Zweiter Theil - Erstes Hauptstück - Von den Sakramenten im Allgemeinen
I. Auf den Unterricht in den Sakramenten muss der Seelsorger besondere Sorgfalt verwenden.
Wenn schon jeder Theil der christlichen Lehre Kenntniss und Fleiss
verlangt, so erfordert die Lehre von den Sakramenten, die nach göttlichem
Befehle nothwendig und an Nutzen sehr reich ist, eine besondere
Geistesanstrengung und Bemühung des Seelsorgers, damit durch deren genaue und
oftmalige Vernehmung die Gläubigen so beschaffen werden, dass ihnen diese so
vortrefflichen und heiligen Gegenstände würdig und fruchtbringend mitgetheilt
werden können, und die Priester nicht jenem göttlichen Gebote entgegenhandeln,
welches heisst: Reichet das Heilige nicht den Hunden, und
werfet eure Perlen nicht den Schweinen vor. [Matth.
7,6]
II.Was das Wort Sakrament bedeute.
1) Das Wort Sakrament hat mehrere Bedeutungen.
2) Ein Sakrament ist ein sichtbares Zeichen einer verborgenen und gottlichen Wirkung. 3) Der Name Sakrament wurde von den ersten Vätern der Kirche häufig gebraucht.
2) Ein Sakrament ist ein sichtbares Zeichen einer verborgenen und gottlichen Wirkung. 3) Der Name Sakrament wurde von den ersten Vätern der Kirche häufig gebraucht.
I. Weil zuerst von allen Sakramenten im Allgemeinen gehandelt
werden muss, so wollen wir von dem Inhalte und der
Kenntniss des Namens selbst beginnen, und seine mehrfache Bedeutung darlegen,
damit man leichter, begreift, welches hier die eigentliche Bedeutung dieses
Wortes ist. Daher müssen die Gläubigen belehret werden, dass der Name Sakrament,
von welchem hier die Rede ist, von den weltlichen Schriftstellern in einem
andern Sinne genommen worden ist, als von den heiligen. Einige Schriftsteller
wollten unter dem Namen Sakrament jene Verbindlichkeit verstanden wissen, durch
welche die Geschwornen gleichsam durch ein Band der Dienstpflicht gebunden
werden; daher nannte man den Eid, wodurch sich die Soldaten zum treuen Dienste
gegen den Staat verpflichten, ein militärisches Sakrament. In dieser Bedeutung
scheint es von den weltlichen Schriftstellern am öftesten gebraucht worden zu
seyn.
II. Aber bei den lateinischen Vätern, welche über göttliche Dinge
schrieben, bedeutet der Name Sakrament eine heilige Sache, die verborgen ist;
und auch die Griechen bedienten sich zur Bezeichnung einer solchen Sache des
Wortes Geheimniss.
In dieser Bedeutung also müssen wir das Wort Sakrament, nehmen,
wenn es im Briefe an die Epheser heisst: Um uns das
Geheimniss seines Willens bekannt zu machen. [Ephes.
1,9] Dann an Timotheus: Es ist ein grosses Geheimniss
der Liebe. [I. Tim. 3,16] Ferner im Buche der
Weisheit; Sie kannten nicht die Geheimnisse Gottes.
[Sap. 2,22] In diesen und andern Stellen
bemerkt man, dass Sakrament nichts anders bedeute, als eine heilige Sache, die
geheim und verborgen ist. Daher waren die lateinischen Kirchenlehrer der
Meinung, man könne sichtbare Zeichen, welche die Gnade, die sie wirken, zugleich
auch äusserlich anzeigen und gleichsam vor Augen stellen, mit Recht und Fug
Sakramente nennen. Der heilige Gregor glaubt, man könne sie desswegen Sakramente
nennen, weil eine göttliche Kraft unter der Hülle körperlicher Dinge insgeheim
das Heil bewirkt.
III. Doch glaube Niemand, dass diese Benennung, erst neuerlich in
die Kirche eingeführt worden sey; wer den heiligen Hieronymus und Angustin
liest, wird leicht ersehen, dass die alten Schriftsteller unserer Religion zur
Bezeichnung der in Rede stehenden Sache sich sehr oft des Namens Sakrament,
bisweilen aber auch des Ausdruckes Symbol, oder
mystisches Zeichen, oder heiliges Zeichen bedient haben.
So viel von dem Namen Sakrament! Diess Alles bezieht sich auf die
Sakramente des alten Bundes, wovon aber die Seelsorger nichts zu lehren
brauchen, da sie durch das Gesetz und die Gnade des Evangeliums aufgehoben
worden sind.
III. Was bei den katholischen Schriftstellern eigentlich das Wort Sakrament bezeichne.
Von der eigenthümlichen Wirkung und Beschaffenheit der Sakramente. Ein
Sakrament ist eine Sache, wodurch Heil und Gerechtigkeit erlangt wird.
Ausser der Bedeutung des Namens, die bisher erklärt wurde, muss
auch die Wirkung und Beschaffenheit der Sache sorgfältig erforscht, und den
Gläubigen erklärt werden, was ein Sakrament sey. Niemand kann, zweifeln, dass
die Sakramente Dinge der Art seyen, wodurch Heil und Gerechtigkeit erlangt wird.
Obschön aber diese Sache auf verschiedene Weise erklärt werden kann, so gibt es
doch keine deutlichere und fasslichere Beschreibung, als die des heiligen
Augustin, welche später auch alle Kirchenlehrer angenommen haben. Er sagt: Ein
Sakrament ist ein Zeichen einer heiligen Sache; oder um es mit andern Worten,
die das Nämliche bedeuten, zu sagen: „Ein Sakrament ist ein sichtbares Zeichen
der unsichtbaren Gnade, eingesetzt zu unserer Rechtfertigung."
IV. Abtheilung der sichtbaren Dinge, und was unter dem Worte Zeichen zu verstehen sey.
1) Es gibt zweierlei Arten sichtbarer Dinge. 2)Beschaffenheit des
Zeichens.
I. Damit die oben gegebene Definition des Sakramentes deutlicher
werde, sollen die Seelsorger seine einzelnen Theile auslegen, und vor Allem
lehren, das es zwei Arten von Dingen gebe, welche durch die Sinne vernommen
werden können. Einige sind dazu da, um etwas anzuzeigen; andere aber sind da,
nicht um ein anderes Ding anzuzeigen, sondern um ihrer selbst willen, unter
deren Zahl fast alle Dinge, welche in der Natur bestehen, gerechnet werden
können. In die Zahl der erstem Art sind zu setzen die Wörter, Schrift, Fahnen, Bilder, Posaunen und sehr viele andere
solche Dinge. Denn nimmst du den Worten die Kraft ihrer Bedeutung, so ist die
Ursache hinweggenommen, warum Worte erfunden wurden.
