Montag, 14. Oktober 2013

Die Offenbarung des heiligen Apostels Johannes Capitel 1- 5 (Allioli-Bibel)

aus der Heiligen Schrift aus der Vulgata mit Bezug auf den Grundtext neu übersetzt und mit kurzen Anmerkungen erläutert von Dr. Joseph Franz Allioli mit Approbation des apostolischen Stuhles Achte Auflage der Ausgabe mit zur Seite stehendem lateinischen Urtext der Vulgata. 2. Auflage. München und Landshut. Vogelsche Verlagsbuchhandlung 1854.


Die Offenbarung des heiligen Apostels Johannes


Vorbericht

Die Offenbarung (Apocalypse) ist das einzige Buch des Neuen Testamentes, welches die Weissagung zum fast ausschließlichen Gegenstande hat. Sie handelt von der Weiterentwicklung des messianischen Reiches auf Erden, von dem Siege über seine beyden Feinde, das Judenthum und Heidenthum, und seinem Uebergange ins ewige himmlische Reich nach der Wiederkunft des Henn am Ende der Zeit. Ueber alles dieses belehrt sie nicht in der gewöhnlich prophetischen Sprache, welche die künftigen Begebenheiten geradezu in einfacher Darstellung oft ohne allen Bilderschmuck anzeigt, sondern in einer Reihe von sinnbildlichen Gesichten, die auf eine höchst kunstreiche oder vielmehr wunderbare Weise unter sich zusammenhängen, und ein vollkommenes Bild von den Schicksalen der Kirche Gottes auf Erden von ihren ersten Kämpfen bis zu ihrem vollendeten Siege am Allende geben. Nach dem im Eingangsgesichte angegebenen Gegenstände zerfallt das Buch in zwey Haupttheile (C. 1,19.), in die Nachricht über das, was ist, nämlich über den Zustand der sieben kleinasiatischen Gemeinden, die zugleich als Bild der ganzen Kirche stehen (C, 2. 3); dann in das, was geschehen soll, d. h. in die Weissagung von dem Kampfe und Siege der Kirche über ihre Feinde (C. 4 - 22). In dieser Weissagung wird zuerst der Kampf des christlichen Reiches mit dem Judenthume und sein Sieg darüber vorgestellt. Jerusalem fällt. In einer Reihe von Gesichten werden die Strafgerichte gesinnbildet, welche allmählig über Land, Stadt und Tempel ergehen, bis ihr gänzlicher Untergang verhängt und verkündet wird (C. 4-12). Nach dieser Darstellung des Sieges über das Judenthum schreitet die Weissagung zu dem Triumphe fort, den die Kirche Christi auch über das Heidenthum feiert, welches, gleich nachdem Jerusalem gefallen war, mit verstärkter Wuth und noch größerer Macht das Christenthum zu vernichten suchte. Das Heidenthum mit seinen Mächten und die kleine Schaar der Christen treten sich gegenüber auf den Kampfplatz. Der Himmel entscheidet sich für die heiligen Kämpfer, und in einer Reihe von sinnbildlichen Gesichten wird der Sturz des römischen Reiches, sowie der abgöttischen, mit, Greuel erfüllten Hauptstadt Rom verkündet und verhängt (C. 13 - 19), wornach das Christenthum auf eine lange Zeit (tausend Jahre) zu äußerer Herrschaft in der Welt gelangt (C. 20, 1-6). Nachdem dem Satan diese lange
Zeit hindurch die Macht genommen war, in solcher Weise die Menschen zu verführen, wie er zur Zeit des römischen Heidenthums gethan, wird ihm gegen das Ende der Zeit, noch einmal Macht gelassen, die Welt zu verführen. Da beginnt der Kampf von neuem. Die widerchristlichen Rotten suchen das Christenthum zu vernichten, aber vergebens. Christus erscheint. Der Satan und alle seine Anhänger werden in die Hölle gestürzt, die Todten erstehen, werden gelichtet, und die bisher irdische Kirche löst sich ins himmlische Reich auf (C. 20, 7 — 22, 15), womit das Buch nach kurzer Ermahnung zur Beherzigung der Weissagung schließt (22, 16 — 21). Dieß ist der erhabene Inhalt der Offenbarung. Daß der heilige Apostel Joannes Verfasser davon sey, wird durch sein eigenes Zeugniß bestätigt; denn er nennt sich selbst den Verfasser (C. 1, 1. 4, 9. 22, 8). Anzunehmen, daß ein listiger Betrüger diesen Namen unterschoben habe, wird durch den ganzen Geist des Buches widerlegt, der ein reiner, heilig ernster, apostolischer Geist ist, alles Unreine und Ungöttliche strafend, so. daß der Verfasser selbst dieses Geistes gewesen seyn muß, also kein Betrüger gewesen seyn kann. Für den heiligen Joannes sprechen auch die ältesten Zeugnisse der Väter, Papias, ein Schüler des Apostels, der als Verfasser der Apocalypse den Aeltesten Joannes nennt, und darunter ohne Zweifel den Apostel versteht, welcher sich in seinen Briefen selbst so nannte (2.Joan. 1. und 3 Joan. 1.), ferner Irenäus, Justinus, Origenes. Wenn Einige, selbst noch im vierten Jahrhunderte, über den Namen des Verfassers schwankten, so war man, nachdem einmal die Concilien von Carthago und Rom im vierten und fünften Jahrhunderte die alten Ueberlieferungen gesammelt und geprüft hatten, in der katholischen Kirche ganz einig, daß die Offenbarung eine ächte Schrift des heiligen Joannes und darum von göttlichem Ansehen sey. Die Meinung daß der Ketzer Cerinthus, ein Zeitgenosse des Apostels, das Buch verfaßt habe, hat sich wahrscheinlich nur wegen der darin enthaltenen Weissagung vom tausendjährigen Reiche gebildet. Allein diese Weissagung ist so verschieden von jener, welche Cerinthus über diesen Gegenstand an den Tag gab (s. C. 20 Not. 19), und überhaupt Alles, was die Offenbarung enthält, so im Widerspruche mit dem, dem Cerinthus gelehrt und gethan, daß dieser Irrlehrer unmöglich Verfasser seyn kann. Die Zeit der Abfassung der Apocalypse setzen einige in das Zeitalter Neros, andere in das des Domitian. Gegen die letztere Annahme spricht die Sprache des Buches, die eine ganz andere, härter, ungebildeter als die des Evangeliums Joannis ist, welches in dieser späten Zeit abgefaßt wurde (Einleitung zu dem Evangelium Joannis); vorzüglich aber steht dieser Meinung der ganze erste Theil entgegen, welcher offenbar den Sturz Jerusalems und des Tempels weissagt, also das Bestehen beyder voraussetzt (C. 11,1), und somit auch gegen das Zeitalter Domitians spricht, in welchem Stadt und Tempel schon zerstört waren. Bey weitem räthlicher ist es daher, das Zeitalter Neros anzunehmen, welches noch vor den jüdischen Krieg fällt, und sich schon durch blutige Verfolgungen der Christen ausgezeichnet hat, wie diese im Buche (17, 6) vorausgesetzt werden. So fiele die Abfassung in die letzten Regierungsjahre des Nero, in das Jahr 67 oder 68, oder in die stürmische Zeit gleich nach Neros Tode. Der Ort der Abfassung ist ebenfalls nicht mit Bestimmtheit anzugeben; denn Joannes hatte zwar die Gesichte auf der Insel Patmos (1, 9), ob er aber auch dort oder anderwärts die Gesichte niederschrieb, bleibt unentschieden. Was die Auslegung dieses inhaltschweren Buches betrifft, so ist kaum eines in der heiligen Schrift, welches so verschiedene und zum Theil widersinnige Auslegungen erhalten hat, wie dieses, das letztere aber nicht aus Schuld des Buches, dessen Inhalt im Ganzen klar und großentheils aus sich selber zu erläutern ist, sondern aus Schuld der Ausleger, die allerley abenteuerliche Ideen, in dasselbe hineinzulegen sich bemühten:, und mit der größten Willkührlichkeit herauszudeuten suchten. Der Ausleger, welcher bey dem großen Gedanken — Sieg des Christenthums über Judenthum und Heidenthum, — der überall bestimmt und deutlich genug aus dem Ganzen hervorleuchtet, stehen bleibt, und die darauf sich beziehenden Sinnbilder einfach nach dem Sprachgebrauche des Buches und der Bibel überhaupt deutet, wird sich überzeugen, daß das Buch im Ganzen kein verschlossenes, sondern entsiegeltes Buch, eine Offenbarung sey, wie es der Verfasser selbst genannt und als welches er es von seinen, Lesern aufgefaßt wissen wollte. Für den gläubigen Christen kann übrigens die Lesung und Betrachtung des Buches, wozu der Heiland am Ende selbst ermahnt, eine Quelle großen Trostes und reicher Belehrung seyn; denn er sieht darin das Christenthum zwar eine Zeit lang verfolgt, zuletzt aber herrlich über alle seine Feinde siegen, und lernt auf den daraus ihm entgegentönenden Ruf des Herrn: Siehe, ich komme bald! sich bereit zu halten, um im bräutlichen Gewände ihm entgegengehen und ewig bey ihm vom Baume des Lebens essen und vom Brunnen des Lebens trinken zu können



