Donnerstag, 12. Dezember 2013

Katechismus vom Hl. Thomas von Aquin - Eine heilige, allgemeine Kirche


IX. Artikel 

Eine heilige allgemeine Kirche 

Wie wir sehen, daß ein Mensch eine Seele und einen Leib, aber verschiedene Glieder hat: so ist die allgemeine Kirche ein Leib mit verschiedenen Gliedern; die Seele aber, die diesen Leib belebet, ist der heilige Geist. Daher werden wir nach dem Glauben an den heiligen Geist geheißen, eine heilige allgemeine Kirche zu glauben, wie das Bekenntniß lehret. Hier ist zu wissen, daß Kirche soviel bedeutet als eine Versammlung, und eine heilige Kirche soviel, als eine Versammlung der Gläubigen, von wecher jeglicher Christ gleichsam ein Glied ist, und von welcher geschrieben steht: Nähert euch zu mir, ihr Unwissenden und versammelt euch im Hause des Unterrichtes (Ekkli. 51,31). Diese heilige Kirche hat nun vier Eigenschaften: sie ist einfach, ist heilig, ist katholisch, das ist, allgemein, und ist stark und unerschütterlich. Was das erste betrifft, ist zu wissen, daß verschiede ne Irrlehrer, die verschiedene Ketzereyen erfunden haben, nicht zur Kirche gehören, weil sie getheilet sind, die Kirche aber einfach ist. Eine ist meine Taube, meine vollkommene (Hohel. 6,8). Diese Einigkeit hat drey Bestandtheile. Erstens Einigkeit im Glauben: denn alle Christen, die zum Leib der
Kirche gehören, glauben eben dasselbe. Ihr müsset eine Sprache führen, und es sollen keine Spaltungen unter euch seyn (1. Kor. 1,10). Ein Gott, ein Glaube, eine Taufe (Ephes. 4,5); Zweytens Einigkeit in der Hoffnung, denn alle sind gegründet auf eine Hoffnung zum ewigen Leben zu gelangen. Deßwegen sagt der Apostel: Ein Leib, ein Geist, so wie eine Hoffnung eines Berufes (Ebend. 4). Drittens Einigkeit in der Liebe; denn alle verbindet die Liebe unter sich. Ich habe sie verkläret, wie du mich verkläret hast, damit sie Eines seyen unter sich, sowie wir es sind (Joh. 17,22). Diese Liebe aber, wenn sie wahr ist, äußert sich darin, daß die Glieder wechselweise für sich sorgen, und gegen einander Nachsicht üben. Lasset uns immerfort an Liebe zunehmen in Christo, der das Haupt ist, unter welchem der ganze Leib zusammengesetzet; und nach dem Maaße der Wirksamkeit eines jeden Gliedes durch wechselseitige Unterstützung verbunden zu seiner Vollendung in Liebe aufwächst (Ephes. 4,14.16). Jeder muß nämlich nach der, ihm von Gott verliehenen Gnade, seinem Nächsten dienen, und ja nicht für gering halten, oder zugeben, von dieser Gemeinschaft ausgestossen, oder getrennet zu werden, da nur eine Kirche ist, in welcher die Menschen selig werden, so wie ausser der Arche des Noe Niemand gerettet werden konnte. Im Betreff des zweyten ist zu merken,
daß auch die Bösen eine Versammlung haben. Ich hasse die Gemeinde der Bösen und werde niemals mit den Gottlosen sitzen (Psal. 25,5). Aber die Kirche Christi ist heilig. Der Tempel Gottes ist heilig, und dieser seyd ihr (1. kor. 3,17). Daher heißt die Kirche heilig, und die ihr angehörenden Gläubigen werden in vierfacher Rücksicht geheiliget: Erstens zwar, weil sie in dem Blute Christi gewaschen werden, wie eine Kirche in ihrer Weihung sinnlich abgewaschen wird. Er liebte uns, und wusch uns von unseren Sünden in seinem Blute (Apok. 1,5). Jesus litt vor dem Thore, um das Volk durch sein Blut zu heiligen (Hebr. 13,12). Zweytens, weil sie, gleich einer Kirche, zur Heiligung eine innerlich Salbung erhalten, da sie sonst keine Christen wären, weil Christus eben soviel bedeutet, als ein Gesalbter. Und diese Salbung ist die Gnade des heiligen Geistes. Gott hat uns ge salbet (2. Kor. 1,21). Ihr seyd geheiliget in dem Namen unsers Herrn Jesu Christi (2. kor. 6,11). Drittens wegen der Einwohnung der Dreyeinigkeit; denn der Ort, welchen Gott bewohnet, ist heilig. Daher heißt es: Wahrhaftig, der Herr ist n diesem Orte! wie furchtbar ist dieser Ort, hier ist gewiß das Haus Gottes und die Pforte des Himmels (Gen. 28,16.17). Heiligkeit gebühret, o Herr! deinem Hause (Psal. 92,5). Viertens