und
andern dergleichen Gründen kann, der Seelsorger die Gläubigen in diesem Artikel
unterweisen.
VI. Also wird es keinen Menschen geben, der nicht stirbt, und nicht aufersteht.
1) Von dem verschiedenen Zustande der Auferstehenden. 2) Alle Menschen
werden sterben, ehevor das jüngste Gericht endet.
I. Man soll überdiess nach der Lehre des Apostels sorgfaltig
erklären, welche zum Leben, auferstehen werden. Er schreibt an die Corinther:
Wie Alle in Adam sterben, so werden auch Alle in Christo
belebt werden. [I.Cor. 15,22] Also Alle ohne
Unterschied , sowohl die Guten als die Bösen, werden von Todten auferstehen,
obwohl nicht Alle in demselben Zustande; die, welche Gutes
gethan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses gethan haben, zur
Auferstehung des Gerichtes. [Joh. 5,29]
II. Wenn wir aber sagen Alle, so verstehen wir darunter sowohl
diejenigen, welche bei'm Herannahen des Gerichtes schon gestorben sind, als auch
diejenigen, welche noch sterben werden. Dass dieser Meinung, dass Alle ohne
Ausnahme sterben werden, die Kirche ihren Beifall gebe, und dass sie der
Wahrheit am nächsten komme, hat der heil. Hieronymus schriftlich hinterlassen ;
und der heil. Augustin denkt ebenso . Auch widerstreiten nicht dieser Meinung
die Worte des Apostels an die Thessaloniker: Die
Gestorbenen, die in Christus sind, werden zuerst auferstehen; alsdann werden wir
übrige noch Lebende zugleich mit ihnen in den Wolken Christo entgegengeführt
werden in die Luft. [I. Thess. 4,15] Denn der
heilige Ambrosius sagt bei Erklärung dieser Stelle, wie folgt: "Bei'm Wegraffen
selbst wird der Tod über sie kommen, wie durch einen Schlummer, so dass die
Seele den Körper kaum verlassen hat, und schon wieder augenblicklich denselben
zurückgegeben wird; denn indem sie hinweggenommen werden, werden sie sterhen, so dass sie, wenn sie zum Herrn kommen,
durch die Gegenwart des Herrn ihre Seelen wieder aufnehmen, weil sie bei dem
Herrn nicht todt seyn können." Diesen Ausspruch bestätigt das Ansehen des
heiligen Augustin in seinem Buche vom Staate Gottes.
VII. Die menschliche Seele wird bei'm jüngsten Gerichte ihren vorigen Leib annehmen.
Da viel daran liegt, gewiss überzeugt zu seyn, dass der nämliche
Körper, welchen Jeder vorher hatte, obwohl er verwesen ist, und in Staub
zurückgekehrt, doch wieder zum Leben auferweckt werde, so wird sich der
Seelsorger angelegen seyn lassen, diess genau zu erklären. Es ist diess die
Meinung des Apostels, da er sagt: Dieses Verwesliche muss
die Unverweslichkeit anziehen, [I. Cor. 15,53]
indem er mit dem Worte dieses offenbar den eigenen Körper bezeichnet.
Auch Hiob hat hierüber herrlich geweissagt, indem er spricht: Und in meinem Fleische werde ich Gott schauen, welchen ich selbst
sehen werde, und den meine Augen erblickein werden, ich selbst und kein Anderer.
[Job. 19,25] Diess geht auch aus der
Bestimmung des Wortes Auferstehung selbst hervor; denn die Auferstehung ist,
nach Johannes von Damaskus , eine Zurückberufung in denjenigen Zustand, aus
Welchem, man getreten ist. Wenn wir endlich betrachten, warum, wie wir oben
zeigten, eine Auferstehung seyn werde, so ist kein Grund vorhanden, wie noch
Jemand hierüber zweifelhaft bleiben könnte.
VIII.Warum von Gott die Auferstehung der Leiber angeordnet worden ist.
Ursache der Auferstehung.
Wir haben gelehrt, dass die Körper desswegen wieder auferweckt
werden müssen, damit ein Jeder empfange nach dem, wie er im
Körperleben gehandelt hat, Gutes oder Böses. [II.
Cor. 5,18] Der Mensch muss also in dem nämlichen Körper, mit dem er
entweder Gott oder dem Teufel gedient hat, auferstehen, damit er mit dem
nämlichen Körper entweder die Krone und den Lohn des
Sieges oder Strafen und Peinen im grössten Elende empfange.