Inhalt bei Buches. Joannes bestimmt es zunächst den sieben Gemeinden in Kleinasien; denn Jesus Christus, den er in einem Gesichte sieht, befielt ihm, das, was er ihm offenbaren will, diesen Gemeinden mitzutheilen. Beschreibung des Gesichtes. Deutung der Sterne und der Leuchter.


Kommentare und Verweise
1. Offenbarung Jesu Christi, die ihm Gott gegeben hat,(1) ,seinen Dienern kund zu thun, was in Bälde geschehen soll, (2) er hat sie, indem er seinen Engel sandte,(3) seinem Diener Joannes bekannt gemacht, (4) (1)S. Joan.3,35. Note 37
(2) Dieses „in Bälde" muß zwar nicht so verstanden werden, als ob die in diesem Buche geoffenbarten Ereignisse noch zu Lebzeiten des Apostels oder bald, nachdem er schrieb, hätten in Erfüllung gehen müssen; denn in der göttlichen und also auch in der prophetischen Anschauung sind tausend Jahre wie ein Tag (2 Petv. 3, 8); indeß ist dieser Ausdruck doch insofern buchstäblich wahr, als jene Ereignisse sich schon in der nächsten Zukunft zu erfüllen begannen. Sieh über die allmählige Erfüllung der Weissagungen unten 5, 2. Note 3
(3) als sein Werkzeug. Gott wirkt durch die Engel (Hebr. 1, 14. Dan. 10 Not. 24).
(4) Diener Jesu nennen sich die Apostel (Röm. 1,1. 2 Petr. l, 1. Jac. 1,1.. Jud. 1,1)
2. welcher Zeugniß gab vom Worte Gottes, und von Jesu Christo alles bezeugte, was er gesehen. (5) (5) S. Joan. 1, 14: 20, 30.21,24. 1, Joan 1,1.
3. Selig, wer da lieset und höret die Worte dieser Weissagung, und bewahret, was darin geschrieben steht: denn die Zeit ist nahe! (6) (6) denn es wird sich bald erfüllen. S. Not. 2.
4. Joannes den sieben Gemeinden , welche in Asia sind. (7) Gnade euch und Friede (8) von dem, der da ist, und der da war, und der da kommen wird,(9) und von den sieben Geistern, die vor seinem Throne sind,(10) (7) Es sind die sieben Hauptgemeinden in Kleinasien gemeint (C. 2 und 3). Das Buch ist gemäß seines Inhaltes für alle Christen bestimmt, weil aber Joannes mit den genannten Gemeinden in einem besondern Verhältnisse stand, wurde ihm befohlen (V. 11), die erhaltene Offenbarung zunächst ihnen mitzutheilen. Sie stehen als Theil für das Ganze, für die ganze Kirche, die im Ganzen dasselbe Bild darstellt, wie es von diesen Gemeinden gegeben wird.
(8) Siehe. Röm 1,7.
(9) von dem Ewigen, der die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft in der Ewigkeit umschließt. So heißt der sich offenbarende Gott, der Sohn Gottes; denn die Offenbarung geschieht allmählig in der Zeit, und schließt sich mit seiner Wiederkunft zum Gerichte. S. 2 Mos. 3, 14, 15.
(10) und von jenen heiligen Engeln, welchen Gott die größte Macht gegeben hat, zu euerm Heile mitzuwirken, S. Hebr. 1, 14. Sie wirken mit, indem sie Gott um seine Gnade für uns bitten, und mit ihren Einsprechungen uns unterstützen. Ueber die sieben Engel vor Gottes Throne s. Tob. 12, 15.
5. und von Jesu Christo,(11) welcher ist der getreue Zeuge, (12) der Erstgeborne von den Todten, (13) der Fürst der Könige der Erde,(14) der uns geliebt und uns gewaschen hat von unsern Sünden mit seinem Blute, (15) (11) von dem Sohne Gottes, der Mensch geworden, und als Messias erschienen ist.
(12) welcher treu, ganz so wie es ihm der Vater aufgetragen, von der Wahrheit Zeugniß gegeben hat. Joan. 16, 37.
(13) S 1. cor. 15,20. Col. 1,18.
(14) S Ps.2.
(15) S. Rom. 3, 25. Hebr. 1, 3. Durch seinen Versöhnungstod that Jesus für unsere Sünden genug, und verdiente uns die Gnaden, durch die wir uns bekehren und fortan von den Sünden hüten können.
6. und uns zu einem Königreich und zu Priestern Gott und seinem Vater gemacht hat:(16) ihm sey Ehre und Herrschaft von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. (16) In diesen Worten zeigt sich das Verhältnis des Christen zu Gott. Jesus will in uns, als seinem Reiche herrschen, und uns da durch selbst zu Königen machen. Dieß geschieht, wenn wir ihm mit Treue, Gehorsam und Liebe ergeben sind. Er macht uns Gott, seinem Vater, zu Priestern, damit wir ihm ganz geweihet, uns und all das Uebrige, ihm zu opfern allzeit bereit seyen. S. 1. Petr. 2, 9.
7. Siehe, er kommt in den Wolken,(17) und es werden ihn sehen alle Augen, und die ihn durchstochen haben: (18) und es werden seinetwegen wehklagen alle Geschlechter der Erde, (19) Ja, Amen.(20) (17) in lichten Wolken, im Lichtnebel (Matth. 17, 5. 24, 30.)
(18) S Zach. 12,10.
(19) der Gerichte wegen, die er ausübt, s. Matth. 24, 30.
(20) Ja gewiß geschieht es, er kommt, er kommt! Die Wiederkunft des Herrn, der Sieg über alle seine Feinde ist der Gegenstand dieses Buches, darum wird hier schon im Eingange davon Meldung gemacht.
8. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende, (21) spricht Gott der Herr, der da ist, und der da war, und der da kommen wird, der Allmächtige. (21) A (Alpha) ist der Anfang, O (Omega) das Ende; denn Alpha ist bekanntlich der erste, Omega der letzte Buchstabe im griechischen Alphabete. Christus, der Sohn Gottes ist es, durch den Alles geschaffen worden, und er ist auch das Ziel und Ende alles Geschaffenen.
9. Ich Joannes, euer Bruder und Mitgenosse an der Trübsal und an dem Reiche und an der Geduld in Christo Jesu,(22) war auf der Insel, die Patmos genannt wird, (23) um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses Jesu willen.(24) (22) der als Christ Theil nimmt an den Verfolgungen und Leiden, welche die Christen treffen, aber auch an der Herrschaft, die ihnen verheissen ist (V. 6), und deßbalb in Geduld ausharret. In Christo Jesu seyn, heißt Christ seyn. S. Rom. 6, 5.