II. Diese also nennt man Zeichen im eigentlichen Sinne. Der,
heilige Augustin sagt, das sey ein Zeichen, was ausser der Sache, die es den
Sinnen vorstellt, auch bewirkt, dass wir aus ihr die Kenntniss einer andern
Sache schöpfen, so wie wir aus einer Fussstapfe, die wir der Erde eingedrückt
sehen, leicht erkennen, dass Jemand vorüber gegangen sey, dessen Fussstapfe sich
zeigt.
V. Es wird gezeigt, wie die Sakramente unter eine Art Zeichen gezählt werden können.
1) Warum die Sakramente unter Dinge, die etwas anzeigen, gezählt werden
sollen. 2) Diess wird aus der Schrift bewiesen.
I. Da diess sich so verhält, so erhellet deutlich, dass das
Sakrament zu dieser Art von Dingen, welche eingesetzt worden sind, um etwas
anzuzeigen, gezählt werden muss, da es durch äusserliches Ansehen und eine
gewisse Aehnlichkeit uns erklärt, was Gott in unsern Seelen durch seine Kraft,
welche durch die Sinne nicht vernommen werden kann, bewirkt. Wenn wir z. B. bei
der Taufe unter gewissen feierlichen Worten äusserlich mit Wasser abgewaschen
werden, so zeigt diess an, dass innerlich durch die Wirkung des heililigen
Geistes jede Mackel von Sünde und jeder Flecken des Bösen ausgetilgt, und unsere
Seele mit jenem herrlichen Geschenke der himmlischen Gerechtigkeit bereichert
und ausgeschmückt werde; und es bewirkt diese Abwaschung des Körpers zugleich an
der Seele das, was sie anzeigt, wie nachher an seinem Orte erklärt werden wird.
II. Aber auch aus der Schrift lässt sich deutlich beweisen, dass
das Sakrament unter die Zeichen gerechnet werden, muss. Der Apostel Paulus
schreibt über die Beschneidung, ein Sakrament des alten Bundes, die dem Abraham,
dem Vater aller Gläubigen, befohlen worden ist, an die Römer, wie folgt: Und er empfing das Zeichen der Beschneidung zur Bekräftigung der
Gerechtigkeit des Glaubens. [Rom. 4,11] Und
ferner beweiset die Stelle, worin er behauptet, dass wir
Alle, die in Jesus Christus getauft sind, auf seinen Tod
getauft sind, [Rom. 6,3] dass die Taufe
dieses anzeige, wie der nämliche Apostel sagt, dass wir mit ihm begraben sind
durch die Taufe auf seinen Tod.
Es wird von nicht geringem Nutzen seyn , wenn das gläubige Volk
einsieht, dass die Sakramente unter die Zeichen gehören; denn alsdann wird es
sich leichter überzeugen, dass das, was sie anzeigen, enthalten und wirken,
heilig sey und hocherhaben; und wenn es ihre Heiligkeit erkennt, so wird es mehr
angeeifert werden, Gottes Güte gegen uns hoch zu schützen und zu verehren.
VI. Wie viele Arten von Zeichen es gebe.
Wie man einsehe, dass das Sakrament ein Zeichen einer heiligen Sache
sey, und wie viele Arten von Zeichen es gebe.
Es sollen nun die Worte, einer heiligen Sache, welche der zweite
Theil der obigen Definition sind, erkläret werden. Damit aber diess mit Vortheil
geschehen kann, so muss gründlich untersucht werden, was der heilige Augustin
über die Verschiedenheit der Zeichen scharfsinnig und genau vorgetragen hat.
Einige werden natürliche Zeichen genannt, welche ausser sich selbst
in unserer Seele die Kenntniss einer andern Sache hervorbringen, so wie man aus
dem Anblicke eines Rauches sogleich schliesst, dass ein Feuer da sey. Und dieses
Zeichen heisst desswegen ein natürliches, weil der Rauch nicht nach menschlichem
Uebereinkommen ein Feuer anzeigt, sondern weil die Erfahrung bewirkt, dass
Jeder, wenn er auch nur Rauch sieht, daraus schliesst, dass Feuer da seyn müsse,
wenn es auch noch verborgen ist.
Einige Zeichen aber liegen nicht in der Natur, sondern sind
festgesetzt und von den Menschen erfunden worden, um sich einander mitlheilen,
Andern die Gefühle ihrer Seele ausdrücken, und dagegen die Meinung und die
Urtheile Anderer vernehmen zu können. Wie verschiedenartig und vielfach aber
diese sind, kann man daraus ersehen, dass sich einige auf den Gesichtssinn,
andere auf den Gehörsinn; und die übrigen auf die andern Sinne beziehen. Wenn
wir Jemandem etwas zusagen, und diess z. B. durch Erhebung einer Fahne anzeigen,
so erhellt deutlich, dass sich diese Anzeige nur auf die
Augen beziehe; ebenso bezieht sich der Schall der Trompeten, Flöten oder der der
Zither, welcher nicht bloss zum Vergnügen, sondern vorzüglich um etwas
anzuzeigen, hervorgebracht wird, auf den Gehörsinn: mit welchem Sinne aber
vorzüglich die Worte vernommen werden. welche die bewunderungswürdige Kraft
haben, die innersten Gedanken der Seele auszudrücken. Ausser diesen durch
Uebereinkunft der Menschen festgesetzten Zeichen gibt es noch andere, welche von
Gott angeordnet sind: doch sind sie nicht alle einerlei Art, wie Alle einstimmig
behaupten.
Einige Zeichen sind von Gott bloss desswegen den Menschen gegeben,
um etwas anzudeuten, oder um sie zu ermahnen; dergleichen waren die durch das
alte Gesetz vorgeschriebenen Reinigungen, das ungesäuerte Brod, und viele
andere, die sich auf die Zeremonien des mosaischen Gottesdienstes beziehen.
Andere aber hat Gott eingesetzt, die nicht nur die Kraft haben, etwas
anzudeuten, sondern die auch wirksam sind; und unter diese letztere Art müssen
offenbar die Sakramente des neuen Bundes gezählt werden. Denn sie sind von Gott
angeordnete Zeichen, nicht von Menschen erfunden, und wir glauben fest, dass sie
die Kraft haben, eine heilige Sache, die sie anzeigen, auch zu wirken.
VII. Was bei der Feststellung des Begriffes vom Sakramente unter heiliger Sache zu verstehen sey.
Heilige Sache heisst im eigentlichen Sinne die Gnade Gottes. Conc.
Trident. sess. 7. e. 8.
Wie wir die Zeichen in ihrer Mannigfaltigkeit dargelegt haben,
ebenso ist unter dem Ausdrucke heilige Sache nicht immer dasselbe zu verstehen.