IX. Die Körper werden Missgestalten, die sie in diesem Leben erhalten haben, nicht wieder annehmen.
1) Schönheit und Vollkommenheit des auferstehenden Leibes. 2) Die
Wundmale werden den Märtyrern nach der Auferstehung bleihen zur Erhöhung ihrer
Seligkeit, den Gottlosen aber im Gegenteile zu ihrem Unglücke.
I. Es wird nicht bloss der Körper auferstehen, sondern es wird ihm
auch zurückgegeben werden, was zu seiner wahren natürlichen Beschaffenheit und
zur Zierde und zum Schmucke des Menschen gehört. Herrlich zeugt hierüber der
heilige Augustin: Alsdann wird den Körpern kein Gebrechen seyn; wenn Einige zu
fett und dick waren, so werden sie nicht die ganze Last des Körpers annehmen,
sondern was das Gewöhnliche übersteigt, wird für überllüssig gehalten werden;
und im Gegentheile, was entweder Krankheit oder Alter am Körper verdorben hat,
wird von Christus durch seine göttliche Kraft wieder hergestellt; zum Beispiele,
wenn Einige zu mager waren, weil Christus uns nicht allein den Körper wieder
herstellen wird, sondern auch alles das, was uns durch das Elend dieses Lebens
entrissen worden ist. Und an einer andern Stelle sagt er: "Der Mensch wird nicht
die Haare wieder annehmen, die er hatte, sondern die, welche er hätte haben
sollen, nach jenem Auspruche: Alle Haare eures Hauptes sind
gezählt, [Matth. 10,30] die also nach der
göttlichen Weisheit wieder hergestellt werden sollen." Vorzüglich aber werden
alle Glieder zumal wieder hergestellt werden, weil sie Bestandteile der
menschlichen Natur sind. Die, welche von Geburt aus blind waren, oder durch eine
Krankheit das Augenlicht verloren haben, welche lahm oder verstümmelt, oder an
was immer für einem Gebrechen leidend waren, werden mit einem unversehrten und
vollkommnen Körper auferstehen. Denn auf eine andere Weise würde dem Verlangen
der Seele, welche zur Vereinigung mit dem Körper sich hinneigt, keine Genüge
geleistet; und doch muss, wie wir unbezweifelt glauben, dieses Verlangen bei der
Auferstehung befriedigt werden. Zudem ist hinlänglich bekannt, dass die
Auferstehung ebenso, wie die Erschaffung, zu den vorzüglichsten Werken Gottes
gerechnet werde.
II. Wie also Alles von Gott vom Anfange der Schöpfung gemacht
worden ist, so muss es auch bei der Auferstehung seyn. Und dieses gilt nicht
bloss von den Märtyrern, von denen, der heilige Augustin sagt, wie folgt: [Civit. Dei 22,20] Sie werden
nicht ohne jene Glieder seyn; denn jene Verstümmelung könnte auch ein Gebrechen
des Körpers seyn; sonst würden jene, welche enthauptet worden sind, ohne Kopf
auferstehen; aber es, werden an ihren Gliedern die Wundmale des Schwertes
glänzen, mehr als Gold und Edelgestein, wie die Wundmale Christi; und diess kann
auch von den Gottlosen mit aller Wahrheit behauptet werden, wenn ihnen auch aus
ihrer eigenen Schuld die Glieder abgehauen worden sind. Denn je mehr Glieder sie
haben, desto grossere Schmerzen und Peinen werden sie erleiden. Jene
Wiederherstellung der Glieder wird ihnen nicht zur Glückseligkeit, sondern zum
Unglücke und Elend gereichen, da die Verdienste nicht den Gliedern selbst
zugeschrieben werden, sondern der Person, mit der sie verbunden waren. Denen,
welche Busse gethan haben, werden sie zur Belohnung, jenen aber, welche im Bösen
verharrten, zur Strafe wieder hergestellt werden. Wenn diess die Seelsorger
aufmerksam überlegen, so wird es ihnen nie an Stoff mangeln, die Gemüther der
Gläubigen zur Frömmigkeit zu entflammen, dass sie, die Beschwerden und Drangsole
dieses Lebens betrachtend, jene himmlische Herrlichkeit der Auferstehung, welche
der Gerechten und Frommen harret, mit eifrigem Verlangen erwarten.
X. Wie die Leiber der Menschen nach ihrer Auferstehung beschaffen seyn werden.
1) Der Körper wird wesentlich als derselbe auferstehen, aber doch wird
er anders beschaffen sevn. 2) Die Unsterblichkeit ist den Guten und Bösen
gemein, und der Gerechtigkeit Gottes angemessen.
