Donnerstag, 9. März 2017

Sonntag in der Oktav von Fronleichnam - hl. Papst Gregor aus dem Brevier

Lesung 7-9
Lik. 14, 16-24

Auslegung des hl. Papstes Gregor
Geliebte Brüder! Zwischen leiblichen und geistigen Genüssen besteht gewühnlich der Unterschied, daß die leiblichen, solange man sie nicht hat, im Menschen ein heftiges Verlangen wecken; wenn man sie aber gierig kostet, dann schlägt das Verlangen bei dem, der sie genießt, sobald er genug davon hat, in Überdruß um. Die geistigen Genüsse dagegen erregen, so lange man sie nicht hat, Widerwillen, wenn man sie aber hat, Verlangen. Wer sie kostet, bekommt immer größeren Hunger danach, je mehr er davon kostet. Bei den ersteren freut man sich im Vorgenusse, das Verkosten selber erregt Mißbehagen; bei den anderen ist das Verlangen danach vorher gering, der Genuß hingegen bringt immer größere Freude. Bei den ersteren führt das Verlangen zur Sättigung, die Sättigung aber bringt Überdruß; bei den anderen führt das Verlangen ebenfalls zur Sättigung aber weckt nur noch neuer Verlangen. Die geistigen Freuden nämlich steigern das Verlangen der Seele, während sie sich davon sättigt. Je mehr man davon kostet, desto mehr merkt man, daß man sie noch viel heißer lieben sollte. So lange man sie nicht hat, kann man sie nicht lieben, weil man ihre süßigkeit nicht kennt. wer kann etwas lieben, was er nicht kennt? Darum mahnt uns der Psalmist: Kostet und sehet, wie gut der Herr ist. Als wollte er sagen: Ihr könnt seine Süßigkeit nicht kennen, wenn ihr sie nicht verkostet. doch berührt nur einmal die Speise des Lebens mit dem Gaumen eures Herzens, dann werdet ihr ihre Süßigkeit kosten und liebgewinnen. Diese Freuden hat der Mensch verloren, als er im Paradies sündigte; er mußte das Paradies verlassen und seinen Mund vor der süßen Speise der Ewigkeit verschließen. Darum kamen auch wir, die wir auf dieser mühevollen Pilgerfahrt geboren wurden, nur mit Widerwillen hierher; wir wissen nicht, wonach wir verlangen sollen. Um so mehr kranken wir an diesem Widerwillen, je länger sich unsere Seele von dem Genuß dieser Süßigkeit fernhält; und um so weniger verlangt sie nach den inneren Freuden, je mehr und je länger sie deren Genuß entbehrt. Bei diesem unserem widerwillen welken wir dahin und ermatten infolge dieses langen, unheilvollen Entbehrens immer mehr. Und weil wir die im Inneren und bereiteten süßen Freuden nicht kosten wollen, darum fühlen wir elende uns glücklich in unserem Hunger nach äußeren Dingen.

(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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