Montag, 1. Juli 2013

Catechismus Romanus - Vom Sakramente der Ehe.

Römischer Katechismus (Catechismus). Nach dem Beschlusse des Conciliums von Trient und auf Befehl des Pabstes Pius V. herausgegeben. Passau, Druck und Verlag von Friedrich Winkler 1839


Zweiter Theil - Achtes  Hauptstück  - Vom Sakramente der Ehe.

 

I. Warum die Seelsorger fleissig darauf bedacht seyn sollen, dass das christliche Volk die Beschaffenheit und Heiligkeit der Ehe kenne. 

 

Die Lehre vom Sakramente der Ehe wird erklärt im Anfange sess. 24. Trid. Synod. Die Vortrefflichkeit der Keuschheit fassen nicht Alle. Nutzen des Unterrichts von der Ehe.

Weil das Augenmerk der Seelsorger immer auf das selige und vollkommene Leben des christlichen Volkes gerichtet seyn muss, so wäre sehr zu wünschen, was der Apostel als sein Verlangen an die Korinther aussprach, mit folgenden Worten: Ich wünsche, dass alle Menschen so seyn möchten, wie ich; [Cor. 7,7] nämlich dass alle nach der Tugend der Enthaltsamkeit streben möchten; denn den Gläubigen kann in diesem Leben nichts Seligeres zu Theil werden, als dass die Seele von keiner irdischen Sorge zerstreut, und nach hergestellter Ruhe und Ausrottung aller fleischlichen Begierde, in dem Einen Eifer nach Gottseligkeit und in Betrachtung göttlicher Dinge ruhen möchte; jedoch weil, nach dem Zeugnisse des nämlichen Apostels, Jeder seine eigene Gabe von Gott hat, einer so, der andere so, und die Ehe mit grossen und göttlichen Gütern geziert ist, so dass sie eigentlich und wahrhaft unter die andern Sakramente der katholischen Kirche gezählt wird, und der Herr selbst die Hochzeitsfeier durch seine Gegenwart geehret hat: so erhellet deutlich, dass ihre Lehre vorgetragen werden müsse; vorzüglich da man bemerken kann, dass sowohl der heilige Paulus, als auch der Apostelfürst an mehreren Stellen genau das beschrieben haben, was nicht nur ihre Würde, sondern auch die Pflichten der Ehe anbelangt. Erfüllt vom heiligen Geiste, erkannten sie sehr wohl, wie grosse und viele Vortheile der christlichen Gesellschaft zufliessen könnten, wenn die Gläubigen die Heiligkeit, der Ehe erkennen, und unverletzt bewahren würden; dass aber im Gegentheile, wenn sie vernachlässigt und nicht erkannt wird, der Kirche sehr viele und grosse Drangsale und Nachtheile erwachsen. Zuerst also soll die Beschaffenheit und Kraft der Ehe erkläret werden; denn da die Laster oft den Anschein der Tugend haben, so muss man verhüten, dass nicht die Gläubigen vom falschen Scheine der Ehe betrogen, ihre Seele mit Schande und gottloser Wollust überhäufen. Zur Erläuterung dieser Sache soll der Anfang mit der Bedeutung des Namens gemacht werden.

 

II. Warum diese heilige Verbindung durch den Namen Matrimonium, Conjugiun und Nuptiae ausgedruckt werde. 

 

Matrimonium heisst sie daher, weil eine Weibsperson vorzüglich desswegen heirathen soll, dass sie Mutter werde; oder weil ein Kind zu empfangen, zu gebären und aufzuziehen die Pflicht der Mutter ist. Auch Conjugium wird sie genannt vom Zusammenbinden, weil ein rechtmässiges Weib mit dem Manne gleichsam an ein Joch gebunden wird. Ferner Nuptiae, weil, wie der heil. Ambrosius sagt [Lib. I. de Abrah. c. 9] , die Mädchen sich aus Scham verheirathen, wodurch auch erkläret wird, dass sie den Mannern gehorsam und Unterthan seyn müssen.

 

III. Was die Ehe sey. 

 

1) Begriff der Ehe; ihre Kraft, worin sie hauptsächlich bestehe. 2) Eine Ehe zwischen aussergesetzlichen Personen geschlossen, ist nichtig. Das Eheband ist unauflösbar.

I. Die Ehe wird nach der gemeinsamen Meinung der Theologen so bestimmt: Die Ehe ist eine ehliche Verbindung eines Mannes und eines Weibes zwischen rechtmässig und dazu befugten Personen, zur unzertrennlichen Lebens-Genossenschaft. Damit die Theile dieses Begriffes deutlicher verstanden werden, soll man lehren, obschon alles dieses in einer vollkommenen Ehe enthalten sey, nämlich die innerliche Einwilligung, der äusserliche Vertrag, mit Worten ausgedrückt, die Verbindlichkeit und das Band, das durch jenen Vertrag eingegangen wird, und die Vermischung der Eheleute, wodurch die Ehe vollendet wird: nichts von diesem habe eigentlich die Kraft und Wesenheit der Ehe, ausser jener Verbindlichkeit und Zusammenfügung, welche durch das Wort Conjunctio, Verbindung, angezeigt wird.
II. Es wird aber eheliche hinzugefügt, weil andere Gattungen von Verträgen, wodurch sich Männer und Weiber verbindlich machen, sich wechselseitige Unterstützung zu leisten, entweder um Geld oder anderer Dinge wegen, dem Wesen der Ehe gänzlich fremd sind. Hierauf folgt, zwischen rechtmässigen, dazu befugten Personen, weil jene, die durch Gesetze von einer ehelichen Verbindung ausgeschlossen sind, eine Ehe nicht eingehen können, und wenn sie dieselbe eingehen, sie ungültig ist; z. B. die, welche innerhalb dem vierten Grade blutsverwandt sind, oder ein Knabe unter vierzehn Jahren, oder ein Mädchen vor dem zwölften, welches Alter gesetzlich vorgeschrieben ist, können nicht tauglich seyn, gültige Ehebündnisse zu schliessen. Das letzte aber, zur unzertrennlichen LebensGenossenschaft, zeigt die Beschaffenheit des unauflösbaren Bundes an, mit dem Mann und Weib verbunden werden.

