Zweiter Theil - Achtes Hauptstück - Vom Sakramente der Ehe.
I. Warum die Seelsorger fleissig darauf bedacht seyn sollen, dass das christliche Volk die Beschaffenheit und Heiligkeit der Ehe kenne.
Die Lehre vom Sakramente der Ehe wird erklärt im Anfange sess. 24.
Trid. Synod. Die Vortrefflichkeit der Keuschheit fassen nicht Alle. Nutzen des
Unterrichts von der Ehe.
Weil das Augenmerk der Seelsorger immer auf das selige und
vollkommene Leben des christlichen Volkes gerichtet seyn muss, so wäre sehr zu
wünschen, was der Apostel als sein Verlangen an die Korinther aussprach, mit
folgenden Worten: Ich wünsche, dass alle Menschen so seyn
möchten, wie ich; [Cor. 7,7] nämlich dass
alle nach der Tugend der Enthaltsamkeit streben möchten; denn den Gläubigen kann
in diesem Leben nichts Seligeres zu Theil werden, als dass die Seele von keiner
irdischen Sorge zerstreut, und nach hergestellter Ruhe und Ausrottung aller
fleischlichen Begierde, in dem Einen Eifer nach Gottseligkeit und in Betrachtung
göttlicher Dinge ruhen möchte; jedoch weil, nach dem Zeugnisse des nämlichen
Apostels, Jeder seine eigene Gabe von Gott hat, einer so, der andere so, und die
Ehe mit grossen und göttlichen Gütern geziert ist, so dass sie eigentlich und
wahrhaft unter die andern Sakramente der katholischen Kirche gezählt wird, und
der Herr selbst die Hochzeitsfeier durch seine Gegenwart geehret hat: so
erhellet deutlich, dass ihre Lehre vorgetragen werden müsse; vorzüglich da man
bemerken kann, dass sowohl der heilige Paulus, als auch der Apostelfürst an
mehreren Stellen genau das beschrieben haben, was nicht nur ihre Würde, sondern
auch die Pflichten der Ehe anbelangt. Erfüllt vom heiligen Geiste, erkannten sie
sehr wohl, wie grosse und viele Vortheile der christlichen Gesellschaft
zufliessen könnten, wenn die Gläubigen die Heiligkeit, der Ehe erkennen, und
unverletzt bewahren würden; dass aber im Gegentheile, wenn sie vernachlässigt
und nicht erkannt wird, der Kirche sehr viele und grosse Drangsale und Nachtheile erwachsen. Zuerst also soll die
Beschaffenheit und Kraft der Ehe erkläret werden; denn da die Laster oft den
Anschein der Tugend haben, so muss man verhüten, dass nicht die Gläubigen vom
falschen Scheine der Ehe betrogen, ihre Seele mit Schande und gottloser Wollust
überhäufen. Zur Erläuterung dieser Sache soll der Anfang mit der Bedeutung des
Namens gemacht werden.
II. Warum diese heilige Verbindung durch den Namen Matrimonium, Conjugiun und Nuptiae ausgedruckt werde.
Matrimonium heisst sie daher, weil eine Weibsperson vorzüglich
desswegen heirathen soll, dass sie Mutter werde; oder weil ein Kind zu
empfangen, zu gebären und aufzuziehen die Pflicht der Mutter ist. Auch Conjugium
wird sie genannt vom Zusammenbinden, weil ein rechtmässiges Weib mit dem Manne
gleichsam an ein Joch gebunden wird. Ferner Nuptiae, weil, wie der heil.
Ambrosius sagt [Lib. I. de
Abrah. c. 9] , die Mädchen sich aus Scham verheirathen, wodurch auch
erkläret wird, dass sie den Mannern gehorsam und Unterthan seyn müssen.
III. Was die Ehe sey.
1) Begriff der Ehe; ihre Kraft, worin sie hauptsächlich bestehe. 2)
Eine Ehe zwischen aussergesetzlichen Personen geschlossen, ist nichtig. Das
Eheband ist unauflösbar.
I. Die Ehe wird nach der gemeinsamen Meinung der Theologen so
bestimmt: Die Ehe ist eine ehliche Verbindung eines Mannes und eines Weibes
zwischen rechtmässig und dazu befugten Personen, zur unzertrennlichen
Lebens-Genossenschaft. Damit die Theile dieses Begriffes deutlicher verstanden
werden, soll man lehren, obschon alles dieses in einer vollkommenen Ehe
enthalten sey, nämlich die innerliche Einwilligung, der äusserliche Vertrag, mit
Worten ausgedrückt, die Verbindlichkeit und das Band, das durch jenen Vertrag
eingegangen wird, und die Vermischung der Eheleute, wodurch die Ehe vollendet
wird: nichts von diesem habe eigentlich die Kraft und Wesenheit der Ehe, ausser
jener Verbindlichkeit und Zusammenfügung, welche durch
das Wort Conjunctio, Verbindung, angezeigt wird.
II. Es wird aber eheliche hinzugefügt, weil andere Gattungen von
Verträgen, wodurch sich Männer und Weiber verbindlich machen, sich
wechselseitige Unterstützung zu leisten, entweder um Geld oder anderer Dinge
wegen, dem Wesen der Ehe gänzlich fremd sind. Hierauf folgt, zwischen
rechtmässigen, dazu befugten Personen, weil jene, die durch Gesetze von einer
ehelichen Verbindung ausgeschlossen sind, eine Ehe nicht eingehen können, und
wenn sie dieselbe eingehen, sie ungültig ist; z. B. die, welche innerhalb dem
vierten Grade blutsverwandt sind, oder ein Knabe unter vierzehn Jahren, oder ein
Mädchen vor dem zwölften, welches Alter gesetzlich vorgeschrieben ist, können
nicht tauglich seyn, gültige Ehebündnisse zu schliessen. Das letzte aber, zur
unzertrennlichen LebensGenossenschaft, zeigt die Beschaffenheit des
unauflösbaren Bundes an, mit dem Mann und Weib verbunden werden.
