Drittes Hauptstück - Vom zweiten Artikel des apostolischen Glaubensbekenntnisses.
Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn
I. Vom zweiten Glaubensartikel und dem Nutzen seines Bekenntnisses.
Das Bekenntniss der ewigen Zeugung Christi ist die Grundlage unsers
Heiles.
Wie wunderbar und überaus fruchtbringend der Nutzen sey, der aus
dem Bekenntnisse und Glauben dieses Artikels dem Menschengeschlechte zuströmt,
beweist jenes Zeugniss des heiligen Johannes: Wer bekennt,
dass Jesus der Sohn Gottes ist, in dem bleibt Gott, und er in Gott, [Joh. 4,15] und auch jener Lobspruch der Seligkeit
beweiset es, welchen Christus dem Apostelfürsten ertheilte: Selig bist du, Simon, Sohn des Jonas; denn nicht Fleisch und Blut
hat es dir geoffenbaret, sondern mein Vater, der im Himmel ist. [Matth. 16,17] Dieser ser Glaube
ist die festeste Grundlage unsers Heiles und unserer Erlösung.
II. Woraus man die Grösse der in diesem Artikel dargestellten Wohlthat erkenne.
Die verlorne ursprüngliche Gerechtigkeit konnte nur durch den Sohn
Gottes wieder erlangt werden. Von der Erbsünde wird weitläufiger geredet in der
dritten Bitte des Gebete des Herrn und am Anfange der vierten.
Da man aber den wunderbaren Nutzen dieser Wohlthat vorzüglich aus
dum Verluste jenes glückseligen Zustandes erkennt, in welchen
Gott die ersten Menschen gesetzt hatte, so soll der Seelsorger die Gläubigen besonders auf die Ursache des gemeinsamen Elendes und Unglückes aufmerksam machen. Nachdem Adam von Gott abgefallen war, und jenes Verbot verletzt hatte: von jedem Baume des Paradieses, aber vom Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben, [Gen. 2,16.17] versank er in jenes so grosse Elend, dass er die Heiligkeit und Gerechtigkeit, in der er erschaffen war, verlor, und sich alle übrigen Uebel zuzog, welches die heilige Synode zu Trient reichhaltiger erklärte. Ueberdiess werden die Seelsorger erinnern, dass die Sünde und die Strafe der Sünde nicht allein an Adam haften blieb, sondern von ihm sich wie ein Saame von Rechtswegen auf seine ganze Nachkommenschaft verpflanzt habe.
Gott die ersten Menschen gesetzt hatte, so soll der Seelsorger die Gläubigen besonders auf die Ursache des gemeinsamen Elendes und Unglückes aufmerksam machen. Nachdem Adam von Gott abgefallen war, und jenes Verbot verletzt hatte: von jedem Baume des Paradieses, aber vom Baume der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn sobald du davon isst, wirst du sterben, [Gen. 2,16.17] versank er in jenes so grosse Elend, dass er die Heiligkeit und Gerechtigkeit, in der er erschaffen war, verlor, und sich alle übrigen Uebel zuzog, welches die heilige Synode zu Trient reichhaltiger erklärte. Ueberdiess werden die Seelsorger erinnern, dass die Sünde und die Strafe der Sünde nicht allein an Adam haften blieb, sondern von ihm sich wie ein Saame von Rechtswegen auf seine ganze Nachkommenschaft verpflanzt habe.
III. Niemand als Christus konnte das Menschengeschlecht wiederherstellen.
Durch eines Geschöpfes Kraft konnte das menschliche Geschlecht nicht
wieder hergestellt werden.
Das von der höchsten Stufe der Würde herabgefallene
Menschengeschlecht konnte weder durch die Kraft der Menschen, noch der Engel,
wiedererhoben und auf keine Weise wieder an seine vorige Slelle zurückversetzt
werden. Als Rettungsmittel von jenem Sturze und Uebel war nur noch übrig, dass
die unendliche Kraft des Sohnes Gottes, der die Schwäche unsers Fleisches
annahm, die unendliche Last der Sünde wegnahm, und uns in seinem Blute mit Gott
wieder aussöhnte.