 

IV. Worin die vorzüglichste Kraft der Ehe bestehe. 

 

Das Wesen der Ehe besteht nicht so fast in der Einwilligung, als im Bunde der Verbindlichkeit. Die Einwilligung ist die Grundbedingung der Ehe.
Aus dem Obigen erhellt, dass die Natur und das Verhältniss der Ehe in jenem Bande bestehe. Wenn einige gelehrte Männer das Wesen der Ehe in die Einwilligung setzen wollen, so, dass sie sagen, die Ehe sey eine Einwilligung eines Mannes und eines Weibes, ist das so zu verstehen, die Einwilligung selbst sey die wirkende Ursache der Ehe; diess lehrten die Väter im Concilium zu Florenz. Denn Verbindlichkeit und Verbindung kann nur aus Einwilligung, und Vertrag hervorgehen.

 

V. Wie die bei der Ehe erforderliche Einwilligung beschaffen seyn, und auf welche Art sie ausgedrückt werden müsse. 

 

Die Einwilligung muss in der gegenwärtigen Zeit ausgedrückt werden, und wechselseitig seyn. Innerliche Einwilligung reicht zur Ehe nicht hin.
Besonders nothwendig ist, die Einwilligung mit Worten, welche die Gegenwart anzeigen, auszudrücken; denn die Ehe ist nicht eine einfache Schenkung, sondern ein wechselseitiger Vertrag, woraus folgt, dass die Einwilligung nur eines Theiles, nicht genügend seyn kann zur Schliessung der Ehe, sondern es müssen beide Theile wechselseitig einwilligen. Dass aber zur Darlegung der wechselseitigen Einwilligung Worte nothwendig seyen, ist klar: denn wenn die Ehe nur aus der innerlichen Einwilligung, ohne irgend eine äusserliche Andeutung, bestehen könnte, so würde auch folgen; dass zwei Personen, welche an verschiedenen und weit entfernten Orten waren und in die Ehe willigten, ehvor eine der andern ihren Willen entweder durch einen Brief oder durch Boten erklärt hätte, durch das Band einer wahren und statthaften Ehe verbunden würden, was doch der Vernunft, der Gewohnheit und den Befehlen der heiligen Kirche widerspricht.

 

VI. Wechselseitige Einwilligung, ausgedrückt mit Worten der zukünftigen Zeit, bewirkt nicht die Ehe. 

 

1) Die mit Worten der zukünftigen Zeit ausgedruckte Einwilligung bewirkt nicht die Ehe. 2) Wer sein Versprechen nicht hält, bricht wohl die Treue, löst aber die Ehe nicht auf. 3) Wie das zur Vollendung der Ehe erforderliche Versprechen beschaffen seyn muss.

I. Es wird mit Recht behauptet, die Einwilligung müsse mit Worten ausgedrückt werden, welche die Bedeutung der gegenwärtigen Zeit haben; denn Worte, welche die zukünftige Zeit anzeigen, schliessen nicht die Ehe, sondern versprechen sie. Dann ist auch klar, dass noch nicht wirklich sey, was zukünftig ist; was aber noch nicht ist, hat entweder nur geringe oder gar keine Festigkeit und Beständigkeit.
II. Desswegen hat Jemand noch nicht ein eheliches Recht auf ein Weib, welches er ehelichen zu wollen verspricht; und wenn er nicht auf der Stelle erfüllt, was er thun zu wollen versprochen hat, ist er doch schuldig Wort zu halten, thut er diess nicht, so ist er des Treubruches schuldig. Wenn aber Jemand mit einer andern Person ehelich verbunden ist, so kann er, wenn es ihn auch nachher reuet, das Geschehene nicht mehr ändern, oder ungültig und ungeschehen machen.
III. Da also die Verbindlichkeit der Ehe nicht ein einfaches Versprechen ist, sondern ein solches Hingeben seiner selbst, wodurch wirklich der Mann die Gewalt über seinen Leib dem Weibe, und entgegen das Weib dieselbe dem Manne übergibt, so ist es nothwendig, die Ehe mit Worten, welche die gegenwärtige Zeit bezeichnen, zu schliessen, und die Kraft dieser Worte, sobald sie ausgesprochen sind, dauert fort, und bindet Mann und Weib mit unauflösbarem Bande.

 

VII. Wenn aus Schamhaftigkeit oder wegen eines andern Hindernisses die Einwilligung mit Worten nicht ausgedrückt wird, so vertreten Winke und Zeichen die Worte. 

 

Anstatt der Worte können Winke und Zeichen, welche die innerliche Einwilligung deutlich zu erkennen geben, zur Ehe genügend seyn; selbst auch das Stillschweigen, wenn nämlich das Mädchen aus Schamhaftigkeit nicht antwortet, sondern die Eltern für sie sprechen,

 

VIII. Zur wirklichen Ehe wird der Beischlaf nicht erfordert. 

 

Hiernach nun sollen die Seelsorger den Gläubigen vortragen, das Wesen und die Kraft der Ehe bestehe im Bande und in der Verbindlichkeit, und ausser der, auf die oben angegebene Weise ausgedrückten Einwilligung werde zu einer wirklichen Ehe der Beischlaf nicht nothwendig erfordert, denn die heiligen Väter bezeugen, auch die Stammeltern seyen vor der Sünde [Gen. 2,24] , zu welcher Zeit keine fleischliche Verbindung zwischen ihnen stattgefunden hatte, wirklich ehelich verbunden gewesen. Daher der Ausspruch der heiligen Väter, die Ehe bestehe nicht im Beischlafe, sondern in der Einwilligung. Diess lesen wir auch beim h. Ambrosius in seinem Buche von der Jungfrauschaft. [c. 6.]

