Montag, 11. November 2013

Dreiundzwanzigster Sonntag nach Pfingsten - Predigt vom Hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede 

Meister, wir wissen, daß du wahrhaft bist, und den Weg Gottes in Wahrheit lehrest. Matth. 22, 16. (Gewöhnlich auf den vohergehenden Sonntag)

Diese Worte sagen uns von unserm Herrn Jesus Christus dreierlei; zuerst die Würde seines Lehramtes; zweitens den Nutzen seiner Lehre, und drittens die Wahrheit seiner Lehre. "Denn du siehst auf die Person nicht."


In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß er aus vier Gründen die Würde eines Lehrers hat. Zuerst, weil bei ihm allein immer die Wahrheit ist; denn Christus sagt (Joh. 13.): "Ihr nennet mich Herr und Meister und ihr habet Recht; denn ich bin es." Zweitens wegen der Gewalt zu lehren. "Jesus ging am Sabbat in die Synagoge, lehrte sie und sie verwunderten sich über seine Lehre; denn er lehrte sie wie einer der Macht hat und nicht wie die Schriftgelehrten und Pharisäer" (Marc. 1.). Drittens, weil er allein von Allem lehren kann Der Apostel Johannes (1. Joh. 2.) sagt: "Seine Salbung lehrt uns von Allem und es ist wahr und keine Lüge." Denn es gibt keinen Lehrer, der über Alles lehren könnte, als unser Herr Jesus Christus, wie es heißt (Sirach. 1.): "Jede Weisheit ist von Gott dem Herrn, und war mit ihm immer und ist vor aller Zeit." Viertens, weil er allein innerlich belehren kann. "Lasset euch nicht Meister nennen, denn euer Meister ist einer, Christus" (Matth. 23.)

 In Bezug auf den zweiten Punkt ist zu bemerken, daß unser Herr Jesus Christus uns vier sehr nützliche Wege lehrte.Zuerft den Weg der Buße. Christus sagt (Matth. 7.): "Gehet ein durch die enge Pforte; denn die Pforte ist breit und der Weg geräumig, welcher zum Verderben führt, und Viele sind, welche darauf wandeln. Wie enge ist die Pforte und schnal der Weg, welcher zum Leben führt, und Wenige sind die ihn finden." Und das Evangelium sagt (Matth. 4.): "Jesus fing zu predigen an: Thuet Buße; denn das Himmelreich hat sich genaht." Zweitens den Weg der Weisheit. So spricht die Weisheit (4.): "Den Weg der Weisheit will ich dir zeigen und dich auf die Wege der Gerechtigkeit führen. Wenn du sie gehest, werden deine Schritte nicht beengt, und wenn du laufest, wirst du nicht anstoßen; halte die Lehre, laß nicht davon ab, bwahre sie, denn sie ist dein Leben." Drittens den Weg des Gehorsames. "Lehre mich den Weg der Rechtfertigung," spricht der Psalmist (118). Viertens den Weg der gegenseitigen Liebe. Christus sagt (Joh. 13.): "Ich gebe euch ein neues Gebot, daß ihr einander liebet, wie ich euch geliebt habe. Daran wird man erkennen, daß ihr meine Jünger seid, wenn ihr euch untereinander liebet." Der Apostel sagt (1. Cor. 12.): "Und noch einen vorzüglichern Weg will ich euch zeigen. Wenn ich die Sprachen der Menschen und Engel redete, aber die Liebe nicht hätte, so wäre ich wie ein tönendes Erz oder eine klingende Schelle." Von diesen vier Wegen spricht der Prophet Isaias (2.): "Er wird uns seine Wege lehren und wir werden auf seinen Wegen wandeln."

In Bezug auf den dritten Punkt ist zu bemerken, daß in vier Punkten kein Ansehen der Person bei Christus gilt. Zuerst in der Rechtfertigung wie die Aposftelgeschichte (16.) sagt: "Petrus aber öffnete seinen Mund und sprach: In Wahrheit erkenne ich, daß Gott auf das Ansehen der Person nicht sieht, dondern daß ihm in jedem Volke der angenehm ist, welcher Gott fürchtet und Gerechtigkeit wirkt." Zweitens in der Lehre, wie es hier heißt: "Du lehrest den Weg Gottes in Wahrheit." Drittens in Strafen, wie der Apostel (Röm. 2.) sagt: "Bei Gott gilt kein Ansehen der Person." Die da im Gesetze sündigten, werden durch das Gesetz gerichtet werden; denn nicht die Hörer des Gesetzes werden gerechtfertigt werden." Viertens in der Vergeltung, wie der Apostel (Ephes. 6.) sagt. Wohl wissend, daß Jeder das was er immer Gutes gethan hat, vom Herrn empfangen wird, sei er Knecht oder frei, und daß bei Gott kein Ansehen der Personen gilt." 

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)