Dienstag, 9. Mai 2017

17. Sonntag nach Pfingsten - Hl. Chrysostomus aus dem Brevier

Lesung 7-9
Matth. 22, 34-46
Auslegung des hl. Johannes Chrysostomus

Nachdem er die Saduzäer abgefertigt hatte, kamen die Pharisäer wieder zu ihm. Sie hätten eigentlich ruhig sein sollen, doch sie wollten unbedingt Streit anfangen. Sie schickten einen Gesetzeskundigen vor, nicht um von ihm zu lernen, sondern um ihn auf die Probe zu stellen. So fragten ihn also, welches das erste Gebot im Gesetze sei. Das erste lautet bekanntlich: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben; sie glaubten aber, er werde dieses Gebot abändern, vielleicht etwas hinzufügen, weil er sich ja als Gott ausgab; darum stellten sie an ihn diese Frage. Was tat nun Christus? Um ihnen zu zeigen, daß sie deshalb auf diese Frage gekommen waren, weil sie keine Liebe hatten und vor Neid vergingen, darum sagte er: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben; das ist das erste und größte Gebot. Ein zweites aber ist diesem gleich: du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst. Weshalb ist das zweite dem ersten gleich? Weil es in ihm enthalten ist und von ihm getragen wird. Denn wer böses tut, haßt das Licht und kommt nicht ans Licht. Ferner: Nur der Tor spricht in seinem Herzen: Es gibt keinen Gott. Dann heißt es weiter: Verderbt sind sie; abscheulich ist ihr Treiben. Und wiederum: Die Wurzel alles bösen ist die Habsucht; weil sich einige ihr ergeben haben, sind sie vom Glauben abgefallen. Weiterhin: Wer mich liebt, wird meine Gebote halten. Die Wurzel und der Mittelpunkt der Gebote ist ja: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben und deinen Nächsten wie dich selbst. Wenn also Gott lieben soviel ist wie deinen Nächsten lieben - er sagt ja: Wenn du mich liebst, Petrus, weide meine Schafe!- und wenn die Liebe zum Nächsten bewirkt, daß man die Gebote hält, dann ist richtig, was er sagt, daß darauf das ganze Gesetz und die Propheten ruhen. Und wie er vorher, als er über die Auferstehung gefragt wurde, mehr sagte, als die Fragenden wollten, so hat er auch hier, wiewohl er nur nach dem ersten Gebot gefragt worden war, ganz von selbst das zweite dazu gesagt, das dem ersten nicht viel nachsteht. Denn das zweite ist dem ersten gleich. So hat er ganz leise angedeutet, daß sie nur aus Haß ihn gefragt hatten; denn die Liebe, heißt es, ist nicht eifersüchtig.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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