Drittes Hauptstück - Vom zweiten Gebote. Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht eitel nennen.
I. Warum Gott dieses Gesetz über die in Ehrenhaltung seines Namens besonders gegeben habe.
Das erste Gebot schliesst das zweite in sich.
Obschon im ersten Gebote des göttlichen Gesetzes, wodurch uns
befohlen wird, Gott fromm und heilig zu verehren, das zweite nothwendig
enthalten ist (denn wer will, dass ihm Ehre erwiesen werde, der verlangt auch,
dass wir mit der grössten Hochachtung von ihm reden, und verbietet das
Gegentheil, was auch jene Worte des Herrn beim Malachias deutlich anzeigen:
Ein Sohn ehret seinen Vater, und ein Knecht seinen Herrn;
bin ich nun der Vater, wo ist meine Ehre?); [Malach.
1,6]
so hat doch Gott wegen der Wichtigkeit des Gegenstandes dieses
Gesetz über die in EhrenHaltung seines göttlichen und heiligsten Namens
besonders geben, und dasselbe ans mit beredten und deutlichen Worten
vorschreiben wollen.
II. Wie sehr sich die Seelsorger bei der Erklärung dieses Gebotes bemühen sollen.
Wie häufig dasselbe die Menschen beim Schwören übertreten.
Den Seelsorger muss das Vorhergehende überzeugen, es sey keineswegs
hinlänglich, über diesen Gegenstand im Allgemeinen zu sprechen; sondern es sey
diess der Art, dass man hiebei länger sich aufhalten, und alles, was diese
Abhandlung betrifft, deutlich, klar und genau den Gläubigen erklären müsse. Man
darf diese Sorgfalt nicht für übertrieben halten, da es nicht an Menschen fehlt,
welche durch die Finsternisse des Irrthums so geblendet sind, dass sie sich
nicht scheuen, dem zu fluchen , welchen die Engel lobpreisen. Sie lassen sich
auch durch kein Gesetz abschrecken, täglich die Majestät Gottes herabzusetzen,
ja sie wagen diess fast jede Stunde und jeden Augenblick auf das
Unverschämteste. Denn wer sieht nicht, dass alles mit einem Eidschwure
bekräftigt werdet dass alles mit Anrufungen und Flüchen erfüllt sey? und diess
geht so weit, dass beinahe Niemand etwas verkauft, oder kauft, oder irgend ein
Geschäft abthut, ohne dass er es mit einem Eidschwure betheuert, und den
heiligsten Namen Gottes tausendmal in jeder noch so geringfügigen und nichtigen
Sache unbedachtsamer Weise missbraucht? Daher soll der Seelsorger einen um so
grössern Fleiss und Sorgfalt anwenden, und die Gläubigen oftmals erinnern, wie
schwer diess Vergehen sey, und wie verabscheuuugswürdig.
II. Was dieses zweite Gebot gebiete Und verbiete.
Im Verbote ist das entgegengesetzte Gebot enthalten.
Bei der Erläuterung dieses Gebotes soll zuerst dargelegt werden,
dass mit dem, was das Gesetz zu geschehen verbietet, das Gebot derjenigen Dinge
verbunden sey, die die Menschen thun sollen. Beides muss abgesondert vorgetragen
werden; erstens, damit jenes, was gelehrt werden soll, leichter erklart werden
könne, nämlich was das Gesetz gebiete; dann auch, was es verbiete. Es gebietet
aber: dass der Name Gottes in Ehren gehalten werden, und dass man bei ihm heilig
schwören müsse. Dagegen verbietet es; Niemand soll den göttlichen Namen
missachten, Niemand ihn eitel nennen, noch durch denselben entweder falsch, oder
vergeblich oder unbedachtsam schwören.