 

IX. Wie vielfach die Ehe betrachtet werden könne. 

 

Das Verhältniss der Ehe ist zweifach; nämlich als Pflicht der Nutur, und als Sakrament. Von der Ehe, was sie als Pflicht der Natur anbelangt. 

Hierauf soll gelehret werden, dass die Ehe ein zweifaches Verhältniss habe. Sie muss also betrachtet werden als eine natürliche Verbindung (denn die Ehe ist nicht von den Menschen erfunden, sondern von der Natur), oder als Sakrament, dessen Kraft den Zustand der natürlichen Dinge übertrifft. Weil aber die Gnade die Natur vollkommen macht (denn es war nicht erst das Geistige, sondern das Thierische, und hernach das Geistige) [I. Cor. 15, 46.] : so fordert die Ordnung des Gegenstandes zuerst von der Ehe, wie sie durch die Natur besteht und zur Pflicht der Natur gehört, zu handeln; dann aber soll dargelegt werden, was ihr, als Sakrament, zukömmt.

 

X. Wer der Urheber der Ehe sey, in so ferne sie eine Pflicht der Natur anzeigt. 

 

Die Ehe ist, als Pflicht der Natur betrachtet, göttlicher Anordnung.

Vor allem sind die Gläubigen zu belehren, dass die Ehe von Gott eingesetzt sey, denn im Buche Genesis steht geschrieben: Er schuf sie, einen Mann und ein Weib, und Gott segnete sie, und sprach; Wachset und vermehret euch; [Gen. 1, 27. 28.] und: Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sey; wir wollen ihm eine Gehilfin geben, ihm gleich. [Gen. 2, 18. 20] Und kurz hernach: Für den Adam gab es keine ihm gleiche Gehilfin. Es schichte daher Gott einen Schlaf über Adam, und da er eingeschlafen war, nahm er eine Rippe aus seiner Seite, und füllte ihre Stelle mit Fleisch aus. Und der Herr bildete die Rippe, welche er vom Adam genommen hatte, zum Weibe, und führte sie dem Adam zu. Adam sprach: Diess nun ist Bein von meinen Gebeinen, und Fleisch von meinem Fleische; diese wird Männin heissen, weil sie vom Manne genommen ist. Desshalb wird der Mann Vater und Mutter, verlassen, und seinem Weibe anhangen, und sie werden zwei seyn in einem Fleische. Der Herr und Schöpfer selbst zeigt bei Matthäus, dass die Ehe von Gott eingesetzt sey. [Matth. 19,5]

 

XI. Die Ehe ist unauflösbar, als Pflicht der Natur betrachtet, und besonders als Sakrament. 

 

Die Ehe, als natürliche Verbindung betrachtet, kann nicht aufgelöst werden.

Gott hat die Ehe nicht blos eingesetzt, sondern auch, nach der Erklärung der .h. Synode von Trient, ein beständiges und unauflösbares Band hinzugefügt. Denn der Heiland sagt: >Was Gott verbunden hat, soll der Mensch nicht trennen. [Matth. 19,6] Obschon es also schon der Ehe, in so weit sie eine Pflicht der Natur ist, zukömmt, dass sie nicht aufgelöst werden kann, so erfolgt diess noch weit mehr, in so ferne sie ein Sakrament ist: denn hieraus erlangt sie in allem, was ihr durch das Gesetz der Natur eigen ist, die höchste Vollendung. Auch widerstreitet die Auflösbarkeit ihres Bandes der Pflicht der Erziehung der Kinder, und andern Vortheilen der Ehe.

 

XII. Nicht alle Menschen sind zur Ehe verpflichtet. 

 

Die Ehe ist von Gott eingesetzt zur Vermehrung des Menschengeschlechtes. Die Jungfrauschai't hat den Vorzug vor der Ehe. 

Die Worte des Herrn: Wachset und vermehret euch, [Gen. 1,28] beziehen sich auf die Erklärung, wesswegen die Ehe eingesetzt wurde, und nicht dass jeder Mensch dazu verpflichtet sey; denn jetzt, nachdem das menschliche Geschlecht schon vermehret ist, zwingt nicht nur kein Gesetz zu heirathen, sondern es wird vielmehr die Jungfrauschaft sehr anempfohlen, und in den heiligen Schriften einem Jeden angerathen, da sie vortrefflicher sey als der Ehestand, und eine grössere Vollkommenheit und Heiligkeit in sich enthalte. Unser Herr und Heiland hat so gelehrt: Wer es fassen kann, der fasse es, [Matth. 19,12] und der Apostel sagt: Ueber die Jungfrauen habe ich von Gott keinen Befehl; aber ich gebe einen Rath, als solcher, der Barmherzigkeit von Gott erlangt hat, treu zu seyn. [I. Cor. 7,25]

 

XIII. Warum sich ein Mann und ein Weib verbinden müssen. 

 

Es soll erkläret werden, warum ein Mann und ein Weib sich verbinden müssen. Die erste Ursache ist die von der natürlichen Neigung selbst verlangte Verbindung verschiedenen Geschlechts, gestiftet durch die Hoffnung wechselseitigen Beistandes, damit eines durch das andere unterstützt, die Ungemächlichkeiten des Lebens leichter ertragen, und die Schwäche des Alters aushalten könnte. Die zweite besteht im Verlangen nach Nachkommenschaft, nicht gerade desswegen, um Erben der Güter und Reichthümer zurückzulassen, sondern um Verehrer des wahren Glaubens und der wahren Religion zu erziehen; was vorzüglich, wie aus der heiligen iSchrift erhellt, jene heiligen Patriarchen bei ihren Heirathen beabsichtigt haben. Desshalb spricht der Engel, als er den Tobias belehrte, wie er die Gewalt des bösen Geistes vertreiben könnte: Ich will dir zeigen, welche jene sind, die der Teufel bezwingen kann. Nämlich diejenigen, welche die Ehe so eingehen, dass sie Gott von sich und ihren Gedanken ausschliessen, und sich so ihrer Geilheit hingeben, wie das Pferd und das Maulthier, die keinen Verstand haben; über diese hat der Teufel Gewalt. [Tobt. 6, 16. 17.] Hernach fügt er bei: Du sollst die Jungfrau in der Furcht des Herrn zu dir nehmen, mehr aus Verlangen nach Kindern, als aus Wollust, damit du im Samen Abrahams Segen i n deinen Kindern erlangest. Diess ist auch die einzige Ursache, warum Gott im Anfange die Ehe eingesetzt hat. Daher versündigen sich jene sehr schwer, welche im Ehestande durch Arzneien entweder die Empfängniss verhindern, oder die Frucht abtreiben; denn diess ist einem Menschenmorde gleich zu achten.