IV. Ohne den Glauben an die Erlösung konnte Niemand je selig werden, und desswegen ist Christus schon vom Anfange der Welt her vorkerverkündet worden.
1) Der Glaube an die Erlösung war immer zur Seligkeit nothwendig, und
ist sogleich nach dem Falle des Menschen von Gott geoffenbaret worden, zuerst
unter dem natürlichen Gesetze. 2) Unter dem geschriebenen Gesetze ist das
Andenken an die Erlösung der Menschen öfter erneuert worden durch die Opfer,
Sinnbilder und Vorhersagungen der Propheten. Der Glaube der Patriarchen, der
Propheten und der Apostel unterscheidet sich nur durch die Zeitverhältnisse.
Siehe I. vom Glauben und Glaubensbekenntnisse c. 1.
I. Der Glaube und das Bekenntniss der Erlösung ist den Menschen zur
Erlangung der Seligkeit nothwendig, und war es immer; und Gott hat sie schon vom
Anfange an vorhergesagt. Denn in jener Verdammung des menschlichen Geschlechtes,
welche sogleich auf die Sünde folgte, ist auch die Hoffnung der Erlösung durch
jene Worte angedeutet worden, womit Gott den für den Teufel aus der Erlösung
hervorgehenden Schaden aussprach: Ich will Feindschaft
setzen zwischen dir und dem Weibe; zwischen deinem Saamen und ihrem Saamen; sie
wird dir das Haupt zertreten, und du wirst ihrer Ferse nachstellen. [Gen. 3,15] Später hat Gott dieselbe Verheissung oft
bestätiget, und eine deutlichere Kunde von seinem Entschlusse jenen Menschen
ertheilt, welchen er vorzüglich sein Wohlwollen zu erkennen geben wollte. Da er
unter andern dem Patriarchen Abraham dieses Geheimniss oft angedeutet hatte, so
erklärte er diess deutlicher damals, als jener, gehorsam dem Befehle Gottes,
seinen einzigen Sohn Isaak opfern wollte, indem er sprach: Weil du das gethan hast, und deinen einzigen Sohn nicht schontest,
so will ich dich segnen, und deinen Saamen vermehren, wie die Sterne des Himmels
und den Sand am Meere; dein Saame wird die Städte deiner Feinde besitzen, und in
deinem Saamen sollen alle Völker der Erde gesegnet werden, weil du meiner Stimme
gehorcht hast. [Gen. 28,13.14] Aus diesen
Worten konnte man leicht schliessen, dass Der aus der Nachkommenschaft Abrahams
seyn werde, welcher Alle aus der furchtbaren Sklaverei des Satans erretten
würde. Es war aber nothwendig, dass jener Retter der Sohn Gottes sey, dem
Fleische nach aus dem Saamen Abrahams gezeugt. Nicht lange hernach schloss der
Herr, damit das Andenken an diese Verheissung erhalten wurde, mit Jakob, dem
Enkel des Abraham, denselben Bund. Denn da jener im
Schlafe eine Leiter sah; die auf der Erde stand, und den Saum des Himmels mit
ihrer Spitze erreichte, und auch Engel wahrnahm, welche auf- und abstiegen, wie
die Schrift bezeugt, so hörte er auch den Herrn, der auf die Leiter sich
stützte, sagen: Ich bin der Herr, der Gott Abrahams, deines
Vaters, und der Gott Isaaks; das Land, auf dem du schläfst, will Ich dir geben
und deinem Saamen; und dein Saame wird zahlreich seyn, wie der Staub der Erde.
Du wirst dich ausbreiten gegen Aufgang und Untergang und gegen Mitternacht und
Mittag, und in dir und deinem Saamen werden alle Völker der Erde; gesegnet
werden. [Gen. 28,13.14]
II. Auch hörte Gott später nicht auf, dasselbe Andenken seines
Versprechens zu erneuern, und im Geschlechte Abrahams, und überdiess in vielen
andern Menschen die Erwartung des Erlösers rege zu machen, da er nach
Herstellung des Staates und der Religion der Juden seinem Volke bekannter zu
werden anfing. Nicht bloss Menschen weissagten, auch stumme Geschöpfe deuteten
an, welch grosse und viele Güter uns jener Heiland und Erlöser, unser Herr Jesus
Christus, bringen werde.
Die Propheten, deren Geist vom himmlischen Lichte erleuchtet war,
sagten dem Volke vorher und lehrten öffentlich, gleich als wenn Alles schon
geschehen wäre, die Geburt des Sohnes Gottes, seine Wunder, welche er, als
Mensch geboren, wirkte, seine Lehre, seinen Lebenswandel, seine Gewohnheiten,
seinen Tod, seine Auferstehung und alle übrigen ihn betreffenden Geheimnisse, so
zwar, dass wenn man die Verschiedenheit der künftigen und gegenwärtigen Zeit
aufhebt, wir keinen Unterschied zwischen den Weissagungen der Propheten und der
Verkündigung der Apostel, keinen Unterschied zwischen unserm und der alten
Patriarchen Glauben finden. Aber nun wollen wir von den einzelnen Theilen dieses
Artikels reden.
V. Vom Namen Jesu, und dass er Christus eigentümlich zukomme.
Nach dem Befehle Gottes erhielt der Erlöser des Menschengeschlechtes
den Namen Jesus.
Der Name Jesus, welches Erlöser heisst, ist der eigentliche Name
dessen, welcher Gott und Mensch ist; und dieser Name ist ihm nicht zufällig,
nicht nach dem Beschlusse oder, Willen der Menschen,
sondern nach dem Rathschlusse und Befehle Gottes gegeben worden; denn der Engel
verkündete der 'Mutter desselben, Maria:Siehe, du wirst
empfangen, und einen Sohn gebären, und ihm den Namen Jesus geben. [Luc. 1,31] Und er befahl hernach dem Joseph, dem
verlobten Gemahle der Jungfrau, nicht bloss den Knaben so zu nennen, sondern er
erklärte auch, warum er so genannt werden sollte, da er sprach: Joseph, Sohn Davids, scheue dich nicht, Maria zur Gemahlin zu
nehmen, denn was in ihr gezeugt ist, ist vom heiligen Geiste: sie wird aber
einen Sohn gebären; und du sollst ihn Jesus nennen, denn er wird sein Volk von
seinen Sünden erretten. [Matth. 1,20.21]
VI. Nicht aus demselben Grunde ist einigen andern Menschen der nämliche Name ertheilt worden.
Der Name Jesus kömmt ganz eigenthümlich Christo zu; der Name Jesu fasst
in sich, was durch die Propheten Christo durch verschiedene andere Namen ist
zugeeignet worden.
In den heiligen Schriften haben zwar Viele den Namen Jesu;
denselben hatte der Sohn des Nave, der dem Moses nachfolgte, und das von Moses
aus Aegypten befreite Volk in das verheissene Land, welches Moses nicht betreten
sollte, einführte. Denselben Namen hatte Josedech, der Sohn eines Priesters.
Aber um wie viel mehr gebührt dieser Name unserm Erlöser! der nicht bloss einem
einzigen Volke, sondern allen Menschen aller Zeiten, die nicht bloss von Hunger,
oder von ägyptischer und babylonischer Tyrannei unterdrückt waren, sondern die
im Schatten des Todes sassen, und in den schwersten Banden der Sünde und des
Teufels schmachteten, Licht, Freiheit und Bettung verliehen hat; der ihnen das
Recht zur Erbschaft des himmlischen Reiches erlangte; der sie mit Gott Vater
aussöhnte. In jenen sehen wir eine Hindeutung auf Christus den Herrn, von
welchem mit den eben benannten Wohlthaten das menschliche Geschlecht ist
überhäuft worden. Alle übrigen Namen, welche dem Sohne Gottes von den Propheten
sind beigelegt worden, beziehen sich auf den Einen Namen Jesu; denn wie die
übrigen das Heil, welches er uns geben würde, andeuten,
so umfasst dieser die ganze Kraft und Wirkung der Menschenerlösung.
VII. Was der Name Christus bedeute, und in wie vielfacher Hinsicht er Jesu zukomme.
1) Der Name Christus bezeichnet sein Amt und seine Würde. Amt der
Könige, Amt der. Priester. Warum man Priester und Könige zu salben pflegte?
Warum die Propheten? 2) Weil der Fleisch gewordene Sohn Gottes die Aemter dieser
drei Personen übernahm, wurde er Christus genannt. Christus gelangte nicht durch
menschliche Hülfe zu diesen drei Würden, und wurde auch nicht mit irdischer
Salhnng gesalbt. 3) Christus ist der grösste Prophet. Er ist Priester, nebstbei
König. 4) Christi Reich ist geistig, wie Artik. 6. III gezeigt wird. Auf welche
Weise Christus das Amt eines Königs erlangt, siehe 2. Bitte des Gebetes des
Herrn. 5) Alle Menschen gehören in allgemeiner Hinsieht zum Reiche Christi, in
besonder nur die Guten. Christus ist durch göttliches Recht auch nach
menschlicher Natur König der ganzen Welt.
I. Dem Namen Jesu ward auch der Name Christus beigefügt, welches
der Gesalbte heisst, und ist ein Name der Ehre und des Amtes, und nicht bloss
einem Dinge eigen, sondern vielen gemein. Unsere alten Väter nannten die
Priester und Könige Gesalbte, Christus, weil sie Gott wegen der Würde ihres
Amtes zu salben befohlen hatte.
Priester sind die, welche das Volk in beständigen Gebeten Gott
anempfehlen, welche Gott die Opfer darbringen, welche für das Volk bitten; den
Königen aber war die Leitutig der Völker anvertraut, und ihre vorzüglichste
Pflicht war es, das Ansehen der Gesetze und das Leben der Unschuldigen zu
schützen, und die Verwegenheit der Verbrecher zu bestrafen. Da sich nun beide
dieser Aemter auf die Majestät Gottes auf Erden beziehen, so wurden diejenigen,
welche zur Würde eines Königs oder Priesters auserwählt worden waren, gesalbt.
Auch war es Sitte, die Propheten zu salben, weil sie als Dollmetscher und
Gesandte des Unsterblichen Gottes uns himmlische Geheimnisse offenbarten, und
durch heilsame Gebote und Weissagungen zur Sittenverbesserung ermahnten.
II. Da Jesus Christus, unser Erlöser, in die Welt kam, übernahm er
das Amt und die Pllichten dreier Personen, eines Propheten, eines Priesters und
eines Königs, wesswegen er Christus genannt, und, zur Ausübung jener Aemter
gesalbt wurde, nicht aber durch die Beihilfe eines Sterblichen, sondern durch
die Kraft des himmlischen Vaters, nicht mit irdischer Salbe, sondern mit
geistigem Oele, indem nämlich in seine heiligste Seele
die Fülle und Gnade des heiligen Geistes und das reichliche Uebermaas aller
seiner Gaben ausgegossen wurde, was ein anderes erschaffenes Wesen gar nicht
fassen konnte. Herrlich zeigt dieses der Prophet, da er den Erlöser selbst so
anredet: Du liebtest die Gerechtigkeit, und hasstest das
Unrecht; desswegen hat Dich Gott, dein Gott, gesalbt mit dem Oele der Freude vor
deinen Gefährten. [Ps. 44,8] Dasselbe spricht
lsaias noch deutlicher aus mit den Worten: Der Geist Gottes
ist über mir, weil mich der Herr gesalbt, und dazu gesandt hat, den
Sanftmüthigen zu verkünden. [Isai. 61,1]
III. Desswegen war Christus der grösste Prophet und Lehrer, der uns
Gottes Willen offenbarte, und durch dessen Lehre die Welt zur Kenntniss des
himmlischen Vaters gelangte. Und dieser Name kommt ihm um so mehr zu, weil Alle,
die der Name eines Propheten zierte, seine Schüler, und vorzüglich desswegen
gesandt waren, dass sie diesen Propheten, der zur Erlösung des
Menschengeschlechtes kommen sollte, vorherverkündigten.
Ebenso war Chrislus ein Priester, nicht nach der Ordnung, nach
welcher im alten Gesetze die Priester aus dem levitischen Stamme waren, sondern
nach jener, von welcher der Prophet David sang: Du bist ein
Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedechs.
[Ps. 109,4]
Das Nämliche erklärt Paulus deutlich in seinem Briefe an die
Hebräer. [Hebr.
5,6]
IV. Wir erkennen Christus nicht bloss als Gott, sondern auch als
Mensch und als unserer Natur theilhaflig, als König an. Diess bezeugt der Engel,
da er sagt: Er wird im Hause Jacob ewig herrschen, und
seines Reiches wird kein Ende seyn. [Luc. 1,32]
Dieses Reich Christi ist geistig und ewig, beginnt auf Erden, und wird im
Himmel vollendet. Das Amt eines Königs versieht er durch die wunderbare
Vorsehung für seine Kirche. Er seihst regiert sie; Er vertheidigt sie gegen die
Angriffe und Nachstellungen der Feinde; Er schreibt ihr Gesetze vor; Er verleiht
ihr nicht nur Heiligkeit und Gerechtigkeit, sondern gibt ihr auch das Vermögen
und die Kraft zur Fortdauer.
V. Obwohl aber in diesem Reiche Gute und Böse sind, und folglich
alle Menschen rechtmässig dazu gerechnet werden, so erfahren doch jene vor allen
andern die unendliche Güte und Wohlthätigkeit unsers
Königs, welche ein reines und unbescholtenes Leben nach seinen Geboten führen.
Er erlangte aber dieses Reich nicht durch Erbschaft oder nach menschlichem
Rechte, obwohl er aus dem berühmtesten königlichen Geschlechte abstammte,
sondern, er war desswegen König; weil Gott auf ihn als Menschen alle Macht,
Herrlichheit und Würde übertrug, die nur die Natur eines Menschen in sich fassen
kann. Er übergab ihm also die Regierung der ganzen Welt, und ihm wird Alles am
Tage des Gerichtes ganz und vollkommen unterworfen werden, wovon jetzt schon der
Anfang gemacht ist.
VIII. und IX.
Seinen Eingebornen Sohn.Wie wir Jesum Christum als den Eingebornen Sohn Gottes glauben und bekennen sollen.
1) Der Sohn Gottes ist wahrer Gott, und den andern zwei Personen ganz
gleich. 2) Die geistige Geburt des Sohnes Gottes aus dem Vater soll vielmehr
bewundert, als erforscht werden. 3) Art und Weise der ewigen Zeugung Christi
durch ein Gleichnis erklärt. 4) Die doppelte Zeugung Christi macht nicht, dass
es zwei Söhne gehe.
I. Durch diese Worte werden den Gläubigen höhere Geheimnisse von
Jesus zu glauben und betrachten vorgelegt; nämlich dass er der Sohn Gottes, und
wahrer Gott sey, wie der Vater, der ihn von Ewigkeit gezeugt hat. Ueberdiess
bekennen wir ihn als die zweite Person der göttlichen Dreieinigkeit, den übrigen
beiden vollkommen gleich; denn in den göttlichen Personen kann nichts Ungleiches
oder Unähnliches seyn, oder auch nur im Geiste gedacht werden, da wir in ihnen
Eine Wesenheit, Einen Willen und Dieselbe Macht anerkennen, was ausser vielen
andern Aussprüchen der heiligen Schriften besonders der heilige Johannes so
bezeugt: Im Anfange war das Wort, und das Wort war bei Gott,
und Gott war das Wort. [Joh. 1,1]
II. Aber wenn wir Jesus den Sohn Gottes nennen hören, so dürfen wir
darin nichts Irdisches oder Sterbliches über seine Geburt denken, sondern wir
müssen an jene Geburt, wodurch der Vater von aller Ewigkeit her den Sohn gezeugt
hat, welche die Vernunft nie erfassen und vollkommen einsehen kann, fest
glauben, und sie mit der grössten Ehrfurcht anbeten, und gleichsam betäubt von
der Bewunderung dieses Geheimnisses mit dem Propheten
ausrufen: Wer wird seine Herkunft erzählen? [Isai. 55,3]
Dieses also muss man glauben, dass der Sohn von gleicher Natur,
Macht und Weisheit sey mit dem Vater, wie wir im nizänischen
Glaubensbekenntnisse ausdrücklicher bekennen, das heisst: Und an Jesum Christum,
seinen Eingebornen Sohn, der vom Vater gezeugt ist von Ewigheit, Gott von Gott,
Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gotte, gezeugt, nicht erschaffen, von
gleicher Wesenheit mit dem Vater, durch den Alles erschaffen worden ist.
III. Aus allen Gleichnissen aber, welche zur Erklärung der Art und
Weise der ewigen Zeugung angeführt wurden, scheint jenes am passendsten zu seyn,
welches von der Denkungsweise unserer Seele hergenommen wird, wesswegen Johannes
den Sohn Gottes das Wort nennt. Denn wie unser Geist, sich selbst einigermassen
erkennend, sich ein Bild von sich macht, welches die Theologen Wort nannten, so
zeugt Gott (in so weit man Göttliches mit Menschlichem vergleichen kann), sich
selbst erkennend, das ewige Wort. Jedoch ist es besser zu betrachten, was der
Glaube vorschreibt, und mit frommem Gemüthe Jesum Christum als wahren Gott und
wahren Menschen zu glauben und zu bekennen, zwar gezeugt als Gott vom Vater von
Ewigkeit, aber als Mensch geboren in der Zeit von der heiligen Mutter Maria der
Jungfrau.
IV. Obwohl wir dessen zweifache Zeugung anerkennen, so glauben wir
doch, dass nur Ein Sohn sey. Denn es ist eine einzige Person, in der die
göttliche und menschliche Natur sich vereinigte.
X. Wie man glauben muss, dass Christus Brüder habe, oder auch nicht habe.
Weitläufiger wird dies erklärt IX. c. 9, vom Gebete des Herrn, welche
Brüder Christi seyen.
Was die göttliche Zeugung Jesu anbelangt, so hatte er keine Brüder
oder Miterben, da er der eingeborne Sohn des Vaters ist; [Isai. 61,8] wir Menschen
aber das Gebilde und Werk seiner Hände sind. Betrachten wir aber dessen
menschliche Geburt, so nennt er nicht nur viele Brüder, sondern er nimmt sie
auch auf als Brüder, [Hebr.
2,12] damit sie mit ihm die Herrlichkeit der väterlichen Erbschaft erlangen. Diejenigen aber sind seine Brüder,
welche durch ihren Glauben Christus den Herrn aufnahmen, und den Glauben,
welchen sie mit Worten bekennen, in der That selbst und durch Liebeswerke
beweisen; daher er der Erstgeborne unter vielen
Brüdern [Rom. 8,29] vom Apostel genannt wird.
XI.
Unsern Herrn.Christus wird nach beiden Naturen unser Herr genannt.
1) Christo werden nach seinen verschiedenen Naturen verschiedene
Eigenschaften zugeschrieben. 2) Christus ist nuach beiden Naturen unser Herr.
Die persönliche Vereinigung ist Ursache warum Christus unser Herr genannt wird,
wenn auch Adam nicht gesündiget hätte.
I. Vieles wird in den heiligen Schriften von unserm Heilande
gesagt, wovon ihm einiges als Gott, anderes als Mensch zukommt, weil er mit den
verschiedenen Naturen auch ihre verschiedenen Eigenheiten angenommen hat. Daher
sagen wir mit Wahrheit, dass Christus allmächtig, ewig, unermesslich sey, was er
von der göttlichen Natur hat. Und dann sagen wir wiederum , dass er gelitten
habe, gestorben und wieder auferstanden sey, was ungezweifelt der menschlichen
Natur zukommt.
II. Aber ausserdem kommt einiges andere beiden Naturen zu, wie da,
wenn wir ihn unsern Herrn nennen. Wenn sich also diese Benennung auf beide
Naturen erstreckt, so muss er mit Recht unser Herr genannt werden. Denn
gleichwie er selbst ewiger Gott ist, wie der Vater, eben so ist er nicht minder
Herr und Vater aller Dinge, und wie er und der Vater einer und derselbe Gott
sind, so sind er und der Vater ein und derselbe Herr. Aber er wird auch mit
Recht in vieler Beziehung als Mensrh unser Herr genannt. Erstlich, weil er unser
Erlöser war, und uns von den Sünden befreit hat, so hat er rechtmässig die
Herrschaft erlangt, so dass er wahrhaft unser Herr ist, und genannt wurde. Denn
so lehrt der Apostel: Er erniedrigte sich selbst, und wurde
gehorsam bis zum Tode, und zwar zum Tode des Kreuzes; desswegen hat ihn auch
Gott erhöht, und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist, so dass sich
beim Namen Jesu alle Knie beugen im Himmel und auf Erden, und in der Unterwelt,
und dass jede Zunge bekenne, dass der Herr Jesus Christus
in der Herrlichkeit der Vaters sei. [Phil. 2,8-11]
Und Christus selbst sagt von sich nach der Auferstehung: Mir ist alle Gewalt gegeben im Himmel und auf Erden. [Matth. 24,18] Es heisst ferner auch desswegen Herr, weil
in Einer Person zwei Naturen, die göttliche und menschliche, vereinigt sind;
denn vermöge dieser wunderbaren Vereinigung hat er verdient, obgleich er für die
Guten nicht gestorben ist, als der Herr aufgestellt zu werden, und zwar als Herr
aller erschaffenen Dinge im Allgemeinen, aber vorzüglich als Herr der Gläubigen,
die ihm gehorchen, und ihm mit dem grössten Seeleneifer dienen.
XII. Die Christen sollen sich, nachdem der Fürst der Finsternisse zertreten ist, ganz Christo ergeben.
1) Wie viel der Christ Christo schuldig ist. 2) Welche Abschenlichteit
es sey dem Teufel zu dienen, nachdem man sich Christo geweiht hat. Wie milde die
Herrschaft Christi über die Erlösten sey.
I. Es ist noch übrig, dass der Seelsorger das gläubige Volk dazu
anhalte, und ihm an's Herz lege, wie billig es sey, dass wir, die wir von ihm
den Samen haben, und Christen heissen, denen er auch so viele Wohlthaten
erwiesen hat, und die wir diess durch das Geschenk seines Glaubens erkennen,
dass wir, sage ich, uns unserm Herrn und Erlöser als seine Diener und Knechte in
aller Unterwürfigkeit ergeben und weihen. Als wir durch die Taufe zum
Christenthume eingeweiht wurden, bekannten wir diess vor der Kirchenthüre; denn
wir erklärten, dass wir dem Satan und der Welt entsagen, und uns ganz Jesu
Christo ergeben.
II. Als wir dem Dienste Christi uns widmeten, weihten wir uns durch
ein feierliches und heiliges Versprechen unserm Herrn. Welcher Strafe also wären
wir nicht schuldig, wenn wir, nachdem wir in die Kirche eingetreten sind, und
den Willen und die Gebote Gottes erkannt haben, nachdem wir die Gnade der
Sakramente erlangt haben, nach den Vorschriften und Gesetzen der Welt und des
Teufels leben würden, gleich als hätten wir nus, da wir durch die Taufe
gereinigt wurden, der Welt und dem Teufel, und nicht Christo dem Herrn und
Erlöser geweiht? Aber wessen Gemülh soll ein so gütiger, gegen uns so
mildreicher, Wille eines solchen Herrn nicht mit der Flamme der Liebe entzünden, welcher, obschon er uns, als durch sein blut
erlöste Knechte, unter seiner Macht und herrschaft hat, uns doch mit solcher
Liebe umfasst, dass er uns nicht Knechte nennt, sondern
Freunde und Brüder. [Joh. 15,15] Dies ist
wahrlich die gerechteste und vielleicht auch wichtigste Ursache, warum wir ihn
beständig als unseren Herrn anerkennen, anbeten und verehren sollen.
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