Montag, 16. September 2013

Catechismus Romanus - Amen

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839

 

Siebzehntes Hauptstück - Vom Schlusse des Gebetes - Amen

 

I. Welches der Gebrauch und Nutzen dieses Wortes sey. 

 

Dieses Wort, wie es ist, nennet der heilige Hieronyrnus im Kommentar zum Matthäus das Siegel des Gebetes des Herrn. Wie wir also vorher die Gläubigen über die Vorbereitung unterrichtet haben, welche man anwenden muss, ehe man zum göttlichen Gebete hintritt; so hielten wir es auch jetzt für schicklich, dass sie die Ursache und die Bedeutung des Schlusses und Endes dieses Gebetes kennen lernen sollen. Denn es ist eben so wichtig, das göttliche Gebet sorgfaltig zu beginnen, als gottesfürchtig zu schliessen. Das gläubige Volk wisse also, dass wir aus dem Schlüsse des Gebetes des Herrn
viele, und noch dazu reichliche Früchte ziehen; aber die reichlichste und freudigste aller Früchte ist die Erlangung dessen, was wir begehret haben; worüber eben hinlänglich geredet wurde. Wir erlangen aber durch diesen letzten Theil des Gebetes nicht nur, dass unsere Bitten erhöret werden, sondern auch so grosse und vortreffliche Dinge, dass man sie gar nicht mit Worten erklären kann.

 

II. Welche Güter den Menschen aus dem Gebete zu fliessen. 

 

Da die Menschen im Gebete mit Gott sprechen, wie der h. Cyprian sagt, so nähert sich auf eine unerklärbare Weise die göttliche Majestät dem Betenden mehr, als den übrigen, und schmückt ihn überdiess mit ausgezeichneten Geschenken; so dass die, welche andächtig zu Gott beten, einigermassen mit denen verglichen werden können, die sich dem Feuer nähern; diese, wenn sie frieren, werden erwärmt, wenn sie warm haben, schwitzen sie; wenn nun jene so vor Gott hintreten, so werden sie nach Massgabe der Andacht und des Glaubens brennender; denn ihre Seele wird entflammt zum Ruhme Gottes, der Geist wird wunderbar erleuchtet, und sie werden mit göttlichen Geschenken ganz überhäufet. In der heiligen Schrift steht geschrieben: Du bist ihm vorgekommen mit Segnungen der Süssigkeit. [Ps. 20,4] Zum Beispiele dienet Allen jener grosse Moses, der, als er von der Zusammenkunft und Unterredung mit Gott wegging, so von einem göttlichen Glanze strahlte, dass die Israeliten seine Augen und sein Angesicht nicht anschauen konnten. Ueberhaupt geniessen die, welche inbrünstig beten, Gottes Güte und Majestät auf wunderbare Weise. Der Prophet sagt: Des Morgens will ich vor dir stehetn, und betrachten; denn du bist kein Gott, der Unrecht liebt. [Ps. 5,5] Je mehr diess die Menschen erkennen, mit desto eifrigerem Dienste und grosserer Liebe verehren sie ihn: desto angenehmer empfinden sie auch, wie süss der Herr ist, und wie wahrhaft glückselig alle seyen, die auf ihn hoffen; und dann, umflossen von jenem hellstrahlenden Lichte, betrachten sie, wie tief ihre Niedrigkeit, wie gross die Majestät Gottes sey. Bekannt ist jene Regel des h. Augustin: Würde ich dich kennen, so würde ich auch mich kennen. Und so geschieht, dass sie ihren Kräften misstrauend, sich ganz der Güte Gottes hingeben, gar nicht zweifelnd, dass er sie mit seiner väterlichen und wunderbaren Liebe umfasse, und ihnen alles reichlich gebe, was zum Leben und zur Seligkeit nothwendig ist: daher danken sie dann Gott, so viel sie im Herzen vermögen, und im Gebete ausdrücken können; was wir vom grossen David lesen der sein Gebet so anfing: Hilf mir von all meinen Verfolgern, und rette mich; [Ps. 7,2] und so endete: Ich will preisen den Herrn nach seiner Gerechtigkeit, und lobsingen dem Namen des Herrn, des Allerhöchsten. [Ps. 7,18]

 

III. Wie es geschehe, dass die Gebete der Heiligen in Furcht beginnen, und in Freuden geschlossen werden. 

 

