Dienstag, 8. Oktober 2013

Warum Gott duldet, dass manchmal sonst ausgezeichnete Männer in der Kirche neue Glaubenssätze aufstellen. (hl. Vincenz v. Lerin)

(aus dem Buch MAHNSCHRIFT gegen die Irrlehrer, Commonitorium adversus Haereticos des
hl. Vinzenz von Lerin)

 

15. Warum Gott duldet, dass manchmal sonst ausgezeichnete Männer in der Kirche neue Glaubenssätze aufstellen. 


Aber wird einer sagen: Warum also wird es von Gott so oft zugelassen, dass Personen, die innerhalb der Kirche stehen, den Katholiken Neues verkünden? Eine berechtigte Frage und wert, sorgfältiger und eingehender behandelt zu werden; doch soll ihr nicht nach meinem eigenen Verstande, sondern nach dem Ansehen des göttlichen Gesetzes, nach dem Ausspruche des kirchlichen Lehramtes Genüge geschehen. Hören wir also den heiligen Moses; er selber soll uns lehren, warum es gelehrten Männern und solchen ,welche wegen der Gabe der Wissenschaft von dem Apostel sogar Propheten genannt werden, bisweilen gestattet wird, neue Glaubenssätze vorzubringen, welche das Alte Testament in allegorischer Sprache fremde Götter zu nennen pflegt, deshalb, weil nämlich von den Häretikern deren Meinungen so, wie von den Heiden jene Götter verehrt werden. Es schreibt also der selige Moses im Deuteronomium (V. Mos. 13,1-3): „Wenn aufsteht", sagt er, „in deiner Mitte ein Prophet oder einer, der ein Traumbild gesehen zu haben vorgibt", das heißt, ein in der Kirche aufgestellter Lehrer, von dem seine Schüler oder Zuhörer glauben, dass er zufolge irgend einer Offenbarung lehre. Was weiter? „Und er sagt voraus", heißt es, „ein Zeichen oder Wunder, und es trifft ein, was er gesprochen hat". Es wird in der Tat ein großer, ich weiß nicht, was für ein Lehrer
angedeutet von so großer Wissenschaft, dass seine Anhänger glauben , er wisse nicht bloß das, was menschlich ist, sondern könne auch das, was über den Menschen hinausgeht, vorauswissen, dergleichen, wie
gemeiniglich ihre Schüler prahlen, Valentinus, Donatus, Photinus, Apollinaris und die übrigen dieser Art gewesen. Was hernach? „Und er spräche zu dir, heißt es: Laßt uns gehen und anderen Göttern folgen,
welche du nicht kennst, und ihnen dienen". Wer sind die anderen Götter als Irrtümer, welche du nicht kanntest, das heißt, neue und nicht gehörte? „Und laßt uns ihnen dienen", das heißt, ihnen glauben, ihnen folgen. Was nun am Schlusse? „Höre nicht", heißt es, „auf die Worte jenes Propheten oder Träumers." Und warum, ich bitte dich, wird von Gott nicht verwehrt, dass solches gelehrt werde, was von Gott verwehrt wird anzuhören? „Weil", heißt es, „der Herr, euer Gott, euch versucht, damit offenbar werde, ob ihr ihn liebet, oder nicht, aus ganzem Herzen und aus eurer ganzen Seele." Klarer als das Sonnenlicht ist der Grund dargelegt, warum bisweilen die göttliche Vorsehung duldet, dass einige Lehrer der Kirchen neue Glaubenssätze predigen. „Damit euch versuche", heißt es, „der Herr, euer Gott." Und in der Tat, es ist eine große Versuchung, wenn derjenige, welchen du für einen Propheten, welchen du für einen Prophetenschüler,
welchen du für einen Lehrer und Verteidiger der Wahrheit hältst, an welchem du mit höchster Verehrung und Liebe gehangen, wenn dieser plötzlich insgeheim schädliche Irrtümer einführt, welche du weder sogleich zu bemerken vermagst, da du noch von Vorurteil zu Gunsten des alten Lehrers eingenommen bist, noch leicht zu verdammen für Pflicht hältst, indem du durch die Liebe zum ehemaligen Lehrer daran verhindert wirst.

Lies auch: Was, wenn irgend eine neue Seuche die ganze Kirche zu beflecken sucht? (hl. Vincenz v. Lerin)

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