(23) Patmos, heut zu Tage Palmosa genannt, liegt im ägäischen Meere zwischen der Insel Ikaria und dem Vorgebirge Miletus. Sie ist unfruchtbar und ungesund, ein nackter Fels ohne Waldungen und Felder. Es sollen darauf nur dreyhundert Einwohner seyn.
(24) weil ich das Wort Gottes gepredigt, und von der Wahrheit Zeugniß gegeben habe (Not. 12). S. Einleit. zu dem Evang. Joan. und zu diesem Buche.
10. Ich war im Geiste (25) am Tage des Herrn,(26) und hörte hinter mir eine starke Stimme, wie einer Posaune, (27) (25) Im Geiste entrückt, über den gewöhnlichen Kreis meiner Gedanken und Empfindungen erhoben. Die Entrückung, Entzückung ist ein ausserordentlicher Zustand, worin der Mensch, ohne von den äußern Sinnen Gebrauch machen zu können, nur mit dem innern Sinne die Bilder und Vorstellungen auffaßt und betrachtet, die ihm in der Geisterwelt gezeigt werden.
(26) am ersten Wochentage, Sonntage, der schon frühe statt des Sabbaths dem Gottesdienste gewidmet ward. S. 1 Cor.16, 2.
(27) Mit Posaunen wurden die Israeliten zu ihren Festen zusammengerufen.
11. die sprach: Was du siehst,(28) das schreibe in ein Buch, und sende es den sieben Gemeinden die in Asia sind, nach Ephesus, und Smyrna, und Pergamus, und Thyatira, und Sardis, und Philadelphia und Laodicea. (29) (28) bald sehen und hören wirst.
(29) In Ephesus, der größten und volkreichsten Stadt unter diesen sieben lebte der heil. Joannes noch vor seiner Verbannung als Oberhirt, die andern ringsherum sind gleichsam ein Kreis von Schwestergemeinden, die er liebte und besuchte, für die er als Oberhirt sorgte. — Weil die Wiederkunft de« Herrn und sein Gericht der Gegenstand dieses Buches ist, so wird an diesen Gemeinden gelobt und getadelt ....
12. Und ich wandte mich um, (30) die Stimme zu sehen, die mit mir redete: und da ich mich umwandte, sah ich sieben goldene Leuchter, (31) (30) Es war mir als wandte ich mich um
(31) Sinnbild der sieben Kirchengemeinden. (V. 20) Vergl. Matth. 5,15.
13. und in Mitte der sieben goldenen Leuchter einen, der einem Menschensohne glich, (32) angethan mit einem langen Kleide, und gegürtet um die Brust mit einem goldenen Gürtel, (33) (32) einem Menschen (Dan. 7, 13). Jesus erscheint in der Mitte seiner Glaubigen, und seine Gläubigen sind ein goldener Leuchter, auf dem das Licht weit umher die Welt erleuchtet. Der Leuchter mit dem Lichte deutet auf das Licht der Erkenntniß, das Gold auf die Lauterkeit der Liebe; Licht und Liebe sind das Eine Leben der Gemeinde. Jede christliche Gemeinde, die den schönen Namen nicht umsonst tragt, ist also für die Welt ein Licht und für Christus ein Ort, wo er gegenwärtig ist; die Kirche Christi empfängt ihr Licht von Christus, und theilt es der Welt mit.
(33) angethan mit hoherpriesterlicher Kleidung (2 Mos. 28, 5)
14. sein Haupt und seine Haare waren weiß wie weiße Wolle und wie Schnee, (34) und seine Augen wie Feuerflammen, (35) (34) Weiße Haare sind Zeichen des Alters und der Würde. Jesus ist wahrer Gott vom wahren Gott,'der Ewige vom Ewigen (Ioan. 8, 57. 58).
(35) Dieß schildert den Allwissenden, vor dessen Blick nichts »erborgen ist.
15. und seine Füße glichen einem Messing, wie wenn es im Ofen glühete, (36) und seine Stimme dem Rauschen vieler Wasser: (37) (36) er ist der unerschütterliche, unbeugsame Richter, der im «ollen Glänze der Heiligkeit erscheinen wird (Unt. in, l).
(37) seine Stimme erschüttert, betäubet das staunende Gemüth.
16. und er hatte in seiner Rechten sieben Sterne, (38) und aus seinem Munde ging ein zweischneidiges Schwelt, (39) und sein Angesicht war wie die Sonne, wenn sie leuchtet in ihrer Kraft.(40) (38) die Neben Vorsteher, Bischöfe der G«neinden (V.2«). Die Vorsteher christlicher Gemeinden trägt Christus in seiner rechten Hand; er kann ihrer so wenig vergessen, als ein Mensch seiner rechten Hand. Sie heißen Sterne, weil st> der Gemeinde vorleuchten, und ihr die Richtung geben. Sie sind gleichsam der Scepter, womit er die frommen Christen regiert.
(39) das Richterwort, das Geist, Seele und Leib scheidet. S. darüber Hebr. 4, 12.
(40) Bild seiner alles belebenden, segnenden Kraft.
17. Und als ich ihn gesehen hatte, fiel ich zu seinen Füßen, wie todt: und er legte seine Hand auf mich,(41) und sprach: Fürchte dich nicht, ich bin der Erste und der Letzte, (42) (41) Durch Handauflegung theilte Christus auch sonst göttliche Kraft mit (Matth. in, 13. 15)
(42) V.8.
18. und der Lebendige: ich war todt, und siehe, ich lebe in alle Ewigkeit, und habe die Schlüssel des Todes und der Hölle.(43) (43) Ich habe die Gewalt, vom Tode zu erwecken und von der Hölle zu befreyen. Die Schlüssel sind Sinnbild der Gewalt (Matth. 16, 18). Jesus erweckt vom Tode, indem er von der Sünde und dadurch von der Hölle befreut, auch einst die Leiber aus den Gräbern ruft. Unter Hölle ist überhaupt die Unterwelt verstanden, welche drey Behaltnisse in sich faßt, die Vorhölle, das Fegfeuer und den Ort der Verdammten
19. Schreib nun, was du gesehen hast, und was da ist, und was darnach geschehen soll (44) (44) Schreib die Erscheinung (V. 11 -16), den Zustand der sieben asiatischen Kirchen, wie ich ihn schildern werde (C. 2. 3.), und die an den gegenwärtigen Zustand sich anreihende künftige Ereignisse (C. 5. ff)
20. Das Geheimnis der sieben Sterne, die du in meiner rechten gesehen hast, und die sieben goldenen Leuchter : die sieben Sterne sind die Engel der sieben Gemeinden, (45) und die sieben Leuchter sind die sieben Gemeinden. (45) Das griechische Wort, welches Engel bedeutet, heißt eigentlich Bote, Verkündiger, und ist somit hier einerley mit dem Worte Apostel, welches einen Gesandten bedeutet. Die Engel der Gemeinden sind also die Apostel, d. i. die Bischöfe, die Vorsteher der Gemeinden. S. 1 Tim. 3, 1.