IV. Was hier unter dem Namen Gottes verstanden werde.
In dem Theile, worin uns geboten wird, den Namen Gottes in Ehren zu
halten,
soll der Seelsorger den Gläubigen darlegen, man müsse nicht auf den
Namen Gottes, nämlich auf seine Buchstaben und Silben, oder nur auf das an sich
blosse Wort, sein Augenmerk richten, sondern darauf seine Gedanken heften, was
jenes Wort bedeute, welches die allmächtige und ewige Majestät der einen und
dreieinigen Gottheit anzeigt. Hieraus wird man dann leicht schliessen, wie eitel
der Irrwahn einiger Juden sey, welche den göttlichen Namen, den sie schreiben,
nicht auszusprechen sich getrauen, gleich, als wenn in jenen vier Buchstaben,
und nicht in der Sache, die göttliche Kraft läge. Obschon in der einfachen Zahl
ausgesprochen wurde: Du sollst den Namen Gottes nicht eitel nennen, so ist diess
doch nicht von irgend Einem Namen, sondern von allen Benennungen, die Gott
beigelegt werden, zu verstehen; denn es sind Gott viele Namen beigelegt worden,
wie z. B. allmächtiger Herr, Herr der Heerschaaren, König der Könige, der
Starke, und andere dergleichen, die man in der heiligen Schrift liest, und
welche insgesammt gleiche und ebendieselbe Verehrung geniessen. Ferner muss
gelehret werden, wie man dem göttlichen Namen die schuldige Ehre erweise; denn
es wäre unrecht, wenn das christliche, Volk, dessen Mund das Lob Gottes immerdar
preisen soll, in einer zum Heile so nützlichen und durchaus notwendigen Sache
unwissend bliebe.V. Auf welche Weise dargelegt werde, dass wir den göttlichen Namen verehren.
Wiewohl die Art und Weise, den göttlichen Namen zu lobpreisen,
vielfach ist, so liegt doch in dem, was hienach gesagt werden wird, alle Kraft
und alles Gewicht. Erstens also wird Gott gelobt, wenn wir öffentlich vor aller
Augen unsern Herrn und Gott vertrauensvoll bekennen, und wenn wir Christum,
gleichwie wir ihn als Urheber unseres Heiles anerkennen, so auch preisen. Wenn
wir gleicherweise dem Worte Gottes, durch welches sein Wille verkündet wird, mit
heiligem Sinne und sorgfältig unsere Aufmerksamkeit widmen, beständig dasselbe
betrachten, es eifrig auffassen, entweder durch Lesen oder Zuhören, wie es eines
Jeden Person und Amte angemessen und passend ist. Ferner ehren wir den
göttlichen Namen, wenn wir aus Amtspflicht oder Andacht das göttliche Lob
singen, und für alles, mag es Glück oder Unglück seyn, ihm Dank sagen. Denn der
Prophet spricht: Lobe meine Seele den Herrn, und vergiss
nicht alle seine Wohlthaten! [Ps. 102,2.] Wir
besitzen sehr viele Psalmen von David, worin er mit besonderer Liebe zu Gott
wunderlieblich sein göttliches Lob singt. Wir haben jenes wunderbare Beispiel
der Geduld an Hiob, der, obschon er mit jenen so grossen und furchtbaren
Drangsalen heimgesucht wurde, doch nie unterliess, Gott mit erhabenem und
ungebeugtem Muthe zu loben. Wenn wir daher von Schmerzen der Seele und des
Leibes gepeiniget, wenn wir von Elend und Jammer gequält werden, so lasst uns
sogleich allen Eifer und alle unsere Kräfte zum Lobe Gottes aufbieten, und mit
Hiob sprechen: Der Name des Herrn sey gebenedeyt.
[Job. 1,21]
VI. Wie wir eben diesem Gebote auf sonstige Weise gehorchen.
Ebenso wird Gott geehret, wenn wir vertrauensvoll seine Hilfe
anflehen, damit er uns entweder von, den Uebeln befreie, oder uns
Standhaftigkeit und Kraft verleihe, sie muthig zu ertragen. Diess will Gott
haben, da er sagt: Rufe zu mir am Tage der Trübsal, so will
ich dich erretten, und du sollst mich preisen. [Ps.
49,15] Von dieser Anrufung finden wir an vielen Stellen herrliche
Beispiele, besonders in den Psalmen 26. 43. 118. Ueberdiess verharren wir in
Verehrung des göttlichen Namens, wenn wir zur Bekräftigung der Glaubwürdigkeit
Gott zum Zeugen aufrufen; welche Art von den vorigen ganz verschieden ist. Denn
das oben aufgezählte, ist an sich selbst so gut und wünschenswerth, dass es
nichts Beseligenderes, nichts für den Menschen Wünschenswertheres geben kann,
als sich hierin Tag und Nacht fleissig zu üben. David spricht: Ich will den Herrn preisen zu aller Zeit; immer soll sein Lob in
meinem Munde seyn. [Ps. 33,2] Obschon aber
der Eid erlaubt ist, so ist doch sein häutiger Gebrauch ganz und gar nicht zu
loben.
VII. Warum der zu häufige Gebrauch des Eidschwures nicht zu billigen sey.
Zu welchem Endzwecke der Eid diene, und welches sein erlaubter Gebrauch
sey.
