Donnerstag, 21. November 2013

Von dem Sakramente der Ehe - Katechismus vom Hl. Canisius

Von dem Sakramente der Ehe


I. Was Ist die Ehe?

Die Ehe (a) ist eine gesetzliche Verbindung des Mannes und Weibes, so, daß unter diesen Ehegatten ein unzertrennlicher Wandel in diesen Leben geführt werde, von Gott eingesetzt.
Ich sage: eine gesetzliche, so, daß die wechselseitige (b) Einwilligung beyder vorhanden sey, und durchaus keine Grade, wie man sie nennt, (c) der Freundschaft und Blutsverwandtschaft und anderes dergleichen, was die Ehe entweder verhindert oder trennt, dazwischen kommen. Wem du nach dem ersten Urheber dieser ehelichen Verbindung frägst, so ist es Gott, (d) der Beste der Höchste, der die ersten Ehegatten und Eltern des menschlichen Geschlechtes im Paradiese selbst vereiniget, und durch seinen Segen geehrt hat. Wenn du aber auf das Ziel der Einsetzung siehest, so ist es die Fortpflanzung des menschlichen Geschlechtes zu Gottes (e) Ehre, und die freundschaftliche und treue (f) Beywohnung der Ehegatten unter sich, und überdieß die Vermeidung der (g) Hurerey in dieser Schwachheit der verderbten Natur.


II. Wie ist die Ehe ein Sakrament?

In so ferne die (a) Vereinigung, welche zwischen Mann und Weib aufs engste statt hat, em schickllches und heiliges Zeichen ist, von Gott eingesetzt, dadurch Christi des Bräutigams, und der Kirche der Braut heiligste und stärkste Vereinigung bedeutet wird.
Dieses Zeichen dient christlichen Eheleuten, wenn sie die Ehe recht (b) anfangen, die Gnade Gottes zu erlangen. Diese Gnade (c) vervollkommnet die natürliche Liebe bey den Ehegatten, und verstärkt die unauflösliche Einigung, und heiliget sie, daß nicht nur zwey seyen und (d) bleiben in Einem Fleische nach ihrem Berufe, sondern daß sie auch unter sich wechselseitige Treue, Friede, Liebe, und die größte Einhelligkeit allzeit erhalten. Und so wird bey ihnen gewirkt, was der heilige (e) Apostel lehrt,
eine ehrliche Ehe in allem, und unbeflecktes Ehebett.
Daher hat der nämliche heil. Paulus, als er von dem Geheimnisse der ehelichen Verbindung handelte, klar gesagt: (f) Dieses ist ein großes Sakrament! ich sage aber in Christus und in der Kirche. So auch spricht St. Augustin: (g) Nicht nur die Fruchtbarkeit, die in Erzeugung der Kinder besteht, auch nicht nur die Keuschheit, deren Band die Treue ist, sondern auch ein Sakrament der Ehe soll den gläubigen Gatten verliehen werden. Daher sagt der Apostel: (h) Männer, liebet eure Weiber, wie auch Christus geliebet hat seine Kirche. Und wiederum spricht der heilige Augustin: (i) In der Ehe vermag die Heiligkeit des Sakramentes mehr, als die Fruchtbarkeit des Leibes.

