Donnerstag, 5. Dezember 2013

Zweiter Sonntag nach Epiphanie - Predigt vom Hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede 

Am dritten Tage war eine Hochzeit in Cana Galiläa, und es war auch die Mutter Jesu daselbst. Joh. 2,1.

Von vier Hochzeiten redet die heilige Schrift. Die erste ist die wirkliche (geschichtliche), die zweite die sinnbildliche, die dritte stellt den Glauben, die vierte die Verherrlichung dar. Die wirkliche oder geschichtliche besteht zwischen dem Manne und dem Weibe dem Leibe nach; die zweite oder allegorische zwischen Christus und der Kirche; die dritte oder die tropologische zwischen Gott und der Seele; die vierte oder die anagogische zwischen Gott und der triumphirenden Kirche.

Von der ersten heißt es (Esther 2.): "Esther ließ ein Gastmahl zur Hochzeit und Vermählung bereiten;" von der zweiten (Matth. 22.): "Das Himmelreich ist einem Könige gleich, der seinem Sohne Hochzeit bereitete;" von der dritten (Oseas 2.): "Ich will mich dir im Glauben vermählen;" und von der vierten (Matth. 25.): "Und die da bereitet waren gingen mit ihm zur Hochzeit."
Die erste Hochzeit setzte im Paradiese der Herr ein, bekräftigte sie mit seinem Worte, ehrte sie mit seiner Gegenwart und verherrlichte sie mit einem Wunder. In Bezug auf den ersten Punkt lesen wir in der Schrift (Gen. 2.): "Gott sprach, wachset und mehret euch und erfüllet die Erde;" auf den zweiten (Matth. 19.): "Was Gott verband, soll der Menfeh nicht trennen." In Bezug auf den dritten und vierten lesen wir hier in dern heutigen Evangelium: "Auch Jesus wurde eingeladen; - und als der Speisemeister merkte, daß das Wasser zu Wein geworden sei."
In dieser Ehe müssen drei Güter sein; der Glaube, daß die Einheit nicht verletzt werde; die Nachkommen, daß die Kinder Gottgezeugt werden; das Sakrament, daß weder der Mann vom Weibe, noch umgekehrt das Weib vom Manne, wie Christus nicht von der Kirche, getrennt werde, daß wenn noch der eine Theil lebt, der andere sich nicht verheirathen darf.Vom ersten spricht der Apostel (1. Cor. 7.): "Der Mann hat über seinen Leib keine Gewalt." Vom zweiten gleichfalls (1. Tim. 2.): "Sie wird aber selig durch die Zeugnng der Kinder, wenn sie im Glauben und der Liebe und der Heiligkeit mit der Ehrbarkeit bleibt." Vom dritten spricht derselbe Apostel (Ephes. 5.): "Dieß ist ein großes Geheimniß; ich sage aber in Christus und der Kirche." Das erste Gut vernichten die Ehebrecher; das zweite, die welche keine Kinder erzeugen wollen oder welche die Kinder zum Dienfte Gottes nicht anweisen; das dritte, die welche bei dem Leben des einen Theiles sich mit einem andern vermählen. Vom ersten sagt der Apostel (Hebr. 13.): "Die Unreinen und Ehebrecher wird der Herr richten." d. h.  verdammen. Vom zweiten der Prophet Isaias: "Verflucht die Erde, welche niceht erzeugt." Vom dritten der Apostel: "Wenn das Weibs so lange der Mann lebt, bei einem andern ist, so heißt sie eine Ebebrecherin."

Dritte Rede 
Fortsetzung 

Am dritten Tage war eine Hochzeit in Cana Galilää.  Joh. 2, l.

