Montag, 3. Juni 2013

Catechismus Romanus - Auferstehung des Fleisches.

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839

Zwölftes  Hauptstück  - Vom elften Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses.

Auferstehung des Fleisches.

 

I. Wie wichtig es sey, diesen Artikel genau zu verstehen.

 

Der Artikel von, der Auferstehung ist durch die Schriften besonders klar erwiesen.


Dass dieser Artikel zur Bekräftigung unsers Glaubens viel beitrage, erhellt vorzüglich daraus, weil er in den heiligen Schriften nicht bloss zu glauben vorgestellt, sondern auch durch viele Gründe bewiesen wird. Da wir dieses bei den andern Glaubensartikeln nicht finden, so kann man erkennen, dass auf diesen, als die festeste Grundfeste, die Hoffnung unserer Seligkeit gegründet ist. Der Apostel folgert also: Wenn es keine Auferstehung der Todten gibt, so ist auch Christus nicht auferstanden; und ist Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt eitel, und ungegründet unser Glaube. [I. Cor. 15,13.14] Auf die Erklärung dieses Artikels soll also der Seelsorger ebenso viel Fleiss und Mühe verwenden, als die Gottlosigkeit
Vieler an dessen Untergrabung arbeitet. Es wird sich kurz hernach zeigen, dass aus dessen Betrachtung für die Gläubigen viele und herrliche Vortheile hervorgehen.

 

II. Warum hier die Apostel die Auferstehung der Menschen Auferstehung des Fleisches genannt haben. 

 

Die Unsterblichkeit der Seele wird aus dem Symbole erwiesen. Verschiedene Annahme des Fleisches. Der Körper allein verweset. Da die Seele nicht verweset, so steht sie auch nicht wieder auf


Vor Allem muss bemerkt werden, dass hier die Auferstehung der Menschen Auferstehung des Fleisches genannt werde. Diess geschah nicht ohne Ursache. Die Apostel wollten nämlich lehren, was nothwendig angenommen werden muss, dass die Seele unsterblich sey. Damit daher nicht vielleicht Jemand glaube, sie sey mit dem Körper zu Grunde gegangen, und beide werden wieder in's Leben zurückgerufen. da doch aus sehr vielen Stellen der Schrift die Unsterblichkeit der Seele deutlich bekannt ist, so ist in diesem Artikel nur der Auferstehung des Fleisches Erwähnung geschehen. Und obschon in den heiligen Schriften bisweilen das Fleisch den ganzen Menschen bedeutet, wie diess bei Iaiais der Fall ist: Alles Fleisch ist Heu; [Isai. 40,6] und bei'm heiligen Johannes: Und das Wort ist Fleisch geworden; [Joh. 1,14] so bedeutet doch an dieser Stelle das Wort Fleisch den Leib, um damit anzuzeigen, dass nur einer von den zwei Theilen, dem Leibe und der Seele, aus welchen der Mensch besteht, nämlich der Leib verwese, und in den Staub der Erde, aus der er genommen ist, zurückkehre, dass die Seele aber unversehrt bleibe. Da aber Niemand, ausser er ist denn gestorben, in's Leben zurückgerufen wird, so kann man von der, Seele eigentlich nicht sagen, dass sie auferstehe. Auch wurde des Fleisches Erwähnung gethan zur Widerlegung jener Ketzerei, welche, noch bei Lebzeiten des Apostels, Hymenäus und Philetus erhoben [II. Tim. 2,17], da sie behaupteten, dass, wenn in der heiligen Schrift von der Auferstehung die Rede sey, diess nicht von der körperlichen, sondern von der geistigen, vermöge welcher man vom Tode durch die Sünde zu einem schuldlosen Lebenswandel auferstehe, zu Verstehen sey. Daher wird es durch diese Worte klar, dass jener Irrthum gehoben, und eine wahrhafte Auferstehung des Körpers behauptet werde.

 

III. Auf welche Gründe die Lehre der wirklichen Auferstehung der Körper gestützt werden müsse. 

 

Die Auferstehung des Fleisches wird durch Beispiele und Zeugnisse der Schrift bewiesen.