III. Kann die Ehe jemals getrennt werden?

Daß die Ehe nicht getrennt werden könne, sondern das Band derselben unauflöslich sey, beweisen jene Worte von dem ersten Menschen: (a) Der Mensch wird seinen Vater und seine Mutter verlasse,n und seinem Weibe anhangen, und es werden zwey seyn in Einem Fleische. Solches hat auch Christus bekräftiget, (b) da er die Worte zu Adam als Gottes Worte wiederholte und auch noch dieses beyfügte: Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen. Und an einem andern Orte lehrt Er: (c) Jeder der seine Frau entläßt und eine andere nimmt, der bricht die Ehe; und welcher eine, die von ihrem Manne geschieden ist nimmt, der bricht die Ehe. Dieses Gesetz Gottes, und diese unverletzliche Ordnung wegen beständiger Dauer des ehelichen Bandes beleuchtet der heil. Paulus weiter, da er spricht: (d) Denjenigen, welche durch die Ehe verbunden sind, gebiethe nicht ich, sondern der Herr, daß das Weib von dem Manne sich nicht scheide; wenn sie sich aber von ihm scheidet; unverehelicht bleibe, oder mit dem Manne sich versöhne. Und der Mann entlasse nicht das Weib. Und nachher fügt er bey: (e) Die Frau ist an das Gesetz gebunden so lange ihr Mann lebt.
Und wenn auch kein (f) Nachkomme zu hoffen ist, und was immer für Nachtheile des Lebens und die beschwerlichsten Falle eintreten, so bestehet doch die einmal eingegangene Ehe, und ist so fest und kräftig geschlossen, besonders wenn sie vollbracht worden ist, daß sie das ganze Leben hindurch unauflöslich bleibt. Daher kann kein Theil von dem andern sich scheiden, es wäre denn etwa, daß, ehe zwischen den Ehegatten fleischliche Beywohnung eingetreten ist, eine klösterliche Lebensweise angenommen würde.
Wo aber einige Ursachen sich ergeben, welcher wegen bisweilen Eheleute getrennt werden, so wird deßwegen das Band nicht aufgelöst, (g) sondern die Gemeinschaft des Bettes und Zusammenwohnens, die vorher gewesen ist, verhindert.
Den Grund dieser Sache setzen wir in Christus selbst, welcher die Kirche, jene einzige und allezeit theuerste Braut, mit höchster ewiger und durchaus (h )unzertrennlicher Einigung sich verbunden und vereiniget hat. Und diese Vereinigung zwischen Mann und Weib macht nicht nur das eheliche Band kräftig und stark, sondern schließt auch alle Vielweiberey, (i) daß nämlich mehrere Weiber mit Einem Manne sich verheirathen, oder ein Weib mehreren Männern gegeben werde, gänzlich aus. Darum hat Christus, damit er die Ehe sowohl gewisser kräftigte, als auch zu jenem reinern und ursprünglichen Zustand wieder brächte, so bedeutend gesagt: (k) Es werden zwey seyn in Einem Fleische. Und wiederum: Es sind jetzt nicht zwey, sondern Ein Fleisch.

IV. Ist die Ehe Allen erlaubt?

Nein, denn die Apostel haben gelehrt, wie (a) der heilige Epiphanius spricht, daß es eine Sünde sey, in die Ehe zu treten, wenn man die Jungfrauschaft beschlossen und durch ein Gelübde bekräftiget hat. Ferner, daß es Sünde und eine große Sünde sey, behauptet (b) auch der heil. Hieronymus, wenn er sagt, daß Jungfrauen, welche nach der Weihung heurathen, nicht nur Ehebrecherinnen seyen, sondern noch viel schändlicher sich beflecken. Und der heilige Augustin (c) spricht: Wenn eine Jungfrau sich verheurathet so sündiget sie nicht; wenn aber eine Nonne sich verheurathet, so ist sie für eine Ehebrecherin Christi zu halten; denn sie hat von dem Orte umgeschaut, wohin sie getreten war.
Der Spruch des Apostels demnach: (d) Es ist besser heurathen, als Brunst leiden, geht, wie der heil. Ambrosius (e) es ausdrücklich sagt, diejenige an, welche nicht verlobt, welche noch nicht beschleyert ist. Die sich aber Gott verlobt und den heiligen Schleyer empfangen hat, ist schon verheurathet, ist schon dem unsterblichen Bräutigame verbunden; und wenn sie nach dem gemeinen Gesetze der Ehe heurathen wollte, so begeht sie einen Ehebruch, sie wird eine Dienerin des Todes. So spricht der heilige Ambrosius.
Daher wurde das Schreiben des Kaisers Jovinian (f) allzeit hochgelobt und von dem Kaiser Justinian ins Gesetzbuch aufgenommen, (g) welches so lautet: Wenn einer so dreist wäre, daß er um der ehelichen Verbindung willen, geweihte Jungfrauen, ich will nicht sagen, rauben, sondern sich nur daran wagen wollte, der soll am Leben bestraft werden.
Eben so verhält es sich mit den Mönchen (h) und denjenigen (i), welche die heiligen Weihungen empfangen haben, und es gilt ganz der gleiche Spruch: denn sie fallen in die Verdammniß, wenn sie der Begierde freyen Zaum lassen, die erste Treue, welche sie Gott und der Kirche gelobt haben, gebrochen, oder, wie der (k) Apostel spricht, zu Nichte gemacht haben -, die nämlich, welche der Ehe freywillig entsagt haben, es sey denn, daß sie ewige Keuschheit zu halten durch ein ausdrückliches Gelübd bekräftiget, oder durch den Empfang der heiligen Weihungen wenigstens still schweigend gutgeheißen und bezeugt haben.
Sie sollen daher das Wort Gottes hören: (m)  Hast du Gott etwas gelobet, so säume nicht es zu vollbringen. Und: (n) Was du gelobet hast, das halte. Und an einem andern Orte: (o) Thuet Gelübde und haltet sie Gott eurem Herrn. Ja auch Christus selbst lehrt: (p) Keiner, der seine Hand an den Pflug legt und wieder umsieht, ist zum Reiche Gottes tauglich.

