Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839
Fünftes Hauptstück - Vierzehntes Hauptstück - Von der fünften Bitte -Und vergib uns unsere Schulden, als auch wir vergeben unsern Schuldigern.
I. Aus dem Leiden Christi floss die Vergebung aller unserer Sünden.
Da es so Vieles gibt, was die unendliche Macht Gottes, verbunden 
mit unendlicher Weisheit und Güte, anzeigt, dass, wo du immer deine Augen und 
Gedanken hinwenden wirst, dir die deutlichsten Beweise seiner unendlichen Macht 
und Güte begegnen, so gibt es wahrlich nichts, was seine höchste und wunderbare 
Liebe gegen uns deutlicher darstellen könnte, als das unerforschliche Geheimniss 
des Leidens Jesu Christi, woraus jene unversiegbare Quelle zur Abwaschung des 
Unrathes der Sünden entströmte, mit welcher wir unter der Leitung und 
Freigebigkeit Gottes, durchströmt und gereinigt zu werden, sehnlich wünschen, 
wenn wir zu ihm beten; Vergib uns unsere Schulden.
II. Was diese fünfte Bitte enthalte.
Es enthält aber diese Bitte einen Inbegriff derjenigen Güter, mit 
denen Jesus Christus das Menschengeschlecht überhäufet hat. Diess lehrte Isaias, 
da er sprach: Dem Hause Jakob wird die Missethat erlassen, 
und das ist der grosse Nutzen, dass seine Sünde weggenommen wird. [Isai. 27,9] Auch David zeigt diess, indem er die selig 
preist, welche jene heilsame Frucht erlangen konnten: Selig 
diejenigen, deren Missethaten nachgelassen, und deren Sünden bedeckt sind. 
[Ps. 13,1] Desswegen müssen die Seelsorger 
den Inhalt dieser Bitte genau und sorgsam auslegen und beobachten, da wir sehen, 
dass sie so vieles zur Erlangung des himmlischen Lebens beiträgt. 
III. Wie wir hier nicht auf die nämliche Art beten, wie in den vorhergehenden Bitten.
Wir beginnen aber eine neue Art zu beten. Denn bisher haben wir 
Gott nicht nur um ewige und geistige Güter gebeten, sondern auch um vergängliche 
Vortheile, und um Dinge, die dieses Leben betreffen: jetzt aber flehen wir um 
Abwendung von Uebeln der Seele und des Leibes, dieses und des ewigen Lebens.
IV. Was an dem, der Verzeihung der Sünden erlangen will, erfordert werde.
Weil aber, um das zu erlangen, was wir begehren, die rechte Art zu 
begehren, erfordert wird, so muss erkläret werden, wie die beschaffen seyn 
müssen, welche Gott um dieses bitten wollen. Die Seelsorger werden daher das 
gläubige Volk ermahnen, es sey erstlich nothwendig, dass der, welcher um 
Vergebung der Sünden bitten will, seine Sünden selbst erkenne; hernach, dass er 
einen Schmerz über sie empfinde; dann, dass er innigst überzeugt sey, Gott habe 
den Willen, denen, die gesündiget haben, die aber so gesinnt und vorbereitet 
sind, wie wir angegeben haben, zu verzeihen, damit nicht auf die 
Zurückerinnerung und das Ueberdenken der Vergehen jene Verzweiflung an der 
Verzeihung sich einstelle, welche sich einst des Kain und des Judas bemächtiget 
hat, die Gott nur für einen Rächer und Züchtiger, nicht aber auch für 
versöhnlich und barmherzig hielten. Daher müssen wir hei dieser Bitte so, 
gesinnt seyn, dass wir, unsere Sünde reumüthig überdenkend, zu Gott als Vater, 
und nicht als Richter unsere Zuflucht nehmen, und ihn bitten, dass er mit uns 
nicht nach der Gerechtigkeit verfahre, sondern nach seiner Barmherzigkeit.
V. Durch welche Gründe der Mensch zur Erkenntniss der Sünden geleitet werde.
Wir werden aber leicht dahin gebracht werden, unsere Sünde zu 
erkennen, wenn wir hören, wie uns Gott in den heil. Schriften hierüber ermahnet. 
Bei'm David steht geschrieben: Alle sind abgewichen, 
allesammt unnütz worden: keiner ist, der Gutes thue, auch nicht Einer. 
