11. November
aus dem Buch Legende von den lieben
Heiligen Gottes Georg, Ott 1861 |
Martinus wurde zu Steinamanger in Ungarn geboren. Mit 10 Jahren ging er
gegen den Willen seiner Eltern heimlich in die Kirche und ließ sich in
die Zahl der Taufschüler aufnehmen. Mit 15 Jahren wurde er Soldat; er
diente zunächst im Heere des Konstantius, ann in dem Julians. Als er eines Tages zu Amiens außer seinen Waffen und
seinen Kleidern, die er bei sich trug, nichts bei sich hatte, bat ihm
ein halbnackter Mann im Namen Christi um ein Almosen; da schenkte er ihm
einen Teil seines Mantels. In der folgenden Nacht erschien ihm
Christus, mit diesem Mantelstück bekleidet, und sagte zu ihm: Der
Taufschüler Martinus hat mich mit diesem Gewand bedeckt. Mit 18 Jahren empfing er die Taufe. Daraufhin gab er den Kriegsdienst auf und ging zum Bischof Hilarius von Poitiers; dieser nahm ihn in die Zahl seiner Akolythen auf. Später wurde er
Bischof von Tours. Er erbaute ein Kloster und führte dort mit achtzig
Mönchen eine Zeitlang ein heiliges Leben. Später fiel er in dem Dorfe
Candes, das zu seiner Diözese gehörte, in ein schweres Fieber.
Unablässig bat er Gott, er möge ihn aus diesem sterblichen Kerker
befreien. Seine Jünger hörten das und fragten ihn: Warum willst du uns
verlassen, Vater? Wem willst du uns Arme denn anvertrauen? Da betete
Martinus zu Gott: Herr, wenn ich Deinem Volke noch notwendig bin, so
verweigere ich die Arbeit nicht. Trotz seines heftigen Fiebers erhob er die Augen zum Himmel und betete.
Seine Jünger sahen das und baten ihn inständig, er möge es sich doch
etwas bequemer machen, möge die Augen zur Erde senken und ruhen, bis die
Krankheit nachlasse. Da sprach Martinus: Laßt mich lieber zum Himmel
schauen als zur Erde; mein Geist soll zum Herrn sich emporrichten; er
muß nun doch seinen Weg gehen. Kurz vor seinem Tode erblickte er den
Feind des Menschengeschlechtes; da rief er aus: Was stehst du hier,
blutgierige Bestie? Du wirst an mir nichts finden, was Verdammung
verdient. Nach diesen Worten gab er seine Seele Gott zurück. Er war 81
Jahre alt. Seine Seele wurde von einem Chore von Engeln aufgenommen;
viele hörten, wie sie das Lob Gottes sangen, so vor allem der heilige
Bischof Severin von Köln.
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)