Die Seelsorger sollen diese Wahrheit mit Beispielen erläutern, welche aus dem alten und neuen Testamente, und aus der Kirchengeschichte genommen werden. Einige Menschen sind im alten Testamente von Elias und Elisäus, Andere ausser denen, welche Christus der Herr von Todten auferweckt hat, von den heiligen Aposteln und sehr vielen Andern in's Leben zurückgerufen worden. Und diese Auferstehung so Vieler bestättigt den Inhalt dieses Artikels. Denn wie wir glauben, dass Mehrere von Todten auferweckt worden seyen, so müssen wir auch für wahr halten, dass Alle in's Leben werden zurückgerufen werden. Ein vorzüglicher Nutzen, den wir aus dergleichen Wunderthaten ziehen müssen, ist dieser, dass wir diesem Artikel den standhaftesten Glauben schenken. Den Seelsorgern, welche auch nur mittelmässig in den heiligen Schriften bewandert sind werden sich leicht viele Beispiele darbieten. Die berühmtesten Stellen, finden sich im alten Testamente bei Hiob, wo er sagt: Dass er in seinem Fleische seinen Gott schauen werde; [Job. 19,25] und hei Daniel heisst es: Dass Einige von denen, die im Staube der Erde ruhen, erwachen werden zum ewigen Leben, Andere aber zu ewiger Schmach; [Dan. 12,2] im neuen Testamente aber gehört hieher, was der heilige Matthäus von der Unterredung erzählt [Matth. 39,39] , welche der Herr mit den Saduzäern hatte, und endlich, was die Evangelisten vom jüngsten Gerichte sagen! Auch muss hieher bezogen werden, was der Apostel Paulus in seinen Briefen an die Corinther [I. Cor. 15,12] und an die Thessaloniker [I. Thess. 4,13] in ausführlicher Rede erörtert.

 

IV. Durch welche Gleichnisse diese Wahrheit begründet werden kann. 

 

Obschon diess durch den Glauben volle Gewissheit hat, so wird es doch von grossem Nutzen seyn, durch Beispiele und Gründe zu zeigen, dass dasjenige, was zu glauben geboten ist, der Natur und der menschlichen Vernunft nicht widerspreche. Der Apostel hat auf die Frage, wie die Todten auferstünden, so geantwortet: Thor du, was du säest, lebt nicht auf, wenn es nicht ehevor stirbt; und was du säest, säest du noch nicht den Körper, der erst werden soll, sondern ein blosses Saamenkorn, zum Beispiele Waizen oder sonst ein anderes. Gott aber gibt ihm einen Körper, wie er will; [I. Cor. 153,36] und kurz hernach sagt er: Verwesliches wird gesäet, Unverwesliches wird auferstehen. Dass man diesem Gleichnisse überdiess noch Vieles beifügen könne, zeigt der heilige Gregor, der sagt: Das Licht wird täglich gleichsam durch den Tod den Augen entzogen, und erneuert sich wieder gleichsam durch Wiederauferstehung; und die Gesträuche verlieren ihr Grün, und erneuern sich wieder, gleich als stünden sie wieder auf; und die Saamenkörner, sterben in Fäulniss ab, und erstehen wiederum im Keime.

 

V. Gründe, durch welche diese Wahrheit bewiesen wird. 

 

