Sonntag, 22. September 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Auf das Fest des heiligen Johannes (Evangelist)

Auf das Fest des heiligen Johannes 

 

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)


Erste Rede

 

Oder erhebet sich der Adler auf dein Gebet? Job 39,27.

 Diese Worte passen ganz auf das heutige Fest, an dem der Übergang des heiligen Johannes vom Tode zum Leben gefeiert wird. Darüber werden drei Punkte bemerkt, die Art des Uebergangs, der Nutzen des Ueberganges und die Würde des Übergehenden.

  Das erste ist enthalten in den Worten: Auf dein Gebot.Es hat ihm aber der Herr ein vierfaches Gebot gegeben. Zuerst, daß er die Hochzeit verlassen; zweitens dass er ihm nachfolgen; drittens, daß er den Zustand der beiden Kirchen beschreiben; viertens, daß er das Elend_des gegenwärtigen Lebens verlassen und in das Paradies übergehen sollte. Vom ersten Punkt spricht Hieronymus: "Gott rief ihn von der Hochzeit, da er heirathen wollte, hinweg, damit die Jungfrau, die Jungfrau bewahrte." Vom zweiten sag das Evangelium (Matth. 4.): "Er fand Jacobus, den Sohn des Zebedäus, und Johannes, seinen Bruder." Vom dritten heißt  es (Offenb.1.): " Was du siehst, schreibe es in ein Buch, und schicke es de sieben Kirchen." Vom vierten sagt die Legende: "Komme, daß du mit deinen Brüdern Mahlzeit haltest."


 In Bezug auf den zweiten Punkt ist zu bemerken, daß er im Tode auf vierfache Weise erhöht wurde. Zuerst indem er ihm freiwillig entgegenging; zweitens indem er den Schmerz des Todes nicht fühlte; drittens, indem er, wie man glaubt, von ihm schnell aufstand; viertens, indem er von ihm in den Himmel auffuhr. Von den erstenu zwei Punkten spricht Hieronymus in seiner Vorrede zu Johannes: "Er ging in ein aufgeworfenes Grab, betete und wurde hernach zu seinen Vätern beigesetzt; er war sowohl vom Schmerze des Todes, als von der Verwesung des Fleisches frei." Von den zwei letzten Punkten spricht die Legende.

 In Bezug auf den dritten Punkt, der in dem Worte Adler enthalten istm ist zu bemerkenm daß der heilige Johannes aus drei Gründen Adler heißt. Zuerst wegen des scharfen Gesichtes, zweitens wegen der Höhe des Fluges, drittens wegen einiger besonderer Handlungen. Das scharfe Gesicht beim Adler besteht in zwei Dingen, daß er das Glänzendste, nämlich die Sonne in der Kreisung, wie das Entfernteste, nämlich vom Himmel herab, den Hafen auf der Erde, sieht. So sieht der heilige Johannes die Sonne in der Kreisung, d.h. Christus im Vater. "Im Anfange ward das Wort" spricht er. Er sieht das Entfernteste, weil er in der Offenbarung das sah, was am Weltende geschehen wird. Zugleich erhob er sich am höchsten auf zweifache Weise, zuerst in der Betrachtung, sodann im Schreiben. In erster Hinsicht heißt es (Offenb. 1.): "Ich war im Geiste an einem Sonntage und hörte hinter mir eine laute Stimme, wie die einer Posaune." Vom zweiten spricht Ezechiel (10.), daß von den vier Gesichtern das letzte das eines Adlers war, weil der heilige Johannes die übrigen Evangelisten im Schreiben überfliegt. Der heilige Augustin sagt: "Wenn er etwas höher noch augestimmt hätte, würde ihn die ganze Welt nicht haben fassen können." Zugleich heißt er Adler, wegen einer zweifachen eigenthümlichen Handlung. Zuerst versetzte er die Jungen in Gott, wie der Adler auf die höchsten Felsen, indem er sagt (l. Br. 4.): "Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott." Zweitens machte er das Nest auf den Felsen, nämlich Christus, Paulus sagt (1. Cor. 10.): "Der Fels aber war Christus." Von diesem Adler heißt es (Ezech. 17.):  "Ein großer Adler mit großen Schwingen."

 Wenn wir uns im moralischen Sinne in die Höhe erheben wollen, müssen wir aus sieben Gründen ein Adler sein. Zuerst, daß wir uns vom alten Zustande in den neuen umwandeln, wie der Psalmist (102.) sagt: "Wie eines Adlers, wird deine Jugend erneuert werden." Zweitens. daß wir uns in der Höhe aufhalten wollen. "Unser Wandel ist im Himmel," sagt der Apostel (Phil. 3.). Drittens, daß wir uns mit mannigfachen Tugenden  schmücken, wie Ezechiel (17.) von ihm sagt: "Voll von Federn und Abwechslungen. Viertens, daß wir zum Himmel eilen. Darum spricht die Schrift (1. Kön. 1.) von schnellen Aldlern und der Apostel (Hebr. 4.) sagt: "Eilen wir in jene Ruhe einzutreten." Fünftens, daß wir unsere guten Werke durch die rechte Absicht bedecken, wie es in den Sprüchen (34.) heißt: "Drei Dinge kann ich nicht begreifen: Den Weg des Adlers am Himmel, den Weg der Schlange am Felsen, den Weg des Schiffes mitten im Meer." Christus sagt: "Gebet Acht ,daß ihr euere Gerechtigkeit nicht vor den Menschen thuet, um von ihnen gesehen zu werden. Sechstens, daß wir unser Nest auf den Felsen Christus bauen. Der Apostel (Eph. 3.) sagt: "daß Christus durch den Glauben in unsern Herzen wohne." Siebentens, daß wir im guten Werke bis zum Ende ausharren. Isaias (40.) sagt: "Sie nehmen Adlerflügel und fliegen ohne zu ermüden."

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