 

XIV. Warum die Ehe nach der Sünde eingesetzt worden sey. 

 

Die dritte Ursache ist nach dem Falle der Stammeltern zu den andern hinzugekommen, da wegen des Verlustes der Gerechtigkeit, in der der Mensch erschaffen war, die Begierlichkeit der wahren Vernunft zu widerstreben, anfing; damit nämlich der, welcher sich seiner Schwache bewusst ist, und den Widerstreit des Fleisches nicht aushalten will, sich des Heilmittels der Ehe bediene, um die Sünden der Geilheit zu vermeiden. Hierüberschreibt der Apostel folgendes: Wegen der Hurerei soll jeder sein Weib haben, und jede soll ihren Mann haben. [I. Cor. 7,2.] Und kurz nachher, als er gelehrt hatte, man müsse sich um des Gebetes willen manchmal der ehelichen Pflicht enthalten, fügte er bei: Und dann kehret wieder zu ihr zurück, damit euch der Satan nicht versuche wegen eurer Unenthaltsamheit. Diese Ursachen also muss sich jeder vor Augen stellen, der fromm und gottesfürchtig, wie es den Kindern der Heiligen geziemt, sich verehelichen will.
Wenn zu diesen noch andere Ursachen kommen, warum die Menschen heirathen, und sie bei der Auswahl der Frauen diese vor Augen haben, als Verlangen nach Hinterlassung eines Erben, Reichthum, Schönheit, adelige Abkunft, Gleichheit der Sitten; so sind solche Gründe nicht tadelhaft, da sie der Heiligkeit der Ehe nicht entgegen sind. Auch in den heiligen Schriften wird ja der Patriarch Jakob nicht getadelt, dass er die Rachel wegen ihrer Schönheit der Lia vorzog. Soviel von der Ehe, als natürliche Verbindung betrachtet.

 

XV. Warum die Ehe durch Christus zur Würde eines Sakramentes erhoben worden sey. 

 

1) Von der Ehe, als Sakrament. 2) Die innigste Vereinigung Christi und der Kirche durch die Liebe wird sehr passend durch das Sakrament der Ehe angedeutet.

I. Als Sakrament muss von ihr erkläret werden, dass ihr Wesen viel vortrefflicher sey, und sich auf einen weit höheren Zweck beziehe. Gleichwie die Ehe, als natürliche Verbindung, vom Anfange zur Fortpflanzung des menschlichen Geschlechtes eingesetzt worden ist, ebenso ist ihr später die Würde eines Sakramentes verliehen worden, damit das Volk zum Dienste und zur Verehrung Christi, des wahren Gottes und unseres Heilandes erzeugt und erzogen werden sollte.
II. Als Christus der Herr ein bestimmtes Zeichen jener innigsten Vereinigung, in der er mit der Kirche steht, und seiner unermesslichen Liebe gegen uns geben wollte, erklärte er die Würde dieses erhabenen Geheimnisses vorzüglich durch diese heilige Verbindung des Mannes und Weibes. Dass aber diess sehr passend sey, kann daraus erkannt werden, weil kein menschliches Band die Menschen so sehr mit einander zusammenhält, wie das Band der Ehe, und Mann und Weib durch die höchste Liebe und Freundschaft verbunden sind; und diess ist die Ursache, warum uns die heiligen Schriften diese göttliche Vereinigung Christi und der Kirche so oft unter dem Gleichnisse einer Hochzeit vor Augen stellen.

 

XVI. Wie die Ehe ein wahres Sakrament des evangelischen Gesetzes sey. 

 

Die Ehe erthellet die heilig machende Gnade.

Die Kirche hat immer als gewiss und erwiesen angenommen, dass die Ehe ein Sakrament sey, gestützt auf den Ausspruch des Apostels, der an die Epheser schreibt: Die Männer müssen ihre Weiber lieben, wie ihre Leiber. Wer sein Weib liebt, liebt sich selbst; Niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst, sondern er nährt und pflegt es, wie auch Christus die Kirche; denn wir sind Glieder von seinem Leibe, von seinem Fleische und von seinen Beinen. Desswegen wird der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen, und seinem Weibe anhangen; und sie werden zwei seyn in einem Fleische. Diess ist ein grosses Sakrament, ich sage aber in Christus und in der Kirche. [Ephes. 5,29] Wenn er sagt: Diess ist ein grosses Sakrament, darf Niemand zweifeln, dass sich diess auf die Ehe beziehe, und dass die Verbindung des Mannes und des Weibes, deren Urheber Gott ist, ein Sakrament sey, das ist, ein heiliges Zeichen jenes heiligsten Bandes, wodurch Christus der Herr mit der Kirche verbunden ist.