Was aber hier die Feststellung des Begriffes vom Sakramente betrifft, so
verstehen die heiligen Schriftsteller unter heiliger Sache die Gnade Gottes, die
uns heilig macht und uns mit allen göttlichen Tugenden ausschmückt. Sie glaubten
mit Recht, dieser Gnade den Namen heilige Sache beilegen zu müssen, weil durch
ihre wohlthätige Wirkung unsere Seele Gott geweiht und mit ihm vereinigt
wird.
VIII. Ausführlichere Bestimmung des Sakramentes, und wie es siceh von den übrigen heiligen Zeichen unterscheide.
I. Um ausführlicher zu erklären, was ein Sakrament sey, soll
gelehrt werden, dass es eine in die Sinne fallende Sache sey, welche nach
göttlicher Einsetzung die Kraft hat, Heiligkeit und Gerechtigkeit, sowohl
anzuzeigen als auch zu bewirken; und hieraus folgt, dass jedermann leicht
einsehen kaun, die Bilder der Heiligen, die Kreuze und anderes dergleichen
können, obwohl sie Zeichen von heiligen Sachen sind, desswegen doch nicht
Sakramente genannt werden. Die Wahrheit dieser Lehre kann man leicht durch das
Beispiel aller Sakramente beweisen, wenn man das, was wir oben bei der Taufe
vortrugen, indem wir nämlich sagten, jene feierliche Abwaschung des Körpers sey
ein Zeichen, und besitze die Wirkung einer heiligen Sache, die innerlich durch
die Kraft des heiligen Geistes geschehe, auch auf die übrigen Sakramente
anwenden will.
II. Diese gcheimnissvollen Zeichen, welche von Gott angeordnet
sind, haben vorzüglich das Eigene, dass sie nach göttlicher Anordnung nicht blos
eine Sache, sondern mehrere zugleich anzeigen. Diess kann man bei jedem
einzelnen Sakramente erkennen, indem sie nicht allein unsere Heiligkeit und
Gerechtigkeit, sondern insbesondere noch zwei andere, mit der Heiligkeit eng
verbundene Dinge, anzeigen, nämlich das Leiden des Erlösers Christi, welches die
Ursache der Heiligkeit ist, und das ewige Leben, und die himmlische Seligkeit,
auf die sich unsere Heiligkeit, als unsern Endzweck, beziehen muss.
III. Da man dieses bei allen Sakramenten findet, so lehrten die
heiligen Kirchenlehrer mit Recht, dass jedes Sakrament dreierlei anzeige;
nämlich es bringt eine vergangene Sache wieder in Erinnerung, dann zeigt es eine
gegenwärtige an und weist auf sie hin, und driittens sagt es eine zukünftige
vorher. Der Beweis dieser Lehre liegt auch in der heiligen Schrift. Denn wenn
der heilige Paulus sagt: Alle, die wir in Christus getauft
sind, sind auf seinen Tod getauft, [Rom. 6,3]
so zeigt er dadurch deutlich, dass die Taufe desswegen ein Zeichen
genannt werde, weil sie uns an das Leiden und den Tod des Herrn erinnert. Wenn
er daher sagt: denn wir sind mit ihm begraben durch die
Taufe auf seinen Tod, damit auch wir, wie Christus von Todten auferstanden ist
durch die Herrlichkeit des Vaters, in einem erneuerten Leben wandeln; so erhellt
aus diesen Worten, dass die Taufe das Zeichen sey, wodurch die uns eingegossene
himmlische Gnade angezeigt wird; durch welche uns verliehen ist, dass wir ein
neues Leben beginnen, und alle Pflichten einer wahren Frömmigkeit leicht und
willig ausüben. Wenn er endlich hinzufügt: Sind wir also
gleichsam eingepfropft der Aehnlichkeit seines Todes, so werden wir es auch der
Auferstehung seyn; [Rom. 6,5] so liegt klar
vor Augen, dass die Taufe ein nicht undeutliches Bild der ewigen Seligkeit sey,
die wir durch sie erlangen werden.
IV. Aber ausser diesen erwähnten verschiedenen Arten und Weisen der
Andeutung ereignet es sich auch manchmal, dass ein Sakrament nicht blos Eine
gegenwärtige Sache, sondern mehrere, anzeigt und bezeichnet. Diess kann man
leicht erkennen, wenn man das allerheiligste Sakrament des Altars betrachtet,
durch welches die Gegenwart des wahrhaftigen Leibes und Blutes des Herrn, dann
die Gnade, welche diejenigen, die sich den heiligen Geheimnissen mit reinem
Herzen nahen, empfangen, angezeigt wird.
Hierin liegt für die Seelsorger Stoff genug, zu zeigen, welche
Macht der Gottheit, wie viele geheimnissvolle Wunder in den Sakramenten des
neuen Gesetzes enthalten seyen, und allen an's Herz zu legen, dass man sie in
tiefster Ehrfurcht verehren und empfangen müsse.
IX. Warum bei den Christen Sakramente eingesetzt worden mussten.
1) Erstens um der Schwäche des menschlichen Verstandes zu Hülfe zu
kommen. 2) Um die Trägheit im Glauben zu heben. 3) Um ein fertiges und gewisses
Heilmittel zu geben gegen die Krankheiten der Seele, und zur Erlangung der
Seligkeit. 4) Damit sie Symbole des Christenthums und der wahren Religion und
Bande der heiligen Gemeinschaft seyen. 5) Sie sind Zeugnisse unsers Glaubens und
eine bestimmte Darlegung desselben. 6) Sie sollen zum Glauben und zur Liebe
anspornen. 7) Sie sind Werkzeuge, Demuth zu erwecken. 8) Schluss Gesammtinhalt.
1. Nichts ist tauglicher, den rechten Gebrauch der Sakramente zu
lehren, als wenn man die Ursache fleissig erforscht, warum die Sakramente
eingesetzt werden mussten. Dergleichen Ursachen gibt es mehrere. Die erste davon ist die Schwache des menschlichen Verstandes.
Dieser ist so beschaffen, dass wir zur Kenntniss derjenigen Dinge, welche vom
Verstande und der Vernunft begriffen werden, nur durch solche Dinge gelangen
können, die in die Sinne fallen. Damit wir nun das, was durch Gottes verborgene
Kraft bewirkt wird, leichter fassen können, so machte der Schöpfer aller Dinge
sehr weise diese Kraft vermöge seiner Güte gegen uns durch einige in die Sinne
fallende Zeichen, uns bekannt. Hierüber spricht der heilige Chrysostomus
vortrefflieb: Wenn der Mensch körperlos wäre, so wären ihm diese Güter nackt und
ohne Hülle dargeboten worden; weil aber die Seele mit einem Körper verbunden
ist, so war es nothwendig, dass er zur Kenntniss derselben von Dingen
unterstutzt wurde, die in die Sinne fallen.
II. Die zweite Ursache ist, weil unser Gemüth nicht leicht bewogen
wird, das zu glauben, was uns versprochen wird. Daher hat Gott vom Anfange der
Welt an das, was er zu thun beschlossen hatte, zwar meistentheils gewöhnlich nur
mit Worten angekündigt; manch mal aber, wenn er ein Werk vornehmen wollte,
welches durch seine Grösse den Glauben an die Verheissung hätte untergraben
können, verband er mit den Worten auch andere Zeichen, die zuweilen als Wunder
erschienen. Als Gott den Moses zur Befreiung des israelitischen Volkes absandte
[Exod. 3 4], und
dieser selbst auf die Hülfe Gottes, der ihm die Befreiung auftrug, zu wenig
Vertrauen setzte, und befürchtete, es möchte ihm eine zu schwere Last aufgelegt
werden, als dass er sie ertragen könnte, oder das Volk möchte den göttlichen
Aussprüchen und Worten keinen Glauben schenken; so bekräftigte der Herr seine
Verheissung durch verschiedene Wunder. Wie also Gott im alten Testamente die
Wahrheit einer grossen Verheissung mit Zeichen bestätigte; so hat auch Christus
im neuen Gesetze, wenn er uns Verzeihung der Sünden, himmlische Gnade, die
Mittheilung des heiligen Geistes verheissen hat, einige in die Sinne fallende
Zeichen eingesetzt, durch welche er sich gleichsam wie durch Pfänder verbindlich
machte; daher wir nicht mehr zweifeln könnten, dass er das Versprochene treu
halten werde.
III. Die dritte Ursache war, dass sie, wie der heilige Ambrosius
schreibt, als Heilmittel und Arzneien Samariters im
Evangelium bereit seyen, die Gesundheit der Seele entweder wieder herzustellen
oder zu bewahren. Denn die Kraft, welche aus dem Leiden Christi ausströmt, d. h.
die Gnade, die er uns auf dem Altar des Kreuzes verdient hat, muss durch die
Sakramente, wie durch einen Kanal, uns zugeleitet werden; eine andere Retluug
gibt es nicht; daher wollte der mildreiche Herr die durch sein Wort und seine
Verheissung eingesetzten Sakramente in der Kirche zurücklassen, von denen wir
ungezweifelt glauben sollen, dass sie uns der Frucht seines Leidens wirklich
theilhaftig machen, wenn wir nur fromm und gläubig uns dieses Heilmittels
bedienen wollen.
IV. Eine vierte Ursache, warum die Einsetzung der Sakramente als
nothwendig erscheint, ist die, dass sie uns als Merkmale und Symbole dienen, um
die Gläubigen von andern zu unterscheiden, besonders da sich, wie der heilige
Augustin sagt keine Versammlung von Menschen, weder unter dem Namen der wahren,
noch einer falschen Religion, gleichsam in einen Leib vereinigen kann, wenn sie
nicht durch ein Band sichtbarer Zeichen verbunden werden. Beides leisten die
Sakramente des neuen Bundes; sie unterscheiden die Anhänger des christlichen
Glaubens von den Ungläubigen, und verbinden die Gläubigen selbst unter sich
durch ein heiliges Band.
V. Eine andere tief begründete Ursache für die Einsetzung der
Sakramente liegt in den Worten des Apostels: der Glaube des
Herzens macht gerecht; das Bekenntniss des Mundes aber macht selig. [Rom. 10,10] Denn durch die Sakramente bekennen wir unsern
Glauben vor den Menschen , und machen ihn öffentlich bekannt. Desswegen bezeugen
wir durch die- Taufe öffentlich, dass wir glauben, die Kraft des Wassers, mit
dem wir im Sakramente abgewaschen werden, bewirke auch die geistige Reinigung
der Seele.
VI. Ferner besitzen die Sakramente grosse Wirksamkeit, nicht blos
den Glauben in unsern Gemüthern anzuregen und zu üben, sondern auch die Liebe zu
entzünden, mit der wir uns wechselseitig lieben müssen, indem wir durch die
Gemeinschaft der heiligen Mysterien erinnert werden, dass wir durch das engste
Band mit einander verbunden, und Glieder eines Leibes sind.
VII. Endlich, was das Höchste ist beim Streben nach christlicher
Frömmigkeit, sie bezähmen und unterdrücken den Stolz des menschlichen Gemüthes,
und führen uns zur Demuth, indem wir gezwungen werden, uns sinnlichen Elementen
zu unterwerfen, um Gott zu gehorchen, von dem wir früher treulos abgefallen
sind, um den Elementen der Welt zu dienen.
VIII. Diess nun soll hauptsächlich vom Namen, der Beschaffenheit
und der Einsetzung der Sakramente dem gläubigen Volke vorgetragen werden. Haben
die Seelsorger diess genau erklärt, dann muss gelehrt werden, woraus jedes
einzelne Sakrament bestehe, welches seine Theile sind, und überdiess, welche
Gebräuche und Ceremonien mit jedem verbunden werden.
X. Die zxur Vollständigkeit eines jeden Sakramentes nothwendigen Theile.
Jedes Sakrament besteht aus zwei Theilen.
Zuerst muss erklärt werden, dass die sichtbare Sache, von welcher
oben bei der Bestimmung des Begriffes eines Sakramentes die RBede war, nicht
blos Eine sey, obschon man glauben muss, dass dadurch nur ein Zeichen
festgesetzt werde. Jedes Sakrament wird durch zwei Dinge vollendet, von denen
sich das eine auf die Materie bezieht, und Element heisst, das andere aber auf
die Form, und gemeiniglich Wort genannt wird. Allgemein bekannt ist hierüber
jenes Zeugniss des heiligen Augustin: Das Wort verbindet sich mit dem Elemente,
und wird ein Sakrament." Unter der Benennung der sichtbaren Sache also versteht
man sowohl die Materie oder das Element, wie bei der Taufe das Wasser, bei der
Firmung den Chrysam, bei der letzten Oelung das Oel, welche Dinge sichtbar sind;
als auch überdiess die Worte, welche die Form ausmachen, und sich auf den
Gehörsinn beziehen. Beides sprach der Apostel deutlich aus mit den Worten: Christus liebte die Kirche, und gab sich selbst für sie hin, um
sie zu heiligen, indem er sie reinigte im Bade des Wassers durch das Wort des
Lebens. [Ephes. 5,25] In dieser Stelle wird
Materie und Form des Sakramentes deutlich genug ausgesprochen.
XI. Warum mit dem Elemente Worte verbunden werden.
Kraft der Worte in den Sakramenten.
Zur Materie mussten Worte gefügt werden, um die Bedeutung der
Sache, welche vollzogen wurde, in ein helleres Licht zu setzen. Die Worte haben
unter allen Zeichen die grösste Wirksamkeit, und wenn sie fehlen, so wird dunkel
bleiben, was die Materie der Sakramente bezeichnen und darstellen soll. So bei
der Taufe. Da das Wasser eine zweifache Eigenschaft hat, nämlich zu erfrischen
und abzuwaschen, und also das Sinnbild von beiden seyn kann, wenn nicht Worte
damit verbunden werden, die anzeigen, was es bei der Taufe bedeutet, so wird
wohl eine Muthmassung, aber nie eine feste Behauptung darüber aufgestellt werden
können. Verbindet man aber Worte damit, so erkennen wir auf der Stelle, dass es
die Bedeutung und Eigenschaft des Abwaschens habe.
XII.
Vortrefflichkeit der Sakramente des neuen Gesetzes.
Unsere Sakramente übertreffen die des alten Gesetzes vorzüglich
darin, dass bei Ausspendung dieser keine bestimmte Form beobachtet wurde,
wodurch auch geschah, dass sie sehr unbestimmt und dunkel waren; die unsrigen
dagegen haben eine so genau vorgeschriebene Form, dass, wenn von ihr abgewichen
wird, das Sakrament nicht gültig ist; daher treten sie auch in das hellste
Licht, und geben keinem Zweifel Statt. Diese Theile also gehören zur Natur und
Wesenheit der Sakramente, und aus ihnen muss nothwendig jedes Sakrament
bestehen.
XIII. Wirkung und Beschaffenheit der Ceremonien bei den Sakramenten.
1) Alterthum der Ceremonien. Conc. Trid. sess. 7. c. 13. 2) Wirkungen
der Ceremonien.
I. Obwohl die Ceremonien ohne Sünde nicht unterlassen werden
können, wenn nicht die Noth dazu zwingt, so wird doch
durch deren Unterlassung, da sie nicht wesentlich nothwendig sind, die
Vollständigkeit des Sakramentes nicht gefährdet. Doch sah man mit Recht schon
seit den ersten Zeiten der Kirche darauf, dass die Sakramente in Verbindung mit
einigen feierlichen Ceremonien ausgespendet wurden. Denn erstens ist es gewiss
sehr schicklich, mit den heiligen Geheimnissen ehrfurchtsvoll umzugehen, um
darzulegen, dass wir uns mit heiligen Dingen beschäftigen und
II. erklären die Ceremonien deutlicher, und legen gleichsam vor
Augen, was durch die Sakramente bewirkt wird, und prägen die Heiligkeit dieser
Dinge den Gemüthern der Gläubigen tiefer ein. Ferner erheben sie die Seelen
derer, die sie betrachten, und sorgfältig beobachten, zur Kenntniss erhabener
Dinge, und entzünden in ihnen Glaube und Liebe. Daher soll die grösste Sorgfalt
und unermüdeter Fleiss darauf verwendet werden, den Gläubigen die Bedeutung der
Ceremonien, welche bei jedem Sakramente vorkommen, zu erklären und bekannt zu
machen.
XIV. Wie viele Sakramente die katholische Kirche habe.
Es soll nun die Zahl der Sakramente erklärt werden, deren Kenntniss
grossen Nutzen bringt, weil das Volk mit desto höherer Ehrfurcht alle seine
Seelenkräfte zum Lobe und Preise der unendlichen Güte Gottes gegen uns anwendet,
je mehrere göttliche Hilfsmittel zu unserer Bettung und Seligkeit es kennen
lernt. Wie uns die Schrift beweisst, und die Väter überliefert haben, und das
Ansehen der Kirchenversammlungen bestätigt, ist die Zahl der Sakramente der
katholischen Kirche auf sieben festgesetzt.
XV. Warum es weder mehr, noch weniger Sacramente gebe.
1) Die Natur selbst lehrt, dass es sieben Sakramente geben müsse. 2)
Sieben Sakramente bedarf das menschliche Geschlecht, um das Leben gottselig
zuzubringen. Conc. Constant. sess. 15. florent. in decreto dato Armenis.
Trident. sess. 7.
I. Warum es weder mehr noch weniger als sieben Sakramente gebe,
lässt sich mit Wahrscheinlichkeit
durch jene Dinge beweisen, welche sich durch ihre Aehnlichkeit vom
natürlichen Leben auf das geistige beziehen.
II. Dem Menschen sind zum Leben zur Erhaltung des9 Lebens und zur
Anwendung desselben zu seinem und des Staates Nutzen diese sieben Dinge
nothwendig; nämlich, er muss geboren werden, wachsen, genährt werden; wenn er
krank wird, muss er geheilt werden; die Schwäche seiner Kräfte muss gehoben
werden; dann, was den Staat betrifft, dürfen nie Obrigkeiten fehlen, durch deren
Ansehen und Leitung er regiert wird; und endlich muss er sich selbst und das
Menschengeschlecht durch rechtmässige Fortpflanzung der Kinder erhalten. Da nun
Alles diess jenem Leben, mit dem die Seele für Gott lebt, deutlich entspricht,
so kann man hieraus leicht die Zahl der Sakramente entnehmen.
Das erste ist die Taufe, gleichsam die Thüre zu den übrigen, durch
die wir in Christus wiedergeboren werden. Dann die Firmung, deren Kraft bewirkt,
dass die göttliche Gnade in uns vermehrt wird, und wir ge stärkt werden. [Epist.????] Wie der heilige
Augustin sagt, sprach der Herr zu den Aposteln , nachdem sie schon getauft
waren: Bleibt in der Stadt, bis ihr mit der Kraft von Oben
ausgerüstet seyd. [Luc. 24,40] Hierauf das
Altarssakrament, durch welches, als durch eine wahrhafte Speise vom Himmel,
unsere Seele genährt und erhalten wird. Von diesem Sakramente sagte der Heiland
: Mein Fleisch ist wahrhaft eine Speise, und mein Blut
wahrhaft ein Getränkt [Joh. 6,34] Das vierte,
ist die Busse, wodurch die verlorne Gesundheit der Seele wiederhergestellt wird,
wenn wir durch die Sünden verwundet sind. Dann folgt die letzte Oelung, durch
welche die Ueberbleibsel der Sünden ausgetilgt, und die Seelenkräfte gestärkt
werden, was der heilige Jakobus von diesem Sakramente bezeugt, da er schreibt:
Wenn er in Sünden ist, werden sie ihm nachgelassen.
[Jac. 5,15] Nun folgt die Priesterweihe,
wodurch die Gewalt verliehen wird, die öffentliche Ausspendung der Sakramente in
der Kirche immerdar zu üben, und alle heiligen Verrichtungen zu vollziehen.