Briefe des Sohnes Gottes an die Gemeinde Ephesus, Smyrna, Pergamus Thyatira.


Kommentare und Verweise
1. Dem Engel (1) der Gemeinde zu Ephesus schreib: Das sagt, der die sieben Sterne in seiner Rechten hält,(2) der in Mitte der sieben goldenen Leuchter wandelt: (3) (1) dem Apostel, Bischof. S. ob. l Not, 45
(2) S. ob. 1,16
(3) Ob. l, l3.
2. Ich weiß deine Werke und deine Mühe und deine Geduld, und daß du die Bösen nicht tragen kannst, (4) und du hast geprüft, die sich Apostel nennen, und nicht sind, (5) und hast sie als Lügner erfunden. (4) keine Gemeinschaft mit ihnen machst, sie zu bessern und zu strafen suchst. Unter den Bösen sind vorzugsweise die Irrlehrer und ihre Anhänger zu versteben. S. 2 Petr. 2, 13 —15.
(5) Einige in deiner Gemeinde gaben sich fälschlich für Apostel aus, du prüftest ihre Lehre, wie denn dieß nicht Sache eines Jeden, sondern der Bischöfe ist, und du entdecktest ihren Betrug.
3. Und du hast Geduld, und hast viel ertragen um meines Namens willen, und bist nicht abgefallenen.
4. Aber ich habe gegen dich, baß du deine erste Liebe verlassen. (6) (6) den ersten Liebeseifer in guten Werken aller Art (V. 5); denn der Christ macht im Guten keine Ausnahme.
5. Bedenke also, aus was du herabgesunken bist, und thu Buße, und thu die ersten Werke: wo nicht, so werde ich dir kommen,(7) und deinen Leuchter von seinem Orte bewegen, wenn du nicht Buße thuft.(8) (7) Im Griech. bald kommen
(8) die Gemeinde, d. i. die heilige dir und deinem Orte nehmen und einem andern geben. Dieß ist natürliche Folge. Ein lauer Bischof macht eine laue Gemeinde; er verliert also bald den Kern seiner Gemeinde, die Heiligen, die Gerechten, und allnmählig wird, wenn keine Umkehr eintritt, das ganze Christenthun an seinem Orte aufhören, und sich anderwärts ansiedeln.
6. Aber das hast du, daß du die Werke der Nicolaiten hassest, welche auch ich hasse (9) (9) Die Secte der Nicolaiten stammt nach einigen Auslegern von jenem Nicolaus, der unter den Diaconen (Apstg. 6, 5) erwähnt wird. Von den Nicolaiten, wenigstens den späteren, ist bekannt, daß sie die schändlichsten Laster trieben und den gemeinsamen Gebrauch der Weiber gestatteten
7. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist (10) den Gemeinden sagt: Wer Überwindet, dem will ich zu essen geben von dem Baume des Lebens, der im Paradiese meines Gottes ist. (11) (10) der göttliche Geist aus mir (Christo)
(11) Der Baum des Leben« im Paradiese, im Himmel ist Jesus Christus; die Frucht dieses Baumes ist der Besitz Gottes, die ewige Glückseligkeit. — Das irdische Paradies mit dem Lebensbaume (l Mos. 2,9. 3, 22) war ein Bild des himmlischen (Luc. 23, 43)
8. Und dem Engel der Gemeinde zu Smyrna schreib: So spricht der Erste und der Letzte, der todt war, und lebet.
9. Ich kenne deine Trübsal, (12) und deine Armuth, aber du bist reich, (13) undd wirst gelästert von denen, die sich Juden, nennen, und nicht sind, sondern eine Synagoge des Satans sind (14) (12) Im Griech.: kenne deine Werke, deine Trübsale.
(13) an Frömmigkeit und Tugend (Matth. 6,20. 1 Cor. 1, 5)
(14) du wirst meines Namens wegen von den Juden gelästert, die nur äußerlich Juden sind, ohne es innerlich, in der That zu seyn (Rom. 2, 28. 29), eine Rotte des Satans genannt zu werden verdienen, daß sie Jesum Christum verleugnen, und in seinen Gläubigen verfolgen. Daß die Juden die Kirche zu Smyrna verfolgten, erhellt aus der Geschichte der Märtyrer.
10. Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst. Siehe, der Teufel wird Einige von euch ins Gefängniß werfen, damit ihr geprüft werdet, (15), und ihr werdet Trübsal haben zehn Tage.(16) Sey getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben! (17) (15) Nach dem Kirchengeschichtschreiber Eusebius entstand bald nach dieser Weissagung eine heftige Verfolgung wider die Christen in Kleinasien; in dieser starb auch der heil. Polycarp, damaliger Bischof von Smyrna des Märtyrtodes
(16) d. i. mehrere Tage. Zehn ist eine runde Zahl, Einige verstehen daruter die zehn Christenverfolgungen unter den römischen Kaisern, Andere die Verfolgung unter dem Kaiser Domitian, die zehn Jahre dauerte. Die erstere Erklärung ist dem Texte und Zusammenhange am angemessensten,
(17) Sieh Matth. 1o, 22. Jac. 1, 12.
11. Wer Ohren hat, der höre was der Geist den Gemeinden sagt: Wer. überwindet, der soll vom zweyten Tode nicht beschädiget werden (18) (18) vom ewigen Tode. S.unten 21, 8
12. Und dem Engel der Gemeinde zu Pergamus schreib: Das sagt, der da hat das scharfe zweischneidige Schwert
13. Ich weiß, wo du wohnest,(19) wo der Thron des Satans ist: (20) aber du hältst meinen Namen, und hast meinen Glauben nicht verleugnet, auch in den Tagen, in, denen Antipas, mein treuer Zeuge, getödtet. wurde bey euch, wo der Satan wohnt.(21) (19) Im Griech. weiß deine Werke und wo du wohnest.
(20) wo ein Hauptsitz der Abgötterei und Gottlosigkeit ist, so daß man sagen kann, daß der Satan daselbst seinen Sitz aufgeschlagen hat. Zu Pergamus war ein Tempel zur Verehrung des Aeskulap.
(21) aber du hast doch treu an Christi Namen und am Bekenntnisse des Glaubens festgehalten, und selbst der Martyrtod des Antipas hat dich nicht erschüttert. — Ueber Antipas ist nichts weiteres bekannt.
