Mittwoch, 18. Januar 2017

Hl. Jungfrau Scholastika - Vita aus dem Brevier

10. Februar
Scholastika war die Schwester des ehrwürdigen Vaters Benedikt. Von Kindheit an war sie dem Herrn geweiht. Einmal im Jahre pflegte sie Benedikt zu besuchen. Dann kam der Mann Gottes ihr bis zu einer Besitzung seines Klosters, nicht weit von der Pforte, entgegen. Eines Tages kam sie ihrer Gewohnheit gemäß wieder, und ihr ehrwürdiger Bruder kam mit einigen Jüngern zu ihr herab. Sie verbrachten den ganzen Tag mit dem Lobpreis Gottes und mit heiligen Gesprächen; erst beim Eintreten der Dunkelheit nahmen sie gemeinsam etwas Speise zu sich. Während sie noch bei Tische saßen, als unter den frommen Gesprächen die Zeit schon ziemlich fortgeschritten war, bat ihn seine gottgeweihte Schwester: Ich bitte dich, bleibe diese Nacht über bei mir, damit wir bis zum Morgen über die Freuden des himmlischen Lebens sprechen können! Er antwortete ihr: Was redest du da , Schwester? Ich darf auf keinen Fall außerhalb der Zelle bleiben. Der Himmel aber war ganz heiter und wolkenlos. Als nun die gottgeweihte Jungfrau die abschlägige Antwort ihres Bruders vernahm, legte sie die gefalteten Hände auf den Tisch und neigte ihr Haupt herab über sie und betete zum allmächtigen Gott. Als sie ihr Haupt wieder vom Tische erhob, brach ein gewaltiges Gewitter los und ein solcher Platzregen fiel, daß weder der ehrwürdige Benedikt, noch die Brüder, die bei ihm waren, vor die Tür des Hauses, wo sie saßen, den Fuß setzen konnten. Die gottgeweihte Frau hatte nämlich, während sie ihr Haupt in ihre Hände legte, einen Strom von Tränen auf den Tisch vergossen und hatte dadurch das heitere Wetter in Regen verwandelt. Denn gleich nach ihrem Gebet setzte dieses Unwetter ein; und beides, das Gebet und das Unwetter, folgten so unvermittelt aufeinander, daß es schon donnerte, als sie ihr Haupt vom Tisch erhob; so geschah also beides, das Erheben ihres Hauptes und das Einsetzen des Regens, im gleichen Augenblick. Als nun der Mann Gottes sah, daß er bei diesem Gewitter und diesem heftigen Regem nicht zum Kloster zurückkehren könne, ward er traurig und sagte klagend: Möge es dir der allmächtige Gott verzeihen, Schwester; was hast du getan? Sie antwortete ihm: Schau, ich habe dich gebeten, und du wolltest nicht auf mich hören; da habe ich meinen Gott gebeten, und er hat mich erhört; nun geh also, wenn du kannst, entlaß mich und kehre in dein Kloster zurück! Weil er aber nicht aus dem Hause gehen konnte, blieb er unfreiwillig dort zurück, nachdem er es freiwillig nicht hatte tun wollen. So geschah es also, daß sie die ganze Nacht durchwachten und mit heiligen Gesprächen über das geistliche Leben sich gegenseitig labten. Am anderen Tage kehrte die ehrwürdige Frau in ihre Zelle zurück und auch der Mann Gottes ging wieder in sein Kloster. Drei Tage darauf stand er in seiner Zelle und als er hinausblickte, sah er, wie die Seele seiner Schwester den Leib verließ und in Gestalt einer Taube in den Himmel flog. Voll heiliger Freude über ihre Glorie dankte er dem allmächtigen Gott in Hymnen und Lobliedern und verkündigte ihr Hinscheiden seinen Jüngern. Und sogleich schickte er einige hin, um ihren Leib zum Kloster zu bringen und sie in dem Grabe, das er für sich selbst bereitet hatte, beizusetzen. So geschah es, daß die beiden, die stets ein Herz in Gott waren, auch im Grabe für immer beisammen waren.

(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)

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