Endlich ist die Ehe hinzugefügt, damit aus der rechtmässigen Verbindung eines
Mannes und eines Weibes zum Dienste Gottes und zur Erhaltung des menschlichen
Geschlechtes Kinder erzeugt, dieselben fromm erzogen werden.
XVI. Die Nothwendigkeit und Würde aller Sahramente ist nicht gleich.
1) Von dem Vorzüge und Unterschied der Sakramente und dem Urheber
derselben. 2) Drei Sakramente sind vor allen nothwendig. Erhabene Würde des
Altarssakramentes.
I. Obschon alle Sakramente eine göttliche und wunderbare Kraft in
sich haben, so muss doch vor Allem bemerkt werden, dass sie nicht alle gleich
nothwendig sind, noch auch dieselbe Würde, und die nämliche Kraft der Bedeutung
besitzen.
II. Drei Sakramente sind, wenn auch nicht aus demselben Grunde,
doch vor den übrigen nothiwendig. Die Taufe ist nach dem Ausspruche des Erlösers
jedem Menschen ohne Ausnahme unumgänglich nothwendig. Diess erklärte er mit
diesen Worten: >Wer nicht aus dem Wasser und dem heiligen
Geiste wiedergeboren ist, kann nicht in das Reich Gottes eingehen. [Joh. 5,5] Die Busse aber ist nur jenen nothwendig, welche
nach der Taufe in eine Todsünde gefallen sind; denn sie können dem ewigen
Verderben nicht entgehen, wenn sie nicht die begangene Sünde, wie vorgeschrieben
ist, abgebüsst haben. Ferner ist die Priesterweihe, wenn auch nicht für jeden
einzelnen Gläubigen, doch für die ganze Kirche unumgänglich nothwendig.
Betrachtet man aber die Würde der Sakramente, so übertrifft das
Altarssakrament alle übrigen weit an Heiligkeit, an Zahl der Geheimnisse und an
Erhabenheit. Diess Alles wird man leicht erkennen, wenn an seinem Orte jedes
einzelne Sakrament erklärt werden wird.
XVII. Von wem wir diese heiligen und göttlichen Geheimnisse erhalten haben, und wer im Grunde sie ausspendet.
1) Die wirkende Ursache oder der Urheber der Sakramente ist Gott durch
Christus, und eben er ist's, der sie innerlich hauptsächlich ausspendet. Sess.
7. de sacramentis in genere, can. I.
Nun folgt, darauf zu sehen, von wem wir diese heiligen und
göttlichen Geheimnisse empfangen haben. Denn es ist unbezweifelt, dass der Werth
eines kostbaren Geschenkes durch die Würde und Erhabenheit dessen, von welchem
das Geschenk selbst herkömmt, sehr vermehrt werde. Diess ist nicht schwer zu
erklären
klären. Da es Gott ist, der die Menschen gerecht macht, die
Sakramente selbst aber wunderbare Werkzeuge sind, um die Gerechtigkeit zu
erlangen, so ist es klar, dass Ein und derselbe Gott in Christas als Urheber der
Rechtfertigung und der Sakramente anerkannt weiden müsse. Ueberdiess enthalten
die Sakramente eine solche Kraft und Wirksamkeit, dass sie das Innerste der
Seele durchdringen. Da es aber Gottes Macht allein eigen ist, auf die Herzen und
Seelen der Mensehen Einfluss auszuüben, so ersieht man hieraus, dass die
Sakramente von Gott selbst durch Christus eingesetzt seyen, gleichwie man mit
bestimmtem und standhaftem Glauben für wahr halten inuss, dass sie auch von ihm
innerlich ausgespendet werden. Der heilige Johannes behauptet, dieses Zeugniss
von Gott erhalten zu haben, da er sagt: Der mich gesandt
hat, im Wasser zu taufen, eben der hat mir gesagt: Ueber welchen du den
heiligen, Geist herabsteigen und bleiben siehst, der ist's, welcher im heiligen
Geiste tauft. [Joh. 1,33]
XVIII. Welcher Diener sich Gott bei Ausspendung der Sakramente bediene.
Gott spendet die Sakramente durch Mensehen aus.
Obschon Gott der Urheber und Ausspender der Sakramente ist, so
wollte er sie in seiner Kirche doch, nicht durch Engel, sondern durch Menschen
ausspenden lassen; es ist durch die ununterbrochene Ueberlieferung der heiligen
Väter bestätigt, dass zur Vollständigkeit der Sakramente der Dienst der
Ausspender ebenso nothwendig sey, als Materie und Form.
XIX. Der Ausspender kann durch seine Lasterhaftigkeit die Wirksamheit der sakramentalischen Gnade nicht hindern.
Was Sache des Auspenders sey. Sess. 7. Conc. Trid. de sacramentis in
genere, can. 11, 12.
Weil die Ausspender und Verwalter der Geheimnisse in diesem
heiligen Amte nicht ihre, sondern Christi Person vorstellen, so geschieht
dadurch, dass sie, mögen sie gut oder böse seyn, wenn sie sich nur der Form und
Materie bedienen, welche die katholische Kirche nach der Einsetzung Christi
immer beobachtet hat, und den Vorsatz machen, das zu thun, was die Kirche bei
ihrer Verwaltung thut, wahrhaft und wirklich die Sakramente vollenden und
ertheilen, so dass nichts die Wirkung der Gnade verhindern kann, ausser es
betrügen sich diejenigen, die sie empfangen, selbst um ein so grosses Gut, und
widerstehen selbst dem heiligen Geiste. Dass diess immer die bestimmte und
ausgesprochene Meinung der Kirche gewesen ist, zeigte sehr deutlich der heilige
Augustin in seinen Streitreden, die er gegen die Donatisten geschrieben hat.
Verlangen wir hierüber auch Zeugnisse der heiligen Schrift, so hören wir den
Apostel sagen: Ich habe gepflanzt; Apollo hat begossen; aber
Gott gab das Wachsthum. Denn weder der ist etwas, der pflanzt, noch der, welcher
begiesst, sondern Gott, der das Wachsthum gibt. [I.
Cor. 3,6] Aus dieser Stelle sieht man deutlich, dass,x wie den Bäumen die
Gottlosigkeit derer, durch deren Hand sie geplanzt wurden, nichts schadet, so
auch fremde Schuld denen nicht zum Verbrechen gereichen kann, die durch den
Dienst böser Menschen Christo sind eingepflanzt worden. Daher, wie unsere
heiligen Väter aus dem Evangelium des heiligen Johannes gezeigt haben, hat auch
Judas der Verräther Mehrere getauft, und wir lesen von Keinem, dass er wieder
getauft worden sey, so dass der heilige Augustin gar schön darüber schrieb:
"Judas ertheilte die Taufe, und man taufte nach ihm nicht wieder, wie nach
Johannes, weil die vom Judas ertheilte Taufe Christi Taufe war; die Taufe aber
vom Johannes war Johannis Taufe; wir ziehen nicht den Judas dem Johannes,
sondern die Taufe Christi, wenn sie auch von den Händen des Judas ertheilt war,
der Taufe des Johannes, wenn sie auch von Johannis Händen »ertheilt war, mit
Recht vor."