Der Grund dieses Unterschiedes liegt darin, weil der Eid nur
desswegen eingesetzt ist, dass er gleichsam ein Heilmittel der menschlichen
Schwäche und ein nothwendiges Hilfsmittel zum Beweise dessen, was wir sagen,
seyn soll. Denn wie es dem Körper keinen Vortheil bringt, Arzneien anzuwenden,
wenn es nicht nothwendig ist, ihr zu häufiger Gebrauch aber sogar schadet;
ebenso ist es nicht heilsam, wenn es nicht eine wichtige oder gerechte Sache
erfordert, sich des Eides zu bedienen. Wird er gar zu oft angewendet, so ist er
weit entfernt, nützlich zu seyn: vielmehr bringt er grossen Nachtheil. Desswegen
lehrt der h. Chrysostomus vortrefflich: Nicht am Anfange, sondern im Vollalter
der Welt, da das Böse weit und breit verbreitet die ganze Welt erfüllte, und
nichts an seinem Orte und in seiner Ordnung stand, sondern alles verwirret und
durcheinander geworfen zu unterst und oberst in grosser Verwirrung übereinander
gestürzt war, und was das grösste aller Uebel ist, da fast alle Menschen sich
der schändlichen Sklaverei des Götzendienstes ergeben hatten, damals erst, nach
wahrlich langer Zeit, habe sich die Gewohnheit des Schwörens bei den Menschen
eingeschlichen. Denn da bei einer so grossenTreulosigkeit und Schlechtigkeit niemand leicht zu glauben bewogen
werden konnte, so riefen sie Gott zum Zeugen an.
VIII. Worin das Wesentliche des Eidschwures bestehe; und was schwören eigentlich heisse.
1) Was der Eid für eine Kraft habe beiden Schriften. 2) Wenn man bei
einem erschaffenen Dinge schwört, so ist Gott, der den Dingen die Kraft
verleiht, nicht ausgeschlossen.
I. Da bei diesem Theile des Gebotes besonders die Absicht ist, die
Gläubigen zu belehren, wie sie den Eid gerecht und heilig anwenden sollen, so
muss zuerst vorgetragen werden: Schwören heisse nichts anders, als Gott zum
Zeugen anrufen; mit welcher Form und Fassung der Worte diess immer geschehen
mag. Denn, Gott ist mein Zeuge, und, bei Gott, drückt das nämliche aus.
II. Auch das ist ein Eid, wenn wir zur Bekräftigung der Wahrheit
bei erschaffenen Dingen schwören, wie, bei den heiligen Evangelien Gottes, beim
Kreuze, bei den Reliquien und Namen der Heiligen, und dergleichen. Diese Dinge
verschaffen zwar durch sich dem Eidschwure keine Gültigkeit und Kraft; sondern
Gott ist's, der diess wirkt, da der Glanz seiner göttlichen Majestät in ihnen
hervorleuchtet. Hieraus folgt, dass diejenigen, die auf das Evangelium schwören,
bei Gott selbst schwören, dessen Wahrhaftigkeit im Evangelium enthalten ist und
sich offenbaret; ebenso bei den Heiligen, da sie Tempel sind, der evangelischen
Wahrheit glaubten, sie eifrig verehrten, und bei allen Völkern und Nationen
überallhin verbreiteten.
IX. Von der Eidesformel, welche von einer Verwünschung begleitet ist.
Eben so verhält es sich mit jenem Eide, der mit einer Verwünschung
ausgesprochen wird; dergleichen ist jener des h. Paulus: Ich
aber rufe Gott zum Zeugen auf meine Seele an; [II.
Cor. 1,23] indem auf diese Weise sich Jemand dem Gerichte Gottes, als dem
Rächer der Lüge unterwirft. Desswegen aber läugnen wir nicht, dass einige von
diesen Formeln so genommen werden können, als hätten sie nicht die Kraft eines
Eides; jedoch ist es nützlich, auch bei ihnen das, was über den Eidschwur
vorgetragen worden ist, zu beobachten, und sich ganz nach der nämlichen Norm und
Regel zu richten.
X. Wie vielfach der Eid sey.
1) Der bejahende Eid. 2) Der versprechende Eid.
I. Es gibt zwei Arten zu schwören: erstens der bejahende Eid, wenn
wir nämlich eine gegenwärtige oder vergangene Sache eidlich bekräftigen; wie der
Apostel in seinem Briefe an die Galater:' Siehe, bei Gott,
ich lüge nicht. [Galat. 1,20]
II. Die andere Art ist der versprechende Eid, Erfüllungseid, womit
auch Drohungen verbunden werden, der auf die zukünftige Zeit sich bezieht, wenn
wir etwas gewiss versprechen und als wahr bekräftigen; dergleichen ist jener Eid
des David, welcher seiner Gemahlin Bethsabea beim Herrn,
seinem Gotte, [3. Regg. 1,34] schwor und
versprach, dass ihr Sohn Salomon der Erbe des Reiches seyn, und an seiner Stelle
nachfolgen werde.
