Vierter Teil -Fünftes Hauptstück -Für welche man beten müss.
I. Es gibt in dieser Welt keine Gattung von Menschen, für die man zu Gott nicht beten dürfte.
Nachdem nun bekannt ist, um was man bitten soll, so muss das
gläubige Volk unterrichtet werden, für welche es beten soll. Das Gebet aber
enthalt eine Bitte und Danksagung; daher wollen wir zuerst von der Bitte
sprechen.
Man muss also beten für Alle ohne Ausnahme, ohne Rücksicht auf
Feindschaften, auf Nation, auf Religion. Es mag nun ein Feind oder ein
Ausländer, oder ein Ungläubiger seyn; er ist unser Nächster, und weil wir ihn
nach dem Befehle Gottes lieben müssen, so folgt, dass wir auch für ihn beten
sollen, was eine Liebespflicht ist. Denn das will jene Ermahnung des Apostels
sagen: Ich ermahne euch, dass Fürbitten geschehen für alle
Menschen. [1. Tim. 2,1] Bei diesem Gebete
muss man zuerst um das bitten, was das Heil der Seele, dann, was das Wohl des
Körpers betrifft.
II. Für welche man vorzüglich beten müsse.
1) Man muss beten für die Seelsorger. 2) Für die Fürsten. 3) Für gute
und fromme Menschen.
I. Zuerst sollen wir diesen Dienst der Fürbitte den Seelsorgern
leisten, wozu wir durch das Beispiel des Apostels ermahnet werden; denn er
schreibt an die Kolosser, sie sollen für ihn beten, dass ihm Gott die Türe des
Wortes öffne [Coloss. 3]
; ebenso an die Thessaloniker [I. Thess. 5,25] . Ferner heisst es in der
Apostelgeschichte: Aber die Kirche betete ohne Unterlass für
ihn zu Gott. [Apost. 12,5] An diese Pflicht
werden wir auch vom heil. Basilius in seinem Buche über die Sitten
ermahnt. Denn
er sagt, man müsse für die beten, welche dem Worte der Wahrheit vorstehen. [Lib. mor. reg. 56. c.5.]
II. Zweitens müssen, wir beten für die Fürsten, nach dem Ausspruche
des nämlichen Apostels. Denn es weiss jedermann, wie nützlich dem Staate fromme
und gerechte Fürsten sind. Daher muss Gott gebeten werden, dass sie so seyen,
wie die seyn sollen, welche über die übrigen Menschen herrschen.
III. Wir haben Beispiele heiliger Männer, wodurch wir ermahnet
werden, dass wir auch für die guten und frommen Menschen beten sollen. Denn auch
diese bedürfen der Fürbitte anderer: und solches ist von Gott angeordnet, damit
sie nicht hoffärtig werden, da sie sehen, dass sie der Fürbitte der Geringern
bedürfen
III. Es wird gezeigt, dass wir auch für unsere Feinde, und für die Feinde der Kirche beten müssen.
Ferner hat Gott befohlen, auch für die zu beten, die uns verfolgen und verläumden. [Matth. 5,44] Auch bestätigt ein feierliches Zeugniss des
heil. Augustin, es sey eine von den Aposteln überkommene Gewohnheit, für die,
welche der Kirche abgeneigt sind, zu beten, auf dass den Ungläubigen der Glaube
verliehen werde, dass die Götzendiener von den Irrthümern der Gottlosigkeit
befreiet werden, dass die Juden nach Zerstreuung der Finsterniss ihrer Herzen
das Licht der Wahrheit umfassen, dass die Ketzer, geheilet von ihrer Krankheit,
in den Vorschriften der katholischen Lehre unterrichtet, und die Abtrünnigen mit
der heiligen Mutter Kirche, von deren Gemeinschaft sie abfielen, durch das Band
wahrer Liebe wieder vereiniget werden. Welch grosse Kraft aber das Gebet habe,
wenn es für solche Menschen von Herzen entrichtet wird, das erhellet aus sehr
vielen Beispielen jeder Gattung von Menschen, welche Gott täglich, entrissen der
Macht der Finsternisse, [Coloss.
