Donnerstag, 10. Oktober 2013

Von der Reinigung der Sünden - Hl. Petrus Canisius



Kurzer Inbegriff der christlichen Lehre oder Katechismus des ehrwürdigen Lehrers Petrus Canisius der Gesellschaft Jesu Theologen - Aus dem lateinischen Originalwerke in das Deutsche übersetzt - Dritte sehr verbesserte und um sieben Druck Bogen vermehrte Auflage  (1826)

Fünftes Hauptstück.

Von der Christlichen Gerechtigkeit

 

Von der Reinigung der Sünden

I. Wie reiniget man sich von Sünden?

 Erstens ist es hier außer Streit, daß Christus uns ein (a) Versöhner sey und jenes (b) Lamm Gottes, welches die Sünden der Welt hinwegnimmt, und der allein Vergebung der Sünden uns verdienen, und Reinigung von denselben erwirken konnte.

 Dann ist es gewiß, daß Gott durch den Glauben die Herzen reinige, wie (c) Petrus spricht, weil ohne den Glauben (der die Thür und der Grund des menschlichen Heiles ist) kein Mensch Nachlassung oder Reinigung von Sünden erlangen oder hoffen kann. Diejenigen (d) aber täuschen sich durch den Glauben, welche, indem sie mit dem Glauben der Kirche nicht übereinstimmen, in einem gewissen (e) eiteln Vertrauen die Vergebung der Sünde und die Gnade der Rechtfertigung um Christi willen sich und andern versprechen..

 Welche aber im Glauben der Kirche und in ihrer Einheit bleiben, und von den Sünden befreyet zu werden wünschen, diese haben viele (f) Mittel, welche zur Reinigung ihrer Sünden in der Schrift vorgelegt werden, unter welchen das Sakrament der Buße die erste Stelle einnimmt; denn wird dieses verschmäht, so handelt man von dem Gebrauche der übrigen Heilmittel der Todsünden (g) vergebens. Denn dieses so gewisse, als nothwendige Heilmittel hat Christus, der Arzt der Seelen, eingesetzt, das wider allen Aussatz der Sünde dienen würde, und er empfahl es, da er zu den Priestern sagte: (h) Welchen ihr die Sünden erlasset, denselben sind sie erlassen .


Zweytens werden die Sünden gereiniget und gebüßt durch Almosen, da geschrieben steht: (i) Almosen
erlöset von aller Sünde und von dem Tode, und läßt dieSeele nicht in die Finsterniß kommen. Daher
her ermahnt der Prophet: (k) Löse deine Sünden durch Almosen, und deine Missethaten durch Barmherzigkeit an den Armen.

 Drittens werden die Sünden nachgelassen, wenn wir ,so viel wir beleidiget werden, dem Bruder die Beleidigung vergeben, indem der Herr spricht: (l) Wenn ihr den Menschen ihre Sünden vergebet, so wird auch euch der himmlische Vater eure Fehler vergeben.

Viertens geschieht solches auch, wenn wir den Bruder, der sündiget, durch Strafen bessern und gewinnen, wie geschrieben steht: (m) Wenn Jemand macht, daß ein Sünder von seinem Irrwege sich bekehre, der wird seine Seele von dem Tode erretten, und eine Menge Sünde bedecken.

 Fünftens gehört Hieher ein Uebermaß reiner Liebe, die vorzüglich mächtig ist, alles Gute zu erlangen und zu vollbringen, wegen welcher von der heiligen Magdalena gesagt wird: (n) Es werden ihr viel Sünden nachgelassen, weil sie viel geliebt hat. (o) Denn die Liebe bedeckt eine Menge Sünden.

 Sechstens wirkt solches auch das Opfer eines zermalmten (p) Herzens, das Gott niemals verachtet, und die demüthige Erkenntniß seiner selbst, und das Bekenntniß der Sünden. (q) Denn der Herr sieht das Gebeth der Demüthigen an, und er verachtet ihre Bitten nicht wie, auch David hierüber von sich selbst bezeugt: (r) Ich sprach, ich will wider mich meine Ungerechtigkeit dem Herrn bekennen, und du hast die Bosheit meiner Sünde vergeben. Und Johannes verheißt überhaupt allen, die wahrhaft beichten, diese Gnade; er spricht: (s) Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist Er treu und gerecht, daß Er uns unsere Sünden vergebe, und uns von aller Ungerechtigkeit reinige. Daher haben die zu (t) Ninive, als sie Werken der Demuth und Buße mit Eifer oblagen, den gegenwärtigen Zorn Gottes versöhnt, und den Untergang, der schon Stadt und Land bedrohet hatte, abgewendet. Daher lesen wir von ihnen dieses geschrieben: (v) Gott sah auf lhre Bußwerke, weil sie sich von ihrem bösen Wege bekehret hatten: und Gott erbarmte sich ihrer, und ließ über sie das Unheil nicht ausbrechen, das er ihnen angedrohet hatte.

 So lernen wir endlich nach dem Zeugnisse der Schrift, daß (x) durch diese und andere, von der Gnade Christi verliehene Mittel und Werke wahrer Gottseligkeit bewirkt werde, daß die Sünden derer, die glauben und Buße thun, in der Kirche wie wir gesagt haben, versöhnet werden. Und dahin zielt der Apostel, wenn er ermahnt:  (y) Weil wir diese Verheissungen haben, Geliebteste! so lasset uns von aller Befleckung des Fleisches und Geistes uns reinigen, und die Heiligung in der Furcht Gottes vollbringen. Nicht weniger nachdrücklich spricht der heilige Jakobus: (z) Sünder! reiniget eure Hände. Ihr die ihr ein doppeltes Herz habet, reiniget eure Herzen. Büßet (erkennet euer Elend), trauert und weinet; euer Lachen verwandle sich in Wehklagen, und eure Freude in Trauer. Demüthiget euch vor dem Angesichte des Herrn, und er wird euch erhöhen. Denn es ist nicht genug, die Sitten zu bessern und von bösen Werken abzustehen, (daß wir uns wiederum der Worte des (a) heiligen Augustinus bedienen) wenn nicht auch wegen desjenigen, was geschehen ist, Gott genug gethan wird durch den Schmerz der Buße, durch das Seufzen der Demuth, durch das Opfer eines zermalmten Herzens, unter Mitwirkung der Almosen.