14. Aber ich habe gegen dich etwas Weniges, daß, du daselbst Einige hast, welche die Lehre Balaams halten, der den Balac lehrte, ein Aergerniß anzurichten vor den Kindern Israels, (Götzenopfer) zu essen und Hurerey zu treiben (22) (22) S. 4 Mos. 24, 14 Not. 14: 25, 1 ff. 31, 16: 2 Petr. 2, 15.
15. So hast auch du, welche die Lehre der Nicolaiten halten. (23) (23) S. ob. Not. 9.
16. Thu auch du Buße: (24) wo nicht, so komme ich dir schnell, und werde mit Ihnen streiten durch das Schwert meines Mundes.(25) (24) Sey nicht mehr saumselig in Unterdrückung dieser Irrlehre.
(25) durch das Richtschwert meines Wortes die Strafe über sie verhängen. -S. unt. 19, 15. 21. Ob. 1, 16.
17. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt: Wer überwindet, dem will ich von dem verborgenen Manna geben, (26) und will ihm einen weißen Stein geben,(27) und auf den Stein einen neuen Namen geschrieben,(28) den Niemand kennt, als der ihn empfängt (29) (26) von dem geheimnißvollen Himmelbrod, von mir, der ich das Brod des Lebens bin (Joan. 6, 35). Diese Worte enthalten auch eine Anspielung auf die jüdische Ueberlieferung, daß zur Zeit der Verbrennung des Tempels durch Nabuchodonosor die heilige Bundeslade mit dem Mannagefäße sey verborgen worden, zur Zeit des Messias aber werde wieder gefunden werden. Sie ist wiedergefunden worden, aber nicht in irdischer sondern geistiger Weise, so ferne Christus die lebendige Lade, das lebendige Heiligthum ist. S. 2 Mach. 2, 7 Not. 5.
(27) Denen, welche in den öffentlichen Kampfspielen siegten, gab man ein weißes Täfelchen von Stein, welches sie vorzeigen mußten, um ihren Preis zu erhalten. Es ist das Sinnbild der Reinheit und Unschuld, wofür der Christ den ewigen Preis, die Kindschaft Gottes eintauscht.
(28) Kind Gottes, Erbe der Seligkeit.
(29) mit diesem neuen Namen ist eine Seligkeit verknüpft, die Niemand kennt und ermessen kann, als nur wer selbst derselben theilhaftig geworden ist.
18. Und dem Engel der Gemeinde zu Thyatira schreib: Das spricht der Sohn Gottes, der Augen hat wie Feuerflammen, und dessen Füße (glühendem) Messing gleich sind.
19. Ich kenne deine Werke und deinen Glauben und deine Liebe und deinen Dienst und deine Geduld und deine letzteren Werke, die mehr sind als die erstern (30). (30) Der Bischof und die Gemeinde übten das Gute vollkommener, als zuvor.
20. Aber ich habe etwas. Weniges gegen dich, daß du dem Weibe Iezabel, die sich eine Prophetin nennt, gestattest zu lehren und meine Knechte zu verführen, daß sie huren und Götzenopfer essen. (31) (31) unter dem Weibe Iezabel sind wahrscheinlich dieselben Irrlehrer verstanden, welche V. 6. 14. 15 angeführt sind. Sie tragen diesen sinnbildlichen Namen, weil die Königin Iezabel (3 Kön. 16, 31) es war, welche zur Abgötterei der Israeliten einen bleibenden Grund gelegt hat. Mehrere Ausleger verstehen auch ein wirkliches Weib.
21. Ich habe ihr Frist gegeben, daß sie Buße thue, aber sie will sich nicht bekehren von ihrer Hurerei
22. Siehe, ich werfe sie ins Bett, (32) und die mit ihr ehebrechen, (33) in sehr große Trübsal, wenn sie sich nicht bekehren von ihren Werken. (32) auf das Schmerzens-, Leidenslager.
(33) die Verbindung mit Gott brechen, Gott und seinen Geboten ungetreu werden.
23. Und ihre Kinder will ich gewaltsam tödten, (34) und alle Gemeinden sollen erkennen, daß ich es bin, der Herzen und Nieren erforschet, und jedem aus euch will ich nach seinen Werken vergelten. (35) Euch aber sage ich (34) Wie die Nachkommen der Iezobel ausgerottet wurden (4 Kön. 10,1. 10. 14), so sollen auch die Anhänger dieser Irrlehrer eines gewaltsamen Todes sterben.
(35) Alle Gemeinden sollen erkennen, daß der Sohn Gottes ein Allwissender ist, der auch die verborgensten Sünden erkennt (Jer. 17, 10) und ein Gerechter und Allmächtiger, der Jeden so behandelt, wie er es verdient, ohne daß sich Jemand seiner Strafe entziehen kann.
24. und den Uebrigen zu Thyatira: (36) Welche immer diese Lehre nicht haben und die Tiesen des Satans, wie jene sagen, (37) nicht erkannt haben, auf euch will ich keine andere Last legen: (38) (36) dir und den Mitvorstehern und übrigen noch nicht Verführten in der Gemeinde,
(37) die unangesteckt geblieben sind von diesen satanischen Lehren, welche ihre Anhänger für tiefe Geheimnisse ausgeben.
(38) auf euch will ich keine andern Leiden kommen lassen, als die mit dem Bekenntnisse des Christentums an und für sich verbunden sind.
25. doch haltet an dem, was ihr habet, bis ich komme.
26. Und wer überwindet, und hält meine Werke bis ans Ende, dem will ich Macht über die Heiden geben,
27. und er wird sie regieren mit eisernem Scepter und wie Töpfergeschirr sie zerbrechen,
28. wie auch ich es von meinem Vater empfangen habe: (39) und ich will ihm geben den Morgenstern. (40) (39) Alles dieses (V. 16 —28) ist eigentlich Jesu Christo verheißen (Ps. 2, 6), aber in ihm allen seinen wahren Gläubigen, die in ihm nicht nur hienieden schon die Welt, jede heidnische Gesinnung überwinden (1. Ioan. 5, 4), sondern auch einst die Welt, die Gottlosen richten werden (Matth. 19, 28).
(40) ich will mich selbst ihm geben. S. unt. 22, 16.
29. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!



