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Mittwoch, 2. Oktober 2013

Predigt vom hl. Thomas v. Aquin - Zweiter Sonntag nach Epiphanie

Zweiter Sonntag nach Epiphanie

 

(Aus dem Buch Des heiligen Thomas von Aquin, des englischen Lehrers, Predigten auf das ganze Kirchenjahr)

 

 Erste Rede


 Seid gastfreundlich. Röm. 12, 13.

 In dieser Epistel, welche einen ganz moralischen Inhalt hat, werden wir zu einer vielfachen Gastfreundlichkeit ermahnt, wozun uns vorzüglich viererlei bewegen soll. Erstens das Gebot des Herrn; zweitens das Beispiel der Heiligen; drittens damit kein Schaden entstehe; viertens der vielfache Nutzen, wenn sie geschlieht. In Betreff des ersten befahl der Herr in einem dreifachen Gesetze die Gastfreundschaft, nämlich im Gesetze der Natur im alten und neuen Gesetze. Das Naturgesetz befiehlt uns, daß wir eben so wie wir von Andern gastfreundlich aufgenommen werden wollen, auch Andere gastfreundlich aufnehmen. Das Evangelium sagt (Matth. 7.): "Alles, was ihr wollet, daß euch die Menschen thun, thuet ihnen auch." Im alten Bunde heißt es (Isai. 58.): "Die Armen und Fremden nimm in dein Haus auf," und (Deut. 26.): "Daß du und der Fremdling und der Ankömmling mit dir esse." Im neuen Gesetze heißt es (Hebr. 13.): "Vergesset die Gastfreundschaft nicht."

 In Bezug auf das zweite ist zu bemerken, daß die Beispiele der Heiligen uns Dreifaches lehren in Bezug auf die Gastfreundschaft. Zuerft daß wir die Fremden gleichsam bei uns einzukehren zwingen; zweitens daß wir sie vor Beleidigungen schützen; und drittens daß wir ihnen freundlich, eilig und im Uebermaaße das Nothwendige geben. Vom ersten heißt es im Evangelium (Luc. letzt. Kap.): "Und sie zwangen ihn, und sagten Bleibe bei uns, denn es wird Abend und der Tag hat sich schon geneigt." Vom zweiten heißt es (Gen. 19.): "Thuet nicht Brüder dieses Uebel, weil sie unter den Schatten meines Daches eingetreten sind," woraus wir lernen, daß es Sitte war, die Gastfreunde vor den Beleidigungen zu vertheidigen. Vom dritten sagt die Schrift (Gen. 18.): "Ich bitte, bleibet bei euerem Diener, und (nachher) Abraham sprach zu Sara: "Eile und knete drei Maaß Weiß Mehl und backe Aschkuchen. Er aber lief zu den Rindern und nahm das zarteste beste Kalb davon," wodurch wir lernen freudig schnell und reichlich den Gästen zu dienen.

 In Bezug auf das dritte ist zu bemerken, daß Jene welche hier die Gastfreundschaft nicht pflegen drei Uebel sich zunziehen. Erstens, weil sie von dem Herrn gestraft werden, zweitens, weil sie vor Gericht zu Schanden werden, drittens weil sie in böse Gesellschaft kommen. Vom ersten Punkte steht geschrieben (Weish. 19.): "Einige nahmen die unbekannten Fremdlinge nicht auf, Andere aber nahmen die guten Fremdlinge zum Dienste auf; und nicht allein dieß, bei jenen kommt noch zu erwägen, daß sie die Fremdlinge ungerne aufnahmen. Aber sie wurden mit Blindheit geschlagen." In Bezug auf den zweiten Punkt steht geschrieben (Matth. 25.): "Ich war ein Fremdling und ihr nahmet mich nicht auf." Vom dritten (Matth. 25.): "Gehet ihr Verfluchten in das ewige Feuer, das dem Teufel und seinem Anhange bereitet ist."

 In Bezug auf den vierten Punkt ist zu bemerken, daß wir aus drei Gründen die Gastfreundschaft ausüben sollen. Zuerst, weil wir dadurch Gnade erlangen, zweitens weil wir häufig die Heiligen und Engel aufnehmen; drittens weil wir in die ewige und glorwürdige Gastfreundschaft aufgenommen werden. Vom ersten und zweiten sagt der Apostel (Hebr. 13.): "Vergesset die Gastfreundschaft nicht, denn dadurch erwarben sich Viele Gottes Wohlgefallen, indem sie die Engel zur Gastfreundschaft aufnahmen. Von einer Frau wissen wir, daß sfie einen Armen aufzunehmen glaubte und Christus aufnahm. Vom dritten spricht Christus (Matth. 25.): "Ich war ein Fremdling und ihr habt mich aufgenommen. Kommet ihr Gesegneten meines Vaters, nehmet das Reich das euch vom Anbeginne der Welt bereitet ist." Dazu wolle uns der Herr führen. u. s.w.

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