In diesen Worten sind drei Punkte in Bezug auf die Hochzeit angedeutet; zuerst wird die Zeit der Eingehung angegeben; zweitens der Ort wo sie eingegangen wurde; und drittens wird die eingeladene Person zu ihrer Empfehlung angeführt. Dieß sagen die Worte. Am dritten Tage, in Cana, und es war die Mutter Jesu daselbst.
Im sittlichen Sinne versteht man unter der Hochzeit die Verbindung Gottes mit der Seele, bei welcher Verbindung Dreifaches zu bemerken ist; zuerst das Gericht, zweitens die Gerechtigkeit, drittens die Erbarmung. Von diesen dreien sagt der Prophet Oseas (2.): "Ich werde mich mit dir im Gerichte in der Gerechtigkeit und im Mitleiden vermählen." Das Gericht besteht nämlich in Bezug auf sich selbst, die Gerechtigkeit in Bezug auf Gott, die Erbarmung in Bezug auf den Nächsten. 
Das Gericht in Bezug auf sich selbst besteht in dreierlei; zuerst daß man jedes Böse verlasse, zweitens daß man jedes Gute thue, drittens daß man das Widerwärtige geduldig ertrage. Von diesen drei Punkten ist in der Epistel die Rede, die mit diesem Evangelium gelesen wird, vom ersten in den Worten: "Hasset das Böse," vom zweiten in diesen: "Hanget dem Guten an," und vom dritten in diesen: "Seid geduldig in der Betrübniß."
Die Gerechtigkeit in Bezug auf Gott besteht gleichfalls in drei Stricken. Zuerst daß der Mensch an Gott als die höchste Wahrheit über Alles glaube; zweitens daß er auf ihn als die höchste Macht über Alles hoffe, und drittens daß er ihn als die höchste Güte wegen seiner und über Alles liebe. Die erste Art der Verbindung geschieht durch die vernünftige, die zweite durch die begehrende, die dritte durch die liebende Seele; das erste geschieht durch den Glauben, das zweite durch die Hoffnung und das dritte durch die Liebe. Von diesen drei Punkten ist in der heutigen Epistel die Rede. Das erste enthalten die Worte: "Nach dem Verhältnisse des Glaubens;" das zweite diese: "Freuet euch in der Hoffnung;" das dritte diese: "Liebe ohne Heuchelei." Von diesen dreien sagt derselbe Apostel anderswo (1. Cor. 13.): "Jetzt aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei."
Die Barmherzigkeit in Bezug auf den Nächsten besteht gleichfalls in dreierlei. Zuerst daß man den Unwissenden lehrt; zweitens daß man den Dürftigen zu Hilfe kommt; drittens daß man den Beleidigern verzeiht. Von diesen drei Arten redet dieselbe Epistel von der ersten mit den Worten: "Wer in der Lehre unterrichtet," von der zweiten mit diesen: "Wer sich in Freudigkeit erbarmt;" von der dritten mit diesen: "Vergeltet Niemandem Böses mit Bösem." Dieß alles was uns zu Gott führt enthält das heutige Evangelium, nämlich in dem dritten Tage. Der erste Tag ist der Glaube, der zweite die Hoffnung, der dritte die Liebe, und an diesem geschieht die Hochzeit, weil durch sie die Seele mit Gott verbunden wird. Der heilige Angustin sagt: "Was istdie Liebe, als das Leben welches den Liebenden mit dem Geliebten verbindet?"
Dieses Evangelium enthält ebenfalls dreierlei was sich auf den Nächsten bezieht, nämlich in Cana Galilää. Cana heißt Eifer, oder Besitz, Galiläa vergänglich. Im Eifer bemerkt man den Eifer der Lehre, im Besitze die Werke der Barmherzigkeit. Denn das besitzen wir wahrhaft und ohne die Furcht eines Verlustes was wir den Armen geben. Christus sagt (Matth. 6.): "Sammelt euch Schätze für den Himmel, die weder der Rost noch die Motte zerstört noch die Diebe stehlen." In der Vergänglichkeit erkennt man die Geneigtheit zur Verzeihung.
Was sich auf die eigene Person bezieht enthalten die Worte: "Es war die Mutter Jesu daselbst. Maria heißt aber erleuchtet, und Meeresstern oder bitteres Meer. Es wird aber der Mensch erleuchtet, wenn er das Böse verläßt, denn das Verlassen der Laster bewirkt den Eintritt der Tugend, wie der heilige Ambrosius sagt: Der Meeresstern ist das gute Werk, welches erleuchtet, denn der Herr sagt (Matth. 5.): So leuchte euer Licht vor den Menschen, daß sie euere guten Werke sehen und euern Vater preisen, der im Himmel ist." Das bittere Meer ist das Ertragen der Leidenschaften. Wer so diese Hochzeit feiert, wird die ewige feiern wovon die Offenbarung (19.) sagt: "Selig die zum Hochzeitsmahle des Lammes berufen sind." Dazu führe uns Jesus Christus. Amen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen