Montag, 26. Mai 2014

Himmelfahrt - Auslegung des hl. Papstes Gregor aus dem Brevier

Lesung 7-9
 Markus 16, 14-20
Auslegung des hl. Papstes Gregor
Daß die Jünger erst nach langem Zögern an die Auferstehung des Herrn glaubten, war nicht so sehr eine Schwäche von ihnen, als vielmehr, wenn ich mich so ausdrücken darf, für die Zukunft eine Stärkung unseres Glaubens. Denn wegen ihres Zweifelns wurde die Auferstehung durch zahlreiche Erscheinugen ihnen bewiesen; wenn wir davon lesen und daran glauben, was ist das anders, als daß wir durch ihre Zweifel im Glauben befestigt werden? Maria Magdalena die schnell glaubte, hat uns weniger genützt als Thomas, der lange zweifelte. Denn er durfte wegen seiner Zweifel die Wundmale des Herrn berühren und nahm so die Wunde des Zweifels aus unserem Herzen. Um die wirkliche Auferstehung unseres Herrn euch klarzumachen, müssen wir auch beachten, was Lukas berichtet: Er aß mit ihnen und befahl ihnen, von Jerusalem nicht wegzugehen; und kurz danach: Er ward vor ihren Augen emporgehoben, und eine Wolke entzog ihn ihren Blicken. Achtet auf jedes Wort und denkt an seinen tiefen Sinn! Er aß mit ihnen und ward emporgehoben; er speiste und stieg empor; durch den Genuß von Speise sollte die Wirklichkeit seines Leibes bewiesen werden. Markus aber berichtet, daß der Herr, bevor er sich in den Himmel erhob, die Jünger wegen ihrer Herzenshärte und ihres Unglaubens getadelt hat. Was sollen wir hierbei anderes denken, als daß der Herr deswegen die Jünger tadelte, bevor er dem Leibe nach von ihnen schied, damit die Worte, die er beim Abschied sprach, um so fester in den Herzen der Zuhörer eingeprägt blieben? Nun wollen wir noch hören, welche Mahnung er ihnen gab, nachdem er ihnen ihre Herzenshärte verwiesen hatte. Gehet hin in die ganze Welt und predigt das Evangelium allen Geschöpfen. Wie, meine Brüder, sollte denn das Evangelium auch den leblosen Dingen oder den vernunftslosen Tieren gepredigt werden? Er sagte ja seinen Jüngern: Predigt allen Geschöpfen. Doch mit diesem Ausdruck: alle Geschöpfe, ist der Mensch gemeint. Der Mensch hat mit jedem Geschöpf etwas gemeinsam. Er hat das Sein mit den Steinen, das Leben mit den Pflanzen, das Empfinden mit den Tieren und das Denken mit den Engeln gemeinsam. Wenn also der Mensch mit jedem Geschöpf etwas gemeinsam hat, so ist der Mensch in gewissem Sinne ein jedes Geschöpf. Allen Geschöpfen wird also das Evangelium gepredigt, wenn es dem Menschen allein gepredigt wird.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937) 

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