XI. Was zu einem rechtmässigen Eide erfordert werde.
Obschon es zu einem Eide hinlänglich ist, Gott zum Zeugen
anzurufen, so wird doch, damit er rechtmässig und heilig sey, noch viel mehr
erfordert, was sorgfältig erklärt werden muss. Diess zählt, nach dem Zeugnisse
des Hieronymus, in Kürze Jeremias auf, da er spricht: Du
sollst schwören: So wahr der Herr lebet,in der Wahrheit, recht und gerecht;
[Jer. 4,2] mit diesen Worten hat er kurz und
überhaupt ausgesprochen, was jeder vollkommene Eid enthält, nämlich, Wahrheit,
Ueberlegung und Gerechtigkeit.
XII. Wie ein Eid in der Wahrheit geleistet werde.
Erstens wird erfordert, dass dasjenige, was durch einen Schwur
behauptet, oder versprochen wird, wahr sey, und nicht falsch .
Den ersten Platz bei einem Eide behauptet die Wahrheit; nämlich was
bejahet wird, muss selbst wahr seyn, und der, welcher schwöret, muss
dafürhalten, nicht leichtsinnig oder aus ungegründeter Vermuthung, sondern aus
den sichersten Gründen, dass es so sey. Die zweite Gattung des Eides, wodurch
wir etwas versprechen, erfordert gleicherweise Wahrheit; denn wer etwas
verspricht, muss fest im Sinne haben, dasselbe zur bestimmten Zeit in der That
zu leisten, und das Versprechen zu erfüllen. Ein rechtschaffener Mann wird sich
niemals zu etwas verbindlich machen, was er den heiligsten Geboten Gottes und
dessen Willen für widersprechend hält; was aber zu versprechen und eidlich zu
bestätigen erlaubt ist, das wird er, wenn er es einmal versprochen hat, nicht
mehr zurücknehmen; ausser es würde, nach Veränderung der Umstände, so
beschaffen, dass er, wenn er Wort halten und sein Versprechen erfüllen wollte,
den Hass Gottes sich zuziehen, und ihn beleidigen würde. Die Notwendigkeit der
Wahrheit bei dem Eide zeigt auch David an, mit diesen Worten: Der seinem Nächsten schwört, und ihn nicht betrügt. [Ps. 14,4]
XIII. Wer schwört mit Ueberlegung, und warum soll Knaben kein Eid abgenommen werden?
Zweitens wird erfordert, dass mit Ueberlegung und nicht unbedacht, und
wenn es die Notwendigkeit der Sache erfordert, geschworen werden soll. Wie
sündhaft die Gewohnheit Einiger sey unbedachtsam zu schwören. Knaben unter 14
Jahren sind nicht zum Schwure zuzulassen.
Den zweiten Platz nimmt die Ueberlegung ein; denn ein Eid darf
nicht unbedachtsam und unüberlegt, sondern muss mit Bedacht und Ueberlegung
geleistet werden. Daher soll der, welcher schwören will, vorerst bedenken, ob er
nothgedrungen sey, oder nicht; er soll die ganze Sache genau erwogen, ob sie so
beschaffen sey, dass ein Eidschwur als Bedürfniss erscheine. Ferner soll er auf
die Zeit Rücksicht nehmen, auf den Ort merken, und alles andere, was mit der
Sache in Verbindung steht, in Ueberlegung ziehen; er soll nicht durch Hass,
nicht durch Liebe, oder durch irgend eine Gemüthsbewegung geleitet werden,
sondern durch die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Sache selbst. Geht diese
Betrachtung und sorgfältige Ueberlegung nicht vorher, so wird der Eidschwur
sicherlich voreilig und unüberlegt seyn. Dergleichen ist die gewissenlose
Betheuerung Jener, welche bei jedem noch so geringfügigen und nichtigen Dinge
ohne Grund und Ueberlegung, sondern aus böser Gewohnheit, schwören. Diess sehen
wir allenthalben täglich bei Verkäufern und Käufern; denn jene, um so theuer als
möglich zu verkaufen, und diese, um so wohlfeil als möglich einzukaufen, nehmen
keinen Anstand, verkäufliche Sachen entweder mit Beifügung eines Eides zu loben
oder zu tadeln. Da also Ueberlegung und Klugheit nothwendig ist, die Knaben aber
wegen ihres jugendlichen Alters noch nicht so scharf sehen und unterscheiden
können, so ist desswegen vom h. Pabste Cornelius die Verordnung gemacht worden,
dass von Knaben vor ihrer Mannbarkeit, d. i. vor 14 Jahren, kein Schwur
gefordert werden dürfe.
