Sonntag, 29. Dezember 2013

Sonntag in der Oktav von Weihnachten - Predigt des hl. Papstes Leo (Brevier)

Geliebteste, die große Tat die Gott vollbrachte, übersteigt und überragt weit alles, was ein Mensch in Worten aussprechen kann. Ihre Größe ist der Grund, warum es so schwer ist, darüber zu reden; gerade sie ist aber auch die Veranlassung, daß wir nicht schweigen dürfen. Den von Christus Jesus, dem sohne Gottes, gilt nicht nur in Bezug auf seine göttliche Wesenheit, sondern auch auf seine menschliche Natur, was durch den Propheten gesagt wurde: Wer kann sein Geschlecht beschreiben? Keine Rede mag zu erklären, wie diese doppelte Wesenheit in einer Person vereinigt ist; nur der Glaube hält es fest. Daher wird es nie an Stoff zur Lobrede fehlen, weil kein Redner dies Geheimnis ganz ausschöpfen kann. So wollen wir also froh darüber sein, daß wir nicht im Stande sind, dies Geheimnis, das so viel Barmherzigkeit enthält, darzulegen: und da wir die Größe unseres Heiles nicht auszusprechen vermögen, wollen wir uns bewußt sein, daß dieses Unvermögen ein Segen für uns ist. Denn keiner kommt der Erkenntnis der Wahrheit näher als der, welcher weiß, daß, wenn er auch tief in die Geheimnisse eindringt, doch immer noch viele Fragen zu lösen bleiben. Und wer sich einbildet, das, was er gesucht, gefunden zu haben, der hat es in Wirklichkeit nicht gefunden, sondern ist beim Suchen in die Irre gegangen. Damit wir aber durch das Bewusstsein unserer Ohnmacht nicht niedergedrückt werden, kommen uns die Berichte des Evangeliums und der Offenbarung zu Hilfe. Durch sie werden wir derart begeistert und belehrt, daß wir die Geburt des Herrn, da das Wort Fleisch geworden, nicht als etwas Längstvergangenes begehen, sondern gleichsam als etwas eben sich Ereignendes betrachten. Denn was der Engel den Hirten, die zum Schuze ihrer Herden Wache hielten verkündete, das hat auch unser Ohr vernommen; und wir sind ja gerade deshalb die Hirten der Schäflein des Herrn, weil wir die in Gottes Auftrag gesprochenen Worte mit dem Ohr des Herzens festhalten, so als wenn am heutigen Festtag auch uns gesagt würde: Ich verkündige euch eine große Freude, die allem Volke gilt; denn heute ist euch in der stadt Davids der Heiland geboren, Christus der Herr.

(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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