 

XVII. Aus den Worten des heiligen Paulus wird bewiesen, wie die Ehe ein Sakrament sey. 

 

Dass diess die wahre und eigentliche Bedeutung dieser Worte sey, beweisen die alten heiligen Väter, welche diese Stelle ausgelegt haben; und dasselbe erklärte auch die heilige Synode von Trient. [Sess. 24. de mistr. in princip. et can.1.] Also ist es klar, dass der Apostel den Mann mit Christus, und das Weib mit der Kirche verglichen habe; der Mann Eph». & sey das Haupt des Weibes, wie Christus das Haupt der Kirche ist; [Ephes. 6] und auf diese Weise geschehe, dass der Mann dos Weib lieben, und entgegen das Weib den Mann lieben und ehren müsse. Denn Christus hat die Kirche geliebt, und sich selbst für sie hingegeben; dagegen aber ist, wie der nämliche Apostel lehrt, die Kirche Christo unterworfen. Dass aber auch durch dieses Sakrament die Gnade angezeigt und mitgetheilt werde, worin hauptsächlich das Wesen des Sakramentes besteht, erläutern diese Worte der Synode: „Die Gnade aber, welche jene natürliche Liebe vervollkommen und die unauflösbare Einigkeit befestigen und die Eheleute heiligen soll, hat uns Christus selbst, der Urlieber und Vollender der heiligen Sakramente, durch seine Leiden verdient." Daher muss gelehrt werden, durch die Gnade dieses Sakramentes werde bewirkt, dass Mann und Weib, vereinigt durch das Band der gegenseitigen Liebe, eines in dem Wohlwollen des andern Ruhe finde, fremde und unerlaubte Liebschaften und Beilager nicht suche, sondern dass die Ehe in allen Stücken ehrbar, und das Ehebett unbefleckt sey. [Hebr. 13,4]

 

XVIII. Wie sehr sich die Ehe des Evangeliums von der Ehe des natürlichen Gesetzes und des Moses unterscheide. 

 

Welch grossen Vorzug das Sakrament der Ehe vor jenen Ehebündnissen hatte, welche vor oder nach dem Gesetze geschlossen worden, kann man daraus erkennen, dass, obschon die Heiden dafürhielten, der Ehe wohne etwas Göttliches inne, und desswegen sey Hurerei dem natürlichen Gesetze entgegen, und Blutschande, Ehebrüche und andere Arten von Wollust seyen strafbar, doch ihre Ehen gänzlich der Kraft des Sakramentes ermangelten. Bei den Juden aber hielt man die Gesetze der Ehe durchgehend in grösserer Achtung, und es ist kein Zweifel, dass ihre Ehen eine höhere Heiligkeit besassen. Denn da sie die Verheissung erhalten hatten, dass dereinst alle Völker im Samen Abrahams würden gesegnet werden; so hielten sie es mit Recht für ein heiliges Geschäft, Kinder zu erzeugen, und die Nachkommenschaft des auserwählten Volkes fortzupflanzen [Gen. 22,18] , aus der Christus der Herr, unser Heiland, was seine menschliche Natur betrifft, abstammen sollte; doch auch jene Verbindungen hatten nicht die wahre Beschaffenheit eines Sakramentes.

 

XIX. Die Ehe unter dem natürlichen Gesetze nach der Sünde oder unter dem Gesetze Mosis hat ihre ursprüngliche Würde, die sie von Gott hatte, nicht beibehalten. 

 

1) Unter dem natürlichen Gesetze nach der Sünde, oder unter dem Gesetze Mosis, hat sich die Ehe von der Würde ihres Ursprungs entfernt. 2) Vielweiberei ist dem Wesen der Ehe zuwider und den Christen verboten. 3) Die Ehe besteht nur in der Verbindung von zweien. 4) Was ein Ungläubiger, der sich zum Glauben bekehret hat thun müsse, wenn er ehvor mehrere Weiber gehabt hat.

I. Dazu kömmt, dass wir, mögen wir nun die Ehe unter dem natürlichen Gesetze nach der Sünde oder unter dem Gesetze des Moses betrachten, leicht bemerken, sie habe an der Würde und Ehrbarkeit ihres Ursprungs verloren. Denn wir erfahren, dass während der Geltung des natürlichen Gesetzes viele Altväter gewesen seyen, die mehrere Weiber zugleich zur Ehe nahmen. [Deut. 21,1] Später aber unter dem Gesetze Mosis war es erlaubt, den Scheidebrief zu geben, wenn eine Ursache da war, sich vom Weibe zu scheiden; beides aber hob das evangelische Gesetz auf [Matth. 19,9] , und stellte die Ehe in ihren vorigen Zustand zurück.
II. Dass die Vielweiberei dem Wesen der Ehe zuwider sey (obwohl einige Altväter nicht zu tadeln sind, weil sie nicht ohne Nachsicht Gottes mehrere Weiber zur Ehe nahmen), zeigt Christus der Herr mit diesen Worten: Desswegen wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und seinem Weibe anhangen, und sie werden zwei seyn in Einem Fleische. [Matth. 19, 5.6.] Und dann fügt er bei: Daher sind sie n icht mehr zwei, sondern Ein Fleisch..
III. Mit diesem Worte legte er klar vor Augen, die Ehe sey von Gott in der Art eingesetzt, dass sie in einer Verbindung nur von zweien , nicht von mehreren bestehen sollte. Er lehrte diess auch an einer andern Stelle deutlich, da er sagte: Wer immer sein Weib entlässt und eine andere nimmt, begehet, einen Ehebruch an ihr; und wenn das Weib ihren Mann verlässt und einen andern heirathet, bricht sie die Ehe. [Marc. 10,11.12.] Wäre es dem Manne erlaubt, mehrere Weiber zu ehelichen, so wäre kein Grund vorhanden, warum er mehr des Ehebruches angeklagt werden sollte, weil er zu dem Weibe, die er schon zu Hause hatte, eine andere nahm, als weil er, nachdem er die erste entlassen hatte, sich mit einer andern verband.
IV. Hieraus sehen wir, dass ein Ungläubiger, wenn er nach der Sitte und Gewohnheit seines Volkes mehrere Weiber zur Ehe genommen hätte, und sich zur wahren Religion bekehren würde, von der Kirche den Befehl erhielte, alle übrigen zu entlassen, und nur die erste als rechte und gesetzmässige Gemahlin zu behalten.

 

XX. Das Eheband kann durch die Ehescheidung nicht getrennt werden. 

 

1) Der Tod allein kann das Eheband lösen. 2) Ohne gerechte Ursache darf das Zusammenleben der Gatten nicht aufgehoben werden.