 Wer übrigens erkennt, daß in ihm irgend eine Todsünde herrsche, wie der nämliche (b) heilige Augustin spricht, wenn er nicht vollkommen sich bessert, und, da ihm Frist gegeben ist, lange Zeit Buße thut, und reichliches Almosen spendet, und von den Sünden selbst absteht, der kann von jenem zeitlichen Feuer, davon der (c) Apostel geredet hat, nicht gereiniget werden, sondern ihn wird die ewige (Höllen) Flamme ohne einiges Heilmittel peinigen. Denn nach diesem Leben werden nicht die Todsünden, sondern nur die geringen Sünden gereiniget und gebüßt.

 II. Was soll man aber von den geringer Sünden halten?

 Dieses nämlich, daß solche kleinere Sünden, als Ausschweifung des Gemüthes, ein müssiges Wort, ein unmäßiges Gelächter, und dergleichen, welche tägliche oder läßliche Sünden genannt werden, und ohne welche dieses Leben nicht hingebracht wird; (a)  denn wir alle sündigen in vielen Stücken, wie wir auch vorher erinnert haben; daß (sage ich) diese, obschon sie nicht Todsünden sind und für gering angeschaut werden, doch durchaus (b) nicht verachtet werden sollen. Denn sie mißfallen Gott, oder wie St. Paulus spricht, (c) sie betrüben den heiligen Geist, verdunkeln das Gewissen, schwächen das Feuer der Liebe, verhindern den Fortgang der Tugenden, und ziehen oft in größere Laster und Gefahren. Daher steht geschrieben: (d) Wer das Geringe nicht achtet, der wird nach und nach zu Falle kommen. (e) Wer die Gefahr liebt, der wird in derselben umkommen. (f) Wer in Einem Stücke sündiget, verderbt viel Gutes.


 Daher soll man sich so viel es möglich ist, vor diesem Flecken und Schmutz der Seele hüten; denn wie wir lesen, (g) es wird nichts Beflecktes in das himmlische Jerusalem eingehen. Und wenn dieselben in diesem Leben nicht ausgelöscht werden, so beschweren sie auch (h) nach dem Tode den Menschen, und sie werden nicht ohne schwere Strafen des Fegfeuers gereiniget. Dieses Feuer, wenn es schon nicht ewig währt, ist doch, wenn wir dem heiligen Augustin (l) glauben, empfindlicher, als was immer der Mensch in diesem Leben leiden kann.

III. Mit welchen Heilmitteln reiniget man die läßliche Sünden?



 Zur Tilgung solcher Flecken der Seele in diesem Leben hat die alte Kirche diese Heilmittel (a) erkannt und gebraucht; (nämlich) ein demüthiges Anklagen seiner selbst, das Gebeth des Herrn, das Schlagen an die Brust, und andere dergleichen fromme Uebungen gegen Gott und auch gegen den Nächsten, auch Büßungen des Leibes, die Einer sich selbst freywillig und christlich auferlegt. Diese Heilmittel ergreifen die Weisen um so lieber und fleißiger, je genauer sie wissen, und je sorgfältiger sie erwägen, mit welcher Strenge die göttliche Gerechtigkeit (b) die Sünden strafe. Dieses kann auch aus jenem schaudervollen Ausspruche Christi klar gemacht werden: (c) Ich sage euch, daß die Menschen für ein jedes müßige Wort, welches sie geredet haben, am Tage des Gerichtes werden Rechenschaft geben müssen. Solches leuchtet auch aus jenem Worte des h. Petrus hervor: (d) Kaum der Gerechte wird selig. Darum hat auch Job, der sonst ein gerechter und unschuldiger Mann war, gesagt: (e) Ich war in Furcht wegen aller meiner Werke, weil ich wußte, daß du des Sünders nicht verschonest. Und der h. Apostel Paulus schreibt: (f) Schrecklich ist es in die Hände des lebendigen Gottes zu fallen; (g) wenn wir uns selbst richteten, ermahnt der nämliche Apostel,  so würden wir nicht gerichtet. (h) Selig also der Mensch, welcher immer furchtsam ist; wer aber harten Herzens ist, wird in Unglück fallen.

 IV. Ist es genug, daß man sich der Sünden enthalte?

Die christliche Gerechtigkeit, wovon wir bisher geredet haben, hält uns zwey Theile vor, und empfiehlt sie uns als gleich nothwendig in diesen Worten: (a)  Weiche vom Bösen und thue das Gute. Wie auch St. Paulus lehrt: (b) Hasset das Böse und hanget dem Guten an. Es ist daher nicht genug, wie (c) Augustin klar gesagt hat, sich des Bösen zu enthalten, wenn man nicht auch thut, was gut ist; und es ist ein Geringes Niemanden zu schaden, wenn du dich nicht auch befleißest, Vielen nützlich zu seyn.

 Deßwegen, da nun einmal der erste Theil ber Gerechtigkeit, welcher das Böse verbiethet, vollendet ist, folgt, daß wir, wenn Christus Gnade giebt, von dem andern Theile, der in Vollbringung guter Werke besteht, zu reden fortfahren.

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