Briefe an die Gemeinden zu Sardis, Philadelphia und Laodicia.


Kommentare und Verweise
1. Und dem Engel der Gemeinde zu Sardis schreib: Das sagt, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne: (1) Ich kenne deine Werke, du hast den Namen, daß du lebest, und bist todt. (2) (1) der Herr über die höchsten Geister (ob. 1, 4) und die Vorsteher der Kirche (ob. l, 20) ist.
(2) Man meint, daß du das vollkommene Leben des festesten Glaubens und der innigsten Liebe habest, aber es fehlt Dir an Wachsamkeit, du selbst lebest nicht vollkommen, und viele deiner Gläubigen haben das Leben der Gnade ganz verloren.
2. Sey wachsam, und stärke das Uebrige, was (sonst) sterben würde: denn ich finde deine Werke nicht vollkommen vor meinem Gott.
3. Darum gedenke, was du empfangen und gehört hast, (3) und bewahr' es und thu Buße. Wenn du aber nicht wachest, so werde ich zu dir kommen wie em Dieb, und du wirst nicht wissen, um welche Stunde ich zu dir kommen werde.(4) (3) gedenke der Lehre, in der du unterrichtet worden, und der Weihe, die du, die Heerde Christi zu weiden, erhalten hast. S. 1 Tim. 4,16
(4) Unvermuthet werden dich meine Strafgerichte überfallen. S. Matth. 24, 43, 1. Theff. 5, 2. Matth. 25, 1 13
4. Aber du hast doch einige wenige Namen zu Sardis, die ihre Kleider nicht besudelt haben; (5) die werden mit mir wandeln in weißen Kleider (6) dmn sie sind es werth. (5) die ihre Seelen nicht durch falsche Lehre und Lasterhaftigkeit befleckt haben.
(6) in großer Herrlichkeit (Matth. ,7, 2)
5. Wer überwindet, wird so mit weißen Kleidern bekleidet werden, und seinen Namen will ich nicht austilgen aus dem Buche des Lebens,(7) und seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln.(8) (7) Luc.10,20. Hebr. 12, 23. Unt. 13, 8, 20, 12: 21,27
(8) Matth. 10, 32.
6. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.
7. Und dem Engel der Gemeinde zu Philadelphia schreib: Das sagt der Heilige und Wahrhaftige, der den Schlüssel Davids hat,(9) der öffnet und niemand schließt, der schließt und niemand öffnet.(10) (9) der die Herrschergewalt im Hause Davids hat. Der Schlüssel ist Sinnbild der Macht (Ob. l, 18). David, der glorreiche König des Reiches Israel, steht statt seines Hauses, seines Reiches, und dieses statt des Reiches Gottes überhaupt, weil das israelitische Reich ein Vorbild der Kirche Gottes war.
(10) Wenn er das Himmelreich aufthut, jemanden in dasselbe aufnimmt, so kann es niemand wehren; wenn er aber von der Gemeinschaft der Seligen ausschließt, jemanden derselben unwürdig erklärt, so kann es auch niemand wehren.
8. Ich weiß deine Werke. Siehe, ich habe vor dir eine Thüre geöffnet, die Niemand schließen kann: (11) denn du hast eine kleine Kraft, und doch mein Wort wahrt, und meinen Namen nie verleugnet. (11) Ich habe dir Gelegenheit, viele zum Christenthume zu bekehren, vorbereitet, die niemand vereiteln kann. Siehe. l Cor. 16, 9.
9. Siehe, ich will dir etliche geben von der Synagoge des Satans, (12) die sich Juden nennen und nicht sind, sondern lügen siehe, ich will machen, daß sie kommen, und dir zu Füßen fallen, und erkennen, daß ich dich liebe. (12) S. ob. 2,9.
10. Weil du das Wort meiner Geduld (13) bewahret hast, wil auch ich dich bewahren vor der Stunde der Versuchung, welch über den ganzen Erdkreis kommen wird, zu versuchen die Bewohne, der Erde.(14) (13) mein Gebot, geduldig zu sein
(14) Weil du so geduldig warst, will ich machen, daß du aus den allgemeinen schweren Prüfungen, die den Erdkreis, das römische Reich treffen werden, unverletzt hervorgehen wirst. Kriege, Bedrückungen waren unter den ausgearteten römischen Kaisern an der Tagesordnung, und dazu kamen noch die heftigsten Verfolgungen gegen die Christen. Christus verspricht nur diesem Bischöfe und seiner Gemeinde, daß jene Drangsale sie entweder gar nicht treffen, oder daß sie doch unversehrt daraus hervorgehen.
11. Siehe, ich komme bald: (15) halte an dem, was du hast, (16) damit Niemand deine Krone empfange. (17) (15) denn das Leben ist kurz.
(16) an der reinen Lehre, und lebe darnach
(17) S. 2 Tim. 4, 8.
12. Wer überwindet, den mache ich zu einem Pfeiler im Tempel meines Gottes, (18) und er wird nicht mehr hinauskommen, und ich will auf ihn schreiben den Namen meines Gottes und den Namen der Stadt meines Gottes, des neuen Jerusalems, die vom Himmel, von meinem Gott herabkömmt, und meinen Namen, den neuen. (19) (18) dem verschaffe ich einen festen Stand im Himmelreiche.
(19) ich will ihn bezeichnen als Kind Gottes, als Bürger des neuen, des himmlischen Jerusalems, als Christ. — Das neue Jerusalem ist die Kirche; sie heißt vom Himmel herabgekommen, weil sie ihrer Natur nach himmlisch ist, himmlische Gnaden hat und zu himmlischen Gütern führt.
13. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt!
14. Und dem Engel der Gemeinde zu Laodicia schreib: Das spricht der Amen, (20) der getreue Zeuge und der Wahrhaftige,(21) welcher ist der Anfang der Geschöpfe Gottes. (22) (20) der Alles Bekräftigende, der Wahrhaftige
(21) S. ob. 1, 5.8.
(22) das Wort, durch welches Alles geschaffen worden (Joan. 1, 3. Col. 1, 16) oder der Urheber der neuen Schöpfung, der Wiedergeburt der Menschen (Gal. 6, 15. Col. 3, 10)
15. Ich weiß deine Werke, daß du weder kalt noch warm bist: o daß du kalt wärest oder warm! (23) (23) Ich weiß, daß du weder schlecht noch gut bist, o daß du doch eines von Beiden wärest! Christus will damit nicht sagen, daß ihm die Schlechten angenehm seyen, sondern daß der Zustand der Schlechtigkeit oft weniger gefährlich, als der der Lauheit sey; indem die offenbar Schlechten leichter zum lebhaften Bewußtseyn ihrer geistigen Armuth geführt werden, während die Lauen in ihrer Selbsttäuschung (V. 17) sich für vollkommen halten, und so gar nicht geheilt werden können.
16. Weil du aber lau bist, und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeyen aus meinem Munde. (24) (24) Wie wir lauwarmes Wasser aus dem Munde speyen, weil es zum Erbrechen reizt, so ist die Lauheit ein Gegenstand des Eckels und des Abscheues vor dem Herrn. Er will entschiedenen Glauben, entschiedene Liebe.
17. Denn du sprichst: Ich bin reich, habe Ueberfluß und bedarf nichts, (25) und weißt nicht, daß du elend und erbärmlich bist, und arm und blind und nakt. (26) (25) Ich habe die christliche Vollkommenheit erlangt, und bedarf keines weitern Fortschreitens.
(26) Du bist in voller Selbsttäuschung, haltst dich für reich an innerer Liebe, und bist arm, für geziert mit guten Thaten, und bist nackt, für hellsehend in der Wahrheit, und bist blind.
18. Ich rathe dir, von mir Gold zu kaufen, das im Feuer geläutert ist, damit du reich werdest, und weiße Kleider, daß du dich bedeckest, und die Schande deiner Blöße nicht offenbar werde; und salbe deine augen mit augensalbe, damit du sehest. (27) (27) Der Arme bedarf heiliger Liebe, dieß ist das im Feuer geläuterte Gold; der Nackte bedarf guter heiliger Thaten, dieß sind die weißen Kleider, das Zeichen des unschuldigen Wandels; der Blinde bedarf höherer Weisheit, diese wird durch die Augenschminke, welche die Sehkraft stärkt, angedeutet.
19. Die ich lieb habe, die strafe und züchtige ich: so sey nun eifrig und thu Buße! (28) (28) Das bisher Gesagte mußte dem Bischöfe sehr schmerzlich seyn; ihm zum Troste fügt nun der Herr hinzu, daß, wenn er auch streng, eben seine Strenge ein Beweis seiner Liebe sey.
20. Siehe, ich stehe vor der Thüre, und klopfe an.(29) So Jemand meine Stimme hört, und die Thüre mir aufthut, zu dem will ich eingehen, und mit ihm Abendmahl halten, und er mit mir. (30) (29) Siehe, ich bin immer bereit, deine Buße anzunehmen, und mahne dich unaufhörlich dazu bald durch den innerlichen Zuspruch meiner Gnade, bald durch Leiden und Widerwärtigkeiten.
(30) Abendmahl halten ist Bild der innigsten Verbindung, so daß der Sinn: mit dem will ich mich auf das innigste verbinden. Das Mahl heißt ein Abendmahl, weil dieses Leben wie ein Abend betrachtet wird, der dem Tage des zukünftigen Lebens vorhergeht.
21. Wer überwindet, dem will ich geben mit mir auf meinem Throne zu sitzen, (31) gleichwie auch ich überwunden, und mit meinem Vater auf seinen Thron mich gesetzt habe.(32) (31) S. 2 Tim. 2,12
(32) gleichwie auch ich als Mensch mein Wert vollbracht, alle Hindernisse überwunden habe, und darum auch meiner Menschheit nach die Herrschaft erlangt habe.
22. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.(33) (33) Wenn wir den Inhalt der Briefe Jesu Christi an die Gemeinden betrachten, so ist unter Andern vorzüglich bemerkenswerth a) wie sehr Jesus Christus alle Gleichgültigkeit in Bezug auf die Lehren des Glauben« verdammt, und uns das Festhalten an den wahren Lehren des Christen« thums einschärft; b) wie sehr sich die Bischöfe beeifern sollen, den falschen Lehren sich zu widersetzen, und ihre Verbreitung zu hindern; e) wie sehr Jesus Christus auf festes, entschiedenes Bekenntniß des Einen wahren Glaubens dringt, und es als unverletzliche Pflicht ausspricht, d) wie sehr er uns zu werkthatiger Liebe ermahnt, die das Böse überwindet und reich an Verdiensten zu werden sucht.



