Freitag, 12. Juli 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest der heiligen Katharina (zu Alexandrien)

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 

Auf das Fest der heiligen Katharina.


"Ein weises Weib erbaut sein Haus." Sprüchw 14, 1. 



Diese Worte kann man auf die heilige Katharina anwenden und dabei zwei Punkte hervorheben: zuerst ihre Weisheit; zweitens ihren Nutzen. Jenes ist in dem klugen Weibe, dieses in dem Erbauen des Hauses angedeutet. In Bezug auf den ersten Punkt ist zu bemerken, daß die heilige Katharina durch drei weise Frauen bezeichnet wird, wovon in der Schrift die Rede ist. Die erste ist Abigail von der es heißt (1. Kön. 25.): "Sie war aber ein weises und schönes Weib." Die zweite isi die Thecuitin von der es heißt (II. Kön. 14.): "Er sandte und brachte ein weises Weib." Die dritte ist Debora, von der es heißt (Richt. 5.): "und es rief das weise Weib aus". Das erste Weib war weise in der Sittenlehre; denn auf wunderbare Weise redete sie von den Sitten. Die zweite Frau war weise in der Naturlehre. Sie sprach von der Natur der Dinge. "Alle sterben wir, sagte sie, und zerfließen wie Wasser, wozu wir nicht mehr zurückkehren." Das dritte Weib war weise in der Denklehre, welche das Wahre untersucht.

In dieser dreifachen Wissenschaft war die heilige Katharina unterrichtet. Das erste Weib befreite Nabal durch feine Weisheit, das zweite Absalon, das dritte den Staat. Die heilige Katharina befreite durch ihre Weisheit die Philosophen von der ewigen Verdammniß, indem sie diese zum christlichen Glauben bekehrte; sie befreite die Gläubigen, indem sie diese im Glauben an Chritius befestigte; sie befreite die Kirche von der Beschämung, indem sie den König und die Philosophen bekehrte.

Unter Nabal welcher Thor bedeutet, werden die bezeichnet, deren Weisheit Gott zur Thorheit machte. "Machte nicht Gott die Weisheit dieser Welt thöricht?" spricht der Apostel (1. Cor. 1.). Unter Absalon versteht man die Gläubigen. Denn er ist des Vaters Klage oder Bitterkeit; Christus aber weinte für die Gläubigen,
und ertrug Leiden und Bitterkeit. Der Apostel (II. Petr. 2.) sagt: "Christus hat für uns gelitten." Der Staat aber bedeutet die Kirche. "Jerusalem, das wie eine Stadt gebaut wird" (Ps. 121.).

Sie war also ein weiss Weib; sie stiftete aber auch Nutzen, weil sie das Haus auf dreifache Weise erbaute. Zuerst indem sie die Steine bei den Baue ordnete; zweitens indem sie die geordneten befestigte; drittens indem sie dem Zerstörer widerstand. Das erste erhellt an den Philosophen, die sie zum Baue der Kirche legte; das Zweite an den Gläubigen, die sie mit Wort und Beispiel besärkte; das Dritte an dem Könige, den sie beschämte.

Außer dieser Weisheit hatte sie noch eine fünffache andere Weisheit, welche die Weisheit der Heiligen ist. Die erste Art ist, Gott zu fürchten; die zweite, das Böse zu verlassen. Davon spricht Job (28.): "Sieh, die Furcht des Herrn das ist die Weisheit, und das Böse zu verlaffen die Wissenschaft." Die dritte Weisheit der Heiligen isi das Gute zu thun; die vierte das Böse zu leiden; die fünfte dabei auszuharren. Der heilige Augustin sagt: "Die Weisheit der Heiligen ist, Gutes zu thun und Böses zu ertragen, und dabei auszuharren."