1. Es folgt nun, die Gläubigen zu unterrichten, dass, wenn wir
betrachten, was die Wesenheit des Körpers ausmacht, obschon der nämliche Körper
von Todten auferweckt wird, welcher vorher gestorben war, doch sein Zustand ganz
anders und vom vorigen Verschieden ist. Denn mit Uebergehung alles Andern
unterscheiden sich alle Körper der Auferstehenden von sich selbst darin, dass
sie ehevor den Gesetzen des Todes unterworfen waren,
aber nachdem sie wieder zum Leben erweckt worden sind, erlangen sie, ohne
Unterschied zwischen den Guten und Bösen, die Unsterblichkeit. Diese
bewunderungswürdige Wiederherstellung der Natur hat der herrliche Sieg Ghristi
verdient, welchen er über den Tod errrungen hat, wie uns die Zeugnisse der
heiligen Schriften belehren. Denn es steht geschrieben: Er
wird den Tod in Ewigkeit unterwerfen. [Isai. 25,8]
Ferner: >Ich werde dein Tod seyn, o Tod!
[Oseos. 13,14] Diese Stelle erklärt der
Apostel so: Der letzte Feind, der Tod, wird gerichtet
werden. [I. Cor. 15,26] Und bei'm heiligen
Johannes lesen wir: Ferner wird kein Tod mehr seyn.
[Apoc. 21,4]
II. Es geziemte sich auch für Christi des Herrn Verdienst, wodurch
das Reich des Todes zernichtet worden ist, dass es die Sünde Adams weit
übertraf. Dasselbe war auch übereinstimmend mit der göttlichen Gerechtigkeit,
damit die Guten das selige Leben ewig genössen, die Bösen aber in ewiger Strafe
büssend den Tod suchten, und nicht fänden; zu sterben wünschten, aber der Tod
sie fliehen sollte. Und diese Unsterblichkeit ist den Guten und Bösen
gemeinsam.
XI. Mit welchen Gaben die Leiber der Seligen nach der Auferstehung geschmückt seyn werden.
1) Vier Gaben der auferstehenden Leiber der Seligen. Die erste Zierde
der auferstehenden Leiber der Seligen ist das Unvermögen zn leiden. Doch können
die Körper der Verdammten, obwohl sie unverweslich sind, leiden. 2) Die zweite
ist die Klarheit. 3) Die dritte Zierde ist leichte Beweglichkeit. 4) Die vierte Feinheit.
I. Die wiederbelebten Leiber der Heiligen werden einige
ausgezeichnete und herrliche Zierden an sich tragen, wodurch sie viel edler
werden, als sie vorher waren. Vorzüglich sind es jene vier, welche Gaben genannt
werden, und nach der Lehre des Apostels von den Vätern verzeichnet sind. Die
erste davon ist die Gabe des Unvermögens zu leiden (Leidensunfähigheit), welche
bewirkt, dass sie nichts Beschwerliches leiden, und von keinem Schmerze und
keiner Unbequemlichkeit beunruhigt werden können. Es wird ihnen keine Gewalt der
Kälte, kein Brennen der Flamme, keine Fluth des Wassers Schaden zufügen können.
Er wird in der Verweslichkeit gesäet [I. Cor. 15,42] , sagt der Apostel, und wird unverweslich
auferstehen. Die Ursache aber warum die Scholastiker
diese Eigenschaft lieber Unvermögen, zu leiden, als Verweslichkeit genannt
haben, ist die, damit sie dadurch das Eigenthümliche eines verklärten Körpers
bezeichneten. Denn das Unvermögen zu leiden, ist ihnen nicht mit den Verdammten
gemein, deren Körper, obschon sie unverweslich sind, doch brennen, frieren und
mannigfache Qualen erleiden können.
II. Die zweite Gabe ist die Klarheit, vermöge welcher die Leiber
der Heiligen glänzen wie die Sonne. Diess bezeugt unser Erlöser bei Matthäus
durch folgende Worte: Die Gerechten werden glänzen, wie die
Sonne im Reiche ihres Vaters. [Matth. 13,43]
Und damit Niemand daran zweifle, so hat, er es durch das Beispiel seiner
Verklärung gezeigt. [Matth.
