Freitag, 27. September 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest des heiligen Johannes - ante portam Latinam

 Auf das Fest des heiligen Johannes - ante portam Latinam

  s408

 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 Petrus wendete sich um und sah jenen Jünger, welchen Jesus lieb hatte. Joh. 21, 20.

 Der heilige Johannes wird in diesem Evangelium uns nach sechs Seiten dargestellt. Zuerst von der Seite der Demuth. Er heißt Jünger. Zweitens von der Seite der Liebe Gottes: "Den er liebte." Drittens von Seiten der Freundschaft mit Gott: "Welcher an seinem Schoose ruhte." Viertens von Seiten der Süßigkeit der Liebe: "So will ich, daß er bleibe," d.h. daß er ohne Marthytod sterbe. Fünften von Seiten der tiefen Weisheit: "Welcher davon Zengniß ablegt." Sechstens von Seiten der Wahrheit des Zeugnisses: "Und wir wissen, daß sein Zeugniß wahr ist."


 Im moralischen Sinne sah er jenen Jünger, den Jesus liebte, der die Lehren, die er selbst gab, liebte. Es lehrt uns aber die Schrift neun Stücke, die wir thun sollen. Zuerst das Böse zu verlassen. Es heißt (Deut. 4.): "Sie sollen den Herrn fürchten lernen." In der Furcht des Herrn aber verläßt man das Böse wie Sirach (1.) sagt. Zweitens fiir das begangene Böse genugzuthun. Es heißt (Isai. 26.): "Erbarmen wir uns des Gottlosen, so lernt er nicht Gerechtigkeit." Der heilige Gregorius sagt: "Der Gerechte muß seine Gerechtigkeit lernen." Drittens das Gute zu erkennen. Es heißt (Deut. 6.): "Lernet sie," nänrlich die Gebote. Viertens sich über das Gute zu freuen. Es heißt (Sprüchw. 5.): "Lernet die Weisheit," d.h. die Erkenntniß mit Geschmack. Fünftens gut zu handeln, wie Isaias (1.) sagt: "Lernet Gutes thun." Sechstens in Allem gut zu wandeln. Es heißt (Sirach. 16.): "Höre mich mein Sohn, und lerne die Zucht des Sinnes." Siebentens in allen Werken die rechte Absicht zu haben, wie die Weisheit (9.) sagt: "Was dir gefällt, sollen die Menschen lernen." Achtens, sich in allem Guten zu demüthigen. Christus (Matth. 11.) sagt: "Lernet von mir, denn ich bin sanftmüthig und demüthig vom Herzen." Neuntens, sich dem Reiche Gottes zu nahen. Christus (Matth. 23.) sagt: "Vom Feigenbaume lernet das Gleichniß."

 Diese neun Stücke sind nothwendig und sie reichen zur Seligkeit hin. Zuerst ist nothwendig, daß Jemand das Böse verlasse, zweitens daß er Buße thue, drittens daß er die Nothwendigkeit des Guten erkenne, viertens daß er am Guten Geschmack finde, fünftens daß er das Gute bekannt mache, sechstens daß er äußerlich anständig wandle, siebentens daß er in Allem eine gute Absicht habe, achtens daß er wegen des Guten nicht stolz sei. Neunteus daß er dafür den Lohn empfange, und nicht denke daß er unbelohnt bleibe. Selig jener Jünger der dieses gelernt hat, wie der Psalmist (93.) sagt: "Selig der Mann den du unterweisest, o Herr, und dem du dein Gesetz lehrest."

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