Ueberdiess können jene Gründe, welche von den Kirchenschriftstellern angeführt werden, zum Beweise dieser Wahrheit sehr gut angewendet werden. Erstlich wäre es gegen die Gesetze der Natur, dass die Seelen, wenn sie unsterblich sind, und als ein Theil des Menschen eine natürliche Geneigtheit zu den menschlichen Leibern haben, auf immer von den Leibern getrennt bleiben sollen. Da aber das, was der Natur widerstrebt, und eine Gewalttätigkeit gegen sie ist, nicht andauernd seyn kann; so folgt hieraus, dass sie endlich wieder mit den Leibern vereinigt werden, woraus sich folgert, dass eine Auferstehung der Leiber seyn werde. Dieser Beweisart hat sich unser Heiland selbst bedient, da er in seiner, Rede gegen die Saducäer [Matth. 22,31] von der Unsterblichkeit der Seelen auf die Auferstehung der Leiber geschlossen hat. Da ferner vom» allgerechten Gott den Bösen Strafen, den Guten aber Belohnungen verheissen sind, aber sehr Viele von jenen sterben, ehevor sie die Strafe gebüsst, und ein grosser Theil von diesen, ehevor sie den Löhn empfangen haben, das Leben verlässt, So ist es nothwendig, dass die Seelen wiederum mit den Leibern vereinigt werden, damit für die Verbrechen oder Gutthaten die Körper, deren sich die Menschen als Theilnehmer der Sünde bedienen, zugleich mit der Seele Strafe oder, Lohn erhalten. Diese Stelle hat der heilige Chrysostomus in seiner ersten Homilie, an die Antiochener sehr sorgfältig abgehandelt. Desswegen sagte auch der Apostel, da er über die Auferstehung redete: Wenn wir nur in diesem Leben auf Christus hoffen, so sind wir unglücklicher als alle Menschen. [I. Cor. 15,19] Diese Worte wird Niemand auf das Unglück der Seele beziehen, welche, da sie unsterblich ist, wenn auch die Leiber nicht auferstehen, doch jenseits die Seligkeit geniessen könnte; sondern sie sind vom ganzen Menschen zu verstehen. Denn werden dem Leibe nicht die durch Mühsale verdienten Belohnungen gegeben, so müssen nothwendig diejenigen, welche, um Beispiele wie die Apostel, so viele Mühseligkeiten und Drangsale in ihrem Leben erduldet haben, die unglücklichsten unter Allen seyn. Das Nämliche lehrt dieser Apostel viel deutlicher in seinem Briefe an die Thessaloniker mit diesen Worten: Wir rühmen uns den Kirchen Gottes wegen eurer Geduld und eures Glaubens bei allen euren Verfolgungen und Bedrängnissen, die ihr erduldet zum Beweise des gerechten Gerichtes Gottes, damit ihr des göttlichen Reiches, für welches ihr auch leidet, würdig erklärt werdet, zumal es gerecht ist vor Gott, dass er euren Drängern mit Drangsal begegne; aber auch, die ihr bedrängt werdet, so wie uns, mit Ruhe, wenn der Herr Jesus vom Himmel erscheint mit den Engeln seiner Macht, in flammendem Feuer, um Rache zu üben an denen, die Gott nicht kennen; und die nicht gehorchen dem Evangelium unsers Herrn Jesus Christus. [II. Thrss. 1,4.-8]
Dazu kömmt auch, dass die Menschen, solange die Seele vom Körper getrennt ist, nicht die volle und von allen, Gütern überlliessende Seligkeit erlangen können. Denn wie jeder Theil, vom Ganzen getrennt, Unvollkommen ist, so ist es auch die Seele, wenn sie vom Körper getrennt ist. Hieraus folgt, dass die Auferstehung der Leiber nothwendig ist, wenn ihr zur höchsten Glückseligkeit nichts abgehen soll. Mit diesen und andern dergleichen Gründen kann, der Seelsorger die Gläubigen in diesem Artikel unterweisen.

 

VI. Also wird es keinen Menschen geben, der nicht stirbt, und nicht aufersteht.

 

1) Von dem verschiedenen Zustande der Auferstehenden. 2) Alle Menschen werden sterben, ehevor das jüngste Gericht endet. 


I. Man soll überdiess nach der Lehre des Apostels sorgfaltig erklären, welche zum Leben, auferstehen werden. Er schreibt an die Corinther: Wie Alle in Adam sterben, so werden auch Alle in Christo belebt werden. [I.Cor. 15,22] Also Alle ohne Unterschied , sowohl die Guten als die Bösen, werden von Todten auferstehen, obwohl nicht Alle in demselben Zustande; die, welche Gutes gethan haben, zur Auferstehung des Lebens, die aber Böses gethan haben, zur Auferstehung des Gerichtes. [Joh. 5,29]
II. Wenn wir aber sagen Alle, so verstehen wir darunter sowohl diejenigen, welche bei'm Herannahen des Gerichtes schon gestorben sind, als auch diejenigen, welche noch sterben werden. Dass dieser Meinung, dass Alle ohne Ausnahme sterben werden, die Kirche ihren Beifall gebe, und dass sie der Wahrheit am nächsten komme, hat der heil. Hieronymus schriftlich hinterlassen ; und der heil. Augustin denkt ebenso . Auch widerstreiten nicht dieser Meinung die Worte des Apostels an die Thessaloniker: Die Gestorbenen, die in Christus sind, werden zuerst auferstehen; alsdann werden wir übrige noch Lebende zugleich mit ihnen in den Wolken Christo entgegengeführt werden in die Luft. [I. Thess. 4,15] Denn der heilige Ambrosius sagt bei Erklärung dieser Stelle, wie folgt: "Bei'm Wegraffen selbst wird der Tod über sie kommen, wie durch einen Schlummer, so dass die Seele den Körper kaum verlassen hat, und schon wieder augenblicklich denselben zurückgegeben wird; denn indem sie hinweggenommen werden, werden sie sterhen, so dass sie, wenn sie zum Herrn kommen, durch die Gegenwart des Herrn ihre Seelen wieder aufnehmen, weil sie bei dem Herrn nicht todt seyn können." Diesen Ausspruch bestätigt das Ansehen des heiligen Augustin in seinem Buche vom Staate Gottes.

 

VII. Die menschliche Seele wird bei'm jüngsten Gerichte ihren vorigen Leib annehmen. 

 

Da viel daran liegt, gewiss überzeugt zu seyn, dass der nämliche Körper, welchen Jeder vorher hatte, obwohl er verwesen ist, und in Staub zurückgekehrt, doch wieder zum Leben auferweckt werde, so wird sich der Seelsorger angelegen seyn lassen, diess genau zu erklären. Es ist diess die Meinung des Apostels, da er sagt: Dieses Verwesliche muss die Unverweslichkeit anziehen, [I. Cor. 15,53] indem er mit dem Worte dieses offenbar den eigenen Körper bezeichnet. Auch Hiob hat hierüber herrlich geweissagt, indem er spricht: Und in meinem Fleische werde ich Gott schauen, welchen ich selbst sehen werde, und den meine Augen erblickein werden, ich selbst und kein Anderer. [Job. 19,25] Diess geht auch aus der Bestimmung des Wortes Auferstehung selbst hervor; denn die Auferstehung ist, nach Johannes von Damaskus , eine Zurückberufung in denjenigen Zustand, aus Welchem, man getreten ist. Wenn wir endlich betrachten, warum, wie wir oben zeigten, eine Auferstehung seyn werde, so ist kein Grund vorhanden, wie noch Jemand hierüber zweifelhaft bleiben könnte.

 

VIII.Warum von Gott die Auferstehung der Leiber angeordnet worden ist. 

 


Ursache der Auferstehung.


Wir haben gelehrt, dass die Körper desswegen wieder auferweckt werden müssen, damit ein Jeder empfange nach dem, wie er im Körperleben gehandelt hat, Gutes oder Böses. [II. Cor. 5,18] Der Mensch muss also in dem nämlichen Körper, mit dem er entweder Gott oder dem Teufel gedient hat, auferstehen, damit er mit dem nämlichen Körper entweder die Krone und den Lohn des Sieges oder Strafen und Peinen im grössten Elende empfange.

 

IX. Die Körper werden Missgestalten, die sie in diesem Leben erhalten haben, nicht wieder annehmen. 

 

1) Schönheit und Vollkommenheit des auferstehenden Leibes. 2) Die Wundmale werden den Märtyrern nach der Auferstehung bleihen zur Erhöhung ihrer Seligkeit, den Gottlosen aber im Gegenteile zu ihrem Unglücke. 