17,] Das nennt der Apostel bald Herrlichkeit, bald Klarheit. Er sagt:
Er wird den Leib unserer Niedrigkeit umbilden, und seiner
Herrlichkeit gleich gestalten. [Philipp. 3,21]
Und wiederum: Er wird in Niedrigkeit gesäet, und in
Herrlichkeit aufferstehen. [I. Cor. 15,43]
Ein Bild dieser Herrlichkeit sah auch das Volk Israel in der Wüste, da
das Angesicht des Moses [Exod. 15,13] seit der Unterredung mit Gott und seit der
Gegenwart Gottes so leuchtete, dass dessen Anblick die Söhne Israels nicht
ertragen konnten. Es besteht aber diese Klarheit in einem Glanze, welcher aus
der höchsten Glückseligkeit [II. Cor. 3,7] der Seele auf den Körper überströmt, so
dass sie eine Mittheilung jener Seligkeit ist, welche die Seele gegeniesst, wie
auch die Seele selbst beseliget wird, weil ein Theil der göttlichen Seligkeit
auf sie übergeht. Man muss aber nicht glauben, dass Alle mit diesem Geschenke im
gleichen Maasse, wie mit dem ersten, geziert werden; zwar werden alle Körper der
Heiligen gleich leidensunfähig seyn, aber sie werden nicht alle denselben Glanz
haben; denn der Apostel sagt: Aders ist die Klarheit der
Sonne, anders die Klarheit des Mondes, und anders die Klarheit der Sterne; ja,
ein Stern unterscheidet sich im Glänze von dem andern; so auch die Auferstehung
der Todten. [I. Cor. 15,41]
III. Mit dieser Gabe ist die leichte Beweglichkeit verbunden,
wodurch der Körper von der Last, die ihn jetzt drückt, befreit werden wird, und
sich, wohin die Seele immer will, leicht bewegt, so dass nichts schnelleres als
diese Bewegung seyn kann. Diess lehrten deutlich der heilige Augusttii in seinem
Buche vom Staate Gottes, und der heilige Hieronymus
bei'm Isaias. .Daher sagte auch der Apostel: Er wild gesäet in Schwäche, und
auferstehen in Kraft.
IV. Dazu kömmt viertens die Feinheit, durch welche Eigenschaft der
Leib gänzlich der Seele unterworfen wird, und ihr dient, und auf den Wink folgt.
Diess erhellt aus jenen Worten des Apostels: Ein thierischer
Leib wird gesäet, ein geistiger wird auferstehen. [I. Cor. 15,44] Das sind die Hauptpunkte zur Erklärung
dieses Artikels.
XII. Welchen Nutzen die Gläubigen aus diesen erhabenen Geheimnissen der Auferstehung schöpfen.
Welche heilsame Frücnte aus dem Artikel von der Auferstehung gezogen
werden.
Damit aber die Gläubigen inne werden, welchen Nutzen sie aus der
Betrachtung so vieler und grosser Geheimnisse schöpfen können, so soll man
vorerst erklären, dass man Gott den grössten Dank sagen müsse, da er diess den
Weisen verborgen, und den Kleinen geoffenbaret hat. [Matth. 11,25] Denn wie
viele Männer, mit ausgezeichneter Klugheit und Gelehrsamkeit begabt, waren in
dieser so gewissen Wahrheit blind? Weil er also uns, die wir diese Kenntniss gar
nie hätten erlange können, diess geoffenbaret hat, so haben wir grosse Ursache,
seine höchste Güte und Sanftmuth immerfort zu lobpreisen. Hernach wird aus der
Betrachtung dieses Artikels jener grosse Nutzen hervorgehen, dass wir dadurch
bei dem Tode derjenigen, welche mit uns durch Verwandtschaft oder Freundschaft
verbunden waren, sowohl Andere, als auch uns selbst leichter trösten werden.
Dieser Art Trostes bediente sich auch der Apostel in seinem Briefe an die
Thessaloniker, wo er über die im Tode Ruhenden schreibt. [I. Thess. 4,13] Aber auch
bei allen andern Widerwärtigkeiten und Drangsalen wird uns das Andenken an die
Auferstehung sehr grosse Linderung unsers Schmerzes verschaffen. Diess lernen
wir aus dem Beispiele Hiobs, [Hiob. 19,27] welcher seine betrübte und trauernde Seele
durch diese einzige Hoffnung stärkte, dass er nämlich bei der einstigen
Auferstehung seinen Herrn und Gott anschauen werde. Ueberdiess wird das Andenken
an die Auferstehung viel beitragen, um die Gläubigen zu überreden, dass sie mit
allem Fleisse sorgen sollen, ein gerechtes, reines, und von jeder Sündenmackel unbeflecktes Leben zu führen. Denn wenn sie
bedenken, dass jene unendlichen Reichthümer, welche der Auferstehung folgen ,
ihnen zum Ziele gesetzt sind; so werden sie dadurch gewiss zur Liebe der Tugend
und Frömmigkeit angeeifert. Und im Gegentheile hat nichts grössere Kraft zur
Unterdrückung der Leidenschaften der Seele, und zur Abhaltung der Menschen von
Lastern, als wenn sie öfter ermahnet werden, welche Leiden und Peinen der
Gottlosen harren, die an jenem jüngsten Tage hervorgehen werden zur Auferstehung
des Gerichtes.
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