V. Zwingt also die Kirche Einige zum ehelosen Leben?

Die fromme und vorsichtige Mutter zwingt wahrlich Niemand, und sie legt Niemand das Gesetz des ehelosen Lebens auf; von denjenigen aber, welche dieses Gesetz (wie gesagt) freywillig auf sich genommen haben, fodert sie, (a) daß sie das religiöse Band nicht lösen, noch auch die Uebereinkunft, in welche sie mit Christus und seiner Kirche getreten sind, verletzen oder brechen.
Daher, werden diejenigen mit Recht gedrungen, auf ihren Versprechen zu bleiben, und den evangelischen Rath zu halten, den sie einmal fest angenommen haben, davon St. Paulus spricht: (b) Wer seine Jungfrau verheurathet, der thut wohl (so lange sie nämlich durch ein Gelübd der Keuschheit nicht (c) gebunden ist,) und wer sie nicht verheurathet, derselbe thut noch besser. Und wiederum heißt es: (d) Es ist dem Menschen gut, kein Weib zu berühren.
Deßwegen werden von (e) Christus gelobt und sind in der Kirche allzeit ganz besonders gerühmt worden (f) die Evangelisch Verschnittenen, oder wie (g) Tertullian sie nennt, die freywillig Verschnittenen, welche wegen des Reiche Gottes sich selbst verschnitten haben, daß sie heilig seyen am Leibe (h) und Geiste, und Gott dienen im Fleische ohne Fleisch.
Hier müssen wir uns aber vor doppeltem Irrthume sehr hüten, erstens vor dem derjenigen, welche mit Jovinian die Ehe so erheben, daß sie diesen Stand dem ehelosen Leben oder der Jungfrauschaft entweder gleichsetzen, oder (k) vorziehen, da doch Paulus (l) und alle Väter offenbar widersprechen; zweitens vor dem Irrthume derjenigen, welche den Wahn haben, daß die Enthaltsamkeit und das ehelose Leben von den Christenmenschen kaum gehalten werden könne, und daher behaupten, daß keiner dasselbe leicht auf sich nehmen oder heilig geloben solle. Auch erkennen diese, nicht den Ueberfluß der evangelischen Gnade, die so herrlich und groß durch Christus so viele Jahrhunderte lang verliehen worden ist, und noch täglich verliehen wird denjenigen, welche glauben, (m) bitten, suchen, anklopfen, daß sie das süße Joch des Herrn und den Weg der Keuschheit, der ihnen so bequem als heilsam ist, erfahren.
Unter diesen war auch Paulus, der es öffentlich bekräftiget: (n) Treu ist Gott, der euch nicht versuchen läßt über eure Kräfte, sondern mit der Versuchung auch den glücklichen Ausgang geben wird.
Deßwegen hat St. Augustin (o) dort, wo er die Stelle: Gelobet und haltet es dem Herrn eurem Gotte, erklärt, so geschrieben: Seyd nicht träge zu geloben. Mit euern Kräften zwar werdet ihr es nicht erfüllen. Ihr werdet zu schwach seyn, wenn ihr auf euch vertrauet, wenn ihr aber auf denjenigen vertrauet, welchem ihr gelobet, so gelobet: ihr werdet es sicher halten.
Und der nämliche schreibt an einem anderen Orte: (p) O glückselige Nothwendigkeit, welche zum Bessern antreibt!