[Ps. 13,3] Ebenso spricht Salomon: Es ist aber kein Gerechter auf Erden, der das Gute thue , und 
nicht sündige. [Eccles. 7,21] Hieher gehöret 
auch: Wer kann sagen, mein Herz ist rein, ich bin frei von 
Sünden! [Prov. 20,9] Dasselbe schrieb der 
heil. Johannes, um die Menschen von der Hoffart abzuschrecken: Wenn wir sagen: wir haben keine Sünde, so verführen wir uns 
selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. [I. Joh. 
1,8] Und Jeremias: Und doch sprichst du: „ich bin 
ohne Sünde und unschuldig, möge desshalb dein Zorn sich von mir wenden! Siehe, 
ich werde mit dir ins Gericht gehen, darum, dass du sprichst: Ich habe nicht 
gesündigt! [Jerem. 2,35] Alle diese 
Aussprüche bestätigt derselbe Christus, der sie durch ihren Mund gethan hat, 
durch die Vorschrift dieser Bitte, wodurch er uns befiehlt, dass wir unsere 
Sünden bekennen sollen. Denn diess anders zu deuten, verbot der Ausspruch des 
Conciliums zu Mileve auf folgende Weise: „Wir haben beschlossen, wer immer die 
Worte des Gebetes des Herrn, die lauten: Vergib uns unsere Schulden, so auslegt, 
dass sie die Heiligen aus Demuth, nicht aber mit Wahrheit so sprechen; der sey 
verflucht." Wer könnte wohl ohne Abscheu Jemanden beten hören, der nicht die 
Menschen, sondern Gott selbst anlügt, der mit den Lippen zwar sagt, er wolle, 
dass ihm verziehen werde; im Herzen aber spricht, er habe keine Sünden auf sich, 
die ihm nachgelassen werden könnten? 
VI. Wie nach Erkenntniss der Sünde ein bitterer Schmerz über sie, und eine wahre Reue darüber im Herzen erwecket werde.
1) Nicht einfachhin, sondern reuevoll müssen die Sünden überdacht 
werden. 2) Wie man die Menschen zur Erkenntniss der Schändlichkeit und Schmach 
der Sünden bewegen kann.
I. Zur nothwendigen Erkenntniss der Sünden genügt es nicht, sich 
leichthin ihrer zu erinnern; denn es muss das Andenken an sie uns schmerzlich 
seyn, das Herz durchstechen, die Seele rühren, und brennenden Schmerz erregen. 
Desshalb sollen die Seelsorger diese Stellei sorgfaltig abhandeln , auf «l.iss 
sich die gläubigen Zuhörer nicht blos ihrer Sünden und Missethaten erinnern, 
sondern mit Gram und Schmerz daran denken; damit sie sich, im innersten Herzen 
geängstigt, zu Gott dem Vater -wenden, und ihn inbrünstig anflehen, er möchte 
aus ihren Herzen die Stacheln der Sünden herausreissen.
II. Sie sollen sich aber nicht blos befleissen, die Schändlichkeit 
der Sünden dem gläubigen Volke vor Augen zu stellen, sondern auch die 
Unwürdigkeit und Niederträchtigkeit der Menschen, die nichts sind als stinkendes 
Fleisch, und die grösste Abscheulichkeit, und es dennoch wagen, die 
unerforschliche Majestät Gottes und seine unerklärbare Herrlichkeit auf 
unglaubliche Weise zu beleidigen; besonders, da sie von ihm erschaffen, erlöset, 
und mit unzähligen und den grössten Wohlthaten überhäufet worden sind.
VII. Wie wir uns durch die Sünden der drückendsten Sklaverei des Teufels übergeben.
Ja, was sage ich? Dass wir uns entfernet von Gott dem Vater, der 
das höchste Gut ist, durch den schmählichen Lohn der Sünde dem Teufel zur 
jammervollsten Knechtschaft ergeben? Es kann gar nicht ausgesprochen werden, wie 
grausam jener herrschet in den Seelen derjenigen, welche das süsse Joch Gottes 
verschmähten, und das zärtlichste Band der Liebe zerrissen, durch welches unser 
Geist an Gott den Vater gebunden ist, und zum erbittertsten Feinde abfielen; der 
daher in den heiligen Schriften der Fürst und Beherrscher der Welt, und der 
Fürst der Finsternisse, und der König über alle Kinder des Stolzen genannt wird. 