I. Eben durch das Zeugniss Christi des Herrn wird leicht bewiesen, dass das Eheband durch die Entscheidung nicht aufgelöst werden kann. Denn wenn ein Weih nach ertheiltem Scheidebriefe von der Pflicht gegen ihren Mann entbunden wäre, so könnte sie, ohne einen Ehebruch zu begehen, einen andern heirathen. Aber der Herr spricht deutlich aus: Jeder, der sein Weib entlässt und eine andere nimmt, bricht die Ehe. [Luc. 16,18] Hieraus erhellt, dass das Eheband durch nichts, als durch den Tod gelöst werde; was auch der Apostel bestätigt mit den Worten: Das Weib ist an das Gesetz gebunden, so lange ihr Mann lebt; stirbt ihr Mann, so ist sie vom Gesetze frei; sie kann heirathen wen sie will, aber nur im Herrn. [I. Cor. 7,39] Und ferner: Diesen, die verehelicht sind, befehle ich, nicht ich, sondern der Herr, dass das Weib den Mann nicht verlasse; verlässt sie ihn aber, so soll sie unverheirathet bleiben, oder sich mit ihrem Manne wieder aussöhnen. [Ib. 10,11]
II. Es liess also der Apostel dem Weibe, welche aus gerechten Ursachen den Mannn verlassen hätte, die Wahl, entweder unverheirathet zu bleiben, oder sich mit ihrem Manne wieder auszusöhnen. Und auch die heilige Kirche erlaubt dem Manne und Weibe nur aus sehr wichtigen Ursachen sich einander zu verlassen.

 

XXI. Warum es nützlich sey, dass die Ehe niemals könne getrennt werden. 

 

Damit aber das Gesetz der Ehe Niemand zu hart scheine, weil sie auf keine Weise aufgelöst werden kann, so soll gelehrt werden, was diess für Vortheil bringe. Erstens erkennen hieraus die Menschen, man müsse beim Eingehen der Ehe vielmehr auf Tugend und Gleichheit der Lebensweise, als auf Reichthum und Schönheit Rücksicht nehmen, wodurch ohne allen Zweifel für die allgemeine Wohlfahrt am meisten gesorgt wird. Könnte ferner die Ehe durch Scheidung aufgelöst werden, so würde es hiezu den Menschen kaum jemals an Ursachen fehlen, die ihnen vom alten Feinde des Friedens und der Schamhafiigkeit täglich dargeboten würden. So aber, wenn die Gläubigen bedenken, dass sie, wenn sie auch vom ehelichen Zusammenleben und Umgange befreit sind, doch immer durch das Band der Ehe gebunden werden, und jede Hoffnung abgeschnitten sey, das Weib eines andern ehelichen zu können, wird bewirkt, dass sie sich nicht so leicht zum Jähzorn und zur Zwietracht hinreissen lassen. Sollten sie sich aber bisweilen doch scheiden, und die Sehnsucht nach der Ehehälfte nicht langer mehr ertragen können, so kehren sie, ausgesöhnt durch ihre Freunde, leicht wieder, zum gemeinschaftlichen Zusammenleben zurück.

 

XXII. Die geschiedenen Eheleute können sich wieder vereinigen. 

 

Die wegen Ehebruchs Entlassenen können, wenn sie es bereuen, von der andern Hälfte wieder aufgenommen werden.

Hier darf von den Seelenhirten die heilsame Ermahnung des heiligen Augustin nicht übergangen werden. Um den Gläubigen zu zeigen, dass sie keine Schwierigkeit machen sollten, Weiber, welche sie des Ehebruches wegen entlassen haben, wieder zu sich zu nehmen, wenn sie ihr Verbrechen bereuen, sagt er: „Warum soll ein gläubiger Mann das Weib nicht wieder aufnehmen, da sie auch die Kirche wieder aufnimmt? Oder warum soll ein Weib dem ehebrecherischen Manne, wenn er reuig ist, nicht verzeihen, da ihm auch Christus verziehen hat?" Wenn aber die Schrift den einen Thoren [Prov. 18,22] nennt, welcher eine Ehebrecherin bei sich behält: so meint sie das von einer solchen, welche sich weigert zu bereuen und von der begangenen Schandthat abzustehen, wenn sie gefehlt hat. Hieraus ist klar, dass die Ehen der Gläubigen an Vollkommenheit und Adel die der Heiden und Judenheit übertreffen.

 

XXII. Welches die Güter seyen, die den Verehelichten durch dieses Sakrament zu Theil werden. 

 

Den Gläubigen soll vorgetragen werden, dass die Ehe drei Güter gewähre: Nachkommenschaft, Treue und ein Sakrament. Durch sie werden jene Unbequemlichkeiten gemildert, die der Apostel in folgenden . Worten ausspricht: Dergleichen werden leibliche Trübsale erfahren. [I. Cor. 7, 28.] Auch wird bewirkt, dass die körperliche Vermischung, die ausser der Ehe mit Recht verdammt worden, mit Ehrbarkeit verbunden ist.
Das erste Gut also ist die Nachkommenschaft, d. h. Kinder, welche von einer recht und gesetzmässigen Gemahlin geboren werden. Diess schätzte der Apostel so hoch, dass er sagte: Das Weib wird selig werden durch die Erzeugung von Kindern. [I. Tim. 2,15] Diess ist aber nicht blos von der Zeugung, sondern auch von der Erziehung und dem Unterrichte, wodurch die Kinder in der Frömmigkeit unterwiesen werden, zu verstehen. Darum fügt der Apostel sogleich bei: Wenn sie im Glauben verharret. Denn die Schrift ermahnet: Hast du, Kinder? unterrichte sie, und ziehe sie von ihrer Kindheit an. [Ecclesiastic. 7,25] Das nämlich lehrt auch der Apostel, und die schönsten Beispiele dieser Erziehung geben, in der heiligen Schrift Tobias, Hiob und andere heilige Altväter. Die Pflichten der Eltern und Kinder aber werden im vierten Gebote weitschichtiger erkläret werden.