XIV. Wie man in Gerechtigkeit schwöre.
Drittens wird erfordert, dass dasjenige, was eidlich versprochen wird,
anständig sey und gerecht
Es erübriget noch die Gerechtigkeit, welche besonders bei
Versprechen erfordert wird; wenn daher Jemand etwas unerlaubtes oder
unanständiges verspricht: so versündiget er sich durch den Eid, und hauft, wenn
er sein Versprechen erfüllt, Sünde auf Sünde. Ein Beispiel hievon gibt uns im
Evangelium der König Herodes [Marc.6] , welcher durch einen unüberlegten Eid gebunden,
dem tanzenden Mädchen das Haupt des Johannes des Täufers als Preis für das
Tanzen gab. Dergleichen war auch der Eid der Juden, welche sich, wie es in der
Apostelgeschichte heisst [23,12]
, verschworen, nichts zu essen, bis sie den Paulus getödtet hätten.
XV. Aus welchen Gründen man erkennen Könne, dass der Eid bisweilen erlaubt sey.
Nach obiger Erklärung bleibt gar kein Zweifel, dass jener ohne
Gefahr schwören dürfe, der diess alles beobachtet, und den Eid mit diesen
Bedingnissen, gleich einer Schutzwehre, umgibt. Man kann diess leicht mit vielen
Gründen beweisen. Denn das Gesetz des Herrn, das unbefleckt
ist und heilig, [Ps. 18,8] befiehlt, wie
folgt: Den Herrn, deinen Gott, sollst du fürchten, und ihm
allein dienen und bei seinem Namen schwören. [Deut.
6,13] Und David schreibt: Gepriesen wird ein
Jeglicher, so bei ihm schwört. [Ps. 62,12]
Ueberdiess beweisen die heiligen Schriften, dass sich gelbst die Lichter
der Kirche, die heiligsten Apostel, bisweilen eines Schwures bedient haben, wie
aus den Briefen des h. Paulus erhellet. Dazu kömmt, dass auch die Engel selbst
manchmal schwören; denn in der geheimen Offenbarung des Johannes heisst es, dass
der Engel geschworen habe bei dem, der da lebet in alle
Ewigheit. [Hebr. 6,17] Ja sogar Gott selbst,
der Herr der Engel, schwöret; und im alten Testamente bekräftiget Gott seine
Verheissungen an vielen Stellen mit einem Eide; wie dem Abraham und David, der
vom Schwüre Gottes Der Herr hat geschworen, und es wird ihn
nicht gereuen; du bist der Priester ewiglich nach der Ordnung Melchisedechs.
[Ps. 109,4]
XVI. Beweis, dass ein rechtmässig geleisteter Eid lobenswerth sey.
Ursprung des Schwörens.
Es ist nicht schwer, zu beweisen, warum ein Eid lobenswerth sey,
wenn man die ganze Sache aufmerksam betrachtet, und seinen Ursprung und Zweck in
Ueberlegung zieht. Denn der Eid entspringt aus dem Glauben, kraft dessen die
Menschen für wahr halten, Gott sey die Quelle aller Wahrheit, welcher weder
jemals betrogen werden, noch andere betrügen kann; vor
dessen Augen alles nackt und offenbar ist; [Hebr.
4,13] welcher endlich für alle menschlichen Dinge mit wunderbarer
Vorsehung Sorge trägt, und die Welt regiert. Von diesem Glauben durchdrungen
rufen die Menschen Gott zum Zeugen der Wahrheit auf, und es wäre sündhaft und
gottlos, ihm nicht zu trauen.
XVII. Die Absicht des Eides ist die Beendigung von Processen und Streitigkeiten.
Der Eid zielt dahin ab, und hat besonders zur Absicht, die
Gerechtigkeit und Unschuld eines Menschen zu beweisen, und Prozesse und
Streitigkeiten zu beendigen; was auch der Apostel im Briefe an die Hebräer [6,16] belehret.
XVIII. Wie Christus den Eid verboten habe.
Diesem Urtheile widersprechen nicht jene Worte unsers Heilandes
beim h. Matthäus: Wiederum habt ihr gehört, dass zu den
Alten gesagt worden ist: Du sollst nicht falsch schwören, sondern du sollst dem
Herrn halten, was du geschworen hast. Ich aber sage euch: Ihr sollet gar nicht
schwören: weder bei dem Himmel, weil er der Thron Gottes ist, noch bei der Erde,
weil sie der Schemel seiner Füsse ist, noch bei Jerusalem, weil sie die Stadt
des grossen Königs ist, noch sollst du bei deinem Haupte schwören, weil du nicht
ein einziges Haar weiss oder sehwarz machen kannst. Eure Rede soll seyn: Ja, ja;
nein, nein! Was darüber ist, das ist vom Bösen. [Matth. 5,33-37] Denn man kann nicht behaupten, dass durch
diese Worte der Eid allgemein und überhaupt verdammet werde, da wir aus dem
Obigen sahen, wie der Herr selbst und die Apostel öfter geschworen haben;
sondern der Herr wollte nur das verkehrte Urtheil der Juden widerlegen, weil sie
sich einbildeten, beim Eidschwure dürfe man sich vor nichts hüten, ausser vor
der Lüge. Daher schworen wegen der geringfügigsten und nichtigsten Sache nicht
blos sie selbst sehr oft, sondern forderten auch von andern den Schwur. Diese
Sitte rügt und missbilligt der Erlöser, und lehrt, man müsse sich durchgehends
vom Eide enthalten, wenn ihn nicht die Notwendigkeit fordert.
XIX. In welchem Sinne Christus gesagt habe, das, was über die einfache Bejahung der Wahrheit hinaus ist, sei vom Bösen.
Wie ein Eid vom Bösen sez. Wie grosse Uebel die Gewohnheit zu schwören,
nach sich ziehe.
Der Eidschwur ist wegen der menschlichen Schwäche eingeführt
worden, und er kömmt wahrlich vom Bösen, da er entweder die Unzuverlässigkeit
des Schwörenden anzeigt, oder die Hartnäckigkeit desjenigen, wegen dessen wir
schwören, da er auf keine andere Weise zum Glauben bewogen werden kann. Doch
lässt sich die Notwendigkeit des Schwörens entschuldigen. Und zwar wenn der
Heiland spricht: Eure Rede sey: Ja, ja; nein, nein;
[Matth. 5,27] so erklärt er durch diesen
Ausdruck hinlänglich, dass er die Gewohnheit zu schwören in traulichen
Gesprächen und bei unwichtigen Dingen verbiete. Desshalb erinnert uns der Herr
vorzüglich daran, dass wir nicht zu leichtsinnig und geneigt zum Schwören seyn
sollen; und diess muss fleissig gelehrt und den Gläubigen eingeprägt werden.
Denn das Ansehen der heiligen Schriften und die Zeugnisse der heiligsten Väter
beweisen, dass aus der herrschenden Gewohnheit zu schwören beinahe unzählige
Uebel entspringen. Im Ecclesiasticus steht geschrieben: Gewöhne deinen Mund
nicht zum Schwören; denn viele sind dadurch gefallen. Ferner: Ein Mann, der viel
schwöret, häufet die Missethat, und die Strafe wird von seinem Hause nicht
weichen. [Ps. 14]
Mehreres hierüber kann gelesen werden beim h. Basilius und h. Augustin,
in den Büchern gegen die Lüge. Soviel von dem, was geboten ist; nun soll davon,
was verboten ist, geredet werden.
XX. Warum ein falscher und unüberlegter Eid eine so schwere Sünde sey.
Es ist uns verboten, den göttlichen Namen eitel zu nennen; denn es
ist bekannt, dass der eine schwere Sünde begehet, welcher ohne Ueberlegung und
Grund einen Eid schwört. Dass aber diess eines der schwersten Vergehen sey,
beweisen schon jene Worte: Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht
eitel nennen; da sie gleichsam den Grund enthalten, warum dieses Laster so
schändlich und abscheulich sey, nämlich desswegen, weil dadurch die Majestät
dessen gemindert wird, welchen wir als unsern Gott und Herrn anerkennen. Durch
dieses Gebot also wird den Menschen verboten, falsch zu schwören." Denn wer vor
einem solchen Laster nicht zurückschaudert, und Gott zum Zeugen einer Unwahrheit
aufruft, der beleidigt denselben auf eine ausgezeichnete Weise, da er ihn
entweder mit Unwissenheit brandmarket, indem er der Meinung ist, es sey ihm die
Wahrheit einer Sache verborgen, oder doch gewiss mit Ungerechtigkeit und
Leidenschaftlichkeit, da er eine Lüge durch sein Zeugniss bestätigen soll.
XXI. Wie jene einen Meineid schwören, welche als wahr beschwören, was wahr ist.
Nicht blos derjenige schwöret falsch, welcher eidlich als wahr
bekräftigt, was er weiss, dass es unwahr ist, sondern auch jener, welcher das
eidlich bejahet, was er, obschon es wahr ist, für unwahr hält. Denn da eine Lüge
desswegen eine Lüge ist, weil sie gegen die Gesinnung und das Urtheil der Seele
gesprochen wird, so ist klar, dass ein solcher lüge und meineidig sey.