Jene aber, die durch die Tyrannei des Teufels unterdrückt werden, trifft der 
Ausspruch des Isaias: Herr, unser Gott, es beherrschen uns 
Herren ausser dir. [Isai. 26,13] 
VIII. Welch grosse Uebel die Sünde der Seele zuziehe.
Wenn uns diese zerrissenen Liebesbündnisse nicht rühren, so werden 
uns gewiss die Drangsale und der Jammer bewegen, worein wir durch die Sünde 
gerathen. Denn die Heiligkeit der Seele, von der wir wissen, dass sie Christo 
verlobt sey, wird geschändet; entheiliget wird jener Tempel des Herrn, und über 
die, welche ihn befleckten, spricht der Apostel: Wenn aber 
Jemand den Tempel Gottes entheiliget, so wird ihn Gott zu Grunde richten. 
[I. Cor. 3,17] Unzählig sind die Uebel, 
welche die Sünde dem Menschen zuzieht; diese fast unbegränzte Pest drückte David 
mit folgenden Worten aus Es ist nichts Gesundes an meinem 
Fleische vor dem Angesichte deines Zornes; kein Friede ist in meinen Gebeinen 
vor dem Angesichte meiner Sünden. [Ps. 37,4] 
Er kannte nämlich die Gewalt dieser Plage, indem er bekannte, kein Theil 
von ihm sey unberührt von der unheilbringenden Sünde. Das Gift der Sünde hatte 
die Gebeine durchdrungen; d. h. den Verstand und Willen die festesten Theile der 
Seele, angesteckt. Diese weit verbreitete Pest bezeichnen die heiligen 
Schriften, wenn sie die Sünder Lahme, Taube, Stumme, Blinde und an allen 
Gliedern Verstümmelte nennen. Aber ausser dem Schmerze, welchen er über das 
Laster der Sünden empfand, wurde David mehr noch wegen des Zornes Gottes 
geängstiget, welchen - er über sich wegen der Sünde rege wusste. Denn die 
Lasterhaften führen Krieg mit Gott, der durch ihre Laster unglaublich beleidiget 
wird; wie der Apostel sagt: Zorn und Rom.i,s. 9. Ungnade, Trübsal und Angst über 
eines jeden Menschen Seele, der Böses thut. Wenn auch die Handlung der Sünde 
vorübergeht, so bleibt doch die Sünde durch 
die Mackel und Schuld zurück, und der immerdar drohende Zorn Gottes 
folgt ihr, wie der Schatten dem Körper.
IX. Wie wir uns, nach Erkenntniss des Unheiles der Sünden, zur Busse bekehren sollen.
Als daher David von diesen Stacheln verwundet wurde, ermahnte er 
sich zur Bitte um Verzeihung der Sünden, dessen Beispiel des Schmerzes, und die 
Art des Unterrichtes die Seelsorger aus seinem fünfzigsten Psalme entnehmen, und 
den gläubigen Zuhörern vortragen sollen, damit sie, indem sie den Propheten 
nachahmen, sowohl zum Schmerzgefühle, das heisst zu wahrer Busse, als auch zur 
Hoffnung der Verzeihung geleitet werden können. Wie nützlich diese 
Unterrichtsweise sey, dass wir über die Sünden Schmerz zu empfinden lernen, 
zeigt uns jener Ausspruch Gottes beim Jeremias, wo er Israel zur Busse ermahnte, 
und aufforderte, aufmerksam zu seyn auf die Übel, welche die Sünde begleiten, 
und spricht Du sollst inne werden und einsehen, wie böse und 
bitter es ist, dass du den Herrn, deinen Gott, verlassen, und die Furcht vor ihm 
nimmer bei dir ist, spricht Gott, der Herr der Heerschaarcn, [Jer. 2,19] Welchen dieses nothwendige Gefühl der 
Erkenntniss und des Schmerzes mangelt, von diesen heisst es bei den Propheten 
Isaias [Isai. 46,12] , 
Ezechiel [Ezech. 36,26] 
und Zacharias [Zach. 
7,12] , dass sie ein hartes, steinernes und ein Herz gleich dem Diamant 
haben. Denn sie sind gleich einem Steine, durch keinen Schmerz erweicht, und 
haben kein Gefühl des Lebens, d. h. der heilsamen Erkenntniss.
X. Durch welche Betrachtungen man nach Erkenntniss und Verabscheuung der Sünde zur Hoffnung der Verzeihung gelangen könne.