I. Es wird nicht bloss der Körper auferstehen, sondern es wird ihm auch zurückgegeben werden, was zu seiner wahren natürlichen Beschaffenheit und zur Zierde und zum Schmucke des Menschen gehört. Herrlich zeugt hierüber der heilige Augustin: Alsdann wird den Körpern kein Gebrechen seyn; wenn Einige zu fett und dick waren, so werden sie nicht die ganze Last des Körpers annehmen, sondern was das Gewöhnliche übersteigt, wird für überllüssig gehalten werden; und im Gegentheile, was entweder Krankheit oder Alter am Körper verdorben hat, wird von Christus durch seine göttliche Kraft wieder hergestellt; zum Beispiele, wenn Einige zu mager waren, weil Christus uns nicht allein den Körper wieder herstellen wird, sondern auch alles das, was uns durch das Elend dieses Lebens entrissen worden ist. Und an einer andern Stelle sagt er: "Der Mensch wird nicht die Haare wieder annehmen, die er hatte, sondern die, welche er hätte haben sollen, nach jenem Auspruche: Alle Haare eures Hauptes sind gezählt, [Matth. 10,30] die also nach der göttlichen Weisheit wieder hergestellt werden sollen." Vorzüglich aber werden alle Glieder zumal wieder hergestellt werden, weil sie Bestandteile der menschlichen Natur sind. Die, welche von Geburt aus blind waren, oder durch eine Krankheit das Augenlicht verloren haben, welche lahm oder verstümmelt, oder an was immer für einem Gebrechen leidend waren, werden mit einem unversehrten und vollkommnen Körper auferstehen. Denn auf eine andere Weise würde dem Verlangen der Seele, welche zur Vereinigung mit dem Körper sich hinneigt, keine Genüge geleistet; und doch muss, wie wir unbezweifelt glauben, dieses Verlangen bei der Auferstehung befriedigt werden. Zudem ist hinlänglich bekannt, dass die Auferstehung ebenso, wie die Erschaffung, zu den vorzüglichsten Werken Gottes gerechnet werde.

II. Wie also Alles von Gott vom Anfange der Schöpfung gemacht worden ist, so muss es auch bei der Auferstehung seyn. Und dieses gilt nicht bloss von den Märtyrern, von denen, der heilige Augustin sagt, wie folgt: [Civit. Dei 22,20] Sie werden nicht ohne jene Glieder seyn; denn jene Verstümmelung könnte auch ein Gebrechen des Körpers seyn; sonst würden jene, welche enthauptet worden sind, ohne Kopf auferstehen; aber es, werden an ihren Gliedern die Wundmale des Schwertes glänzen, mehr als Gold und Edelgestein, wie die Wundmale Christi; und diess kann auch von den Gottlosen mit aller Wahrheit behauptet werden, wenn ihnen auch aus ihrer eigenen Schuld die Glieder abgehauen worden sind. Denn je mehr Glieder sie haben, desto grossere Schmerzen und Peinen werden sie erleiden. Jene Wiederherstellung der Glieder wird ihnen nicht zur Glückseligkeit, sondern zum Unglücke und Elend gereichen, da die Verdienste nicht den Gliedern selbst zugeschrieben werden, sondern der Person, mit der sie verbunden waren. Denen, welche Busse gethan haben, werden sie zur Belohnung, jenen aber, welche im Bösen verharrten, zur Strafe wieder hergestellt werden. Wenn diess die Seelsorger aufmerksam überlegen, so wird es ihnen nie an Stoff mangeln, die Gemüther der Gläubigen zur Frömmigkeit zu entflammen, dass sie, die Beschwerden und Drangsole dieses Lebens betrachtend, jene himmlische Herrlichkeit der Auferstehung, welche der Gerechten und Frommen harret, mit eifrigem Verlangen erwarten.

 

X. Wie die Leiber der Menschen nach ihrer Auferstehung beschaffen seyn werden. 

 

1) Der Körper wird wesentlich als derselbe auferstehen, aber doch wird er anders beschaffen sevn. 2) Die Unsterblichkeit ist den Guten und Bösen gemein, und der Gerechtigkeit Gottes angemessen. 


1. Es folgt nun, die Gläubigen zu unterrichten, dass, wenn wir betrachten, was die Wesenheit des Körpers ausmacht, obschon der nämliche Körper von Todten auferweckt wird, welcher vorher gestorben war, doch sein Zustand ganz anders und vom vorigen Verschieden ist. Denn mit Uebergehung alles Andern unterscheiden sich alle Körper der Auferstehenden von sich selbst darin, dass sie ehevor den Gesetzen des Todes unterworfen waren, aber nachdem sie wieder zum Leben erweckt worden sind, erlangen sie, ohne Unterschied zwischen den Guten und Bösen, die Unsterblichkeit. Diese bewunderungswürdige Wiederherstellung der Natur hat der herrliche Sieg Ghristi verdient, welchen er über den Tod errrungen hat, wie uns die Zeugnisse der heiligen Schriften belehren. Denn es steht geschrieben: Er wird den Tod in Ewigkeit unterwerfen. [Isai. 25,8] Ferner: >Ich werde dein Tod seyn, o Tod! [Oseos. 13,14] Diese Stelle erklärt der Apostel so: Der letzte Feind, der Tod, wird gerichtet werden. [I. Cor. 15,26] Und bei'm heiligen Johannes lesen wir: Ferner wird kein Tod mehr seyn. [Apoc. 21,4]
II. Es geziemte sich auch für Christi des Herrn Verdienst, wodurch das Reich des Todes zernichtet worden ist, dass es die Sünde Adams weit übertraf. Dasselbe war auch übereinstimmend mit der göttlichen Gerechtigkeit, damit die Guten das selige Leben ewig genössen, die Bösen aber in ewiger Strafe büssend den Tod suchten, und nicht fänden; zu sterben wünschten, aber der Tod sie fliehen sollte. Und diese Unsterblichkeit ist den Guten und Bösen gemeinsam.

 

XI. Mit welchen Gaben die Leiber der Seligen nach der Auferstehung geschmückt seyn werden. 

 

1) Vier Gaben der auferstehenden Leiber der Seligen. Die erste Zierde der auferstehenden Leiber der Seligen ist das Unvermögen zn leiden. Doch können die Körper der Verdammten, obwohl sie unverweslich sind, leiden. 2) Die zweite ist die Klarheit. 3) Die dritte Zierde ist leichte Beweglichkeit. 4) Die vierte Feinheit. 


I. Die wiederbelebten Leiber der Heiligen werden einige ausgezeichnete und herrliche Zierden an sich tragen, wodurch sie viel edler werden, als sie vorher waren. Vorzüglich sind es jene vier, welche Gaben genannt werden, und nach der Lehre des Apostels von den Vätern verzeichnet sind. Die erste davon ist die Gabe des Unvermögens zu leiden (Leidensunfähigheit), welche bewirkt, dass sie nichts Beschwerliches leiden, und von keinem Schmerze und keiner Unbequemlichkeit beunruhigt werden können. Es wird ihnen keine Gewalt der Kälte, kein Brennen der Flamme, keine Fluth des Wassers Schaden zufügen können. Er wird in der Verweslichkeit gesäet [I. Cor. 15,42] , sagt der Apostel, und wird unverweslich auferstehen. Die Ursache aber warum die Scholastiker diese Eigenschaft lieber Unvermögen, zu leiden, als Verweslichkeit genannt haben, ist die, damit sie dadurch das Eigenthümliche eines verklärten Körpers bezeichneten. Denn das Unvermögen zu leiden, ist ihnen nicht mit den Verdammten gemein, deren Körper, obschon sie unverweslich sind, doch brennen, frieren und mannigfache Qualen erleiden können.
II. Die zweite Gabe ist die Klarheit, vermöge welcher die Leiber der Heiligen glänzen wie die Sonne. Diess bezeugt unser Erlöser bei Matthäus durch folgende Worte: Die Gerechten werden glänzen, wie die Sonne im Reiche ihres Vaters. [Matth. 13,43] Und damit Niemand daran zweifle, so hat, er es durch das Beispiel seiner Verklärung gezeigt. [Matth. 17,] Das nennt der Apostel bald Herrlichkeit, bald Klarheit. Er sagt: Er wird den Leib unserer Niedrigkeit umbilden, und seiner Herrlichkeit gleich gestalten. [Philipp. 3,21] Und wiederum: Er wird in Niedrigkeit gesäet, und in Herrlichkeit aufferstehen. [I. Cor. 15,43] Ein Bild dieser Herrlichkeit sah auch das Volk Israel in der Wüste, da das Angesicht des Moses [Exod. 15,13] seit der Unterredung mit Gott und seit der Gegenwart Gottes so leuchtete, dass dessen Anblick die Söhne Israels nicht ertragen konnten. Es besteht aber diese Klarheit in einem Glanze, welcher aus der höchsten Glückseligkeit [II. Cor. 3,7] der Seele auf den Körper überströmt, so dass sie eine Mittheilung jener Seligkeit ist, welche die Seele gegeniesst, wie auch die Seele selbst beseliget wird, weil ein Theil der göttlichen Seligkeit auf sie übergeht. Man muss aber nicht glauben, dass Alle mit diesem Geschenke im gleichen Maasse, wie mit dem ersten, geziert werden; zwar werden alle Körper der Heiligen gleich leidensunfähig seyn, aber sie werden nicht alle denselben Glanz haben; denn der Apostel sagt: Aders ist die Klarheit der Sonne, anders die Klarheit des Mondes, und anders die Klarheit der Sterne; ja, ein Stern unterscheidet sich im Glänze von dem andern; so auch die Auferstehung der Todten. [I. Cor. 15,41]
III. Mit dieser Gabe ist die leichte Beweglichkeit verbunden, wodurch der Körper von der Last, die ihn jetzt drückt, befreit werden wird, und sich, wohin die Seele immer will, leicht bewegt, so dass nichts schnelleres als diese Bewegung seyn kann. Diess lehrten deutlich der heilige Augusttii in seinem Buche vom Staate Gottes, und der heilige Hieronymus bei'm Isaias. .Daher sagte auch der Apostel: Er wild gesäet in Schwäche, und auferstehen in Kraft.
IV. Dazu kömmt viertens die Feinheit, durch welche Eigenschaft der Leib gänzlich der Seele unterworfen wird, und ihr dient, und auf den Wink folgt. Diess erhellt aus jenen Worten des Apostels: Ein thierischer Leib wird gesäet, ein geistiger wird auferstehen. [I. Cor. 15,44] Das sind die Hauptpunkte zur Erklärung dieses Artikels.