XXII. Wie der sündige, welcher etwas falsches mit einem Eide bestätigt, weil er es für wahr hält.
Auf gleiche Weise schwöret auch der einen Meineid, welcher etwas
mit einem Eide bestätiget, weil er es für wahr hält, da es doch in der
Wirklichkeit falsch ist, wenn er nicht allen möglichen Fleiss und Sorgfalt
artgewendet hat, die ganze Sache kennen zulernen und auszuforschen. Denn obschon
seine Rede mit seiner Gesinnung übereinstimmt, so ist er doch der Uebertretung
dieses Gebotes schuldig.
XXIII. Wie der sündige, der nicht hält, was er eidlich versprochen, oder thun zu wollen gelobet hat.
Einer solchen Sünde ist derjenige für schuldig zu halten, der
eidlich verspricht, etwas thun zu wollen, da er doch entweder nicht im Sinne
hatte, das Versprechen zun erfüllen; oder, wenn er es im Sinne hatte, in
Wirklichkeit nicht leistet, was er versprochen hat. Diess geht auch jene an,
welche ein Gott gemachtes Gelübde nicht halten.
XXIV. Wie der sündige, welcher sich eidlich verbindet, eine Todsünde zu begehen, oder einen evangelischen Rath nicht zu halten.
Ferner versündiget man sich gegen dieses Gebot, wenn die
Gerechtigkeit fehlt, welche eine der drei Begleiterinnen des Eides ist. Wenn
daher Jemand schwört, er wolle eine Todsünde begehen, z. B. einen Menschenmord,
so ist er dieses Gebotes schuldig, wenn er auch im Ernste und mit Ueberlegung
spricht, und der Eid Wahrheit hat, die wir als erste Bedingung oben erklärten.
Damit stehen in Verbindung jene Alten von Schwüren, welche aus einer gewissen
Verachtung entspringen; wenn nämlich jemand schwört, er wolle den evangelischen
Räthen nicht gehorchen, welche zum ehelosen Leben und zur Armuth ermahnen; denn
obgleich Niemand nothwendig sie befolgen muss, so missachtet und verletzt doch
jener die göttlichen Rätbe, der schwört, er wolle ihnen nicht gehorchen.
XXV. Wer nur auf blosse Vermuthungen hin schwört, sündiget.
Ueberdiess verletzt jener dieses Gesetz, welcher etwas, das zwar
wahr ist, beschwört, und auch der Meinung ist, dass es sich so verhalte, jedoch
nur aus schwachen und weit hergeholten Muthmassungen, wenn auch einen solchen
Eid die Wahrheit begleitet, so ist doch auch einigermassen etwas falsches darin;
denn wer so nachlässig schwöret, schwebet in grosser Gefahr, falsch zu
schwören.
XXVI. Wer bei falschen Göttern schwöret, sündiget schwer.
Falsch schwöret ferner derjenige, der bei falschen Göttern
schwöret. Denn was ist wohl der Wahrheit mehr entgegen, als lügenhafte und
erdichtete Götter, gleichsam als wahren Gott, als Zeugen aufzurufen?
XXVII. Wer das Wort Gottes verunehret, entweder durch falsche Auslegung oder durch Anwendung zu eitlen Dingen, sündiget.
Da die Schrift beim Verbote des Meineides sagt; Und du sollst den Namen deines Gottes nicht entweihen,
[Levit. 19,12] so wird dadurch die
Nachlässigkeit verboten, welche bei allem übrigen gemieden werden muss, denen
man kraft dieses Gebotes Ehre zu erweisen schuldig ist; dergleichen ist das Wort
Gottes, dessen Majestät nicht blos die Frommen, sondern bisweilen auch sogar die
Gottlosen ehrfurchtsvoll anerkennen, wie im Buche der Richter die Geschichte von
Eglon, dem Könige der Moabiter, aufgezeichnet ist. [3,20] Das Wort Gottes
verunglimpfet mit grösster Schmach, wer immer die heilige Schrift, von ihrer
richtigen und wahren Bedeutung abweichend, nach den Lehrsätzen und Ketzereien
der Gottlosen deutet; dieses Verbrechen rügt der Apostelfürst mit jenen Worten:
Manches ist schwer verständlich, welches, so wie die übrigen
Schriften, ununterrichtete und leichtfertige Menschen zu ihrem eigenen Verderben
missdeuten. [2. Petr. 3,16] Ferner wird die
heilige Schrift geschändet und verunehret, wenn ruchlose Menschen ihre Worte und
Aussprüche, die mit aller Ehrfurcht verehrt werden müssen, zu was immer für
einen unheiligen Zweck missbrauchen; nämlich zu Narrenpossen, fabelhaften und
nichtsbedeutenden Dingen, zu Schmeicheleien, Ehrabschneidung, Wahrsagerei,
schändlichen Schmähschriften, und zu andern dergleichen Dingen; das h. Concilium
von Trient befiehlt diese Sündeschwer zu strafen.