Damit aber das Volk, durch die Grösse der Sünden erschreckt, nicht 
verzweifle, Verzeihung erlangen zu können, so sollen sie die Seelsorger durch 
folgende Gründe zur Hoffnung aufmuntern: nämlich, dass Christus der Herr auch 
der Kirche die Gewalt gegeben habe, die Sünden nachzulassen, wie es der Artikel 
des hochheiligen Glaubensbekenntnisses ausspricht, und der Herr durch diese 
Bitte gelehret hat, wie gross die Güte und Barmherzigkeit Gottes gegen das 
menschliche Geschlecht sey; denn wäre Gott nicht geneigt und bereit, den Büssern 
die Sünden zu verzeihen, so hätte er uns nimmermehr diese Gebetformel 
vorgeschrieben: Vergib uns unsere Schulden. Daher müssen wir fest überzeugt seyn 
, dass der uns seine väterliche Barmherzigkeit zu Statten kommen lasse, der uns 
befahl, ihn durch diese Bitten darum anzugehen.
XI. Wie Gott, wenn wir Busse thun, gern unsere Sünden verzeihe.
Unter dieser Bitte liegt unstreitig der Sinn, Gott sey so gegen uns 
gesinnet, dass er den wahrhaft Reuigen gerne verzeihe. Gott ist's, gegen den 
wir, mit Hintansetzung des Gehorsams, sündigen, dessen weise Ordnung wir stören, 
so viel an uns liegt; den wir beleidigen, und durch Wort und That verletzen. 
Allen eben ist er jener allgütige Vater, welcher Alles verzeihen kann, und nicht 
nur erklärt hat, diess zu wollen, sondern auch die Menschen antrieb, ihn um 
Verzeihung zu bitten, und sie lehrte, wie sie diess angehen sollen. Daher kann 
Niemand zweifeln, dass es uns, unter seiner Leitung, möglich ist, uns die Gnade 
Gottes zu erwerben.
Und weil dieser Beweis des zum Vorzeihen geneigten göttlichen 
Willens den Glauben vermehrt, die Hoffnung stärket, und die Liebe entzündet, so 
lohnt es der Mühe, diese Stelle mit einigen göttlichen Zeugnissen und Beispielen 
von Menschen zu schmücken, welchen, als sie über sehr grosse Verbrechen Busse 
thaten, Gott Verzeihung gewährte. Da wir diesen Stoff, so viel es nöthig war, in 
der Vorrede dieses Gebetes, und in dem Theile des Symbolums, welcher von der 
Nachlassung der Sünden handelt, besprochen haben, so mögen dort die Seelsorger 
entnehmen, was sie für hieher gehörig halten; das Uebrige mögen sie aus den 
Quellen der heiligen Schriften schöpfen.
XII. Was in dieser Bitte unter dem Ausdrucke Schulden zu verstehen sey.
1) Zweifache Deutung von Schuld. Erstlich wird sie genommen statt 
Pflicht die wir gegen Gott zu erfüllen sehuldig sind. 2) Zweitens bedeutet 
Schuld Sünde.
I. Die Seelsorger sollen sich sodann der nämlichen Lehrart 
bedienen, welche wir in den übrigen Bitten anwenden zu müssen glaubten, damit 
die Gläubigen einsehen, was hier die Schulden bedeuten, auf dass sie nicht 
vielleicht, durch einen zweideutigen Ausdruck getäuscht, etwas anderes von Gott 
begehren, als was man begehren soll. Erstlich aber muss man wissen, wir bitten 
keineswegs, dass uns nachgelassen werde die Liebe aus ganzem Herzen, aus ganzer 
Seele, und aus unserm ganzen Gemüthe, welche wir Gott allerdings schuldig sind, 
und welche Schuldzahlung uns zur Seligkeit nothwendig ist.
II. Und weil auch unter dem Namen Schuld Gehorsam, Anbetung, 
Verehrung und die übrigen Pflichten dieser Art begriffen sind, so begehren wir 
auch nicht, dass wir diese nicht mehr schuldig seyn sollen; sondern wir flehen, 
dass er uns von den Sünden erlösen soll. Denn also hat es der heilige Lukas 
[Luc. 11,4] ausgelegt, da 
er Sünden für Schulden setzte, desswegen, weil wir durch ihre Begehung Gott 
schuldig werden, und ausgesetzt den verschuldeten Strafen, welche wir entweder 
durch Genugthuungsleistung, oder durch Leiden bezahlen. Von der Art war die 
Schuld, welche, Christus der Herr durch den Mund des Propheten aussprach: Was ich nicht geraubet, das habe ich so gezahlet. [Ps. 86,5] Aus diesem Ausspruche Gottes können wir nicht 
nur sehen, dass wir Schuldner seyen, sondern auch, dass wir nicht im Stande 
sind, zu bezahlen, da der Sünder durch sich auf keine Weise Genugthuung leisten 
kann.
XIII. Da der Sünder durch sich selbst nicht bezahlen kann, woher kann für die durch die Sünde zugezogene Schuld Genugthnuug geleistet werden?