 

XII. Welchen Nutzen die Gläubigen aus diesen erhabenen Geheimnissen der Auferstehung schöpfen. 

 

Welche heilsame Frücnte aus dem Artikel von der Auferstehung gezogen werden. 


Damit aber die Gläubigen inne werden, welchen Nutzen sie aus der Betrachtung so vieler und grosser Geheimnisse schöpfen können, so soll man vorerst erklären, dass man Gott den grössten Dank sagen müsse, da er diess den Weisen verborgen, und den Kleinen geoffenbaret hat. [Matth. 11,25] Denn wie viele Männer, mit ausgezeichneter Klugheit und Gelehrsamkeit begabt, waren in dieser so gewissen Wahrheit blind? Weil er also uns, die wir diese Kenntniss gar nie hätten erlange können, diess geoffenbaret hat, so haben wir grosse Ursache, seine höchste Güte und Sanftmuth immerfort zu lobpreisen. Hernach wird aus der Betrachtung dieses Artikels jener grosse Nutzen hervorgehen, dass wir dadurch bei dem Tode derjenigen, welche mit uns durch Verwandtschaft oder Freundschaft verbunden waren, sowohl Andere, als auch uns selbst leichter trösten werden. Dieser Art Trostes bediente sich auch der Apostel in seinem Briefe an die Thessaloniker, wo er über die im Tode Ruhenden schreibt. [I. Thess. 4,13] Aber auch bei allen andern Widerwärtigkeiten und Drangsalen wird uns das Andenken an die Auferstehung sehr grosse Linderung unsers Schmerzes verschaffen. Diess lernen wir aus dem Beispiele Hiobs, [Hiob. 19,27] welcher seine betrübte und trauernde Seele durch diese einzige Hoffnung stärkte, dass er nämlich bei der einstigen Auferstehung seinen Herrn und Gott anschauen werde. Ueberdiess wird das Andenken an die Auferstehung viel beitragen, um die Gläubigen zu überreden, dass sie mit allem Fleisse sorgen sollen, ein gerechtes, reines, und von jeder Sündenmackel unbeflecktes Leben zu führen. Denn wenn sie bedenken, dass jene unendlichen Reichthümer, welche der Auferstehung folgen , ihnen zum Ziele gesetzt sind; so werden sie dadurch gewiss zur Liebe der Tugend und Frömmigkeit angeeifert. Und im Gegentheile hat nichts grössere Kraft zur Unterdrückung der Leidenschaften der Seele, und zur Abhaltung der Menschen von Lastern, als wenn sie öfter ermahnet werden, welche Leiden und Peinen der Gottlosen harren, die an jenem jüngsten Tage hervorgehen werden zur Auferstehung des Gerichtes.


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