1,13] in das Reich des Sohnes seiner Liebe einführet, und aus Gefässen
des Zornes zu Gefässen der Barmherzigkeit sucht. Niemand, der gesunden Verstand
hat, kann zweifeln, dass das Gebet der Frommen sehr viel vermöge.
IV. Wie diese Wohlthat auch auf die Verstorbenen ausgedehnt werden könne.
Die Fürbitten aber, welche für die Verstorbenen geschehen, dass sie
aus dem Fegfeuer befreiet werden möchten, stammen aus der Lehre der Apostel her;
hierüber wurde schon genug geredet, als wir vom Messopfer handelten.
V. Es nützet nicht fremdes Gebet jenen, welche Todsünden begehen.
Denen, welche Todsünden begehen, frommet Gebet und Fürbitte kaum
etwas. Doch aber fordert die Pflicht christlicher Liebe, für sie zu beten und
mit Thränen zu flehen, ob man nicht bewirken könnte, dass Gott ihnen gnädig
werde.
VI. Wie die Verfluchungen, die wir in den Schriften lesen, zu nehmen seyen.
Die Verfluchungen heiliger Männer, deren sie sich nach dem
Ausspruche der Väter gegen die Gottlosen bedienen, sind bekanntlich entweder
Vorhersagungen dessen, was ihnen zustossen wird, oder Verwünschungen gegen die
Sünde, auf dass bei Rettung der Menschen die Macht der Sünde aber
verschwinde.
VII. Wie man die Danksagung gebrauchen müsse.
Im zweiten Theile des Gebetes erstatten wir Gott den grössten Dank
für seine göttlichen und unsterblichen Wohlthaten, die er dem menschlichen
Geschlechte immer erwiesen hat, und noch täglich erweiset. Dieses
Danksagungsgebet entrichten wir aber besonders wegen aller Heiligen, und
lobpreisen darin Gott ihres Sieges und Triumphes wegen, den sie über alle,
sowohl innere als auch äussere Feinde, erkämpfet haben.
VIII. Welche Lobpreisungen, die Gott wegen der Heiligen dargebracht werden, in der Kirche den ersten Rang
1. Der englische Gruss gehört zn Danksagung. 2. Warum die Kirche mit
dem englischen Grusse Gebete verbinde. 3. Der Gesang Salve Regina soll oftmals
wiederholt werden.
I. Hieher gehört jener erste Theil des englischen Grusses, wenn wir
beten: Gegrüsset seyst du Maria, du bist voll der Gnaden, der Herr ist mit dir;
du bist gebenedeiet unter den Weibern. Denn wir preisen Gott durch die höchsten
Lobeserhebungen und Danksagungen, weil er die heiligste Jungfrau mit dem
Geschenke aller himmlischen Gaben überhäufet hat, und bezeigen der Jungfrau
selbst unsere Freude über ihre besondere Glückseligkeit!
II. Mit Recht aber hat die heilige Kirche Gottes dieser Danksagung
auch Gebete und eine Anrufung der heiligsten Mutter Gottes gefügt, wodurch wir
frommen Sinnes und demüthig zu ihr unsere Zuflucht nehmen, dass sie durch ihre
Fürbitte uns Sündern Gott geneigt mache, und uns die sowohl zu diesem, als auch
zum ewigen Leben notwendigen Güter erflehe.
III. Daher sollen wir verbannte Söhne der Eva, die wir diess
Jammerthal bewohnen, immerdar die Mutter der Barmherzigkeit und die
Fürsprecherin des gläubigen Volkes anrufen, dass sie für uns Sünder bitte; und
sie mit diesem Gebete um Beistand und Hilfe anflehen, da niemand, ausser ein
gottloser und boshafter Mensch, zweifeln kann, dass sie bei Gott die
herrlichsten Verdienste und den besten Willen habe, dem Menschengeschlecht zu
Hilfe zu kommen.
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