Sonntag, 8. September 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest des heiligen Laurentius

Auf das Fest des heiligen Laurentius

 (Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)


Er schenkte und gab den Armen; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit. II .Cor. 9,9. 

Diese Worte enthalten fünf Stücke in Bezug auf den heiligen Laurentius. Zuerst seine Klugheit: "Er theilte aus und gab den Armen." Man muß aber den Reichthum austheilen, zuerst weil er, wenn er angehäuft wird, seinen Besitzern zur Pein wird; zweitens, weil er, wenn er angehäuft wird zu Grunde geht; drittens, weil er zum ewigen Verderben führt. Darum sagt Sirach (5.): "Der zur Last seines Herrn gesammelie Reichthum geht in der größten Betrübniß zu Grunde." Denn die Betrübniß ist groß, wenn er zusammengebracht wird; größer, wenn er verlassen, am größten, wenn die Geizigen darum ewig gestraft werden.  Jacobus (5.) sagt: "Wohlan nun, ihr Reichen, weinet und heulet über euer Elend, das über euch kommen wird ."

Reichthum sammeln ist Thorheit, aber ihn austheilen ist aus drei Gründen Klugheit. Zuerst, weil er ausgetheilt ein Same ist, der vervielfältigt aufwächst; zweitens weil
das ewige Leben gewonnen wird. Christus sagt ja  (Matth. 19.): "Jeder der da verläßt sein Haus oder seine Brüder oder Schwestern, oder seinen Vater, oder seine Mutter, oder sein Weib, oder seine Kinder, oder Äcker meines wegen, wird hundertfach empfangen und das ewige Leben besitzen." Drittens, weil man ihn nicht verlieren kann; denn er ist an einem sichern Orte. Christus sagt (Matth. 6.): "Sammelt euch Schätze für den Himmel, die weder der Rost zerstört, noch die Motten verzehren, oder die Diebe ausgraben und stehlen."

 In dem Worte: Er gab, ist die Fülle der Gaben angedeutet. Zum Geben laden aber drei Dinge ein: der Schöpfer, das Geschöpf und die Schrift. Der Schöpfer, weil er den Himmel mit den Gestirnen, die Erde mit den Thieren und Bäumen, den Leib mit den Sinnen, die Seele mit ihren Kräften, den Sohn mit den Leiden, die Welt mit den Elementen, den heiligen Geist mit den Gaben verlieh. Der heilige Angustin sagt: "Es schäme sich der Mensch; geizig zu sein, da er eine solche Freigebigkeit von Seite des Schöpfers erführt." Es ladet das Geschöpf ein, da jedes Geschöpf sich selbst gibt und was es hat. Die Sonne gibt sich selbst, und das ganze Licht, ebenso die Erde. Es ladet auch die Schrift ein, weil sie dafür so Großes verspricht. Christus (Matth. 7.) sagt: "Gebet und es wird euch gegeben werden."

In den Worten: Den Armen ist seine Treue ausgedrückt; denn aus drei Gründen ist es Treue, den Armen zu geben. Zuerst, weil die Güter der Kirche die Güter der Armen sind. Der heilige Hieronymus sagt: "Die Kirchengüter sind dioe Güter der Armen; was du dir außer zum Leben und zum Nothwendigen zurückbehälst, ebenso großen Gottesraub begehst du." Zweitens, weil der Herr dieß befiehlt, "welcher Herr über Alles ist." Drittens, weil man dafür keine Vergeltung erwartet. "Wenn du zur Mahlzeit ladest - sagt Christus (Luc. 14.) - rufe nicht, deine Freunde oder Brüder; noch deine reichen Nachbarn, damit sie es dir nicht vergelten."

Die vierte Eigenschaft ist in den Worten ausgedrückt: "Seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit." Die Gerechtigkeit besteht aber in drei Stücken; zuerst in der Erhaltung des Willens für sich. Zweitens in der Ausnahme der Gerechten. Der heilige Augustin sagt: "Die Gerechtigkeit besteht in der Erbarmung der Elenden." Drittens, indem man Jedem das Seinige gibt, wie Isidor sagt: "Die Gerechtigkeit ist die Tugend, die Jedem sein Recht zutheilt." Hinsichtlich des ersten Stückes erhellt es, daß der heilige Laurentius die Gerechtigkeit bewahrte, indem er durch nichts vom rechten Wege abgebracht werden konnte; hinsichtlich des zweiten, weil er den Schatz der Kirche den Armen gab; hinsichtlich des dritten, weil er den Obern Gehorsam, den Untern Nutzen, und den Gleichen Gleichheit erwies.

Fünftens wird sein Ausharren bemerkt, wenn es heißt: Von Ewigkeit zu Ewigkeit. Seine Ausdauer war aus drei Gründen löblich; zuerst weil sie durch Geißeln erprobt, zweitens durch den Glauben vollendet, und drittens im Feuer geprüft war und darum das ewige Leben verdiente. Christus sagt (Matth. 24.): "Wer aber ausharrt bis zum Ende, der wird selig sein."

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