1) Man muss Christi Beistand anflehen, dass er uns aus dem Schatze 
seines Leidens mittheile, wodurch die durch die Sünde zugezogenen Schulden 
bezahlt werden. 2) Das Leiden Christi ist die Quelle aller unserer 
Genugthuung.
I. Desswegen müssen wir zur Barmherzigkeit Gottes unsere Zuflucht 
nehmen, und weil dieser seine Gerechtigkeit gleich ist, von der Gott durchaus 
nichts nachlässt, so muss man sich der Abbitte bedienen, und Fürstellung des 
Leidens unsers Herrn Jesu Christi, ohne welches Niemand je Verzeihung der Sünden 
erlangt hat, und aus dem auch alle Kraft und aller Grund der Genugthuung gleich 
aus einer Quelle, geflossen ist. 
II. Denn jener Preis, den Christus der Herr am Kreuze bezahlet, und 
uns durch die Sakramente, wenn sie wirklich oder durch die Begierde und das 
Verlangen darnach angewendet werden, mitgetheilet hat, ist so gross, dass er für 
uns erlanget und vollbringt, was wir in dieser Bitte begehren, dass uns nämlich 
unsere Sünden nachgelassen werden.
XIV. Man bittet hier um Nachsicht und Verzeihung der lässlichen und Todsünden.
Wir bitten hier nicht nur um Verzeihung für die geringen Fehler und 
lässlichen Sünden, sondern auch für die schweren und Todsünden; dieses Gebet 
aber wird bei der Grösse der Sünden kein Gewicht haben, wenn es dasselbe nicht 
durch das Sakrament der Busse, das man wirklich, oder doch durch das Verlangen 
darnach empfangen hat, wie schon gesagt, erhält.
XV. Es geschieht nicht aus dem nämlichen Grunde, warum wir hier unsere Schulden sagen, aus dem wir so sagten, da wir um das tägliche Brod baten.
Wir sagen aber Unsere Schulden aus einem ganz andern Grunde, als 
wir eben Unser Brod sagten. Denn jenes Brod ist unser, weil es uns Gott schenkt, 
und die Sünden sind unser, weil wir Schuld an ihnen sind; denn durch unsern 
eigenen Willen werden sie zugezogen, und sie würden die Bedeutung der Sünde 
nicht haben, wenn sie nicht freiwillig wären. Wir flehen also die nothwendige 
Barmherzigkeit Gottes an, indem wir diese Schuld tragen und bekennen, um die 
Sünden auszusöhnen. Hiebei bringen wir keine Entschuldigung vor, und schieben 
die Ursache auf Niemanden andern, wie die ersten Menschen, Adam und Eva, [Gent. 3,12.13] gethan haben; 
wir richten uns selbst, wenn wir klug sind, und wenden jenes Gebet des Propheten 
an: Neige mein Herz nicht auf boshafte Worte, meine Sünden 
zu entschuldigen. [Ps. 140,4] 
XVI. Warum wir in der vielfachen Zahl bitten, vergib uns die Schulden.
Auch sagen wir nicht, vergib mir, sondern uns; was die brüderliche 
Verwandtschaft und Liebe, die alle Menschen umschlingt, von jedem fordert, damit 
wir um das gemeinsame Heil der Nebenmenschen besorgt, indem wir für uns beten, 
auch für sie bitten. Diese Gebetweise, die von Christus dem Herrn gelehret, 
hernach von der Kirche Gottes angenommen und beständig bewahret worden ist, 
hielten auch die Apostel selbst fest, und waren die Urheber, dass sie auch die 
übrigen gebrauchten. Ein herrliches Beispiel an diesem Flammeneifer und 
Verlangen beim Gebete für das Heil der Nebenmenschen haben wir in beiden 
Testamenten an den heiligen Moses und Paulus; der eine von ihnen betete also: 
Nun verzeihe ihnen ihre Sünde, oder wenn nicht, lösche mich 
aus deinem Buche; [Exod. 32,31.323] der 
andere also: Ich wünschte selbst im Banne zu seyn: los von 
Christo statt meiner Brüder. [Röm. 9,3] 
Als auch wir vergeben unsern Schuldigern,
XVII. Wie diese Worte, als auch wir vergeben unsern Schuldigern, zu verstehen seyen.
Zweifache Deutung der Partikel als.