Gott erscheint auf einem Throne. Vier und zwanzig Aelteste und vier lebende Wesen um ihn her. Die lebenden Wesen und die Aelteste» loben


Kommentare und Verweise
1. Nach diesem sah ich, (1) und siehe, eine Thüre ward aufgethan im Himmel, und die erste Stimme, die ich gleich einer Posaune mit mir reden hörte, (2) sprach: Steig herauf, so will ich dir zeigen, was nach diesem geschehen soll! (3) (1) Bisher wurde dem Apostel geoffenbart das, was ist (ob. 1, l»), der damalige Zustand der sieben Gemeinden, damit eine Jede das Mangelnde ersetzen, und sich würdig auf die in Anzug begriffenen Gerichte des Herrn, auf die Wiederkunft des Herrn vorbereiten möchte. Nun beginnt die Enthüllung dieser zukünftigen Gerichte, das, was geschehen soll (ob. I, 19). Da die Zukunft im ewigen Rathschlusse bey Gott verborgen ist, die Enthüllung derselben nur von Gott ausgehen kann, so erscheint er in seiner himmlischen Herrlichkeit, und diese Erscheinung bildet demnach die Einleitung zu den folgenden Offenbarungen der Zukunft
(2) S. ob. i, 10.
(3) Es wurde schon bemerkt, daß dem Joannes Alles nur im Geiste so vorkam. Sein Hinaufsteigen war also kein wirkliches Hinaufsteigen mit dem Leibe.
2. Und alsbald war ich im Geiste, (4) und siehe, ein Thron stand im Himmel, (5) und auf dem Throne saß Einer.(6) (4) Und alsbald sah ich im Zustande der Entrückung (ob.1, 10) Folgendes.
(5) Der Thron ist Bild der unendlichen Herrschaft Gottes.
(6) Da unten (V. 8. 9) dem Lamme dieselbe göttliche Ehre erwiesen wird wie dem Sitzenden auf dem Throne, und das Lamm also in Vereinigung mit dem göttlichen Worte gedacht ist, so ist ohne Zweifel unter dem Sitzenden die göttliche Person des Vaters verstanden. Der heilige Geist ist als beyder Geist unter Beyden mitverstanden. Bey Isai. 6, Ezech. 1 und Dan. 7 kommen ähnliche Erscheinungen Gottes vor, aber ohne Unterscheidung der göttlichen Personen, weil diese erst im Neuen Testamente vollkommen geoffenbart wurde. S. Ezech. 1 Note 45
3. Und der da saß, war wie der Stein Jaspis und Sardis anzusehen,(7) und ein Regenbogen war rings um den Thron, wie Smaragd anzusehen.(8) (7) Der Jaspis ist ein mehrfarbiger, durchsichtiger Edelstein, der Sardis ein Edelsten mit rechlichem Feuerglanz. Jener sinnbildet die Heiligkeit, dieser die Gerechtigkeit Gottes.
(8) Der Regenbogen ist das liebliche Zeichen der göttlichen Gnade (1 Mos. 9, 13 —17. Ezech. 1, 28). Das Grün nimmt sich beym Regenbogen am lieblichsten aus, darum wird ihm vorzüglich diese Farbe zugeschrieben. Sieh da Heiligkeit, Gerechtigkeit und Barmherzigkeit als die Grundeigenschaften des göttlichen Wesens!
4 Und rings um den Thron waren vierundzwanzig Stühle, und auf diesen Stühlen saßen vierundzwanzig Aelteste, angethan mit weißen Kleidern, und auf ihren Häuptern waren goldene Kronen.(9) (9) Da unter dem Namen „Aelteste" Priester verstanden sind (Apstg. 11,30), diese Priester mit Kronen erscheinen, so stellen sie wahrscheinlich die ganze Schaar der Auserwählten vor; denn nach 1Petr. 2, 9. haben die Christen priesterliche und königliche Würde. Die Zahl vierundzwanzig ist entweder gewählt, weil es 24 Vorsteher der Priesterklassen gab ( l Par. 24,4), oder wegen der zwölf Patriarchen des Alten Bundes und der zwölf Apostel des Neuen Bundes (Matth. 19,28), um damit dieHeiligen der beiden Testamente zusammenzufassen. Sie sitzen auf Stühlen zum Zeichen ihrer Herrschaft, und tragen weiße Kleider als Sinnbild der Reinheit und Heiligkeit.
5. Und vom Throne gingen Blitze, und Stimmen und Donner aus:(10) und sieben Lampen brannten vor dem Throne, welche die sieben Geister Gottes sind.(11) (10) Blitz und Donnerstimmen sind Sinnbilder und Anzeichen der majestätischen Nähe Gottes (2 Mos. 19,16.)
(11) die heiligen Engel. Die heilige Zahl Sieben drückt die Menge dieser geistigen Wesen aus. S. ob. l, 4
6. Und vor dem Throne war gleichsam ein gläsernes Meer, ähnlich dem Crystalle:(12) und mitten im Throne und rings um den Thron waren vier lebende Wesen,(13) voller Augen vor- und rückwärts. (14) (12) Weiteres Bild der Gott umgebenden Herrlichkeit. Alles war herrlich, auch der Fußboden, worauf der Thron und die Stühle standen.
(13) Mitten im Throne, nämlich in der Mitte jeder Seite (nicht an den Ecken derselben), und so um den Thron herum, also auf allen vier Seiten befanden sich die lebendigen Wesen. Diese sind keine Andern als die, welche der Prophet Ezechiel (1, 5 ff.) beschrieben hat, und die er Cherubim heißt, Engel des ersten Ranges 'mit den Seraphim (Isa. 6). Daß die Cherubim in der Vierzahl stehen, geschah wahrscheinlich darum, weil die Zahl vier in der alten Zeichenlehre das Sinnbild der Vollkommenheit ist.
(14) Sinnbild ihrer weit und tief sich erstreckenden Einsicht.
7. Und das erste lebende Wesen glich einem Löwen, und das zweyte lebende Wesen glich einem Stiere, und das dritte lebende Wesen hatte ein Angesicht wie ein Mensch, und das vierte lebende Wesen glich einem fliegenden Adler. (15) (15) Die Cherubim sind Engel, welchen der für die Menschen thätige Gott Kraft gegeben hat, sein Reich auf Erden zu gründen und zu befestigen. Da sie auf verschiedene Weise auf Gottes Befehl wirken, so ist ihnen eine verschiedene Gestalt gegeben, und zwar eine vierfache, weil sich der erlösende Gott in seiner Wirksamkeit zum Heile der Menschen vorzüglich auf vierfache Weise als königlicher, sühnender, menschenfreundlicher, göttlicher Herr kund gibt. Um diese Eigenschaften des erlösenden Gottes zu sinnbilden, hat der erste Cherub die Gestalt eines Löwen, des Königs der Thiere, der zweyte die des Stieres, welcher im Alterthume das versöhnende Opferthier war, der dritte das Menschenantlitz als Bild der Menschenfreundlichkeit Gottes, der vierte endlich gleicht einem fliegenden Adler, der im Alterthume der Vogel Gottes heißt, und die Scharfsichtigkeit und Göttlichkeit bezeichnet. Sieh das Weitere über die Cherubim Ezech. l Not. 14.
8. Und Jedes der vier lebenden Wesen hatte sechs Flügel, (16) und ringsherum und inwendig waren sie voll der Augen, und hatten keine Ruhe Tag und Nacht, und riefen: (17) Heilig, Heilig, Heilig ist Gott, der Herr, der Allmächtige, der da war, und der da ist, und der da kommen wird! Isa. 6, 5. (16) Die Flügel sind Bild der Schnelligkeit, wo mit diese Wesen Gottes Unordnungen zum Heile der Menschen vollziehen, und deuten zugleich auf die Schnelligkeit und Bereitwilligkeit Gottes selbst hin, womit er das Heil der Menschen wirkt.
(17) Im Griech.: und haben keine Ruhe und rufen. — Sie sind beständig im Dienste Gottes beschäftigt, und all ihr Thun ist Lob Gottes.
9. Und wenn die vier lebenden Wesen dem, der auf dem Throne sitzt, und in alle Ewigkeit lebt, Herrlichkeit, und Ehre und Dank darbrachten,
10. so fielen die vierundzwanzig Aeltesten nieder vor dem, der auf dem Throne saß, und beteten an den, der da lebt in alle Ewigkeit, und legten ihre Kronen nieder vor dem Throne, (18) und sprachen: (18) im Gefühle, daß sie eigentlich vor ihm nichts sind, daß ihm alle, alle Herrlichkeit gebührt.
11. Würdig bist du, Herr, unser Gott, zu empfangen Preis, und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen, und durch deinen Willen wurden sie, und sind sie geschaffen.



Das Buch mit sieben Siegeln kann nur von dem Lamme eröffnet werden, weßwegen ihm alle Creaturen huldigen.