 

XXIV. Was eheliche Treue sey, und wie man sie halten müsse. 

 

Es folgt nun der Glaube, das zweite Gut der Ehe; darunter versteht man aber nicht jene göttliche Tugend, die wir durch die Taufe erlangen, sondern die Treue, wodurch sich gegenseitig der Mann dem Weibe, und das Weib dem Manne so verbindet, dass eines dem andern die Gewalt über seinen Körper übergibt, [Gen. 2,24] und verspricht, den heiligen Bund der Ehe niemals zu verletzen. Diess schliesst man leicht aus jenen Worten, die unser Stammvater aussprach, als er die Eva zu seinem Weibe nahm, und die später Christus der Herr im Evangelium gut geheissen hat: Desshalb wird der Mann Vater und Mutter verlassen, und seinem Weibe anhangen, und sie werden Zwei seyn in Einem Fleische; [Matth. 19,5] ebenso der Apostel: das Weib hat nicht Gewalt über ihren Leib, sondern der Mann; gleichfalls hat aber auch der Mann nicht Gewalt über seinen Leib, sondern das Weib. [Cor. 7,5] Daher sind mit vollem Rechte die schwersten Strafen von Gott gegen die Ehebrecher, da sie diese eheliche Treue verletzen, im alten Testamente festgesetzt worden. Ueberdiess fordert die eheliche Treue, dass der Mann und das Weib durch eine besondere reine und heilige Liebe vereinigt werden, und sich nicht wechselseitig wie Ehebrecher lieben, sondern so wie Christus die Kirche geliebt hat. Diess befahl der Apostel, da er sprach: Männer liebet eure Weiber, wie auch Christus die Kirche geliebt hat, [Ephes. 5,25] welche er wahrlich mit jener unendlichen Liebe, nicht um seines Vortheiles willen, sondern nur zum Nützen der Braut, umfasste.

 

XXV. Worin das Sakrament bestehe, wenn es unter die Güter der Ehe gezählt wird. 

 

Das dritte Gut wird Sakrament genannt; nämlich das Band der Ehe, das niemals aufgelöst werden kann; denn, wie es beim Apostel heisst, der Herr hat befohlen, dass das Weib den Mann nicht verlasse, wenn sie ihn aber verlassen hat soll sie unverheirathet bleiben, oder sich mit ihrem Manne wieder aussöhnen; und der Mann soll das Weib nicht entlassest. [I. Cor. 7,10.11] Wenn die Ehe, als Sakrament, die Vereinigung Christi mit der Kirche darstellet, so folgt nothwendig, dass, wie Christus sich niemals von der Kirche trennt, so auch das Weib vom Manne, was das Eheband betrifft, nie getrennt werden könne. Damit aber diese heilige Gemeinschaft leichter ohne Klage bewahret werde, so sollen die Pflichten des Mannes und Weibes, wie sie vom h. Paulus und vom Apostelfürsten Petrus vorgeschrieben sind, dargelegt werden.

 

XXVI. Welches die vorzüglichsten Pflichten des Ehemannes seyen. 

 

Es ist die Pflicht des Mannes, das Weib freundlich und ehrenvoll zu behandeln; hiebei soll man erinnern , dass Adam die Eva seine Gefährtin nannte, da er sagte: Das Weib, das du mir zur Gefährtin gegeben hast, und diess gaben einige Väter als Ursache an, warum sie nicht aus den Füssen, sondern aus der Seite des Mannes gebildet wurde; ebenso ist sie nicht aus seinem Haupte gestaltet worden, dass sie sich nicht als Herrin des Mannes ansehen, sondern erkennen sollte, sie sey ihm Unterthan. Ferner soll sich der Mann immer mit einer anständigen Arbeit beschäftigen, theils um das herbeizuschaffen, was zur Erhaltung der Familie nöthig ist, theils damit er nicht durch Müssiggang sich verweichliche, woraus fast alle Laster entsprangen. Endlich ist es seine Pflicht, die Familie in schöner Ordnung zu halten, aller Sitten zu verbessern, und jedes zu seiner Pflicht anzuhalten.

 

XXVII. Pflichten des Weibes. 

 

Dagegen sind Pflichten des Weibes, wie sie der Apostelfürst aufzahlt, da er schreibt: Die Weiber sollen ihren Männern gehorsam seyn, damit wenn einige dem Worte nicht glauben, sie durch den Umgang mit den Weibern auch ohne das Wort gewonnen werden, wenn sie ihren keuschen gottesfürchtigen Wandel betrachten. Ihr Schmuck sey nicht äusserlich, in Haarflechten, in goldenem Geschmeide, oder im Anzüge und Kleiderpracht, sondern der in sich gekehrte Mensch des Herzens, in der Unversehrtheit eines ruhigen und bescheidenen Geistes, der werthvoll ist im Angesichte Gottes. So schmückten sich auch einst jene heiligen Weiber, sie hofften auf Gott, und waren ihren Männern Unterthan, wie Sara dem Abraham gehorcht hat, indem sie ihn Herr nannte. Ihr vorzüglichstes Trachten soll dahin gehen, die Kinder im Dienste Gottes zu erziehen und das Hauswesen emsig zu besorgen. Sie sollen gerne zu Hause bleiben, wenn sie nicht nothwendig ausgehen müssen, und diess niemals ohne Erlaubniss des Mannes zu thun wagen. Ferner, worin hauptsächlich die eheliche Verbindung besteht, sollen sie sich erinnern, nach Gott Niemanden mehr, als den Mann zu lieben, und Niemanden höher zu schätzen als ihn; auch müssen sie ihm in allen Stücken, die der christlichen Frömmigkeit nicht entgegen sind, nachgeben und mit der grössten Bereitwilligkeit im Herzen gehorchen.

 

XXVIII. Was von den Gebräuchen bei der Ehe zu halten sey. 

 

Es wird der Erläuterung dieser Dinge zuträglich seyn, wenn die Seelsorger auch die Gebräuche erklären, die bei der Eingehung der Ehe beobachtet werden müssen. Hierüber wird wohl Niemand von uns erwarten, da die heilige Synode von Trient [Sess. 24.] weitläufig und genau festgesetzt hat, was dabei hauptsächlich zu beobachten ist, und die Hirten jene Entscheidung ohnehin wissen können. Es ist also genug, sie zu ermahnen, das, was hierauf Bezug hat, aus der Lehre des heiligen Conciliums kennen zu lernen sich zu bestreben, und es den Gläubigen sorgfältig auszulegen.