XX. Was von denen zu denken sey, die mit unreinem Gewissen die heiligen Sakramente ausspenden.
1) Wie verderblich es für die Auspender selbst sey, die Sakramente des
neuen Bundes mit unreinem Gewissen zu verwalten, und von den Folgen für sie. 2)
Mit heiligen Dingen muss man heilig umgehen; die Sakramente verlieren die ihnen
inwohnende Gnade niemals. Sess. 7. Conc. Trid. de sacrament. in genere, can. 6.
I. Wenn die Seelsorger und die übrigen Ausspender Sakramente dieses
hören, so sollen sie nicht glauben, dass es hinlänglich sey mit Hintansetzung
der Unbescholtenheit des Lebenswandels und der Reinheit des Gewissens, nur
darauf zu denken, wie sie die Sakramente nach Vorschrift ausspenden: wenn man
auch hierauf sorgfältig achten muss, so liegt doch darin noch nicht Alles, was
zu ihrer Verwaltung gehört. Aber immerdar müssen sie sich erinnern, dass die
Sakramente die göttliche Kraft, welche in ihnen ist, niemals verlieren; doch
dass sie denen, welche sie mit unreinem Gewissen ausspenden, ewiges Verderben
und ewigen Tqd zuziehen.
II. Heiliges muss, wozu jetzt und oft und immer ermahnt werden
soll, heilig und ehrfurchtsvoll behandelt werden. Zu dem Sünder, wie bei'm
Propheten geschrieben steht, sprach Gott: Warum rufst du
meine Gerechtigkeit aus, und, nimmst meinen Bund in deinen Mund? Du aber hassest
meine Zucht. [Ps. 49,17] Wenn es also einem
sündhaften Menschen nicht erlaubt ist, von heiligen Dingen zu reden, welch
grosses Verbrechen muss sich erst derjenige zu Schulden kommen lassen, der sich
vieler Laster bewusst ist, und doch sich nicht scheut, die heiligen Geheimnisse
mit schuldbeflecktem Munde zu vollbringen, oder in seine schändlichen Hände zu
nehmen, sie zu berühren, und Andern darzureichen?
Auch bei'm heiligen Dionysius steht geschrieben, dass es den
Sündern nicht einmal erlaubt ist, die Symbole, wie er die Sakramente nennt zu
berühren. Die Ausspender heiliger Dinge sollen also vor Allem nach Heiligkeit
streben, mit reinem Gewissen sich der Verwaltung der Sakramente nahen, und sich
so sehr in der Gottseligkeit üben, dass sie aus ihrer oftmaligen Behandlung und;
öfterm Gebrauche mit Gottes Beistand täglich, reichlichere Gnade schöpfen.
XXI. Von den zwei vorzüglichsten Wirkungen der Sakramente.
Sie ertheilen insbesondere die rechtfertigende Gnade Sess. 7. Conc.
Trid. de sacram. in genere, can. 5-8.
Nach Erklärung dieser Dinge soll gelehrt werden, welches die
Wirkungen der Sakramente sind; denn diess wird der Bestimmung des Sakramentes,
von der oben gehandelt wurde, nicht wenig Licht verschaffen. .Es lassen sich,
vorzüglich zwei Wirkuhgen aufzählen. Den ersten Platz
behauptet mit Recht jene Gnade, die wir nach der gewöhnlichen Benennung der
heiligen Kirchenlehrer die rechtfertigende nennen; der Apostel lehrte diess ganz
deutlich [Ephes.
5,25], da er sagte, Christus habe die Kirche geliebt, und er habe sich
selbst für sie hingegeben, um sie zu heiligen, indem er sie reinigte durch das
Bad des Wassers im Worte. Wie aber eine so erhabene und wunderbare Sache durch
das Sakrament gewirkt werde, dass, wie nach dem Urtheile des heiligen Augustin
bekannt ist, das Wasser den Körper abwäscht, und das Herz berührt, diess kann
die menschliche Vernunft und Einsicht nicht begreifen. Denn es ist ausgemacht,
dass keine sinnliche Sache vermöge ihrer Natur die Kraft besitze, in die Seele
eindringen zu können. Jedoch durch das Licht des Glaubens werden wir inne, dass
die Kraft des allmächtigen Gottes in den Sakramenten sey, wodurch sie das
bewirken, was natürliche Dinge aus eigner Kraft nicht vollbringen können.
XXII. Wie die Wirkungen der Sakramente im Anfange der aufkeimenden Kirche wunderbar angezeigt worden sind.
Auf dass kein Zweifel an dieser Wirkung in den Gemüthern der
Gläubigen haften könne, so wollte Gott bei'm Beginne der Ausspendung der
Sakramente das, was sie innerlich wirken, durch Wunderzeichen bekannt machen,
damit wir fest glauben, sie geschehen immer innerlich, obschon wir sie durchaus
nicht wahrnehmen. Um zu übergehen, dass bei der 'Taufe unsers Erlösers im Jordan
sich der Himmel geöffnet habe, und der heilige Geist in Gestalt einer Taube
erschienen sey, auf dass wir ermahnt würden, seine Gnade werde, während wir in
der Quelle des Heiles abgewaschen werden, in unsere Seele eingegossen, um diese
zu übergehen (denn es bezieht sich mehr auf die Bedeutung der Taufe, als auf die
Verwaltung der Sakramente), lesen wir nicht, dass, als die Apostel am
Pfingsttage den heiligen Geist empfingen, durch welchen sie nachhin zum Predigen
der Glaubenswahrheit und zur Uebernahme von Gefahren für Christi Verherrlichung
bereiter und muthiger waren, damals plötzlich vom Himmel her
ein Brausen, wie ein Brausen eines herannahenden
heftigen Sturmes entstand und über ihnen getheille Zungen wie Feuerflammen
erschienen seyen? [Act. 2.3] Hieraus erkannte
man, dass durch das Sakrament der Firmung uns der nämliche Geist mitgeiheilt
werde, und zugleich die nämlichen Kräfte verliehen werden, wodurch wir dem
Fleische, der Welt und dem Satan, unsern beständigen Feinden, kräftig
entgegentreten und widerstehen können.