XXVIII. Wie diejenigen sündigen, welche Gott in ihrer Trübsal nicht anrufen.
Wie diejenigen Gott verehren, welche in ihrer Trübsal seinen
Beistand und Hilfe anflehen; so versagt jener Gott die schuldige Ehre, welcher
seinen Beistand nicht anruft; diese tadelt David, da er spricht: Den Herrn haben sie nicht angerufen, da gezittert vor Furcht, wo
keine Furcht war. [Ps. 13,5]
XXIX. Am schwersten unter allen diesen Sünden ist die Lästerung gegen Gott und seine Heiligen.
Aber das bei weitem grösste Verbrechen begehen die welche den
hochheiligen Namen Gottes, der von allen Geschöpfen gepriesen, und mit den
höchsten Lobsprüchen erhoben werden soll, wie auch den Namen der Heiligen, die
mit Gott herrschen, mit unreinem und schuldbeflecktem Munde zu lästern und zu
fluchen sich unterstehen; diese Sünde ist so schrecklich und furchtbar, dass
sich die heiligen Schriften zuweilen, wenn von Gotteslästerung, die Rede ist,
des Wortes Segen bedienen. [3.
Regg. 21,13] [Job. 1,11
2,9]
XXX. Warum diesem Gebote einige Drohungen angehängt seyen.
1) Geneigtheit der Menschen zu dieser Sünde. 2) Täglich erzeugt die
Verletzung dieses Gebotes verschiedene Strafen.
I. Weil der Schrecken vor Strafe und Pein die Ausschweifung im
Sündigen sehr zu bezähmen pflegt, so soll der Seelsorger, um die Gemüther der
Menschen mehr zu rühren, und sie leichter zur Beobachtung dieses Gebotes
zubewegen, den zweiten Theil, der gleichsam der Anhang des ersten ist,
sorgfältig erklären: Denn der Herr wird den nicht für
unschuldig halten, der den Namen des Herrn seines Gottes vergeblich nennt.
[Exod. 20,7] Zuerst nun soll er lehren, mit
gutem Grunde seyen diesem Gebote Drohungen angehängt worden; dadurch erkennt man
sowohl die Grösse der Sünde, als auch die Güte Gottes gegen uns; indem er uns,
da er am Verderben der Menschen, keine Freude hat, damit wir uns nicht seinen
Zorn und sein Missfallen zuziehen, durch diese heilsamen Drohungen abschreckt,
um sich vielmehr gütig als erzürnt gegen uns zu zeigen. Der Seelsorger benütze
fleissig diese Stelle, und wende allen Eifer darauf, damit das Volk die Grösse
der Sünde erkenne, sie heftiger verabscheue, und auf Vermeidung derselben
grössere Sorgfalt und Vorsicht anwende. Ferner soll er zeigen, wie gross die
Geneigtheit der Menschen sey, diese Sünde zu begeben, so dass es nicht genug
war, sie gesetzlich zu verbieten, sondern dass auch noch Drohungen angehängt
wurden. Es ist unglaublich, was für grossen Nutzen diese Betrachtung verschaffe;
denn wie nichts so sehr schadet, als eine sorglose Sicherheit des Gemüthes,
ebenso sehr nützet die Kenntniss der eigenen Schwäche.
II. Alsdann soll er auch darlegen, Gott habe keine bestimmte Strafe
festgesetzt, sondern er drohe nur im Allgemeinen, dass er denjenigen, welcher
sich mit diesem Laster befleckt, nicht ungestraft lassen werde. Desshalb sollen
uns die verschiedenen Strafgerichte, die uns täglich treffen, an diese Sünde
erinnern. Denn hiermit lässt sich leicht schliessen, dass die Menschen sich
dadurch die grössten Drangsale zuziehen, weil sie diesem Gebote nicht
gehorsamen, Stellen sie sich nun diese vor Augen, so werden sie wahrscheinlich
in Zukunft vorsichtiger seyn. Die Gläubigen sollen daher, von heiliger Furcht
erschreckt, diese Sünde eifrigst flieben; denn wenn man beim jüngsten Gerichte
schon über jedes unnütze Wort Rechenschaft geben muss, [Matth. 12,36] was sollen wir
von den so schweren Verbrechen sagen, welche eine grosse Verachtung des
göttlichen Namens an sich tragen?
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