IV. Worin die vorzüglichste Kraft der Ehe bestehe.
Das Wesen der Ehe besteht nicht so fast in der Einwilligung, als im
Bunde der Verbindlichkeit. Die Einwilligung ist die Grundbedingung der Ehe.
Aus dem Obigen erhellt, dass die Natur und das Verhältniss der Ehe
in jenem Bande bestehe. Wenn einige gelehrte Männer das Wesen der Ehe in die
Einwilligung setzen wollen, so, dass sie sagen, die Ehe sey eine Einwilligung
eines Mannes und eines Weibes, ist das so zu verstehen, die Einwilligung selbst
sey die wirkende Ursache der Ehe; diess lehrten die Väter im Concilium zu
Florenz. Denn Verbindlichkeit und Verbindung kann nur aus Einwilligung, und
Vertrag hervorgehen.
V. Wie die bei der Ehe erforderliche Einwilligung beschaffen seyn, und auf welche Art sie ausgedrückt werden müsse.
Die Einwilligung muss in der gegenwärtigen Zeit ausgedrückt werden, und
wechselseitig seyn. Innerliche Einwilligung reicht zur Ehe nicht hin.
Besonders nothwendig ist, die Einwilligung mit Worten, welche die
Gegenwart anzeigen, auszudrücken; denn die Ehe ist nicht eine einfache
Schenkung, sondern ein wechselseitiger Vertrag, woraus
folgt, dass die Einwilligung nur eines Theiles, nicht genügend seyn kann zur
Schliessung der Ehe, sondern es müssen beide Theile wechselseitig einwilligen.
Dass aber zur Darlegung der wechselseitigen Einwilligung Worte nothwendig seyen,
ist klar: denn wenn die Ehe nur aus der innerlichen Einwilligung, ohne irgend
eine äusserliche Andeutung, bestehen könnte, so würde auch folgen; dass zwei
Personen, welche an verschiedenen und weit entfernten Orten waren und in die Ehe
willigten, ehvor eine der andern ihren Willen entweder durch einen Brief oder
durch Boten erklärt hätte, durch das Band einer wahren und statthaften Ehe
verbunden würden, was doch der Vernunft, der Gewohnheit und den Befehlen der
heiligen Kirche widerspricht.
VI. Wechselseitige Einwilligung, ausgedrückt mit Worten der zukünftigen Zeit, bewirkt nicht die Ehe.
1) Die mit Worten der zukünftigen Zeit ausgedruckte Einwilligung
bewirkt nicht die Ehe. 2) Wer sein Versprechen nicht hält, bricht wohl die
Treue, löst aber die Ehe nicht auf. 3) Wie das zur Vollendung der Ehe
erforderliche Versprechen beschaffen seyn muss.
I. Es wird mit Recht behauptet, die Einwilligung müsse mit Worten
ausgedrückt werden, welche die Bedeutung der gegenwärtigen Zeit haben; denn
Worte, welche die zukünftige Zeit anzeigen, schliessen nicht die Ehe, sondern
versprechen sie. Dann ist auch klar, dass noch nicht wirklich sey, was zukünftig
ist; was aber noch nicht ist, hat entweder nur geringe oder gar keine Festigkeit
und Beständigkeit.
II. Desswegen hat Jemand noch nicht ein eheliches Recht auf ein
Weib, welches er ehelichen zu wollen verspricht; und wenn er nicht auf der
Stelle erfüllt, was er thun zu wollen versprochen hat, ist er doch schuldig Wort
zu halten, thut er diess nicht, so ist er des Treubruches schuldig. Wenn aber
Jemand mit einer andern Person ehelich verbunden ist, so kann er, wenn es ihn
auch nachher reuet, das Geschehene nicht mehr ändern, oder ungültig und
ungeschehen machen.
III. Da also die Verbindlichkeit der Ehe nicht ein einfaches
Versprechen ist, sondern ein solches Hingeben seiner selbst, wodurch wirklich
der Mann die Gewalt über seinen Leib dem Weibe, und entgegen das Weib dieselbe dem Manne übergibt, so ist es nothwendig, die
Ehe mit Worten, welche die gegenwärtige Zeit bezeichnen, zu schliessen, und die
Kraft dieser Worte, sobald sie ausgesprochen sind, dauert fort, und bindet Mann
und Weib mit unauflösbarem Bande.
VII. Wenn aus Schamhaftigkeit oder wegen eines andern Hindernisses die Einwilligung mit Worten nicht ausgedrückt wird, so vertreten Winke und Zeichen die Worte.
Anstatt der Worte können Winke und Zeichen, welche die innerliche
Einwilligung deutlich zu erkennen geben, zur Ehe genügend seyn; selbst auch das
Stillschweigen, wenn nämlich das Mädchen aus Schamhaftigkeit nicht antwortet,
sondern die Eltern für sie sprechen,
VIII. Zur wirklichen Ehe wird der Beischlaf nicht erfordert.
Hiernach nun sollen die Seelsorger den Gläubigen vortragen, das
Wesen und die Kraft der Ehe bestehe im Bande und in der Verbindlichkeit, und
ausser der, auf die oben angegebene Weise ausgedrückten Einwilligung werde zu
einer wirklichen Ehe der Beischlaf nicht nothwendig erfordert, denn die heiligen
Väter bezeugen, auch die Stammeltern seyen vor der Sünde [Gen. 2,24] , zu welcher Zeit
keine fleischliche Verbindung zwischen ihnen stattgefunden hatte, wirklich
ehelich verbunden gewesen. Daher der Ausspruch der heiligen Väter, die Ehe
bestehe nicht im Beischlafe, sondern in der Einwilligung. Diess lesen wir auch
beim h. Ambrosius in seinem Buche von der Jungfrauschaft. [c. 6.]
IX. Wie vielfach die Ehe betrachtet werden könne.
Das Verhältniss der Ehe ist zweifach; nämlich als Pflicht der Nutur,
und als Sakrament. Von der Ehe, was sie als Pflicht der Natur anbelangt.