Dieses als (wie) kann auf zweifache Weise genommen werden: denn es 
hat die Bedeutung der Aehnlichkeit, wenn wir nämlich Gott bitten, dass, gleich 
wie wir Unbilden und Beschimpfungen denen vergeben, die uns beleidiget haben, so 
auch er uns unsere Sünden vergebe. Ferner hat es die Bedeutung der Bedingniss, 
und so hat Christus der Herr diese Formel erkläret, da er sagt: Denn wenn ihr den Menschen ihre Sünden vergebet, so wird euch euer 
himmlischer Vater auch eure Sünden vergeben. Wenn ihr aber den Menschen nicht 
vergebet, so wird euch euer himmlischer Vater eure Sünden auch nicht vergeben. 
[Matth. 6,14.15] Jedoch beide Deutungen 
enthalten die Notwendigkeit zu verzeihen; so dass es, wenn wir wollen, dass uns 
Gott Verzeihung der Sünden angedeihen lasse, nothwendig ist, dass wir auch jenen 
verzeihen, die uns beleidiget haben. Denn also fordert Gott von uns Vergessen 
der Unbilden und wechselseitige Zuneigung und Liebe, dass er die Opfer und Gaben 
derjenigen, die sich nicht ausgesöhnet haben, zurückweiset und verabscheuet.
XVIII. Es wird bewiesen, dass die Vergebung aller Beleidigungen mit den Gesetzen der Natur sowohl, als auch mit den Geboten Christi übereinstimme.
Es ist auch vom Naturgesetze heilig geboten, dass wir uns gegen 
andere so betragen, wie wir wünschen, dass sie sich gegen uns betragen; so dass 
der wahrlicb unverschämt ist, der von Gott verlangt, dass er ihm die Strafe 
eines Vergehens nachlasse, indem er selbst gegen seinen Nächsten feindselig 
gesinnt bleibt.
Daher müssen diejenigen zum Verzeihen geneigt und bereit seyn, die 
beleidiget worden sind, da sie sowohl diese Gebetformel dazu drängt, als auch 
Gott diess beim h. Lukas befiehlt: Wenn dein Bruder wider 
dich sündiget, so verzeihe ihm, und wenn es ihn reut, so vergib ihm. Und wenn er 
siebenmal des Tages wider dich sündiget, und siebenmal des Tages wieder zu dir 
kömmt, und spricht: Es reuet mich, so vergib ihm. [Luc. 17,3.4] Und im Evangelium des h. Matthäus heisst es 
so : Liebet eure Feinde, thut Gutes denen, die euch hassen. 
[Matth. 5,41] Und der Apostel, und vor ihm 
Salomon, haben geschrieben: Wenn dein Feind Hunger hat, so 
speise ihn; wennn er Durst hat, so tränke ihn. [Prov. 25,21] Und beim h. Evangelisten Markus steht: Wenn ihr stehet, um zu beten, so vergebet, wenn ihr etwas gegen 
Jemanden habet, damit auch euer Vater im Himmel eure Sünden euch vergebe. 
[Marc. 11,25] 
XIX. Durch welche Gründe, die Gemüther der Menschen zur Sanftmuth bewegt werden können, welche hier Gott fordert.
1) Es ist schwer, die gefasste Begierde, sich zu rächen, abzulegen. 2) 
Den Christen ist Sanftmuth gegen die Nebenmenschen nothwendig.
I. Da wegen der Verdorbenheit der Natur dem Menschen nichts 
schwerer fällt, als dem Beleidiger zu verzeihen: so sollen die Seelsorger alles 
Mögliche anwenden, um die Gemüther der Gläubigen zu dieser dem Christen 
nothwendigen Sanftmuth und, Barmherzigheit zu leiten und zu bewegen.
II. Sie sollen bei der Erklärung die göttlichen Aussprüche 
anführen, womit Gott befiehlt, dass man den Feinden verzeihen müsse. Sie sollen 
darstellen, was auch gewiss wahr ist, es sey für die Menschen ein grosser 
Beweis, dass sie Kinder Gottes seyen, wenn sie gerne die Beleidigungen vergeben, 
und die Feinde von Herzen lieben. Denn daraus, dass wir die Feinde lieben, 
leuchtet eine gewisse Aehnlichkeit mit dem himmlischen Vater hervor, der das 
gegen ihn so feindselige und böse gesinnte Menschengeschlecht durch den Tod 
seines Sohnes vom ewigen Verderben erlöset, und ausgesühnet hat. Den Schluss 
dieser Ermahnung und dieses Gebotes mache jener Befehl Christi des Herrn, den 
wir ohne die grösste Schmach und ohne völliges Verderben nicht auf die Seite 
setzen können: Betet für die, welche euch verfolgen und 
verläumden, auf dass ihr Kinder seyd eures Vaters, der im Himmel ist. 
