Dienstag, 27. August 2013

Catechismus Romanus - Vom Gebete und vorzüglich von der Nothwendigkeit desselben

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839

Vierter Teil - Erstes Hauptstück

Vom Gebete und vorzüglich von der Nothwendigkeit desselben

 

I. Wie man Gott anbeten müsse. 

 

Das Gebet des Herrn ist die vollkommenste unter allen Gebetformeln.

Im Dienste und Amte der Seelsorge ist die Unterweisung des gläubigen Volkes im christlichen Gebete besonders nothwendig, da dessen Kraft und Vortheil vielen unbekannt bleiben muss, wenn sie nicht vom Seelsorger mit frommem und gläubigem Eifer darüber unterrichtet werden. Desswegen muss die Hauptsorgc des Geistlichen darin bestehen, dass die andächtigen Zuhörer einsehen, was und wie man zu Gott beten müsse. Alle Stücke aber des nothwendigen Gebetes enthält jene göttliche Formel, welche Christus der Herr den Aposteln, und durch diese und ihre Nachfolger hernach allen, welche die christliche Religion annahmen, bekannt gemacht hat, und ihre Worte und Ausdrücke sollen wir dem Gemüthe und Gedächtnisse einprägen, dass wir sie immer
in Bereitschaft haben. Um aber den Seelsorgern beim Unterrichte der Gläubigen in dieser Gebet-Weise an die Hand zu gehen, haben wir hier das, was uns tauglich schien, vorgetragen, und es aus denjenigen Schriftstellern entnommen, deren Lehre und Reichthum in dieser Gattung am meisten gepriesen wird; denn das Uebrige können die Seelsorger, wenn es nothwendig seyn sollte, aus denselben Ouellen schöpfen.

 

II. Der Gebrauch des Gebetes ist zum Heile nothwendig. 

 

I. Wir sind durch das Gebot des Herrn zum Gebete verbunden. II. Man muss beten nach dem Beispiele Christi und nach der Vorschrift der Apostel.

I. Zuerst also muss gelehret werden, wie nothwendig das Gebet sey, dessen Gebot nicht blos als ein Rath gegeben wurde, sondern auch die Kraft eines verbindlichen Befehles hat. Diess sprach Christus mit jenen Worten aus: Man muss allezeit beten. [Luc. 18,1] Diese Notwendigkeit des Gebetes zeigt auch selbst die Kirche in jenem Eingange zum Gebete des Herrn: Durch heilsame Verordnungen ermahnet, und durch göttliche Unterweisung belehret, wagen wir zu sprechen.
II. Da also das Gebet den Christen nothwendig ist, und der Herr selbst von seinen Jüngern gebeten worden war: Herr lehre uns beten: [Luc. 11,1.7.] so schrieb ihnen der Sohn Gottes eine Gebetformel vor, und verlieh ihnen die Hoffnung, das, um was sie bitten, zu erlangen. Auch er selbst war ihnen ein Beispiel des Gebetes, das er nicht nur selbst fleissig übte, sondern sogar ganze Nächte darin zubrachte. [Luc. 6,12] Ueber diese Pflicht unterliessen später die Apostel nicht, denen, welche sich dem Glauben an Jesus Christus ergeben hatten, Vorschriften zu geben. Denn der h. Petrus und Johannes [1.Petr. 3,7] [1.Petr. 4,7] [1.Joa. 3,21] [1.Joa. 5,14.16] ermahnen hierüber die Frommen sehr sorgfältig, und der Apostel, seiner Wichtigkeit gedenkend, erinnert die Christen an mehreren Stellen an die heilsame Nothwendigkeit des Gebetes.

 

III.

Auf welche Weise vorzüglich die Menschen zur Erkenntniss der Nothwendigkeit dieser Pflicht gebracht werden können. 

 

Wir bedürfen übrigens so vieler, zum Schutze der Seele und des Leibes, nothwendiger Güter und Vortheile, dass wir zum Gebete, welches am besten unter allen unsere Bedürfnisse ausspricht, und uns das, was wir bedürfen, verschaffet, unsere Zuflucht nehmen müssen. Denn da Gott Niemanden etwas schuldig ist; so bleibt uns nichts übrig, als ihn um das, was uns nöthig ist, zu bitten; und dieses Gebet gab er uns als ein nothwendiges Mittel, um das zu erlangen, was wir wünschen.

 

IV. Wir können unsern Bedürfnissen auf keinem andern Wege abhelfen, als durch das Gebet. 

 

Es ist allgemein bekannt, dass wir manches nur durch Hilfe des Gebetes erlangen können. Denn ein heiliges Gebet hat jene vortreffliche Eigenschaft, dass dadurch besonders die bösen Geister vertrieben werden. [Matth. 17,21] Es gibt eine Gattung böser Geister, die nur durch Fasten und Gebet ausgetrieben werden. Daher bemühen sich jene einer grossen Anzahl vortrefflicher Geschenke, welche die Gewohnheit und Uebung, andächtig und fleissig zu beten, unterlassen. Denn man muss nicht blos recht, sondern auch beständig beten, um das zu erlangen, wornach man sich sehnet. Der h. Hieronymus schreibt: „Jedem, der da bittet, wird gegeben; wenn dir daher nicht gegeben wird, so gibt man dir desswegen nicht, weil du nicht bittest: Bittet, und ihr werdet empfangen. [Matth. 7,7]

 

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