Hierauf soll gelehret werden, dass die Ehe ein zweifaches
Verhältniss habe. Sie muss also betrachtet werden als eine natürliche Verbindung
(denn die Ehe ist nicht von den Menschen erfunden, sondern von der Natur), oder als Sakrament, dessen Kraft den Zustand der
natürlichen Dinge übertrifft. Weil aber die Gnade die Natur vollkommen macht
(denn es war nicht erst das Geistige, sondern das
Thierische, und hernach das Geistige) [I. Cor. 15,
46.] : so fordert die Ordnung des Gegenstandes zuerst von der Ehe, wie
sie durch die Natur besteht und zur Pflicht der Natur gehört, zu handeln; dann
aber soll dargelegt werden, was ihr, als Sakrament, zukömmt.
X. Wer der Urheber der Ehe sey, in so ferne sie eine Pflicht der Natur anzeigt.
Die Ehe ist, als Pflicht der Natur betrachtet, göttlicher
Anordnung.
Vor allem sind die Gläubigen zu belehren, dass die Ehe von Gott
eingesetzt sey, denn im Buche Genesis steht geschrieben: Er
schuf sie, einen Mann und ein Weib, und Gott segnete sie, und sprach; Wachset
und vermehret euch; [Gen. 1, 27. 28.] und:
Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sey; wir wollen ihm
eine Gehilfin geben, ihm gleich. [Gen. 2, 18. 20]
Und kurz hernach: Für den Adam gab es keine ihm gleiche Gehilfin. Es
schichte daher Gott einen Schlaf über Adam, und da er eingeschlafen war, nahm er
eine Rippe aus seiner Seite, und füllte ihre Stelle mit Fleisch aus. Und der
Herr bildete die Rippe, welche er vom Adam genommen hatte, zum Weibe, und führte
sie dem Adam zu. Adam sprach: Diess nun ist Bein von meinen Gebeinen, und
Fleisch von meinem Fleische; diese wird Männin heissen, weil sie vom Manne
genommen ist. Desshalb wird der Mann Vater und Mutter, verlassen, und seinem
Weibe anhangen, und sie werden zwei seyn in einem Fleische. Der Herr und
Schöpfer selbst zeigt bei Matthäus, dass die Ehe von Gott eingesetzt sey. [Matth. 19,5]
XI. Die Ehe ist unauflösbar, als Pflicht der Natur betrachtet, und besonders als Sakrament.
Die Ehe, als natürliche Verbindung betrachtet, kann nicht aufgelöst
werden.
Gott hat die Ehe nicht blos eingesetzt, sondern auch, nach der
Erklärung der .h. Synode von Trient, ein beständiges und unauflösbares Band
hinzugefügt. Denn der Heiland sagt: >Was Gott verbunden
hat, soll der Mensch nicht trennen. [Matth. 19,6] Obschon es also schon der Ehe, in so weit
sie eine Pflicht der Natur ist, zukömmt, dass sie nicht aufgelöst werden kann,
so erfolgt diess noch weit mehr, in so ferne sie ein Sakrament ist: denn hieraus
erlangt sie in allem, was ihr durch das Gesetz der Natur eigen ist, die höchste
Vollendung. Auch widerstreitet die Auflösbarkeit ihres Bandes der Pflicht der
Erziehung der Kinder, und andern Vortheilen der Ehe.
XII. Nicht alle Menschen sind zur Ehe verpflichtet.
Die Ehe ist von Gott eingesetzt zur Vermehrung des
Menschengeschlechtes. Die Jungfrauschai't hat den Vorzug vor der Ehe.
Die Worte des Herrn: Wachset und vermehret
euch, [Gen. 1,28] beziehen sich auf die
Erklärung, wesswegen die Ehe eingesetzt wurde, und nicht dass jeder Mensch dazu
verpflichtet sey; denn jetzt, nachdem das menschliche Geschlecht schon vermehret
ist, zwingt nicht nur kein Gesetz zu heirathen, sondern es wird vielmehr die
Jungfrauschaft sehr anempfohlen, und in den heiligen Schriften einem Jeden
angerathen, da sie vortrefflicher sey als der Ehestand, und eine grössere
Vollkommenheit und Heiligkeit in sich enthalte. Unser Herr und Heiland hat so
gelehrt: Wer es fassen kann, der fasse es, [Matth. 19,12] und der Apostel sagt: Ueber die Jungfrauen habe ich von Gott keinen Befehl; aber ich
gebe einen Rath, als solcher, der Barmherzigkeit von Gott erlangt hat, treu zu
seyn. [I. Cor. 7,25]
XIII. Warum sich ein Mann und ein Weib verbinden müssen.
Es soll erkläret werden, warum ein Mann und ein Weib sich verbinden
müssen. Die erste Ursache ist die von der natürlichen Neigung selbst verlangte
Verbindung verschiedenen Geschlechts, gestiftet durch die Hoffnung
wechselseitigen Beistandes, damit eines durch das andere unterstützt, die
Ungemächlichkeiten des Lebens leichter ertragen, und die Schwäche des Alters
aushalten könnte. Die zweite besteht im Verlangen nach Nachkommenschaft, nicht
gerade desswegen, um Erben der Güter und Reichthümer zurückzulassen, sondern um
Verehrer des wahren Glaubens und der wahren Religion zu
erziehen; was vorzüglich, wie aus der heiligen iSchrift erhellt, jene heiligen
Patriarchen bei ihren Heirathen beabsichtigt haben. Desshalb spricht der Engel,
als er den Tobias belehrte, wie er die Gewalt des bösen Geistes vertreiben
könnte: Ich will dir zeigen, welche jene sind, die der
Teufel bezwingen kann. Nämlich diejenigen, welche die Ehe so eingehen, dass sie
Gott von sich und ihren Gedanken ausschliessen, und sich so ihrer Geilheit
hingeben, wie das Pferd und das Maulthier, die keinen Verstand haben; über diese
hat der Teufel Gewalt. [Tobt. 6, 16. 17.]