[Matth. 5,44.45] 
XX. Wie es mit denen zu halten sey, welche die Beleidigunyen nicht ganz veryessen können.
Allein hierin wird von Seite der Seelsorger eine nicht gemeine 
Klugheit erfordert, damit niemand, der die Schwierigkeit und Nothwendigkeit 
dieses Gebotes erkannt hat, an der Seligheit verzweifle. Denn es gibt Leute, 
welche, wenn sie einsehen, dass sie die Beleidigungen gerne vergessen und ihre 
Beleidiger lieben müssen, diess zwar wollen, und nach Kräften thun; aber sie 
fühlen, dass sie das gänzliche Andenken an die Beleidigungen nicht austilgen 
können. Es bleibt im Herzen ein gewisser Groll zurück; wesswegen sie in steter 
Unruhe leben, und fürchten, sie möchten dem Gebote Gottes nicht gehorchen, da 
sie die Feindschaften nicht ganz und durchaus abgelegt haben. Hier nun sollen 
die Seelsorger den Widerstreit des Fleisches und Geistes erklären, dass jenes 
darauf sinne, sich zu rächen, dieser aber geneigt sei zum Vergeben; und daraus 
bestehe zwischen ihnen ein beständiger Streit und Kampf. Desshalb aber dürfe man 
an der Seligkeit nicht verzweifeln, wenn die Begierden der verderbten Natur der 
Vernunft widerstreiten und entgegen sind; wenn nur der Geist standhaft verharret 
in seiner Pflicht und den Willen hat, die Beleidigungen zu verzeihen und den 
Nächsten zu lieben.
XXI. Welche noch Rachgierde im Herzen haben, können und sollen das Gebet des Herrn ohne Sünde beten.
1) Die Christen beten im Namen der ganzen Kirche. 2) Wenn Gott um etwas 
gebeten wird, so bitte man ihn auch um die Kraft, das zu vollbringen, was sonst 
dem Menschen unmöglich zu seyn scheinet.
I. Wenn es vielleicht einige geben möchte, die ihre Feinde lieben, 
jedoch es noch nicht dahin bringen können, die Unbilden zu vergessen, und durch 
die eben genannte Bedingung dieser Bitte abgeschreckt werden, sich des Gebetes 
des Herrn zu bedienen; sollen die Seelsorger folgende zwei Gründe anführen, 
wodurch sie ihnen diesen verderblichen Irrwahn benehmen. Nämlich Jeder aus der 
Zahl der Gläubigen betet, dieses Gebet im Namen der ganzen Kirche, in der 
nothwendig einige fromme Menschen seyn müssen, welche ihren Schuldnern die 
Schulden, welche hier erwähnt werden, vergeben haben. Dazu kömmt, dass wir, 
indem wir Gott darum bitten, zugleich auch begehren, was wir immer, um jenes zu 
erlangen, nothwendig in diese Bitte einschliessen müssen. Denn wir bitten sowohl 
um Verzeihung der Sünden, als auch um die Gabe wahrer Bussfertigkeit; wir bitten 
um das Vermögen, innigsten Schmerz zu empfinden; wir verlangen, dass wir die 
Sünden verabscheuen, und sie dem Priester wahrhaft und aufrichtig beichten 
können.
II. Da es uns also nothwendig ist, jenen zu verzeihen, die uns 
einen Schaden oder etwas Böses zuge
fügt haben; so erflehen wir, wenn wir Gott um Verzeihung bitten, 
zugleich auch, dass er uns die Kraft verleihe, uns mit jenen auszusöhnen, die 
wir hassen. Desshalb muss denjenigen, welche von dieser eitlen und verderblichen 
Furcht geängstiget werden, diese Meinung benommen werden, damit sie Gott durch 
ein solches Gebet nicht noch mehr beleidigen, und man soll sie dagegen zur 
häufigen Uebung des Gebetes ermahnen, damit sie Gott den Vater um solche 
Gesinnungen bitten, dass sie denen, die sie beleidiget haben, verzeihen und ihre 
Feinde lieben.
XXII. Was jener thun müsse, der wünscht, dass ihm das Gebet um Verzeihung der Sünden nützlich sey.
1) Er muss bereuen, Thränen vergiessen, die Gelegenheiten zur Sünde 
meiden. 2) Man muss die Beispiele jener vor Augen stellen, welche durch Gebet 
Verzeihung erlangt haben.
