Freitag, 20. Dezember 2013

Fünfter Sonntag nach Epiphanie - Predigt vom Hl. Thomas von Aquin

Zweite Rede 

Sammelt zuerst das Unkraut, und bindet es in Bündeln zum Verbrennen, den Weizen aber sammelt in die Scheune. Matth. 13, 30.

Zu diesen Worten bemerken wir viererlei; zuerst die Gottlosigkeit der Sünder; zweitens ihre Strafen; drittens die Tugendhaftigkeit der Frommen; viertens die Glorie der Frommen. Das erste sagt das Wort: Unkraut; das zweite: Bindet es zum Verbrennen; das dritte: Weizen; das vierte: Sammelt ihn in die Scheune.

Das Unkraut wird verflucht; denn es ist Lolch durch Ueppigkeit, Entartung durch Habsucht, Hafer durch Stolz. Denn der Lolch betäubt, wie auch die Ueppigkeit. Ezechiel (23.) sagt: "Er raste in der Ueppigkeit;" und Oseas (4.): "Unzucht, Wein und Betrunkenheit nehmen das Herz;" und (3. Kön. 11.) heißt es von Salomon: "Und die Weiber verkehrten sein Herz." Die Entartung bezeichnet die Habsucht, welche auf eine wunderbare Weise die Habsüchtigen quält. Daher der Prediger (5.) sagt: "Die zur Betrübniß ihres Herrn gesammelten Schätze gehen in der größten Bitterkeit zu Grunde." Groß ist der Kummer in der Erwerbung, größer in der Bewachung, am größten wenn man sie verliert oder verlassen muß. Der Hafer bedeutet wegen der Eitelkeit den Stolz, wie (Joh. 4.) sagt: "Der Eitle erhebt sich stolz." Die Bösen sind also wahrhaft das Unkraut.
Ihre Strafe ist in den Worten bemerkt: "Bindet sie in Bündeln," und es ist dreierlei über ihre Strafe zu bemerken. Die erste Strafe besteht darin, daß sie in ewige Fesseln geschlagen werden; die zweite, daß sie gegenseitig zusammengebunden werden; die dritte, daß sie im ewigen Feuer gequält werden. Das erste enthält das Wort: Bindet; das zweite: In Bündeln. Denn was im Bündel ist, ist zusammengebunden; drittens: Zum Verbrennen. Vom ersten und zweiten spricht die Schrift (Weish. 17.): "Denn Alle waren mit einer Kette der Finsterniß gebunden;" vom dritten heißt es (Isai. 66.): "Ihr Feuer erlischt nicht."
Die Größe der Strafe aber besteht in fünf Eigenschaften: zuerst weil es brennt und nicht vernichtet; zweitens, weil es die entgegengesetzte Kälte annimmt und zugleich Hitze verursacht. Von der ersten Eigenschaft heißt es (Weish. 16.): "Das Feuer vergaß seine Kraft." Die Kraft des Feuers besteht in der Verzehrung des Angenommenen. Von der zweiten heißt es (Matth. 23.): "Werfet es in den Feuerofen, dort wird Heulen und Zähneknirschen sein." Das Weinen entsteht wegen der zu großen Hitze, das Zähneknirschen wegen der zu großen Kälte. Drittens, weil es sehr heftig quält, was daraus erhellt was der heilige Augustin sagt: "Um so wärmer ist es als unser Feuer, als nämlich, das wirkliche Feuer wärmer ist, als das gemalte." Viertens, weil es ewig ist, wie das Evangelium (Matth. 25.) sagt: "Gehet ihr Verfluchten in das ewige Feuer." Fünftens weil es brennt ohne zu glänzen. Die Schrift sagt (Ps. 28.): "Die Stimme des Herrn, welcher der Feuerflamme ihre Eigenschaft nimmt." In der Flamme ist Zweifaches, der Glanz und die Wärme. Gott nimmt der Feuerflamme ihre Eigenschaft, weil dort allein die Hitze ohne den Glanz ist.
Die Frömmigkeit der Heiligen enthält das Wort "Weizen" vorzüglich aus drei Gründen. Zuerst weil sie weiß sind wegen der Reinigkeit; zweitens weil sie roth sind wegen der Liebe; drittens weil sie vollgewichtig sind wegen der Tugend. Von der ersten und zweiten Eigenschaft spricht das hohe Lied (5.): "Mein Geliebter ist weiß und roth;" von der dritten der Psalmist (34.): "Ich will dich loben in dem gewichtigen Volke."
Die Herrlichkeit der Heiligen enthalten die Worte: In meine Scheune; geräumig wegen der Anmuth, erfreulich wegen der Fröhlichkeit, beständig wegen der Ewigkeit. Von der ersten Eigenschaft heißt es (Ps. 25.): "Herr ich liebte die Zierde deines Hauses." Von der zweiten (PS. 111.): "Ruhm und Reichthum ist in seinem Hause." Von der dritten (2. Cor. 5.): "Das Haus, welches nicht von Menschenhand gemacht, sondern ewig ist im Himmel." Zudem ist die Scheune darum sehr gut, weil dort Ueberfluß an Getreide, Wein und Oel ist. Der Wein ist die Freude wegen der Anschauung des Vaters, das Getreide ist die Freude über die Anschauung des Sohnes, und das Oel ist die Freude über die Anschauung des heiligen Geistes. Vom ersten sagt der Psalmist (103.): "Der Wein erheitert das Herz des Menschen," und vom zweiten (Ps. 147.): "Von dem Fette des Getreides sättige er dich." Und das Evangelium (Joh. 12.): "Wenn nicht das Fruchtkorn, das in die Erde fällt, gestorben ist bleibt es allein." Vom dritten der Psalmist (44.) "Es salbte dich dein Gott mit dem Freudenöle vor deinen Genossen," d.h. mit dem heiligen Geiste. Von diesen dreien sagt die Schrift (2. Paral. 11.): "Und in die Scheune der Speisen brachte er Getreide, Wein und Oel ," und (Gen. 27.): "Es gebe dir Gott von dem Thaue des Himmels und von dem Fette der Erde die Fülle an Getreide, Wein und Oel." Amen.

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