Hernach fügt er bei: Du sollst die Jungfrau in der Furcht des Herrn zu
dir nehmen, mehr aus Verlangen nach Kindern, als aus Wollust, damit du im Samen
Abrahams Segen i n deinen Kindern erlangest. Diess ist auch die einzige Ursache,
warum Gott im Anfange die Ehe eingesetzt hat. Daher versündigen sich jene sehr
schwer, welche im Ehestande durch Arzneien entweder die Empfängniss verhindern,
oder die Frucht abtreiben; denn diess ist einem Menschenmorde gleich zu
achten.
XIV. Warum die Ehe nach der Sünde eingesetzt worden sey.
Die dritte Ursache ist nach dem Falle der Stammeltern zu den andern
hinzugekommen, da wegen des Verlustes der Gerechtigkeit, in der der Mensch
erschaffen war, die Begierlichkeit der wahren Vernunft zu widerstreben, anfing;
damit nämlich der, welcher sich seiner Schwache bewusst ist, und den Widerstreit
des Fleisches nicht aushalten will, sich des Heilmittels der Ehe bediene, um die
Sünden der Geilheit zu vermeiden. Hierüberschreibt der Apostel folgendes: Wegen der Hurerei soll jeder sein Weib haben, und jede soll ihren
Mann haben. [I. Cor. 7,2.] Und kurz nachher,
als er gelehrt hatte, man müsse sich um des Gebetes willen manchmal der
ehelichen Pflicht enthalten, fügte er bei: Und dann kehret wieder zu ihr zurück,
damit euch der Satan nicht versuche wegen eurer Unenthaltsamheit. Diese Ursachen
also muss sich jeder vor Augen stellen, der fromm und gottesfürchtig, wie es den
Kindern der Heiligen geziemt, sich verehelichen will.
Wenn zu diesen noch andere Ursachen kommen, warum die Menschen
heirathen, und sie bei der Auswahl der Frauen diese vor Augen haben, als Verlangen nach
Hinterlassung eines Erben, Reichthum, Schönheit, adelige Abkunft, Gleichheit der
Sitten; so sind solche Gründe nicht tadelhaft, da sie der Heiligkeit der Ehe
nicht entgegen sind. Auch in den heiligen Schriften wird ja der Patriarch Jakob
nicht getadelt, dass er die Rachel wegen ihrer Schönheit der Lia vorzog. Soviel
von der Ehe, als natürliche Verbindung betrachtet.
XV. Warum die Ehe durch Christus zur Würde eines Sakramentes erhoben worden sey.
1) Von der Ehe, als Sakrament. 2) Die innigste Vereinigung Christi und
der Kirche durch die Liebe wird sehr passend durch das Sakrament der Ehe
angedeutet.
I. Als Sakrament muss von ihr erkläret werden, dass ihr Wesen viel
vortrefflicher sey, und sich auf einen weit höheren Zweck beziehe. Gleichwie die
Ehe, als natürliche Verbindung, vom Anfange zur Fortpflanzung des menschlichen
Geschlechtes eingesetzt worden ist, ebenso ist ihr später die Würde eines
Sakramentes verliehen worden, damit das Volk zum Dienste und zur Verehrung
Christi, des wahren Gottes und unseres Heilandes erzeugt und erzogen werden
sollte.
II. Als Christus der Herr ein bestimmtes Zeichen jener innigsten
Vereinigung, in der er mit der Kirche steht, und seiner unermesslichen Liebe
gegen uns geben wollte, erklärte er die Würde dieses erhabenen Geheimnisses
vorzüglich durch diese heilige Verbindung des Mannes und Weibes. Dass aber diess
sehr passend sey, kann daraus erkannt werden, weil kein menschliches Band die
Menschen so sehr mit einander zusammenhält, wie das Band der Ehe, und Mann und
Weib durch die höchste Liebe und Freundschaft verbunden sind; und diess ist die
Ursache, warum uns die heiligen Schriften diese göttliche Vereinigung Christi
und der Kirche so oft unter dem Gleichnisse einer Hochzeit vor Augen
stellen.
XVI. Wie die Ehe ein wahres Sakrament des evangelischen Gesetzes sey.
Die Ehe erthellet die heilig machende Gnade.
Die Kirche hat immer als gewiss und erwiesen angenommen, dass die
Ehe ein Sakrament sey, gestützt auf den Ausspruch des Apostels, der an die
Epheser schreibt: Die Männer müssen ihre Weiber lieben, wie
ihre Leiber. Wer sein Weib liebt, liebt sich selbst; Niemand hat je sein eigenes
Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch Christus die Kirche;
denn wir sind Glieder von seinem Leibe, von seinem Fleische und von seinen
Beinen. Desswegen wird der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen, und
seinem Weibe anhangen; und sie werden zwei seyn in einem Fleische. Diess ist ein
grosses Sakrament, ich sage aber in Christus und in der Kirche. [Ephes. 5,29] Wenn er sagt: Diess ist ein grosses
Sakrament, darf Niemand zweifeln, dass sich diess auf die Ehe beziehe, und dass
die Verbindung des Mannes und des Weibes, deren Urheber Gott ist, ein Sakrament
sey, das ist, ein heiliges Zeichen jenes heiligsten Bandes, wodurch Christus der
Herr mit der Kirche verbunden ist.
