Dienstag, 5. November 2013

Predigt vom Hl. Bonifatius - Von der Abschwörung in der Taufe

Fünfzehnte Rede 

Von der Abschwörung in der Taufe 

1. Höret Brüder! und wollet recht eifrig überlegen, was ihr in der Taufe abgeschworen habt. Ihr habt nämlich dem Teufel abgeschworen und allen seinen Werken und allem seinem Gepränge. Was versteht man also unter den Werken des Teufels? Werke des Teufels sind der Stolz, die Abgötterei, der Neid, der Todtschlag, die Verläumdung, die Lüge, der Meineid, der Haß, die Unzucht, der Ehebruch, jede Befleckung, der Diebstahl, das falsche Zeugniß, der Raub, die Freßsucht, die Völlerei, Schandreden, die Zwietracht, der Zorn, die Giftmischerei, die Befragung der Zauberer und Loosdeuter, der Glaube an Hexen und Werwölfe (Fieti lupi, in Wölfe verwandelte Menschen, welche nach dem Aberglauben der Alten großes Unheil verursachen und insbesondere nach jungem Blute lüstern sind; vgl. J. Grimm, Deutsche Mythologie, Bd. II, S. 1048 ff.), die Abtreibung der Leibesfrucht, der Ungehorsam gegen die Obern und die Anwendung der Abwehrmittel

(Phylacteria, Amulette jeder Art ). Diese und andere ähnliche Uebelthaten sind Werke des Teufels, allen diesen habt ihr in der Taufe entsagt, und alle, welche sich derselben schuldig machen, sind, wie der Apostel sagt, des Todes würdig und werden das Reich Gottes nicht erlangen (Gal. 5, 21.). Weil wir aber wegen der Barmherzigkeit Gottes glauben, daß ihr allen oben genannten Sünden im Herzen und in der That entsagen wollt damit ihr Verzeihung zu erlangen verdient, so ermahne ich Euch, geliebteste Brüder! an das zu denken was ihr dem allmächtigen Gotte versprochen habt.
2. Zuerst nämlich habt ihr versprochen, zu glauben an einen allmächtigen Gott in der vollkommenen Dreifaltigkeit, den allmächtigen Gott und seinen Sohn Jesus Christus und an den heiligen Geist.
3. Die Gebote Gottes, welche ihr erfüllen und beobachten sollt, sind folgende. Ihr sollt Gott, welchen ihr bekannt, habt lieben aus ganzem Herzen, aus ganzem Gemüthe und mit aller Kraft, sodann euern Nächsten, wie euch selbst; an allen diesen Geboten hängen das ganze Gesetz und die Propheten (Matth. 22, 37. ff). Seid geduldig, seid barmherzig, gütig, keusch und fleckenlos, lehret euere Söhne und euer Gesinde Gott fürchten; versöhnt die Zwieträchtigen und wer Rechtshändel anhört urtheile gerecht und nehme keine Geschenke, weil Geschenke selbst die Weisen blind machen.
4. Haltet den Tag des Herrn und kommt zur Kirche und zwar um daselbst zu beten und nicht um zu schwatzen. Gebt Almosen nach Kräften, denn wie das Wasser das Feuer löscht, so löscht das Almosen die Sünden. Nehmt wechselseitig die Fremden gastfreundlich auf, besucht die Kranken, leistet den Wittwen und Waisen Beistand, gebt den Kirchen den Zehnten und thut keinem Andern was ihr nicht wollt daß euch widerfahre. (Tob. 4, 16.) Fürchtet allenthalben Gott allein. Ihr Knechte, seid euern Herrn unterthan und ihr Herrn übt Gerechtigkeit gegen euere Knechte. Behaltet das Gebet des Herrn und das Glaubensbekenntniß in euerm Gedächtnisse und überliefert es euern Söhnen und Pathen, für welche ihr in der Taufe Bürgen geworden seid. Haltet gern die Fasten, liebt die Gerechtigkeit, widerstehet dem Teufel und nehmt zu den vorgeschriebenen Zeiten das Abendmal. Diese und ähnliche Werke befahl Gott zu thun und zu beobachten.
5. Glaubt an die Ankunft Christi, an die Auferstehung des Fleisches und an das Gericht über alle Menschen. Hier werden diese geschieden, die gottlosen zum ewigen Feuer, die gerechten aber zum ewigen Leben. Hier ist Leben mit Gott ohne Tod, Licht ohne Finsterniß, Wohlergehen ohne Krankheit, Sättigung ohne Hunger, Glückseligkeit ohne Furcht, Freude ohne Traurigkeit. Hier ist ewige Herrlichkeit, hier werden die Gerechten strahlen wie die Sonne, denn kein Auge hat gesehen, kein Ohr hat gehört und in keines Menschen Herz ist gekommen was Gott denen bereitet hat die ihn lieben (I. Korinth. 2, 9.).
6. Ferner ermahne ich euch, geliebteste Brüder! enthaltet euch, weil die Zeit der Geburt des Herrn herannaht, aller Ueppigkeit und aller Unzucht, aller Unreinigkeit und aller bösen Werke. Verscheucht den Zorn, den Haß und den Neid gleich Gift aus euern Herzen. Beobachtet die Keuschheit auch bei euern eigenen Weibern, schmückt euch mit guten Werken, vertheilt Almosen an die Armen Christi, ladet die Armen oft zu besseren Mahlzeiten ein, haltet mit allen Frieden und versöhnt die Zwieträchtigen. Erfüllt ihr dieß mit dem Beistande Christi getreulich, so könnt ihr in dieser Welt mit Zuversicht zu dem Altare des Herrn herantreten und in der künftigen glücklich zur ewigen Glückseligkeit gelangen. 
(Aus Sämmtliche Schriften des Heiligen Bonifacius des Apostel der Deutschen. Zweiter Band 1859)