wegen der Anrufung Gottes. Du bist in uns, o Herr! und dein Name ist über uns angerufen (Jer. 14,9). Es ist daher zu verhüten, daß wir nach einer solchen Heiligung unsere Seele, die Gottes Tempel ist, nicht durch Sünden beflecken. Der den Tempel Gottes schändet, den wird Gott vernichten (1. Kor. 3,17). Was die dritte Eigenschaft belanget, ist zu merken, daß die Kirche katholisch, oder allgemein ist, erstlich in Rücksicht auf den Ort, weil sie sich wider die Behauptung der Donatisten ( Donatus und sein Anhang schränkten im vierten Jahrhunderte die wahre Kirche Christi allein auf Afrika ein) durch die ganze Welt verbreitet. Euer Glaube wird in der ganzen Welt verkündet (Röm. 1,3). Gehet hin in die ganze Welt, und prediget das Evangelium allen Geschöpfen (Mark. 16,15). Daher war Gott vormals nur in Judea geoffenbaret (Psal. 75,2),  nun ist er es über dem ganzen Erdboden. Diese Kirche hat drey Theile: den einen also auf Erde, den andern im Himmel, und den dritten am Reinigungsorte; und ist zweytens allgemein in Rücksicht auf die Gattung der Menschen, weil Niemand abgewiesen wird, weder Herr, noch Knecht, weder männlich, noch weiblich Geschlecht; denn ihr alle seid Eines in Christo Jesu (Gal. 3,28). Drittens ist sie allgemein in Rücksicht auf die Zeit, obschon einige vorgaben, daß sie nur eine beschränkte Dauer habe, Dieses ist irrig; weil die Kirche von der Zeit Abels begann, und sich bis an das Ende der Zeiten erstrecken wird. Sehet ich bin immer mit euch bis zur Vollendung der Welt (Matth. 28,20); und nach dieser Vollendung wird ihr Sitz allein der Himmel seyn. Im Betreff des vierten ist zu merken, daß die Kirche Gottes stark und unerschütterlich ist. Man nennet in Haus stark, wenn es gute Grundfesten hat. Nun ist die Hauptgrundfeste der Kirche Christus. Niemand kann einen andern Grund legen, als der geleget ist, und der ist Christus Jesus (1. kor. 3,11). Aber ein darüber gelegter Grund sind die Apostel, und ihre Lehre, der zur Starke beyträgt. Daher hat die Stadt in der Offenbarung Johannis zwölf Grundfesten, auf welchen die Namen der zwölf Apostel geschrieben standen (Apok. 21,14); daher rühret auch, daß die Kirche den Namen der apostolischen trägt, und daß zur Bewährung ihrer Festigkeit der heilige Petrus ihr Gipfel genannt wird. Weiter erhellet die Stärke eines Hauses aus dem, daß es auch durch Anfälle nicht zerstöret werden kann. Nun konnte die Kirche niemal zerstöret werden durch Verfolgungen. Vielmehr ist sie unter Verfolgungen aufgewachsen, und es unterlagen sowohl jen,e welche wider sie standen, als jene, wider welche sie stand. Wer auf diesen Stein fällt, wird sich zersckmettern; auf wen aber dieser Stein fällt, der wird zermalmt werden (Matth. 21,44). Nicht durch Irrthümer, vielmehr ist dir Wahrheit immer höher an den Tag gekommen, je häufiger die Irrthümer sich mehrten. Menschen verderbtes Geistes. abtrünnig vom Glauben sind aufgestanden wider die Wahrheit. Allein sie vermögen nichts weiter; denn ihre Thorheit wird allen einleuchten (2. Tim. 3,89).  Auch nicht durch Versuche der bösen Geister. Denn die Kirche ist wie eine Feste, zu welcher alle ihre Zuflucht nehmen, die wider den Teufel streiten. Ein starker Thurm ist der Name des Herrn (Sprüchw. 18,10). Deßwegen ist der Teufel vorzüglich bemühet, sie zu zerstören; aber vergebens, weil der Herr spricht:
Die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen (Matth. 16,18). Als wenn er sagte: Bestreiten werden sie dich, doch nicht bemeistern. Daher ist es, daß die Kirche Petri, zu welcher durch die, zum Predigamte versandten Jünger das ganze Italien gehöret, allein immer auf dem Glauben fest bestand, und noch auf demselben beharret, und von Irrthümmern rein ist, indeß andere Weltgegenden entweder des Glaubens ganz entbehren, oder mitunter Irrthümmer hegen. Dieß ist auch kein Wunder; denn zu Petro sprach der Herr: Ich habe für dich gebethen, daß dein Glaube nicht abnehme (Luk. 22,32)

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