XVII. Aus den Worten des heiligen Paulus wird bewiesen, wie die Ehe ein Sakrament sey.
Dass diess die wahre und eigentliche Bedeutung dieser Worte sey,
beweisen die alten heiligen Väter, welche diese Stelle ausgelegt haben; und
dasselbe erklärte auch die heilige Synode von Trient. [Sess. 24. de mistr. in princip. et
can.1.] Also ist es klar, dass der Apostel den Mann mit Christus, und das
Weib mit der Kirche verglichen habe; der Mann Eph». & sey das Haupt des
Weibes, wie Christus das Haupt der Kirche ist; [Ephes. 6] und auf diese Weise geschehe, dass der Mann dos
Weib lieben, und entgegen das Weib den Mann lieben und ehren müsse. Denn
Christus hat die Kirche geliebt, und sich selbst für sie hingegeben; dagegen
aber ist, wie der nämliche Apostel lehrt, die Kirche Christo unterworfen. Dass
aber auch durch dieses Sakrament die Gnade angezeigt und mitgetheilt werde,
worin hauptsächlich das Wesen des Sakramentes besteht, erläutern diese Worte der
Synode: „Die Gnade aber, welche jene natürliche Liebe vervollkommen und die
unauflösbare Einigkeit befestigen und die Eheleute heiligen soll, hat uns
Christus selbst, der Urlieber und Vollender der heiligen Sakramente, durch seine
Leiden verdient." Daher muss gelehrt werden, durch die Gnade dieses Sakramentes
werde bewirkt, dass Mann und Weib, vereinigt durch das Band der gegenseitigen
Liebe, eines in dem Wohlwollen des andern Ruhe finde, fremde und unerlaubte
Liebschaften und Beilager nicht suche, sondern dass die Ehe
in allen Stücken ehrbar, und das Ehebett unbefleckt sey. [Hebr. 13,4]
XVIII. Wie sehr sich die Ehe des Evangeliums von der Ehe des natürlichen Gesetzes und des Moses unterscheide.
Welch grossen Vorzug das Sakrament der Ehe vor jenen Ehebündnissen
hatte, welche vor oder nach dem Gesetze geschlossen worden, kann man daraus
erkennen, dass, obschon die Heiden dafürhielten, der Ehe wohne etwas Göttliches
inne, und desswegen sey Hurerei dem natürlichen Gesetze entgegen, und
Blutschande, Ehebrüche und andere Arten von Wollust seyen strafbar, doch ihre
Ehen gänzlich der Kraft des Sakramentes ermangelten. Bei den Juden aber hielt
man die Gesetze der Ehe durchgehend in grösserer Achtung, und es ist kein
Zweifel, dass ihre Ehen eine höhere Heiligkeit besassen. Denn da sie die
Verheissung erhalten hatten, dass dereinst alle Völker im Samen Abrahams würden
gesegnet werden; so hielten sie es mit Recht für ein heiliges Geschäft, Kinder
zu erzeugen, und die Nachkommenschaft des auserwählten Volkes fortzupflanzen
[Gen. 22,18] , aus der
Christus der Herr, unser Heiland, was seine menschliche Natur betrifft,
abstammen sollte; doch auch jene Verbindungen hatten nicht die wahre
Beschaffenheit eines Sakramentes.
XIX. Die Ehe unter dem natürlichen Gesetze nach der Sünde oder unter dem Gesetze Mosis hat ihre ursprüngliche Würde, die sie von Gott hatte, nicht beibehalten.
1) Unter dem natürlichen Gesetze nach der Sünde, oder unter dem Gesetze
Mosis, hat sich die Ehe von der Würde ihres Ursprungs entfernt. 2) Vielweiberei
ist dem Wesen der Ehe zuwider und den Christen verboten. 3) Die Ehe besteht nur
in der Verbindung von zweien. 4) Was ein Ungläubiger, der sich zum Glauben
bekehret hat thun müsse, wenn er ehvor mehrere Weiber gehabt hat.
I. Dazu kömmt, dass wir, mögen wir nun die Ehe unter dem
natürlichen Gesetze nach der Sünde oder unter dem Gesetze des Moses betrachten,
leicht bemerken, sie habe an der Würde und Ehrbarkeit ihres Ursprungs verloren.
Denn wir erfahren, dass während der Geltung des natürlichen Gesetzes viele
Altväter gewesen seyen, die mehrere Weiber zugleich zur Ehe nahmen. [Deut. 21,1] Später aber unter
dem Gesetze Mosis war es erlaubt, den Scheidebrief zu geben, wenn eine Ursache
da war, sich vom Weibe zu scheiden; beides aber hob das evangelische Gesetz auf
[Matth. 19,9] , und
stellte die Ehe in ihren vorigen Zustand zurück.
II. Dass die Vielweiberei dem Wesen der Ehe zuwider sey (obwohl
einige Altväter nicht zu tadeln sind, weil sie nicht ohne Nachsicht Gottes
mehrere Weiber zur Ehe nahmen), zeigt Christus der Herr mit diesen Worten: Desswegen wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und seinem
Weibe anhangen, und sie werden zwei seyn in Einem Fleische. [Matth. 19, 5.6.] Und dann fügt er bei: Daher sind sie n
icht mehr zwei, sondern Ein Fleisch..
III. Mit diesem Worte legte er klar vor Augen, die Ehe sey von Gott
in der Art eingesetzt, dass sie in einer Verbindung nur von zweien , nicht von
mehreren bestehen sollte. Er lehrte diess auch an einer andern Stelle deutlich,
da er sagte: Wer immer sein Weib entlässt und eine andere
nimmt, begehet, einen Ehebruch an ihr; und wenn das Weib ihren Mann verlässt und
einen andern heirathet, bricht sie die Ehe. [Marc.
10,11.12.] Wäre es dem Manne erlaubt, mehrere Weiber zu ehelichen, so
wäre kein Grund vorhanden, warum er mehr des Ehebruches angeklagt werden sollte,
weil er zu dem Weibe, die er schon zu Hause hatte, eine andere nahm, als weil
er, nachdem er die erste entlassen hatte, sich mit einer andern verband.
IV. Hieraus sehen wir, dass ein Ungläubiger, wenn er nach der Sitte
und Gewohnheit seines Volkes mehrere Weiber zur Ehe genommen hätte, und sich zur
wahren Religion bekehren würde, von der Kirche den Befehl erhielte, alle übrigen
zu entlassen, und nur die erste als rechte und gesetzmässige Gemahlin zu
behalten.
XX. Das Eheband kann durch die Ehescheidung nicht getrennt werden.
1) Der Tod allein kann das Eheband lösen. 2) Ohne gerechte Ursache
darf das Zusammenleben der Gatten nicht aufgehoben werden.