 

XXIX. Heimliche Ehen sind nicht gültig. 

 

Geheime, ohne Wissen des Pfarrers, geschlossene Ehen sind ungültig.
Damit nicht Jünglinge und Mädchen wegen des Leichtsinnes und der Unklugheit ihres jugendlichen Alters, durch den falschen Namen der Ehe sich täuschend, unvorsichtige schändliche Liebschaftsbündnisse eingehen, sollen die Seelsorger sehr oft darlegen, jene Ehen seyen nicht für wahr und gültig zu halten, die nicht in Gegenwart des Pfarrers oder eines andern Priesters, der vom Pfarrer oder Bischöfe bevollmächtigt ist, und vor der bestimmten Zahl von Zeugen geschlossen werden.

 

XXX. Man soll auch die Ehehindernisse vortragen. 

 

Auch die Ehehindernisse sollen erkläret werden; hierauf haben sehr viele angesehene und sehr gelehrte Männer, welche über Laster und Tugenden Bücher herausgegeben haben, so viele Mühe verwendet, dass leicht Jedermann, was jene geschrieben haben, hieher beziehen kann; besonders da es für die Seelsorger nothwendig ist, jene ihre Bücher fast nie aus der Hand zu legen. Sie mögen daher jene Vorschriften und auch das, was die heilige Synode [ibid. cap. 4] über das Hinderniss, weches entweder durch geistliche Verwandtschaft, oder durch die öffentliche Ehrbarkeit, oder durch Hurerei entsteht, festgesetzt hat, aufmerksam lesen und es den Gläubigen vortragen.

 

XXXI. Wie diejenigen im Gemüthe beschaffen seyn sollen, die zur Ehe schreiten. 

 

Hieraus kann entnommen werden, wie die Gläubigen gesinnt seyn müssen, wenn sie die Elte.abscschließen sie sollen nicht glauben ein irdisches Geschäft zu unternehmen, sondern ein göttliches, wozu sie eine besondere Geistesreinheit und Gottesfurcht mitbringen sollen, wie die Beispiele der Väter des alten Gesetzes hinlänglich beweisen, indem sie ihre Ehen, obwohl sie nicht mit der Würde eines Sakramentes geziert waren, doch immer mit der grössten Ehrfurcht und Heiligkeit verehren zu müssen glaubten.

 

XXXII. Zur Rechtmässigheit der Ehe ist die Einwilligung der Eltern einzuholen. 

 

Uebrigens sollen die Kinder besonders ermahnet werden, dass sie ihren Eltern und denen, unter deren Obhut und Gewalt sie stehen, dadurch ihre Ehrfurcht bezeigen, dass sie nicht ohne ihr Wissen oder wider ihren Willen sich verehelichen. Denn im alten Testamente kann man sehen, wie die Kinder immer von den Vätern verheirathet worden sind. Dass man in diesem Stücke vorzüglich ihrem Willen sich fügen soll, scheint auch der Apostel mit jenen Worten angedeutet zu haben: Wer seine Tochter verheirathet, thut wohl; und wer sie nichkt verheirathet, thut besser. [I. Cor. 7,38]

 

XXXIII. Was vom Beischlafe vorgetragen werden soll. 

 

I. Es ist nun der letzte Theil übrig, der sich auf den Gebrauch der Ehe bezieht; in der Abhandlung hierüber sollen sich die Seelsorger in Acht nehmen, dass kein Wort ihnen entschlüpfe, welches gläubigen Ohren unwürdig erscheinen, oder fromme Seelen beleidigen, oder Gelächter erregen könnte. Denn wie die Worte des Herrn keusche Worte sind, [Ps. 11,7] so soll sich auch besonders der Lehrer des christlichen Volkes solcher Ausdrücke bedienen, die einen ausgezeichneten Anstand und Herzensreinigkeit darlegen.
II. Daher, sind die Gläubigen vorzüglich auf jene zwei Dinge aufmerksam zu machen: erstens soll man sich nicht des Vergnügens und der Wollust wegen verehelichen, sondern sie in jenem Maasse gebrauchen, welches, wie wir oben zeigten, von Gott vorgeschrieben ist. Denn man soll gedenken, was der Apostel befiehlt: Welche Weiber haben, sollen so seyn, als hätten sie keine; [I. Cor. 7,29] und was der heil. Hieronymus gesagt hat: „Ein weiser Mann soll seine Gemahlin vernünftig lieben, nicht leidenschaftlich; er soll die Triebe der Wollust bezähmen, und sich nicht sinnlos dem Beischlafe ergeben." Nichts ist schändlicher, als das Weib so zu lieben, wie eine Ehebrecherin.

 

XXXIV. Die Eheleute sollen sich bisweilen der ehelichen Pflicht enthalten. 

 

Weil man alles Gute von Gott durch frommes Gebet erflehen soll, so müssen zweitens die Gläubigen belehret werden, dass sie sich bisweilen des Gebetes wegen von der ehelichen Pllicht enthalten möchten; vorzüglich sollen sie diess beobachten, wenigstens drei Tage, ehevor sie die heilige Eucharistie empfangen, öfters aber in der vierzigtägigen Fastenzeit, wie unsere Väter wahr und frommen Sinnes befohlen haben. Denn dadurch werden sie fühlen, dass die Güter der Ehe selbst täglich durch die göttliche Gnade an Wachsthum zunehmen; und indem sie nach Frömmigkeit streben, werden sie nicht nur dieses Leben in Ruhe und Frieden hinbringen, sondern auch durch die wahre und standhafte Hoffnung , die nicht täuscht, [Röm. 5,15] gestärkt werden, durch die Güte Gottes das ewige Leben zu erlangen.

 

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