Kommentare und Verweise
1. Und ich sah in der Rechten dessen, der auf dem Throne saß, ein Buch, überschrieben von innen und außen, versiegelt mit sieben Siegeln. (1) (1) Man darf sich dieses Buch nicht so vorstellen, wie unsere Bücher sind. Es war eine Rolle, etwa von Pergament, worauf die Alten gemeiniglich zu schreiben pflegten. Diese Rollen beschrieb man nur auf der inwendigen Seite, dann rollte man sie zusammen, band sie zu oder versiegelte sie auch, wenn der Inhalt verborgen bleiben sollte. Von der obigen Rolle heißt es, daß sie auch auswendig beschrieben war. Dieß will bedeuten, daß sie überaus inhaltreich sey. Versiegelt mit sieben Siegeln wird sie genannt, um damit die sieben Hauptgegenstände zu bezeichnen, die in sieben Erscheinungen er» öffnet werden sollten. Der Thronende hält das Buch, weil die Zukunft im Rathschlusse Gottes liegt (5 Mos. 32, 34. Dan. 12, 4. 9).
2. Und ich sah einen starken Engel, (2) der mit starker Stimme rief: Wer ist würdig, zu öffnen das Buch und zu lösen seine Siegel? (3) (2) einen der mächtigsten Engel (Ephes. 1, 21)
(3) Wer kann die Geheimnisse der Zukunft enthüllen und verwirklichen? Hier beginnt die Eröffnung der Zukunft. Alles, was von K. 5 bis zum dreyzehnten Kapitel eröffnet wird, bildet eine zusammenhangende Weissagung; denn das Gesicht von den sieben Siegeln läuft durch K. 5 —11 durch, und K. 12 gibt die Schlußscene davon. Was der Gegenstand dieser Weissagung sey, kann für diejenigen, welche die Offenbarung aus sich selber, aus ihrem Teile erklären, und sich von allem Hineinlegen enthalten, keinem Zweifel unterliegen. Es ist der Sturz des Judenthüms, der Sieg des Christenthums über dasselbe, und das göttliche Strafgericht, das diesen Sturz und Sieg herbeyführt. Daß in der ganzen Weissagung das Judenthum gemeint sey, erhellt aus ganz deutlichen Winken. Nicht nur wird das Strafgericht mit Worten bezeichnet, welche Christus von der Zerstörung Jerusalems und den damit verbundenen Drangsalen gebrauchte (K. 6, 13 ff.), die Strafe trifft auch ausdrücklich Juden, so wie die daraus Geretteten zunächst Juden heißen (K. 7). Ferner wird die Einnahme des Tempels und der heil. Stadt durch die Heiden vorhergesagt (K. 11, 1.2). Bey dieser bestimmten Hinweisung auf das die Juden treffende Strafgericht dringt sich aber weiter die Frage auf: ob die verkündeten Strafgerichte nur die nächste Zukunft, die Zerstörung des jüdischen Staates und Tempels betreffen, oder ob sie, wie dieß bey den Weissagungen so häufig, ja gewöhnlich der Fall ist (Isa. 24 Not. 1. Jer. 32 Not. 1. Ezech. 20 Not. 36), auch noch die weitere Zukunft zugleich bezeichnen? — Da auch Christus seine Weissagungen vom Falle Jerusalems mit der Weissagung vom Gerichte in der letzten Zeit verbunden, und beyde Begebenheiten in Ein Bild so zusammengestellt hat, daß dieselben Worte beyde Begebenheiten bezeichnen (s. Matlh. 24), so muß auch hier angenommen werden, daß die von dem Sturze des Judenthums vorkommenden Ausdrücke noch eine weitere Erfüllung in der letzten Zeit erhalten, wenn sie ihre erschöpfende Erklärung nicht in der Geschichte der nächsten Zukunft finden können. Wie dieß bey den einzelnen Theilen der Weissagung der Fall ist, wird die Erklärung an Ort und Stelle zeigen. Was nun aber den Zusammenhang der einzelnen Vorstellungen darin betrifft, so reihen sich diese auf folgende Weise aneinander: Die Zukunft zu eröffnen, ist Jesu Christo vorbehalten (K. 5); Christus eröffnet sie wirklich, und verkündet, daß er über das Judenthum siegen werde (K. 6, 2), daß Krieg (6, 4) Hungersnoth (6, 5) und, Tod (6, 8) über die Juden kommen werden. Die Heiligen, die durch die Juden den Mar tyrtod gelitten haben, bitten, daß dieser Sieg eintreten, und dadurch ihr unschuldig vergossenes Blut um Gotteswillen gerächet werden möchte (6, 9 — 11). Nun wird der Einbruch der schrecklichsten Strafen verkündet und ausgeführt (6, 12 ff.). Damit aber das Strafgericht nicht auch die Auserwählten, die bekehrten Juden treffe, werden diese noch vor dem Einbrüche desselben sichergestellt und von Gott selbst beschützt (K. 7). Nun brechen in Folge des Gebetes der Auserwählten die Strafen herein (8, 2—5). Sechs Engel verkünden und verhängen diese Strafen in stufenweiser Steigerung (8,7. bis K. 9, 21). Der Bundesengel, Jesum vorstellend, verkündet den gänzlichen Untergang des Judentums (K. 10), der Tempel wird unter mancherley Weh den Heiden übergeben (11, 1 —14), worauf der siebente Engel den Sieg des Christentums über das Judenthum verkündet (11, 15—19), der noch in einem Gesichte versinnbildet wird (K. 12). So bildet die ganze Weissagung gleichsam den ersten Theil des großen Schauspiels, den Sieg des Christenthums über das Judenthum, an welchem sich dann im 13. Capitel der zweite Theil, Christi Sieg über das Heidenthum, anschließt
3. Und Niemand, weder im Himmel, noch auf Erden, noch unter der Erde, (4) konnte öffnen das Buch, noch hineinblicken in dasselbe.(5) (4) auch niemand in der Unterwelt, Fegefeuer
(5) Kein Geschöpf konnte die göttlichen Rathschläge enthüllen und verwirklichen , dies konnte nur der Sohn Gottes, der von dem Vater alle Macht erhalten hatte alle Feinde zum Schemel seiner Füsse zu legen.
4. Und ich weinte sehr, weil Niemand würdig befunden wurde, das Buch zu öffnen und in dasselbe hineinzublicken.(6) (6) Joannes fühlte tiefen Schmerz; denn wenn die Zukunft nicht gelöst, verkündet und verwirklicht würde, müßte das Christenthum ohne Sieg, über seine Feinde bleiben.
5. Aber Einer der Aeltesten (7) sprach zu mir: Weine nicht! Siehe, der Löwe vom Stamme Juda, (8) die Wurzel Davids (9) hat überwunden, zu öffnen das Buch und zu lösen seine sieben Siegel. (7) S. ob. 4, 4.
(8) So heißt Jesus, der Messias, weil er vom Stamme Juda abstammet (1 Mos. 49, 9. 10) und siegreich wie ein Löwe alle seine Feinde, Welt, Tod und Hölle besiegte.
(9) der Nachkömmling Davids. S. Matth. 1, 1.
6. Und ich sah, und siehe, in Mitte vor dem Throne und den vier lebenden Wesen (10) und in Mitte vor den Aeltesten stand ein Lamm, (11) wie getödtet, (12) und hatte sieben Hörner (13) und sieben Augen, welche die sieben Geister Gottes sind, ausgesandt in alle Welt.(14) (10) S. ob. 4, 6
(11) d. i. das Lamm befand sich mitten in dem Räume der zwischen dem Throne Gottes und den Aeltesten lag. Das Lamm ist der Sohn Gottes, der unter diesem Sinnbilde erscheint, weil er als Versöhnungsopfer unschuldig und geduldig für uns starb. S. Isa. 53, 7. Apostg. 8, 32.
(12) hatte die Mahlzeichen seiner Leiden, gleichsam seine Siegestrophäen an sich.
(13) Die Hörner sind Sinnbild der Macht (Luc. 1, 69). Die Zahl sieben drückt die Größe aus. Es war ein Lamm von ausserordentlicher Macht.
(14) S. ob. 4, 5
7. Und es kam, und nahm das Buch aus der Rechten dessen, der auf dem Throne saß.
8. Und als es das Buch öffnete, (15) fielen die vier lebenden Wesen und die vierundzwanzig Aeltesten nieder vor dem Lamme, (16) und alle hatten Harfen (17) und goldene Schalen voll Rauchwerks, welches die Gebete der Heiligen sind: (18) (15) es sich anschickte, das Buch zu öffnen, an die Siegel griff (unt. 6, 1). Im Griech. als es das Buch nahm
(16) denn die Lösung, die Verkündung und Verwirklichung der Zukunft, die Führung der göttlichen Sache zum Siege ist die größte göttliche Wohlthat, für die sich Anbethung und Dank geziemt.
(17) Mit Harfenspiel wurde das Lob Gottes verkündet (Ps. 32, 2: 91, 4).
(18) Das Rauchwerk sinnbildet das Gebet, welches diese Aeltesten, diese Heiligen unaufhörlich Gott darbringen.
9. und sie sangen ein neues Lied,(19) und sprachen: (20) Würdig bist du, Herr, zu nehmen das Buch, und zu lösen seine Siegel: denn du bist getödtet worden, und hast uns Gott erkauft mit deinem Blute aus allen Stämmen, und Sprachen, und Völkern, und Nationen, (21) (19) ein Danklied für die Erlösung, welches vor vollbrachter Erlösung nicht gesungen werden konnte.
(20) nach dem Liede.
(21) Du kannst die Zukunft lösen und die Sache Gottes zum Siege bringen; denn du bist der Erlöser.
10. und hast uns unserm Gott zu Königen und zu Priestern gemacht, (22) und wir werden herrschen auf Erden. (23) (22) S. ob. 1, 6.
(23) wir werden in der Person der auf Erden lebenden Christen herrschen, wenn du dem Christenthume den Sieg verschafft haben wirst,
11. Und ich sah und hörte die Stimme vieler Engel rings um den Thron und um die lebenden Wesen und die Aeltesten, und ihre Zahl war tausend mal tausend,
12. und sie sprachen mit starker Stimme: Würdig ist das Lamm, das getödtet worden ist, zu empfangen Macht, und Gottheit, (24) und und Weisheit, und Stärke, und Ehre, und Preis und Lob. (25) (24) Das Griech. hat: Reichthum.
(25) Empfangen hat hier zugleich die Bedeutung von geben. Das Lamm ist würdig, daß man ihm göttliche Ehre erweise.
13. Und alle Creatur, die im Himmel ist und auf Erden und unter der Erde und auf dem Meere und in demselben. Alle hörte ich sagen: Dem, der auf dem Throne sitzt und dem Lamme sey Lob und Ehre und Preis und Macht in alle Ewigkeit!
14. Und die vier lebenden Wesen sprachen: Amen! Und die vier und zwanzig Aeltesten fielen nieder auf ihr Angesicht, (26) und beteten den an, der da lebt in alle Ewigkeit. (26) Im Griech.: fielen nieder und beteten an.

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