I. Eben durch das Zeugniss Christi des Herrn wird leicht bewiesen,
dass das Eheband durch die Entscheidung nicht aufgelöst werden kann. Denn wenn
ein Weih nach ertheiltem Scheidebriefe von der Pflicht gegen ihren Mann
entbunden wäre, so könnte sie, ohne einen Ehebruch zu begehen, einen andern
heirathen. Aber der Herr spricht deutlich aus: Jeder, der
sein Weib entlässt und eine andere nimmt, bricht die Ehe. [Luc. 16,18] Hieraus erhellt, dass das Eheband durch
nichts, als durch den Tod gelöst werde; was auch der Apostel bestätigt mit den
Worten: Das Weib ist an das Gesetz gebunden, so lange ihr
Mann lebt; stirbt ihr Mann, so ist sie vom Gesetze frei; sie kann heirathen wen
sie will, aber nur im Herrn. [I. Cor. 7,39]
Und ferner: Diesen, die verehelicht sind, befehle
ich, nicht ich, sondern der Herr, dass das Weib den Mann nicht verlasse;
verlässt sie ihn aber, so soll sie unverheirathet bleiben, oder sich mit ihrem
Manne wieder aussöhnen. [Ib. 10,11]
II. Es liess also der Apostel dem Weibe, welche aus gerechten
Ursachen den Mannn verlassen hätte, die Wahl, entweder unverheirathet zu
bleiben, oder sich mit ihrem Manne wieder auszusöhnen. Und auch die heilige
Kirche erlaubt dem Manne und Weibe nur aus sehr wichtigen Ursachen sich einander
zu verlassen.
XXI. Warum es nützlich sey, dass die Ehe niemals könne getrennt werden.
Damit aber das Gesetz der Ehe Niemand zu hart scheine, weil sie auf
keine Weise aufgelöst werden kann, so soll gelehrt werden, was diess für
Vortheil bringe. Erstens erkennen hieraus die Menschen, man müsse beim Eingehen
der Ehe vielmehr auf Tugend und Gleichheit der Lebensweise, als auf Reichthum
und Schönheit Rücksicht nehmen, wodurch ohne allen Zweifel für die allgemeine
Wohlfahrt am meisten gesorgt wird. Könnte ferner die Ehe durch Scheidung
aufgelöst werden, so würde es hiezu den Menschen kaum jemals an Ursachen fehlen,
die ihnen vom alten Feinde des Friedens und der Schamhafiigkeit täglich
dargeboten würden. So aber, wenn die Gläubigen bedenken, dass sie, wenn sie auch
vom ehelichen Zusammenleben und Umgange befreit sind, doch immer durch das Band
der Ehe gebunden werden, und jede Hoffnung abgeschnitten sey, das Weib eines
andern ehelichen zu können, wird bewirkt, dass sie sich nicht so leicht zum
Jähzorn und zur Zwietracht hinreissen lassen. Sollten sie sich aber bisweilen
doch scheiden, und die Sehnsucht nach der Ehehälfte nicht langer mehr ertragen
können, so kehren sie, ausgesöhnt durch ihre Freunde, leicht wieder, zum
gemeinschaftlichen Zusammenleben zurück.
XXII. Die geschiedenen Eheleute können sich wieder vereinigen.
Die wegen Ehebruchs Entlassenen können, wenn sie es bereuen, von der
andern Hälfte wieder aufgenommen werden.
Hier darf von den Seelenhirten die heilsame Ermahnung des heiligen
Augustin nicht übergangen werden. Um den Gläubigen zu zeigen, dass sie keine
Schwierigkeit machen sollten, Weiber, welche sie des Ehebruches wegen entlassen
haben, wieder zu sich zu nehmen, wenn sie ihr Verbrechen bereuen, sagt er:
„Warum soll ein gläubiger Mann das Weib nicht wieder aufnehmen, da sie auch die
Kirche wieder aufnimmt? Oder warum soll ein Weib dem ehebrecherischen Manne,
wenn er reuig ist, nicht verzeihen, da ihm auch Christus verziehen hat?" Wenn
aber die Schrift den einen Thoren [Prov. 18,22] nennt, welcher eine Ehebrecherin bei sich
behält: so meint sie das von einer solchen, welche sich weigert zu bereuen und
von der begangenen Schandthat abzustehen, wenn sie gefehlt hat. Hieraus ist
klar, dass die Ehen der Gläubigen an Vollkommenheit und Adel die der Heiden und
Judenheit übertreffen.
XXII. Welches die Güter seyen, die den Verehelichten durch dieses Sakrament zu Theil werden.
Den Gläubigen soll vorgetragen werden, dass die Ehe drei Güter
gewähre: Nachkommenschaft, Treue und ein Sakrament. Durch sie werden jene
Unbequemlichkeiten gemildert, die der Apostel in folgenden . Worten ausspricht:
Dergleichen werden leibliche Trübsale erfahren. [I. Cor. 7, 28.] Auch wird bewirkt, dass die körperliche
Vermischung, die ausser der Ehe mit Recht verdammt worden, mit Ehrbarkeit
verbunden ist.
Das erste Gut also ist die Nachkommenschaft, d. h. Kinder, welche
von einer recht und gesetzmässigen Gemahlin geboren werden. Diess schätzte der
Apostel so hoch, dass er sagte: Das Weib wird selig werden
durch die Erzeugung von Kindern. [I. Tim. 2,15]
Diess ist aber nicht blos von der Zeugung, sondern auch von der Erziehung
und dem Unterrichte, wodurch die Kinder in der Frömmigkeit unterwiesen werden,
zu verstehen. Darum fügt der Apostel sogleich bei: Wenn sie im Glauben
verharret. Denn die Schrift ermahnet: Hast du, Kinder?
unterrichte sie, und ziehe sie von ihrer Kindheit an. [Ecclesiastic. 7,25] Das nämlich lehrt auch der Apostel,
und die schönsten Beispiele dieser Erziehung geben, in der heiligen Schrift
Tobias, Hiob und andere heilige Altväter. Die Pflichten der Eltern und Kinder
aber werden im vierten Gebote weitschichtiger erkläret werden.