VI. Welches ist der kurze Lehrinhalt alles Vorhergehenden?

Was nach vorgenommener Kurze bisher gesagt worden ist, soll endlich dazu dienen, daß die Einfältigen die gewisse katholische Lehre von den sieben Sakramenten der Kirche haben.
Diese sind von zweyerley Art; (a) denn die Einen, nämlich die ersten fünf, befördern vorzüglich eines jeden Christglaubigen Heil; die Andern aber, nämlich die zwey letztern, dienen zur Vermehrung des Volkes Gottes und zur Ausbreitung der Kirche. Beydes wirken sie aber aus göttlicher und uns nothwendiger Einsetzung.
Denn die Taufe (b) gebährt wieder zum geistlichen Leben, welches in Christus ist. Die Firmung (c) giebt dann dem Wiedergebornen Kräfte und Stärke. Das Sakrament des Altars (d) ist dem Wandernden eine Speise, Trank und Wegzehrung. Die Buße (e) ist wider alle Krankheiten der Seele ein stets vorhandenes Heilmittel; sie richtet den gefallenen Menschen auf, und heilt den Verwundeten. Hierauf folgt die letzte Oelung (f), welche den, der von dieser Welt scheidet, im letzten Kampfe mit dem Tode schützt und tröstet. (g) Die Weihung hernach giebt der Kirche die Diener, welche dem Heiligen vorstehen, und alles was oben gesagt worden ist, ordentlich besorgen, ausspenden, erhalten und gebrauchen. Die Ehe endlich pflanzt das Christenvolk fort, und verhütet die Unzucht der Menschen.
Hier ist auch dieser Unterschied zu machen, daß die Taufe, die Firmung und Priesterweihe einmal verliehen, niemals wiederholt werden können. Ferner, die Taufe muß von (k) Allen empfangen werden, das Sakrament des Altars von denjenigen, welche (i) zum Gebrauche der Vernunft gekommen, und die (m) Buße von jenen, welche gefallen sind. Die übrigen aber zu gebrauchen, ist der Willkühr überlassen; doch verachte keines, oder wenn sich die Gelegenheit darbietet, so vernachläßige keines wider Recht und Billigkeit.
Dieß sind nun die Gegenmittel und göttlichen Arzneyen welche jener Samaritan (n), der aller Barmherzigkeit voll ist, eingesetzt und den Vorstehern der Kirche zur Ausspendung anvertrauet hat, zur rechten Heilung nämlich der Kranken, das ist aller Sünder in der Kirche, bis daß sie die wahre und vollkommene Gesundheit, wenn sie anders wollen, erlangen. Diese Heilmittel recht erkennen, heilsam empfangen und treulich auch Andern mittheilen, das ist wahrlich ein Werk nicht menschlicher Kunst, sondern christlicher Weisheit. Da nun von dieser, wie es die Anlage dieses Werkes mit sich gebracht hat, bisher genug gesagt worden ist, so bleibt uns nur noch übrig, daß wir, unter der Leitung Christi, zum andern Theile dieses Buches übergehen, welcher die christliche Gerechtigkeit enthält.

 Jesus Sirach IV, 12. 13.
 Die Weisheit athmet ihren Kindern das Leben ein, und nimmt die auf, welche sie suchen, und sie wird ihnen vorgehen auf dem Wege der Gerechtigkeit, und der sie liebt, liebt das Leben.