31. August 
Lesung 4-6 
Raymund, Nonnatus, der Ungeborene genannt, weil er gegen den 
gewöhnlichen Lauf der Dinge nach dem Tode seiner Mutter bei der Öffnung 
ihres Leibes ans Tageslicht kam, stammte von frommen, vornehmen Eltern 
zu Postello in Katalonien. Schon als Kind ließ er die Anzeichen seiner 
späteren Heiligkeit erkennen. Denn er verabscheute kindliche 
Vergnügungen und die Lockungen der Welt und gab sich so sehr den Übungen
 der Frömmigkeit hin, daß alle in dem Knaben die Tugend eines 
Erwachsenen bewunderten. Als er größer wurde, widmete er sich dem 
Studium. Doch bald mußte er auf Wunsch seines Vaters aufs Land ziehen. 
Häufig ging er nun zur Kapelle des heiligen Nikolaus, die in der Nähe 
von Postello lag, um das heilige Bild der Gottesmutter zu besuchen, das 
auch heute noch von den Gläubigen dort hochverehrt wird. Hier überließ 
er sich ganz dem Gebete und bat die Gottesmutter inständig, ihn als ihr 
Kind anzunehmen und ihn den Weg des Heiles und die Wissenschaft der 
Heiligen zu lehren. Die gütigste Jungfrau erhörte sein Gebet. Sie ließ ihn wissen, es sei
 ihr sehr angenehm, wenn er in den Orden von der Gnade, d. h. von der 
Liebe zum Loskauf der Gefangenen eintrete, der kurz vorher erst auf ihre
 Veranlassung hin gegründet worden war. Sobald er diesen Ruf vernahm, 
ging er sogleich nach Barcelona und trat in diesen Orden ein, der ein so
 ausgezeichnetes Werk der Nächstenliebe üben wollte. Nachdem er also in 
den Ordensstand aufgenommen war, bewahrte er stets die Jungfräulichkeit,
 die er früher schon der heiligen Jungfrau gelobt hatte, und tat sich 
auch in allen übrigen Tugenden hervor, vor allem in der Liebe zu den 
Christen, die in der Gewalt der Heiden ein elendes Leben als Gefangene 
führten. Um diese loszukaufen, wurde er nach Afrika geschickt; nachdem 
er schon viele aus der Knechtschaft befreit hatte und ihm das Geld 
ausgegangen war, gab er sich selbst als Pfand, um anderen die Hilfe 
nicht versagen zu müssen, die ebenso in großer Gefahr waren, den Glauben
 zu verleugnen. Durch sein glühendes Verlangen nach dem Heil der Seelen 
konnte er durch seine Predigten mehrere Mohammedaner zu Christus 
bekehren; darum wurde er von den Barbaren in einen engen Kerker geworfen
 und auf mannigfache Weise gequält. Man durchstach ihm die Lippen und 
hing ihm ein Eisenschloß daran; so mußte er ein langes, grausames 
Martyrium erdulden. Wegen dieser und anderer mutiger Taten verbreitete sich weit und 
breit der Ruf seiner Heiligkeit. Gregor IX. nahm daher Raymund in das 
hohe Kardinalskollegium der römischen Kirche auf. Der Mann Gottes 
verabscheute auch in dieser hohen Stellung allen äußeren Prunk und hielt
 stets zäh an der klösterlichen Einfachheit fest. Auf dem Wege nach Rom,
 als er eben nach Cardona gekommen war, befiel ihn eine tödliche 
Krankheit; flehentlich bat er, mit den Sakramenten der Kirche versehen 
zu werden. Als seine Krankheit immer schlimmer wurde und der Priester zu
 lange ausblieb, wurde er von Engeln, die in Gestalt von Brüdern seines 
Ordens erschienen, mit der heiligen Wegzehrung gestärkt. Nachdem er 
diese empfangen und Gott Dank gesagt hatte, ging er am letzten Sonntag 
im August im Jahre 1240 zum Herrn ein. Über den Ort seines Begräbnisses 
kam es zum Streit. Da legte man seinen Leichnam in einen Sarg und lud 
ihn einem blinden Maulesel auf; dieser trug ihn unter Gottes Führung zur
 Kapelle des heiligen Nikolaus; dort sollte er also bestattet werden, wo
 er den Grund zu seinem heiligen Leben gelegt hatte. Hier wurde nun ein 
Kloster seines Ordens erbaut, und hier wird er von den Scharen der 
Gläubigen, die aus ganz Katalonien dorthin wallfahrten, hochverehrt und 
glänzt durch mannigfache Wunder und Zeichen.
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