XXIV. Was eheliche Treue sey, und wie man sie halten müsse.
Es folgt nun der Glaube, das zweite Gut der Ehe; darunter versteht
man aber nicht jene göttliche Tugend, die wir durch die Taufe erlangen, sondern
die Treue, wodurch sich gegenseitig der Mann dem Weibe, und das Weib dem Manne
so verbindet, dass eines dem andern die Gewalt über seinen Körper übergibt,
[Gen. 2,24] und
verspricht, den heiligen Bund der Ehe niemals zu verletzen. Diess schliesst man
leicht aus jenen Worten, die unser Stammvater aussprach, als er die Eva zu
seinem Weibe nahm, und die später Christus der Herr im Evangelium gut geheissen
hat: Desshalb wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und
seinem Weibe anhangen, und sie werden Zwei seyn in Einem Fleische; [Matth. 19,5] ebenso der Apostel: das
Weib hat nicht Gewalt über ihren Leib, sondern der Mann; gleichfalls hat aber
auch der Mann nicht Gewalt über seinen Leib, sondern das Weib. [Cor. 7,5] Daher sind mit vollem Rechte die schwersten
Strafen von Gott gegen die Ehebrecher, da sie diese eheliche Treue verletzen, im
alten Testamente festgesetzt worden. Ueberdiess fordert die eheliche Treue, dass
der Mann und das Weib durch eine besondere reine und heilige Liebe vereinigt
werden, und sich nicht wechselseitig wie Ehebrecher lieben, sondern so wie
Christus die Kirche geliebt hat. Diess befahl der Apostel, da er sprach: Männer liebet eure Weiber, wie auch Christus die Kirche geliebt
hat, [Ephes. 5,25] welche er wahrlich mit
jener unendlichen Liebe, nicht um seines Vortheiles willen, sondern nur zum
Nützen der Braut, umfasste.
XXV. Worin das Sakrament bestehe, wenn es unter die Güter der Ehe gezählt wird.
Das dritte Gut wird Sakrament genannt; nämlich das Band der Ehe,
das niemals aufgelöst werden kann; denn, wie es beim Apostel heisst, der Herr
hat befohlen, dass das Weib den Mann nicht verlasse, wenn
sie ihn aber verlassen hat soll sie unverheirathet bleiben, oder sich mit ihrem
Manne wieder aussöhnen; und der Mann soll das Weib nicht entlassest.
[I. Cor. 7,10.11] Wenn die Ehe, als
Sakrament, die Vereinigung Christi mit der Kirche darstellet, so folgt
nothwendig, dass, wie Christus sich niemals von der Kirche trennt, so auch das
Weib vom Manne, was das Eheband betrifft, nie getrennt werden könne. Damit aber
diese heilige Gemeinschaft leichter ohne Klage bewahret werde, so sollen die
Pflichten des Mannes und Weibes, wie sie vom h. Paulus und vom Apostelfürsten
Petrus vorgeschrieben sind, dargelegt werden.
XXVI. Welches die vorzüglichsten Pflichten des Ehemannes seyen.
Es ist die Pflicht des Mannes, das Weib freundlich und ehrenvoll zu
behandeln; hiebei soll man erinnern , dass Adam die Eva seine Gefährtin nannte,
da er sagte: Das Weib, das du mir zur Gefährtin gegeben hast, und diess gaben
einige Väter als Ursache an, warum sie nicht aus den Füssen, sondern aus der
Seite des Mannes gebildet wurde; ebenso ist sie nicht aus seinem Haupte
gestaltet worden, dass sie sich nicht als Herrin des Mannes ansehen, sondern
erkennen sollte, sie sey ihm Unterthan. Ferner soll sich der Mann immer mit
einer anständigen Arbeit beschäftigen, theils um das herbeizuschaffen, was zur
Erhaltung der Familie nöthig ist, theils damit er nicht durch Müssiggang sich
verweichliche, woraus fast alle Laster entsprangen. Endlich ist es seine
Pflicht, die Familie in schöner Ordnung zu halten, aller Sitten zu verbessern,
und jedes zu seiner Pflicht anzuhalten.
XXVII. Pflichten des Weibes.
Dagegen sind Pflichten des Weibes, wie sie der Apostelfürst
aufzahlt, da er schreibt: Die Weiber sollen ihren Männern gehorsam seyn, damit
wenn einige dem Worte nicht glauben, sie durch den Umgang mit den Weibern auch
ohne das Wort gewonnen werden, wenn sie ihren keuschen gottesfürchtigen Wandel
betrachten. Ihr Schmuck sey nicht äusserlich, in Haarflechten, in goldenem
Geschmeide, oder im Anzüge und Kleiderpracht, sondern der in sich gekehrte
Mensch des Herzens, in der Unversehrtheit eines ruhigen und bescheidenen
Geistes, der werthvoll ist im Angesichte Gottes. So schmückten sich auch einst
jene heiligen Weiber, sie hofften auf Gott, und waren ihren Männern Unterthan,
wie Sara dem Abraham gehorcht hat, indem sie ihn Herr nannte. Ihr vorzüglichstes
Trachten soll dahin gehen, die Kinder im Dienste Gottes zu erziehen und das
Hauswesen emsig zu besorgen. Sie sollen gerne zu Hause bleiben, wenn sie nicht
nothwendig ausgehen müssen, und diess niemals ohne Erlaubniss des Mannes zu thun
wagen. Ferner, worin hauptsächlich die eheliche Verbindung besteht, sollen sie
sich erinnern, nach Gott Niemanden mehr, als den Mann zu lieben, und Niemanden
höher zu schätzen als ihn; auch müssen sie ihm in allen Stücken, die der
christlichen Frömmigkeit nicht entgegen sind, nachgeben und mit der grössten
Bereitwilligkeit im Herzen gehorchen.
XXVIII. Was von den Gebräuchen bei der Ehe zu halten sey.
Es wird der Erläuterung dieser Dinge zuträglich seyn, wenn die
Seelsorger auch die Gebräuche erklären, die bei der Eingehung der Ehe beobachtet
werden müssen. Hierüber wird wohl Niemand von uns erwarten, da die heilige
Synode von Trient [Sess. 24.]
weitläufig und genau festgesetzt hat, was dabei
hauptsächlich zu beobachten ist, und die Hirten jene Entscheidung ohnehin wissen
können. Es ist also genug, sie zu ermahnen, das, was hierauf Bezug hat, aus der
Lehre des heiligen Conciliums kennen zu lernen sich zu bestreben, und es den
Gläubigen sorgfältig auszulegen.