Es gibt unzählige solche Gebete von Heiligen, deren Anfang voll Furcht und deren Schluss von seliger Hoffnung und Freude erfüllt ist; jedoch wunderbar strahlen hierin die Gebete des David hervor. Denn da er von Furcht erschüttert so zu beten begonnen hatte: Viele stehen auf wider mich. Viele sagen zu meiner Seele: für sie ist kein Heil bei ihrem Gott! [Ps. 3,2.3] fügte er kurz hernach, einmal erstarkt, und von Freude de durchströmt, bei: Ich fürchte nicht Tausende des Volkes, das mich umgibt. [Ps. 3,7] Auch in einem andern Psalme, da er sein Elend beweinte, freut er sich zuletzt, auf Gott vertrauend, unglaublich in der Hoffnung der ewigen Glückseligkeit, und singt: Ich schlafe darüber in Frieden, und ruhig. [Ps. 4,9] Und mit welcher Furcht, mit welchem Beben mag der Prophet gesagt haben: Herr, strafe mich nicht in deinem Grimme, und züchtige mich nicht in deinem Zorne? Und dagegen das Folgende, mit welchem vertrauensvollem und freudigem Herzen? Weichet von mir alle, die ihr Böses thut; denn der Herr hat die Stimme meines Weinens erhöret. [v. 2] Und als er des Saul Wuth und Zorn fürchtete, wie demüthig flehte er da Gottes Beistand an: Gott! in deinem Namen errette mich; und in deiner Kraft schaffe mir Recht! [Ps. 53,3] und doch fügte er im nämlichen Psalme freudig und voll Vertrauen bei: Denn siehe, Gott steht mir bei; und der Herr nimmt auf meine Seele. [Ps. 53,6] Wer sich daher zum heiligen Gebete anschickt, der trete, gerüstet mit Glaube und Hoffnung, vor Gott den Vater hin, und zweifle nicht im Mindesten, dass er das erlangen könne, was ihm nöthig ist.

 

IV. In welchem Sinne das Wort Amen hier am Ende genommen, und bei der Messe dem Priester zum Aussprechen vorbehalten werde. 

 

Wir gross die Kraft und Würde des Wortes, Amen sey. Warum in der Messe besonders dem Priester das Aussprechen dieses Wortes vorbehalten sey.

Es sind aber in diesem letzten Worte des göttlichen Gebetes, Amen, gleichsam viele Samen jener Gedanken und Betrachtungen enthalten, von denen wir geredet haben. Dieses hebräische Wort sprach der Erlöser so oft aus, dass es dem heiligen Geiste gefallen hat, es in der Kirche Gottes beizubehalten; und es liegt darin einigermaßen der Sinn: Hisse, dass dein Gebet erhöret sey; denn es bedeutet die Antwort Gottes, der den, welcher durch Bitten erlangt hat, was er wünscht, in Gnaden entlässt. Diese Meinung billigte die beständige Gewohnheit der Kirche Gottes, die beim Messopfer, wenn das Gebet des Herrn gesprochen wird, nicht den Dienern des Altares, denen zu sagen ist: Sondern erlöse uns von dem Uebel, dieses Wort Amen zutheilte, sondern dasselbe, als für den Priester passend, diesem vorbehielt, der, als die Zwischenperson zwischen Gott und den Menschen, dem Volke antwortet, dass Gott das Gebet erhöret habe.

 

V. Warum bei den andern Gebeten der Diener, in diesem aber der Priester Amen antworte. 

 

Jedoch ist dieser Gebrauch nicht allen Gebeten gemeinsam, da in den übrigen es das Amt der Diener ist, Amen zu antworten; beim Gebete des Herrn aber ist es nicht so. Denn bei den andern Gebeten bedeutet es nur eine Mitempfindung, und das Verlangen; hierin aber liegt die Antwort, dass Gott in die Bitte des Betenden eingewilliget habe.

 

VI. Wie das Wort Amen verschieden ausgelegt werde.

 

Dieses Wort Amen ist von Vielen verschieden ausgelegt worden. Die siebzig Dollmetseher übersetzten es mit es geschehe; andere gaben es mit wahrhaft; Aquila übersetzt getreu; jedoch es liegt wenig daran, ob es so oder anders übersetzt werde; wenn wir nur einsehen, es sey, wie wir sagten, eine Bekräftigung des Priesters, dass das bewilliget sey, um was gebetet wurde; diese Meinung bestätigt der Apostel im Briefe an die Korinther, da er sagt: Alle Verheissungen Gottes sind in ihm Ja: darum sagen wir auch durch ihn Amen zu Gott zu unserm Ruhme. [II. Cor. 1,20]
Dieses Wort ist auch für uns passend, da in demselben eine Bekräftigung jener Bitten liegt, die wir bisher vorgebracht haben; und es macht auch die aufmerksam, welche das heilige Gebet des Herrn verrichten; denn es geschieht oft, dass die Menschen im Gebete, zerstreut von mancherlei Gedanken, anderswohin denken. Ja, wir bitten durch dieses Wort eifrigst, es möge alles geschehen, d. h. gewähret werden, um was wir so eben gebetet haben; oder vielmehr, wir sehen ein, dass wir schon alles erlangt haben, und empfinden die gegenwärtige Kraft der göttlichen Hilfe, und singen mit dem Propheten: Denn siehe! Gott stehet mir bei: und der Herr nimmt auf meine Seele. [Ps. 55,6] Auch hat Niemand Ursache zu zweifeln, dass Gott sowohl durch den Namen seines Sohnes, als auch durch das Wort, das er selbst so oft gebraucht hat, bewogen werde, da er immer, wie der Apostel sagt, ist erhöret worden wegen seiner Ehrerbietigkeit. [Hebr. 5,7]

 

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