I. Damit aber das Gebet sicher fruchtbringend sey, so muss man 
erstlich diese Sorgfalt und Betrachtung darin anwenden: nämlich wir flehen Gott 
an, und bitten um Verzeihung, die aber Keinem gegeben wird, der nicht Reue 
fühlt; daher müssen wir von einer solchen Liebe und Gottseligkeit durchdrungen 
seyn, wie es sich für Reuige geziemt; es geziemt sich aber für solche besonders, 
dass sie sich ihre Sünden und Lasterthaten gleichsam vor Augen stellen, und 
dieselben durch ihre Thränen aussöhnen sollen. Mit dieser Betrachtung muss die 
Behutsamkeit verbunden werden, in Zukunft alles zu meiden, was Gelegenheit zur 
Sünde verschaffen, und uns veranlassen könnte, Gott den Vater zu beleidigen. 
Diese Sorgen quälten den David, da er sprach: Meine 
Missethat erkenne ich, und meine Sünde ist mir allezeit. [Ps. 50,5] Und ferner: Ich wasche jede 
Nacht mein Bett und benetze mit meinen Thränen mein Lager. [Ps. 6,5] 
II. Es stelle sich ferner Jedermann den so inbrünstigen Gebetseifer 
derjenigen vor, die von Gott durch Gebet Verzeihung ihrer Sünden erlangt haben, 
wie jener Zöllner, welcher von ferne stand vor Scham und Schmerz, und mit zur 
Erde gesenkten Augen nur an seine Brust schlug, indem er sprach: Gott sey mir Sünder gnädig; [Luc. 
15,13] und jene Sünderin, welche sich rückwärts zu den Füssen Christi des 
Herrn stellte, seine Füsse mit Thränen benetzte, sie mit den Haaren ihres 
Hauptes abtrocknete und küsste; endlich Petrus der Apostelfürst, der hinausging und bitterlich weinte. [Matth. 26,75] 
XXIII. Welches die vorzüglichsten Mittel zur Heilung der Wunden der Seele seyen.
1) Die Busse und Eucharistie. Almosengeben. 2) Das beste Almosen ist 
Vergessen der Beleidigungen. 3) Es ist unwürdig, von Gott Verzeihung zu 
verlangen, wenn man, von andern beleidigt, ihnen nicht verzeihen will.
I. Hernach soll man bedenken, je schwächer die Menschen sind, und 
je geneigter zu den Krankheiten der Seele, welche die Sünden sind, desto mehrere 
und häufigere Arzneimittel bedürfe man. Heilmittel aber einer kranken Seele sind 
die Busse und Eucharistie. Diese also soll das gläubige Volk, sehr oft anwenden. 
Ferner sind Almosen, wie die heiligen Schriften lehren, eine geeignete Arznei 
zur Heilung der Seelenwunden. Die sich desshalb dieser Bitte mit frommem Sinne 
bedienen wollen, müssen gütig seyn gegen die Dürftigen, so viel in ihrer Macht 
steht; denn welch grosse Wirksamkeit das Almosen zur Tilgung der Sündenmackeln 
habe, bezeugt der Engel Raphael bei'm Tobias, da er spricht: >Das Almosen errettet vom Tode, und dasselbige ist's, das von 
Sünden reinigt, und macht, dass man Barmherzigkeit und ewiges Leben finde. 
[Tob. 12,9] Zeuge hievon ist Daniel, der den 
König Nabuchodonosor so ermahnet: Mach dich los von deinen 
Sünden, durch Almosen von deinen Missethaten, durch Barmherzigkeit gegen die 
Armen. [Dan. 4,24] 
II. Die beste Spende aber, und die beste Weise Barmherzigkeit zu 
erzeigen, ist das Vergessen von Beleidigungen, und einen guten Willen gegen 
diejenigen, die eine Sache von dir, oder deiner Ehre, oder deinen oder der 
Deinigen Körper verletzt haben. Wer also wünschet, dass Gott gegen ihn besonders 
barmherzig sey, der soll Gott auch seine Feindschaften aufopfern, jede 
Beleidigung vergeben, und für seine Feinde sehr gern beten, jede Gelegenheit 
ergreifend, sich um sie wohl verdient zu machen,
III. Da wir aber diesen Stoff erkläret haben, als wir vom 
Todschlage redeten, so verweisen wir dahin die Seelsorger, die aber diese Bitte 
so schliessen sollen, es gebe und könne nichts Ungerechteres erdacht werden, als 
einen solchen Menschen, der hartherzig ist, und gegen niemanden sanftmüthig, und 
doch verlange, dass Gott gegen ihn milde sey und gütig.
 
 
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