XXIX. Heimliche Ehen sind nicht gültig.
Geheime, ohne Wissen des Pfarrers, geschlossene Ehen sind ungültig.
Damit nicht Jünglinge und Mädchen wegen des Leichtsinnes und der
Unklugheit ihres jugendlichen Alters, durch den falschen Namen der Ehe sich
täuschend, unvorsichtige schändliche Liebschaftsbündnisse eingehen, sollen die
Seelsorger sehr oft darlegen, jene Ehen seyen nicht für wahr und gültig zu
halten, die nicht in Gegenwart des Pfarrers oder eines andern Priesters, der vom
Pfarrer oder Bischöfe bevollmächtigt ist, und vor der bestimmten Zahl von Zeugen
geschlossen werden.
XXX. Man soll auch die Ehehindernisse vortragen.
Auch die Ehehindernisse sollen erkläret werden; hierauf haben sehr
viele angesehene und sehr gelehrte Männer, welche über Laster und Tugenden
Bücher herausgegeben haben, so viele Mühe verwendet, dass leicht Jedermann, was
jene geschrieben haben, hieher beziehen kann; besonders da es für die Seelsorger
nothwendig ist, jene ihre Bücher fast nie aus der Hand zu legen. Sie mögen daher
jene Vorschriften und auch das, was die heilige Synode [ibid. cap. 4] über das
Hinderniss, weches entweder durch geistliche Verwandtschaft, oder durch die
öffentliche Ehrbarkeit, oder durch Hurerei entsteht, festgesetzt hat, aufmerksam
lesen und es den Gläubigen vortragen.
XXXI. Wie diejenigen im Gemüthe beschaffen seyn sollen, die zur Ehe schreiten.
Hieraus kann entnommen werden, wie die Gläubigen gesinnt seyn
müssen, wenn sie die Elte.abscschließen sie sollen nicht
glauben ein irdisches Geschäft zu unternehmen, sondern ein göttliches, wozu sie
eine besondere Geistesreinheit und Gottesfurcht mitbringen sollen, wie die
Beispiele der Väter des alten Gesetzes hinlänglich beweisen, indem sie ihre
Ehen, obwohl sie nicht mit der Würde eines Sakramentes geziert waren, doch immer
mit der grössten Ehrfurcht und Heiligkeit verehren zu müssen glaubten.
XXXII. Zur Rechtmässigheit der Ehe ist die Einwilligung der Eltern einzuholen.
Uebrigens sollen die Kinder besonders ermahnet werden, dass sie
ihren Eltern und denen, unter deren Obhut und Gewalt sie stehen, dadurch ihre
Ehrfurcht bezeigen, dass sie nicht ohne ihr Wissen oder wider ihren Willen sich
verehelichen. Denn im alten Testamente kann man sehen, wie die Kinder immer von
den Vätern verheirathet worden sind. Dass man in diesem Stücke vorzüglich ihrem
Willen sich fügen soll, scheint auch der Apostel mit jenen Worten angedeutet zu
haben: Wer seine Tochter verheirathet, thut wohl; und wer
sie nichkt verheirathet, thut besser. [I. Cor. 7,38]
XXXIII. Was vom Beischlafe vorgetragen werden soll.
I. Es ist nun der letzte Theil übrig, der sich auf den Gebrauch der
Ehe bezieht; in der Abhandlung hierüber sollen sich die Seelsorger in Acht
nehmen, dass kein Wort ihnen entschlüpfe, welches gläubigen Ohren unwürdig
erscheinen, oder fromme Seelen beleidigen, oder Gelächter erregen könnte. Denn
wie die Worte des Herrn keusche Worte sind, [Ps. 11,7] so soll sich auch besonders der Lehrer des
christlichen Volkes solcher Ausdrücke bedienen, die einen ausgezeichneten
Anstand und Herzensreinigkeit darlegen.
II. Daher, sind die Gläubigen vorzüglich auf jene zwei Dinge
aufmerksam zu machen: erstens soll man sich nicht des Vergnügens und der Wollust
wegen verehelichen, sondern sie in jenem Maasse gebrauchen, welches, wie wir
oben zeigten, von Gott vorgeschrieben ist. Denn man soll gedenken, was der
Apostel befiehlt: Welche Weiber haben, sollen so seyn, als
hätten sie keine; [I. Cor. 7,29] und was der
heil. Hieronymus gesagt hat: „Ein weiser Mann soll seine Gemahlin vernünftig
lieben, nicht leidenschaftlich; er soll die Triebe der Wollust bezähmen, und
sich nicht sinnlos dem Beischlafe ergeben." Nichts ist schändlicher, als das
Weib so zu lieben, wie eine Ehebrecherin.
XXXIV. Die Eheleute sollen sich bisweilen der ehelichen Pflicht enthalten.
Weil man alles Gute von Gott durch frommes Gebet erflehen soll, so
müssen zweitens die Gläubigen belehret werden, dass sie sich bisweilen des
Gebetes wegen von der ehelichen Pllicht enthalten möchten; vorzüglich sollen sie
diess beobachten, wenigstens drei Tage, ehevor sie die heilige Eucharistie
empfangen, öfters aber in der vierzigtägigen Fastenzeit, wie unsere Väter wahr
und frommen Sinnes befohlen haben. Denn dadurch werden sie fühlen, dass die
Güter der Ehe selbst täglich durch die göttliche Gnade an Wachsthum zunehmen;
und indem sie nach Frömmigkeit streben, werden sie nicht nur dieses Leben in
Ruhe und Frieden hinbringen, sondern auch durch die wahre und standhafte
Hoffnung , die nicht täuscht, [Röm. 5,15] gestärkt werden, durch die Güte Gottes das
ewige Leben zu erlangen.
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