Diese Wunder sah man, so oft die Apostel die Sakramente
ausspendeten, im Anfange der jungen Kirche so lange, bis sie nach Begründung und
Feststellung des Glaubens zu geschehen aufhörten.
XXIII. Wie gross der Vorzug der Sakramente des neuen Bundes vor den Sakramenten des alten Bundes sey.
Aus dem, was von der ersten Wirkung der Sakramente, nämlich von der
rechtfertigenden Gnade, dargelegt worden ist, erhellet deutlich, dass die Kraft
der Sakramente des neuen Bundes ausgezeichneter und vortrefflicher sey, als die,
welche die Sakramente des alten Bundes einst hatten, da sie als schwache und
dürftige Anfangsgründe die Schuldbefleckten zur RDeinigung des Fleisches, nicht
der Seele heiligten. [Galat.
4,9] Daher waren sie nur als Zeichen von denjenigen Dingen, welche durch
unsere Geheimnisse bewirkt werden sollen, eingesetzt. Aber die Sakramente des
neuen Bundes, welche aus der Seite Christi fliessen, der
durch den heiligen Geist sich selbst unbefleckt Gott dargebracht hat, reinigen
unser Gewissen von den todten Werken zum Dienste des lebendigen Gottes,
[Hebr. 9,14] und wirken so jene Guade, die
sie anzeigen, durch die Kraft des Blutes Christi. Wenn wir sie also mit den
alten Sakramenten vergleichen, so sieht man, dass sie, ausser dem Besitze einer
grössern Wirksamkeit auch an Nutzen, reichhaltiger und durch Heiligkeit erhabner
sind.
XXIV. Welche Sakramente einen Charakter (Merkmal) eindrücken, und was Charakter sey.
Die zweite Wirkung der Sakramente ist, dass sie der Seele einen
heiligen Charakter eindrücken.
Die. zweite, aber nicht allen gemeinsame, sondern nur dreien, der Taufe, der Firmung und der Priesterweihe
eigenthümliche Wirkung der Sakramente ist der Charakter, den sie der Seele
eindrücken. Denn wenn der Apostel sagt: Gott hat uns
gesalbt, und bezeichnet, und das Pfand des Geistes in unsere Herzen gegeben,
[II. Cor. 1,24] so beschrieb er mit dem Worte
bezeichnet nicht undeutlich den Charakter, welchem es eigentümlich ist, etwas zu
bezeichnen und durch ein Merkmal kenntlich zu machen.
Der Charakter ist gleichsam ein der Seele eingedrücktes
Wahrzeichen, das niemals ausgetilgt werden kann, sondern beständig in ihr bleibt
, worüber der heilige Augustin geschrieben hat Vermögen etwa, die christlichen
Sakramente weniger, als dieses k»perliche Zeichen, womit der Soldat bezeichnet
wird? Wenn ein Soldat zur Fahne, die er verlassen hat, zurückkehrt, so wird ihm
diess nicht vom neuen aufgedrückt, sondern man erkennt und prüft ihn am alten.
XXV. Welches die Wirkung des Charakters sey, und warum die Sakramente, die einen Charakter eindrücken, nicht wiederholt werden dürfen.
Der Charakter bewirkt, theils dass wir tauglich werden zum Empfange
einer heiligen Sache, theils das wir durch ein Merkmal von einander uns
unterscheiden.
Durch den Charakter der Taufe erlangen wir beides, nämlich dass wir
zum Empfange anderer Sakramente tauglich werden, und dass dadurch das gläubige
Volk sich von den Völkern, welche ungläubig sind, unterscheide.
Das Nämliche sieht man bei'm Charakter der Firmung und der
Priesterweihe. Durch das eine davon werden wir, gleichsam als Streiter Christi,
zum öffenlichen Bekenntniss und zur Vertheidigung seines Namens gegen unsern
innerlichen Feind und gegen die geistige Bosheit in himmlischen Dingen bewaffnet
und gerüstet und zugleich von denen, die erst neuerlich; getauft und gleichsam
wie neugeborne Kinder sind, unterschieden; das andere aber ertheilt die Gewalt,
die Sakramente zu vollbringen und auszuspenden, und zeigt auch den Unterschied
derjenigen, die mit einer solchen Gewalt begabt sind, von der übrigen
Versammlung der Gläubigen. Man muss also die Regel der
katholischen Kirche beobachten, welche lehrt, dass diese drei Sakramente einen
Charakter eindrücken, und dass sie niemals wiederholt werden dürfen.
Diess im Allgemeinen von den Sakramenten.
XXVI. Wie die Hirten bewirken können, dass dag Volk die Sakramente hochachte, und sie ehrfurchtsvoll empfange.
Bei der Lehre von den Sakramenten sind vorzüglich zwei Dinge zu
beobachten.
Bei der Erklärung des Inhaltes müssen die Hirten vorzüglich zwei
Dinge mit allem Eifer zu bewirken sich bestreben. Erstens sollen die Gläubigen
einsehen, welch grosser Ehre, Hochachtung und Ehrfurcht diese göttlichen und
himmlischen Geschenke würdig sind; zweitens, dass man sie, weil sie vom
mildreichen Gott zum gemeinsamen Heile aller Menschen angeordnet sind, fromm und
gottselig empfangen müsse, und auf dass man dergestalt vom Verlangen nach
christlicher Vollkommenheit, entzündet werde, dass man es für den grössten
Verlust hält, wenn man einige Zeit des heilbringenden Empfanges vorzüglich der
Busse und des Altarssakramentes entbehrt. Diess Können aber die Hirten leicht
bewirken, wenn sie den Gläubigen öfter einprägen, was oben von der Göttlichkeit
und dem Nutzen der Sakramente vorgetragen worden ist. Nämlich erstens, dass sie
von unserm Herrn und Heiland, von dem nur das Vollkommenste kommen kann,
eingesetzt worden, seyen; zweitens, dass bei ihrer Ausspendung die allwirkende
Gottheit des heiligen Geistes, der das Innerste unsers Herzens durchdringt,
gegenwärtig sey ferner, dass sie mit wunderbarer und untrüglicher Kraft, die
Seelen zu heilen, versehen seyen; dann, dass durch sie jene unermesslichen
Reichthümer des Leidens Christi auf uns geleitet werden.
Zuletzt endlich sollen sie zeigen, dass zwar das ganze christliche
Gebäude unerschütterlich auf die Grundfeste des Ecksteines gegründet sey, aber
dass man sehr fürchten müsse, es möchte, wenn es nicht durch das Predigen des
Wortes Gottes und durch den häutigen Empfang der Sakramente auf allen Seiten
gestützt wird, grösstenteils geschwächt zusammenstürzen;
denn wie wir durch die Sakramente zum Leben werden, so werden wir
durch diese Speise gleichsam ernährt, erhalten und gestärkt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen